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Nr. 82. Wochenblatt für Pulsnitz und Umgegend. — Dienstag, den 11. lichen Empfangs der Sanger, namentlich in den Teilen, die der Festzug durchzog. Nach Uhr setzte sich vom Mittel gasthof aus der Fsstzug in Bewegung, überall freundlich begrüßt von der Bevölkerung. Auf dem von Herrn Kom merzienrat Großmann gütigst zur Verfügung gestellten Frsi- platze, der sich außerordentlich gut zur Abhaltung derartiger Fests eignet, löste der Festzug sich auf. Der Sängerspruch: „Mein deutsches Land, mein deutsches Lied, in Ewigkeit Dich Gott behüt", grüßte vom Podium herab. Um 4 Uhr nahm das Konzert seinen Anfang. Dis Vortragsordnung enthielt außer der einleitenden Jubel-Ouvsrturc von Bach 4 Massen chöre und 10 Einzslgssänge. Die prächtigen Mafsenchöre, wie dis nicht minder schönen Gesänge der einzelnen Vereine, vorgetragen der Reihenfolge nach von den Vereinen: M.-G.-V. Pulsnitz, M.-G.-V. Bretnig, „Max Hirsch" Radebe?», „Carl Barth" Radeberg, Militärgesangverei« Pulsnitz, „Orpheus" Großröhrsdorf, „C. G. Großmann" Großröhrsdorf, „Esche bach" Radeberg und M.-G.-V. Langebrück, gelangen fast durchgängig sehr gut. Die Leitung der Mafsenchöre lag in den bewährten Händen des Herrn Lehrer Wrrm - Radeberg, der sich seiner Ausgabe mit unverkennbarem Geschick entledigte. Das Konzert hinterließ den besten Eindruck und legte Zeug nis ab vom guten Vorwärtsstreben der Gruppe. Der Besuch war von hier wie auch aus der Umgegend ein guter. Nach dem Konzert hielt ein Sängerkommers Zuhörer und Sänger noch längere Zeit beisammen, manch Lied ertönte hier und dort in der Runde oder vom Podium, manch Dankeswort wurde gesprochen, bis schließlich nach und nach der Sang verstummte und die Sänger ihren Weg hnmwärtS nahmen. — Der 6. Kreis deS Oberlausitzer Sängerbundes hielt am Sonntag in GerSdorf, das reichen Festschmuck an gelegt hatte, seinen Kreissängertag ab. Beim herrlichsten Sonnenschein trafen in der Mittagsstunde die auswärtigen Vereine ein, aufs herzlichste empfangen vom f-stgebsnden Verein. Nach einer vorausgegangsnen Probe setzte sich ein imposanter Feftzug vom Gasthof zum Goldnen Band aus durch den reich mit Guirlanden und Fahnen geschmückten Ort in Bewegung nach dem schön gelegenen von Herr« Hein rich Hantsche gütigst zur Verfügung gestellten Festplatze. Den Festzug bildeten ca. 60 Festjungfraue», einige örtliche Vereine, die Gemeindevertretung und die Vereine: Lieder- kranz-PulSnitz M.S., Männergesangvereine Bernsdorf, Elstra, Wiesa, Panschwitz, Sängerbund-Kamenz, Liedertafel-Hauswalde und Sängerverein-GsrSdorf. Das Konzert nahm um 5 Uhr seinen Anfang. Die Vereine leisteten in den 12 Vorträgen (Einzelgesang und Mafsenchöre) ihr Bestes und ernteten von den zahlreich erschienenen Festbesuchern reichen Beifall. Nach dem Konzert vereinigten sich die Vereine in den beiden Sälen deS Ortes zu fröhlichem Tanz. Auch hier und auf dem Festlatze wie in den Schanklokalen erscholl manch' fröhliches Lied und es wurde eine gehobene Stimmung erweckt, wie eS nur bei Sängersesten der Fall sein kann. Reichenbach-Reichenau, S. Juli. Der heutige Sonntag brachte für unsere beiden Orte reges Leben: der König!. Sächs. Militärverein Reichenbach-Reichenau beging das Jubiläum seines 25jährigen Bestehens und in Verbin dung damit die Weihe seiner neubeschafften Fahne. Auf ergangene Einladung hatten sich zur Teilnahme an dem Feste 35 Kgl. Sächs. Militärvereine eingefunden. Der geräumige Festplatz, nahe der Kirche, aus dem der Weiheakt stattfand, vermochte die Zahl der Festteilnehmer kaum zu fassen. Der Weiheakt wurde eingeleitet mit dem Liede: „Wie könnt ich dein