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Donnerstag, dm 31. August 1905 57. Jahrgang. "vr. Michael, Bürgermeister. Aus Belgrad meldet die „Frankfurter Zeitung": In der Umgebung der Stadt Kratowa in Makedonien sind in kurzer Zeit 25 christliche Bauern ermordet worden. Oertliche nud sächsische Angelegenheiten. Pulsnitz Als gesunden wurde auf hiesiger Poli zeiwache abgegeben: 1 Zehnmarkstück, 1 silberne Zylinderuhr, 1 brauner Spazierstock mit schwarzem Holzgriff und 20 Stück 30-Pfennig- und 10 Stück 20-Pfennig-Briefmarken. — Wie wird das Wetter am Sonntag sein? Es wird Herbst in der Natur! Das zeigt sich in jeder Weise, in der Temperatur, mit dem Sitzen im Freien abends ist es nichts mehr, kaum am Tage ist es möglich, die Fami lienmitglieder versammeln sich bereits wieder in der Stube, beim Schein der Lampe; es zeigt sich auch an der Tiefe der barometrischen Depression und der zunehmenden Windstärke, denn mit den liefern Depressionen und dem wachsenden Druckunterschiede muß auch der Wind stärker werden. Und eine tiefere Depression (739 wm) ist da, das Barometer zeigt in Deutschland 15 — 20 wm unter normal. Eine Periode unbeständigen, windigen Wetters steht mit ganz kurzen Pausen bevor, sie dürfte sich noch bis zum nächsten Sonntag erstrecken; ein ausgedehntes, tieferes Depressions gebiet zeigte heute einen Kern über der südlichen Nordsee, es werden, da sich das Gebüt bis zum Ozean erstreckt, wei tere Störungen von dort folgen. Drahtbericht des Pulsnitzer Wochenblattes Dresden, 29. August 1905, abends 9r° Uhr. Portsmouth, 29. August. (Offiziell.) In der heutigen Friedenskonferenz wurde volle Üebereinstimmung in allen Fragen erzielt und be schlossen, zur Ausarbeitung des Friedensvertrages zu schreiten. Die Maner machten hierbei alle Konzessionen. (Wolffs Bureau.) Arbeiter, soweit er im Banne der Herren Bebel und Singer und ihres parlamentarischen Anhanges steht, jagd gewiß gern allerhand unfruchtbaren Theorien nach und berauscht sich mit Vorliebe an seltsamen Idealen, aber um sich einer Partei anzuschließen, die überhaupt keine Autorität anerkennt und die in ihrem Auftreten mit einer Art Naturwsndigkeit zur Betätigung einer Gewaltpolitik schreiten muß, will sie anders ihr Programm zu verwirklichen suchen, dazu denkt er doch zu nüchtern. Man kann daher getrost annehmen, daß der ultraradikale Parteisplitter, der sich jetzt von der sozialdemo kratischen Gesamtpartei abgesondert hat, nur ein sehr be scheidenes Dasein führen wird, zumal ja das Programm der neuen Partei jede Beteiligung an der parlamentarischen Wirk samkeit verurteilt; die sozialrevolutionären .Genossen" wer den demnach in der Oeffentlichkeit wohl nicht allzuviel von sich reden machen. Trotzdem ist den leitenden Kreisen der deutschen Sozialdemokratie das Auftauchen einer neuen Par teirichtung, die sich noch weit radikaler tut, als man dies von der heutigen Umsturzpartei' gewohnt ist, höchst unbequem. Der .Vorwärts" kanzelt venn auch die neubackenen Sozial revolutionäre und ihre Bestrebungen ganz gehörig ab, er spricht von einer unklaren Nevolutionsromantik und meint u. a.: „Jene Leute zeigen nur, daß sie selbst über das Stadium unklaren Fühlens noch nicht