Der wunderbare, überall und immer tätige Ein fluss der Natur auf den Menschen ist bekannt. Überall bildet sich der Mensch nach der Natur „Unwillkürlich nimmt er die Eindrücke seiner Um gebung in sich auf, prägt sie an sich zu geistiger Tat und zur Richtung des Charakters um.“ Das lehrt uns der schroffe, trotzige und genügsame Sinn der freiheitliebenden Bergler, die beweglichere, aber auch materiellere Gemütsart der gemächlichen Bewohner der fruchtbedeckten Ebene. ) So mannigfach verschieden sich aber auch die Menschen — kraft der allerorten anders gearteten Einwirkungen ihrer sie umgebenden Natur — zu einander verhalten mögen, in ihrer Liebe zu ihr sind sie sich gleich, da stehen sie allesamt dicht beieinander. So sollte es wenigstens sein. „Über all langt aus der Natur eine Hand heraus, welche die Menschen offenen Gemütes und reinen Sinnes mit sanfter, aber unwiderstehlicher Gewalt zu sich hinzieht.“ Dass die kunstlose, zu jeder Stunde und allerorts sich leicht finden lassende Natur hohen Frieden, reines Glück, andachtsvolle Begeisterung und lautere Selbsterkenntnis in unsere Seele zu giessen vermag, wer hätte es nicht schon erfahren, der in ihrem grossen, unerschöpflichen Buche zu lesen gelernt hat! Unsere Vorfahren richteten ihre Altäre und Götterbilder in heiligen Hainen auf. Aus dem rau schenden Eichenwalde, dem geheimnisvollen Mur meln der Quellen, aus dem tosenden Sturmwinde, der verheerend die Lüfte durchbraust, klang ihnen das Walten des Weltgeistes mächtig und gewaltig 1) Die Bedeutung der Landschaft z. B. unseres deut schen Vaterlandes für das Verständnis der körperlichen und geistigen Eigenart seiner Bewohner hat erst neuer dings wieder dargestellt 0. Weise: Die deutschen Volks stämme und Landschaften. 2. Auflage. Leipzig 1903.