vergessen, ich weiß was du mir bist!", vorgetragen vom Männergesangverein Reichenbach. Die Weiherede hielt Herr Pastor Reinmuth. Ein erhebender Weihegesang mit stimmungsvoller Musikbegleitung schloß den Weiheakt. Bei der sich anschließenden Uebergabe der der Fahne zugedachten Geschenke überreichte zunächst der stellvertretende Bezirksvor steher Herr Stabsarzt der Reserve l)r. msä. Kreyßig-Puls- nitz das königliche und kaiserliche Ehrengeschenk, bestehend in Schleifen in den Landes- und Reichsfarben, sodann über reichte derselbe dem Verein die Ehrenauszeichnung, die vom Bezirk an die Vereine beim 25jährigen Jubiläum verliehen wird, bestehenv in einem vom Fahnenträger zu tragenden, kunstvoll gearbeiteten Schild mit Widmung; weiter wurden der Fahne über 50 kostbare Fahnennägel geschenkt, ferner eine kunstvoll gestickte Schärpe für den Vereinsvorstand, ein gesticktes Bandelier für den Fahnenträger, letztere beide ge stiftet von den Frauen, und zwei Schärpen für die Fahnen junker, gestiftet von den Jungfrauen. Die Ueberreichung der Geschenke war von sinnigen Widmungsworten begleitet, deren patriotischer Grundton in den Herzen Aller Widerhall fand. Der Dank des Vereinsvorstandes an alle, die zu dem so schönen Verlauf des Festes beigetragen, schloß die Weihe feier. Nach derselben fand geselliges Beisammensein statt, bis mit dem hereinbrechenden Abend sich die Auswärtigen zur Heimkehr rüsteten. Kamenz, 9. Juli. DaS hiesige Elektrizitätswerk ist in eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung unter der Firma Elektrizitätswerke Kamenz i. S., G. m. b. H. umge wandelt worden. Die Direktion des Unternehmens bleibt in den Händen des früheren Inhabers Herrn Ingenieur Hans ArenSmayer und ist dem Geschäft ferner Herr Inge nieur Gaderwayer tätig beigetreten, welcher bisher langjäh riger Oberingenieur und Leiter der technischen Revisionsver einigung Elektrowacht G. m. b. H. in Breslau war. Die Gründung de« Unternehmen« wurde durch bedeutende Erwei terungen und für di« AuSnützung erteilter Patente veranlaßt. Dresden. Die Prinzessin Margarete, älteste, am 24. Januar 1900 geborene Tochter de« Königs Friedrich August von Sachsen hat, wir erst jetzt bekannt wird, vor einiger Zeit in großer Lebensgefahr geschwebt. Prinzessin Margaret« vergnügt« sich mit ihrrr vierjährigen Schwester Alice im Garten der Königlichen Villa in Wachwitz damit, mit klein«» Gießkännchen Blumen zu begießen. Der Zufall fügte e«, daß sowohl die Erzieherin, wie auch die Wärterin sich zu gleicher Zeit auf einige Augenblicke entfernt hatten, um au« einem kleinen Weiher, zu dem man von der Villa aus durch «in klein«« G«büsch in wenigen Minuten gelangt, Wasser zu holen. Diese» unbewachte» Augenblick hatte die kleine, sich durch ihr stet» muntere« und h«it«n« Wesen au«- zeichnende Prinzsssirr dazu benutzt, sich dem Bassin des vor dem Gewächshaus« gelegenen Springbrunnens zu nähern, um aus ihm Wasser zu schöpfen. Hierbei verlor sie da« Gleichgewicht und fiel in das bis an den Rand mit Wasser gefüllte Bassin und wäre unfehlbar ertrunken, wenn der vor der KönigSsilla mit gärtnerischen Arbeiten beschästigte Gärtner Feige ni^>t hiazugesvrungen und herbeigeeilt wäre und dis weinende Prinzessin aus dem Wasser hsrausgezogen Hütt-. Alsbald kamen auch die beiden Damen wieder hinzu, deren Obhut dis Kinder des Königs anvsrtraut sind. Den Schrecken der ersteren kann man sich denken. Die völlig durchnäßte Prinzessin, die sonst glücklicherweise keinen Schaden genom men hatte, wurde sofort in dis Villa geführt und umgekleidet. Einige Zeit später erschien sie wieder im Garten und dankte ihrem Retter durch freundliches