hinausgekommen sind, sie schädigen den Befreiungskampf des Proletariats durch den Rat. auf die bisherigen Kampfmittel zu verzichten. Revolutionäre Redensarten tun's nicht." Aber auch die Redensarten des .Vorwärts" tun's nicht. Die neue Partei. Wir haben im lieben deutschen Vaterlande wieder eine Partei mehr, die der radikalen Sozialrevolutionäre Vorerst besteht sie aus den etwa 3000 Mitgliedern der im Berliner Gewerkschaftskartell vereinigten Organisationen der freien Vereinigung deutscher Gewerkschaften; dieselben haben sich in einer dieser Tage zu Berlin abgehaltenen Versammlung seierlichst von der sozialdemokratischen Partei losgesagt, weil ihnen letztere zu zahm ist. In der blutrünstigen Resolution, welche die Versammlung annahm, werden das ganze Pro gramm und die Taktik der Sozialdemokratie verdammt, weil hierdurch nichts für das Proletariat zu erreichen sei, nament lich kehrt sich die Resolution gegen die Beteiligung der So zialdemokratie am parlamentarischen Leben, denn der Parla mentarismus der Sozialdemokratie zeitige für die besitzlosen Klassen nur Augenblicksvorteile. Als Parole der neuen sozialreoolutionären Partei wird die Umwandlung der Pro letarier zu Klassenkämpsern, ihre Loslösung von den Gesetzen und Einrichtungen des heutigen Staates erklärt. Der Klassen kampf — führt die gedachte Resolution weiter aus — dürfe keinen politischen, sondern müsse einen wirtschaftlichen und mit der Revolutionierung der Geister auch einen psycholo- logischen Charakter tragen, er müsse sein einheitliches Ge präge durch Bildung von Kampforganisationen wieder er halten, die alle wahrhaft revolutionären Elemente zusammen fassen und die Träger des Ganzen auf den Umsturz der Klassenherrschaft gerichteten Befreiungskampfes werden müssen. Das einzige, eine sichere Wirkung versprechende Mittel sehen die Anhänger der neuen Lehre in dem Generalstreik, in der Entziehung und Verweigerung der proletarischen Arbeitskraft, auf der allein der Kapitalismus sich aufzebaut habe. Vorerst scheint also die neue Partei darauf verzichten zu wollen, eine Propaganda der offenen Gewalt gegen Staat und Gesellschaft zu betreiben, wozu freilich auch in Deutsch land durchaus kein Boden da ist. Wir haben ja allerdings schon eine anarchistische Partei, aber ihre Mitgliederzahl ist verhältnismäßig ganz unbedeutend, eine Werbekraft auf wei tere Kreise der deutschen Arbeiterschaft vermag sie augen scheinlich nicht auszuüben, was an und für sich natürlich nur mit Genugtuung zu begrüßen ist. Ob daher die neue sozialrevolutionäre Partei, welche doch nach ihrem proviso rischen Programm als der schon bestehenden anarchistischen Partei nahe verwandt zu betrachten ist, auf lebhaften Zuzug aus dem sozialdemokratischen Lager rechnen darf, dies möchte schon jetzt einigermaßen zu bezweifeln sein. Der deutsche YeueW Ereignisse. Heute Morgen wurdck in dem brennenden Hause ' des Glasschleifers Lmke m Kamenz 6 Leichen, die SchwiegermuM Linke's, dessen Ehefrau und 4 Kinder, dü sämtlich tiefe Wunden am Kopfe trugen, aufffunden. (Siehe Sachsen.) Das sächsische Minister des Innern hat Erhe bungen über die frage der Einführung von Handelsinspektoren jur Ausübung der Aufsicht über die Handhab,B