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«Ein weißer Glanz ruht über Land und Meer, Und duftend schwebt der Äther ohne Wolken." Goethe (Nausikaa-Fragmcnt). An einen schönen Ort möchte ich dich entführen. Und dort möchte ich dir erzählen Östlich von San Remo, im Paradies der Riviera, ragt Kapo Verde, eine vorspringende braune Felsklippe gegen das freie Meer. Gesteinschichten, einst vor Jahrmillionen selber weicher Meeresgrund, brechen wie eine phantastische Burg aus dem weichen grünen Uferbilde. Das blaue Mittelmeer hat sie aufgeschlossen, hat sie zernagt, nicht mit rauher Faust, sondern leise, in unendlicher Zeit, immer und immer wieder wie im Traum mit zarten weißen Schaumhänden darüber tastend. Nun liegen die angeschnittenen, entblößten Schichtenköpfe da wie die Gcrippteile eines verschollenen Riesentieres, dessen Grab sich urplötzlich an der Flutgrenze aufgethan. Zwischen sich bilden sie Nischen seifengrünen, nur leise ziehenden Seichtwassers, aus dessen flachem Boden geheimnisvolle violettrote Schatten der schaukelnden Seegewächse bald aufdunkeln und wieder verwehen. Nur am äußersten Klippenrande blinkt der Schaumkranz der anströmenden freien Wellen unablässig wie ein Fächeln und Spreizen blendend weißer Flügel ins Sonnenlicht. Dann fernhin alles blau, tief und bezaubernd blau — i — l