Händsreichen. Der Aufsehen erregende Vorfall, der leicht ernste Falzen hätte nach sich ziehen können, soll sich, wir versichert wird, in Abwesenheit deS König« Friedrich August zugetraaen haben. — Aus Dresden wird dem „Leipz. Tageblatt" ge schrieben : Wie ein väterliches Verbot, sozusagen ein Grund gesetz der Etiquette bei Tafel, vom Gesetzgeber selbst einmal zeitweilig aufgehoben wurde (allerdings unter besonderen Verhältnissen), davon wissen die Besucher eines lebhaft fre quentierten Restaurants in Dresdens Umgebung zu erzählen: Die königliche Familie hatte eine Wagenfahrt durch den winterlichen Wald unternommen und betrat das dichtgefüllte Gastzimmer. Es ging am kleinen Tische recht eng zu. Die Prinzen verwickelten sich sogar in Gebietsstreitigkeiten: „Ich habe nur acht Zentimeter Platz!" „Ich nur drei!" Der Vater schlichtete den Zwist um die nachbarlichen Grenzen mit energischem Aufklopfen: „Ruhe! Ihr seid nicht allein hier!" Der Kuchen zum Kaffee war von so unglaublich hohem Alter, daß König Friedrich August seinen Kindern für diesmal ein Verfahren empfahl, das zwar im Volke üblich, bei Hofe aber sonst ungebräuchlich ist: „Na, heute dürft Ihr einmal eintitschen!" Dresden, 7. Juli. Der glänzende Verlauf de« Huldigung» - Automobil - Korsos vor dem König Friedrich August von Sachsen am veraangenen Sonntag hat in den Kreisen maßgebender Automobilisten den Wunsch laut werden lassen, eins ähnliche Veranstaltung alle Jahre zu wiederholen und, wenn möglich, zu einer ständigen Einrichtung aukzu- gestalten. Jedenfalls wird im nächsten Jahre in Dresden wiederum ein Automobil-Blumen-Korso, vsrdunden mit einem sächsischen Automobilistentage, stattstnden. Bekanntlich ist für das Jahr 1907 in Dresden eine große deutsche Automobil- und Motorwagen-Ausstellung geplant, für die der städtische Ausstellungspalast und der Park in Aussicht genommen sind. Dresden, 9. Juli. Das Immediatgesuch des Ver bandes der Saalinhaber im Königreich Sachsen an König Friedrich August wegen Zurücknahme der die Montags- Tanzvergnügen in Dresden betreffenden Verordnung vom 18. Januar ist auf Befehl des Königs an das Ministerium des Innern abgegeben worden Das Ministerium hat jedoch aus den in der angefochtenen Verordnung, sowie in der Ver ordnung vom 21. März dieses Jahres angegebenen Gründen keine Veranlassung genommen, im Sinne dieser Eingabe etwas zu verfügen. Der Dresdner Zweigverein des Evangelischen Bunde» veröffentlicht folgenden Aufruf: „Noch zittert die Entrüstung nach, welche die Aufhebung von Z 2 deS Jesuiten- gesetzeS im gesamten evangelischen Drutschland hervorgerufen hat; da beunruhigt ein neuer Vorstoß deS UltramontaniSmu«, dessen Tragweite nicht abzusehen ist, die Gemüter. Der so genannte Toleranzantrag deS Zentrum«, der die Vernichtung der Oberhoheit de« Staate« über di« Kirche, di« Zerstörung der evangelischen Landeskirchen und die schrankenlose Herr schaft RomS bezweckt, beschäftigt wiederum den Reichstag und ist einer Kommission zur Beratung überwiefen. Bei di«ser Sachlage fordern wir alle, Vie ihr« evangelische Kirche und ihr Vaterland lieb haben, Männer und Frauen, dringend aus: Schließt Euch dem Evangelischen Bunde an, d«r dir Wahrung der deutsch-protestantischen Interessen auf seine Fahne geschrieben hat! Der Evangelische Bund ist heute unentbehrlich. Die neuesten Ereignisse müssen alle deutschen Protestanten mahnen: „Kommt und tretet ein in unser« Reihen!" — Der verantwortliche Redakteur der „Dresdner Rund schau", H. Schlichting, war wegen Verächtlichmachung öffent licher Einrichtungen in einem aus Anlaß des Todes deS Königs Georg und des Regierungsantritts des König» Fried rich