der für die Handelsan gestellten erlassenen Schutzbestimmungen ange ordnet. Nach einer Hamburger Meldung ist der Dampfer „Eleonore Woerma„i>", mit den auf einer Stu dienreise nach Westffrika befindlichen Reichs tagsabgeordneten an Bord, vorgestern wohlbe halten in Viktoria im Kamerungebiete ange- kommen. Das Städtchen Peckelsheim bei Warburg ist fast , gänzlich niedergebranst- * Die Beobachtung der otalen Sonnenfinsternis durch deutsche AstroMien in Spanien fand bei völlig klarem HiMel statt. Nach einem aus Ron, kommenden Telegramm empfing der Papst xj,,e Gruppe deutscher Pil ger unter Führung des Gymnasialprofessors Miller-Stuttgart. Ein sehr heftiger vulkanischer Ausbruch hat auf der Insel Stromboli an der Nordküste von Sizilien stattgefunden. Die ganze Insel ist in Dunkel gehüllt. . Am 9. September wird der serbische Kronprinz Mr volljährig erklärt; es werden Festlichkeiten abgehalten werden. pfUcktteuerwebr betreffend. Sonnaöend, den 2. SepLemöer c., nachmittags ^7 Mr Hantztübmrtz der- Es haben sch die Mannschaften der Spritzen Nr. -s, 5 und 6 mit Binde versehen an den betreffenden Spritzenhäusern rechtzeitig einzusinden, sodaß die Spritzen punkt Nhr auf dein Hanptmarkte eintreffen. Slanv Der Spritzen: Spritze 4 im Kommunschuppen an der Bischofswerdaer Straße, „ .5 „ Spritzenhaus an der Kirche. „ 6 „ Spritzenhaus in der Schloßgasse. Alarmierung findet nicht statt. Unentschuldigtes Wegbleiben wird mit 1 Mark bestraft. Als Entschuldigung gilt nur Abwesenheit vom Orte oder Krankheit. Tie Mannschaften der Pflichtfeuerwehr von den Spritzen 1, 2 und 3, sowie die Rettungs-, Wach- und Absperrmannschaften werden zü einer späteren Hebung mit der s.eilvilliorii Feuerwehr zugezogen werden. Pulsnitz, am--ZI. August 1900. Auf Seite22 des hiesigen Güterrechtsregisters ist heute eingetragen worden, daß die Eheleute Kaufmann Albert Georg Horn und Frida Alina, geborene Große, beide in Mtnig, durch Vertrag vom 26. August 1905 die Verwaltung und Nutznießung des Mannes am Vermögen seiner Frau ausgeschlossen haben. PulKttz. am 28. August 1905. Königkiches A rn L s g s r i ch t. Wochenblatt kern sp «ecke st 4. tts. 18 2 für Pulsnitz Aorts-Blatt Erscheint Diensg Donners tag nnd Swabend. Beiblätter: Illu:. Sonntags- dlatt u. Hnmor.vochenblatt Abonnement, pmatl. so<z., vierteljährlich s 1-25 bei freier Zustellam ins Haus, durch die Post Hogen unter Nr. s«or 1 1-2S. Inserate für denselben Tag find bis vormittags zo Uhr aufzuoeben. Einspaltige Zeile oder Seren Raum ,2 kokalpr. io Z. Reklame 20 Z. Bei Wiederholungen Rabatt. Alle Annoncen-Expeditionen nehmen Inserate entgegen. -es Nömgl. gmtsgepickts und -es Zka-tratkes 2» pulsnUrs. Amtsblatt für -n Bezirk des Aönigl. Amtsgerichts Pulsnitz, umfassend die Ortschaften: Pulsnitz, Pulsnitz M. S., Böhmisch-Vollung, Großröhrsdorf, Bretnig Hauswalde, Ohorn,Dberstsina, Niedersteina, Weißbach, Oberlichtenau, Niederlichtenau, Friedersdorf-Thiemendorf, Mittelbach, Großnaundorf, Lichtenberg, Rlein-Dittmannsdorf Druck und Verl) von e. Förster'* Erben (Inh.: ). w. Mohr.) Expedition: Pulsnitz, Bismarckplatz Nr. 2«s. Verantwortlicher Redakteur Vtto vorn in Pulsnitz. Kelegi'aniln-Messe: ivocliendlatt prilsM Ls. und Umgegend