August erschienenen und mit „Iw rot «st mort, vivs Is roi" überschriebenen Artikel von der 6. Strafkammer de« hiesigen Kgl. Landgericht» am 8. Dezember v. I. zu einer Gefängnisstrafe von vier Monaten verurteilt worden. Da« vom Redakteur Schlichting dem König unterbreitete Gnaden gesuch ist jetzt vom Landesherrn abgelehnt worden. Der Ver urteilte wird nunmehr in nächster Zeit d« ihm zuerkannte Strafe in der Landesstrafanstalt zu Bautzen antrete». Pirna, 8. Juli. Heute erfolgte die offizielle Aus sage, daß König Friedrich August am 27. August in Pirna eintrifft. Unsere Elbstadt begeht an diesem Tage das fünf hundertjährig« Jubiläum der Zugehörigkeit PirnaS zur Mark Meißen und damit zum Herrschaftsgebiet Wettin. Am 27. August findet gleichzeitig die Enthüllung des Pirnaer König Albert-Denkmals statt. Es wird in Verbindung mit einem alten Brunnen, der schon Zeuge wechselvoller Ereig nisse war, auf dem Untermarkt aufgestellt. Döbeln, 10. Juli. Gestern begann bei herrlichem Wetter das 22. Mitteldeutsche Bundesschießen, welches von auswärtigen Schützen überaus reich besucht ist, so daß die Stadt ein Fest von so großem Umfang noch nicht gesehen hat. In dem Festzuge, welcher mittag» stattfand und an dem sich mehrere tausend Personen, darunter 150 Berittene, beteiligten, waren außer mehreren Musikkorp» und vielen Fahnen, 15 prachtvolle Festwagen vertreten. Bet dem Festbankett wurde an König Friedrich August, den Pro tektor der Veranstaltung, ein Huldigungstelegramm gesandt, Bundespräsident Luedecke-Leipzig wurde zum Ehrenmit glied der Döbelner Schützengesellschast und Bürgermeister l)r. Lehmann-Döbeln zum Ehrenmitglied des Mitteldeut- Juli 1905. Seite 2. schen Schützenbundes ernannt. Dar Fest, welches bis zum nächsten Sonntag dauert, wird am Mittwoch durch den Besuch deS KönisiS ousqezeichnet werden. Auerbach, 9. Juli. Heute Nachmittag brannte hier die Zentralschule teilweise nieder. Vernichtet wurde vor allem auch die gegen 1000 Personen fassende Aula mit ihrer wertvollen Orgel. Die Schule war mit einem Kostenauf wande von 700000 Mark erbaut worden. Plauen i. V., 8. Juli. Zur Vornahme von Exyeri- menten mit dem Kopfs eines Enthaupteten, wie sie jüngst bei der Hinrichtung de« Mörders Languille in Orleans i» der wissentlichen W4t so großes Aussehen erregten, waren am Freitag fünf Assistenzärzte von der Universität Leipzig eigens nach Plauen gekommen. Sie dursten der Hinrichtung des Raubmörders Naumann beiwohnen, hatten jedoch im klebrigen kein Glück. Oberstaatsanwslt B-utlsr gab die rr- fordsrliche Erlaubnis zur Vornahme von Exoerimenten nicht und begründete das Verbot damit, daß solche Verrichtungen mit der Vollstreckung eines Gerichtsurteils nicht im Einklang ständen und das Gefühl der Zeugen des grausig«» Aktes verletzen würden. — Zwei Jungen im Alter von 4 bis 10 Jahren haben gestern mit Steinen nach dem Personenzug« 206 der Eisenbahnlinie Leipzig-Hof geworfen, in einem Personen wagen 4. Kasse «in Fenster »ertrümmert und eine Frau au« Limbach i. V. am Kopfe verletzt. Die Polizei fahndet nach den unnützen Buben. Verehrte Hausfrau! Ihres Leinenschrankes lieb und wert ist, so verwenden Sie nur das garantiert unschädliche, die Wäsche schonende vr. Thompsons Seifenpulver mit dem Schwan. — Ueberall zu haben. — Politische Umschau. Deutsches Reich. Die in München tagende deutsche Landwirtschaftsgesellschaft hatte durch ihren Vorsitzenden, den Prinzen Ludwig von Bayern, an den Kaiser ein HuldigungS- telegramm gerichtet. Der Kaiser sandte daraufhin an den Prinzen folgendes Anwortstelegramm: „Die Begrüßung, die Eure Königliche Hoheit im Namen der 53. Hauptver sammlung der Gesellschaft mir zu übermitteln die Güte haben gehabt, habe ich mit besonderer Freude entgegengenommen. Die deutschen Landwirte wissen, wie sehr mir das Gedeihen der deutschen Landwirtschaft am Herzen liegt, und ich hoffe, daß auch durch die diesjährige Wanderausstellung die segens reiche Arbeit der deutschen Landwirtschaftsgesellschaft reiche Förderung erhalten möge. Gez. Wilhelm." — Die am Freilag vollzogene Reichstagsersatzwahl im badischen Wahlkreise Donaueschingen-Villingen hat den Sieg des Zentrumskandidalen über vie nationalliberalen Kandida ten ergeben, womit die nationalliberale Partei diesen Wahl kreis einstweilen wieder verloren hat. — Der Kaiser traf am Sonntag vormittag 11 Uhr an Bord der „Hohenzollern" in Swinewünde ein. Um 12 Uhr mittags kam dort auch der Reichskanzler Fürst Bülow an und begab sich sofort aus die „Hohenzollern", wo er dem Kaiser Vortrag hielt. Am nächsten Morgen trat dann der Monarch seine Erholungsreise nach Schwe den an. — Die JaursS-Affäre wächst sich nachgerade zu einer Staatsaktion aus. Nicht genug damit, daß der Reichs kanzler in einem besonderen Erlaß an den deutschen Bot schafter in Paris, Fürsten Radolin, diesen ersuchte, Herrn JaursS zum Verzicht auf seine beabsichtigte Berliner Reise zu bestimmen, nein, der Botschafter deS Deutschen Reiches Hai dem französischen Sozialistensührer auch einen offiziellen Besuch abgestattet, der dann von letzterem in aller Form erwidert wurde — mehr kann man doch nicht gut verlangen! ES wäre wohl besser gewesen, die deutsche Regierung hätte Herrn JaursS einfach gewähren, und in Berlin beliebig sprechen lassen, zumal jetzt der „Vorwärts" den Text der Rede dringt, welche JaursS vor den deutschen „Genossen" halten wollte; stattdessen hat man durch das beliebte hochamtliche Auftreten gegenüber Herrn Jams» dem ganzen Zwischenfall eine Wichtigkeit beigelegt, die er gewiß nicht verdient. — In Berlin fand am Sonntag in der „Neuen Welt" eine Protestversammlung der sozialdemokratischen Partei betreffs deS Redeverbotes für JaursS statt. In der Versammlung gelangte «in Telegramm JaursS an die Berliner „Genossen" zur Verlesung, in welcher er den Gedanken der einen und unteilbaren internationalen Sozial demokratie betont. Referent Fsscher-Berlin kritisierte dann in längerer Rede den Erlaß de» Kanzlers an Fürst Radolin höchst abfällig. Schließlich genehmigte die Versammlung eine Resolution, welche gegen das Bülowsch« Redeverbot proiestterte, und sandte ein Sympathietelegramm an JaursS. Oesterreichstlugarn. Das österreichische Abgeordr.-ten. Haus ist am Sonnabend in seine Sommerferien gegangen. Vorher hatte es nach einer hochpolitischen Debatte die Dring lichkeit für den Antrag Stein, die Negierung möge den Reichsrat sofort nach der Bildung eines den oppositionellen Parteien entnommenen Koalitionskabinets in Ungarn einbe rufen, und ferner für den Antrag Groß, die Regierung möge sich Ungarn gegenüber für alle Eventualitäten gerüstet halten, angenommen. Frankreich. Wie aus Biserta gemeldet wird, scheint jetzt jede Hoffnung auf Rettung der Mannschaften des ge sunkene» Unterseebootes „Farfader" verloren. Biserta, 7. Juli. Abends gelang eS, das gesunkene Unterseeboot „Farfader" bis 1'/2 Meter unter dem Wasser- spiegel zu heben. Die am Bug eingeschlossenen Matrosen gaben auf Befragen die Antwort, daß sie, sechs an der Zahl, wohlauf seien, da sie die nötigen Opparate zur Erzeugung von Sauerstoff besäßen. Man befürchtet, daß die im Hin terteil des Bootes eingeschlossenen vier Matrosen bereits er stickt sind. Russland. Die seltsame Episode, welche die Rebellion des russischen Panzers „Potemkin" darstellt, ist nunmehr be-