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Nr. 273. Pulsnitzer Tageblatt. — Freitag, den 23. November 1928 Seite 6. Festnahme gefährlicher Spitzbuben. Der am 9. Juli 1904 zu Dresden geborene, wegen unbefugter Ausübung eines öffentlichen Amtes und Dieb stahls vorbestrafte Handlungsgehilfe und vormalige Bank angestellte des Tschechoslowakischen Bankvereins Kurt Erich Albert Hegewald konnte von den Königsteiner Gen- darmeriebeamten festgenommen und verschiedener Ein brüche überführt werden. Ein weiterer guter Fang wurde durch die König steiner Gendarmerie und Polizei unter tatkräftiger Mit hilfe von Bergsteigern gemacht. In der sogenannten Oberkirchleithe konnten der 20 Jahre alte Schlosser Moritz Schriever aus Hamburg und der 25 Jahre alte Mechaniker Grüntzig aus Dresden festgenommen werden, die einen Dolch und eine geladene Militärpistole in ihrem Besitz hatten. Beide sind bereits wiederholt vorbestraft. Man glaubt, in ihnen jene Spitzbuben ermittelt zu haben, die in den letzten Wochen im Grenzgebiet eine Anzahl Unter kunftshütten und Wochenendhäuser erbrochen und andere ähnliche Straftaten begangen haben. Die Untersuchung ist noch nicht abgeschlossen. Schwere- Eisenbahnunglück in der Tschechoslowakei. Der Schnellzug Nr. 24 Prag—Znaim, der am Don nerstag um 15.14 Uhr Prag verlassen hatte, fuhr um 1S.40 Uhr auf dem Bahnhof Nim bürg auf einen Güterzug auf. Beide Lokomotiven, ein Dienst- und ein Personenwagen des Schnellzuges, wurden schwer be schädigt. Von den Reisenden wurden zwei Frauen und ein Kind getötet, 31 Personen wurden verletzt, davon acht schwer. Ein Eisenbahnbeamter befindet sich noch unter den Trümmern. Die Feuerwehr und die Eisenbahn werkstätten von Nimburg haben zu der Unglücksstätte Hilfsmannschaften entsandt. Sport z Turnen Z Spiel » »»»«»»««»« WWW»»«»«,, ,»»»»«»»»»1 Turne« (V T.) In der im Anschluß an die letzte Bezirksvorturncrstunde in der Turnhalle in Bretnig am 18. November 1928 stattgefundenen Ver sammlung der Bezirksvorturnerschaft des 4. Bezirks „Am Schweden stein" im Meißner Hochland'Gau wurde der Bezirksturnrat neu gewählt und setzt sich jetzt wie folgt zusammen: I. Bezirksvertreter Curt Zie genbalg, Tv Ohorn; 1. BezirkSturnwart Alwin Tübel, Tbd. Pulsnitz; 2. BezirkSturnwart (zugleich Bezirksvolksturnwart) Walter Wähner, Tbd. Pulsnitz; 1. Bezirksschwimmwart Gerhard Wähner, Tbd. Pulsnitz; 1. Bezirksfrauenturnwart Schuria, Tv. Niedersteina; 2. Bezirksfrauen- turnwart Kurt Pötschke, Tbd. Pulsnitz; I. BezirkSkinderturnwart Scheibe, Tv. Pulsnitz M. S. Möge sich die Arbeit des Turnrates zum Segen unseres 4. Bezirks „Am Schwedenstein" und damit auch zum Segen unserer Deutschen Turnerschast auswirken. Gut Heil l VW. Kreisspieltag der Turne« Freiberg war der Ort der Tagung der sächsischen Turnspiel führer. Der Bericht deS KreisspielwarteS Meißner. Dresden ergab erfreuliche Feststellung «on Aufwärtsentwicklung des Spielwesens, äußerlich feststellbar an der erstmaligen Erringung der Deutschen Meister schaft im D.T.-Handball durch den Turnverein Chemnitz Gablenz auf dem Deutschen Turnfest in Köln, an dem erfreulichen Wachstum der Zahl vereinseigener Großspielplätze, an der Tatsache, daß der allgemeine Rückgang, der gegenwärtig in allen Verbänden festgestellt wurde, im Turnspiel noch nicht zu spüren ist. Handball und Faustball halten ihre Zahlen. Was Schlagball einbüßt, wird durch weiteres Wachsen der Turnerfußballzahlen wettgemacht. Die letzte Lesung einer neuen Kreis- spielordnung, die 1929 in Kraft treten wird, erfolgte. Die Sommer spiele sollen auch 1929 getrennt in Faustball und Schlagball aus getragen werden. Der Turnkreis Sachsen ist mit München als Ort der nächsten D. T.«Endspiele nicht einverstanden. Mitteldeutschland hält man aus wirtschaftlichen Gründen für gegebener. An die D. T. wird erneut der Wunsch gerichtet, die Meisterschaften der Winterspiele später, die der Sommerspiele früher im Jahre auszutragen. Wien—Berlin 4:1 (2 : 0). Der Fußballstädtekampf Wien—Berlin, der am Bußtag im Berliner Poststadion statt fand, endete vor 40 000 Zuschauern mit einem 4:1- (2:0)-Siege der Wiener, die die Torgelegenheiten besser auszunutzen ver standen. Oskar Rütt nach Australien. Nach der Absage des Köl ners Dederichs hat Oskar Rütt den Entschluß gefaßt, s" h dem dänischen Rennfahrer Brask Andersen anzuschließen und den Winter in Australien zu verbringen. Schon in den nächsten Tagen werden Oskar Rütt und Brask Andersen von einem eng lischen Hafen aus die weite Reise antreten. Boxen. Gute Amateurkämpfe zeigte der Kampfabend des Kölner Sportklubs Colonia 06 in der Rheinlandhalle gegen den Boxklub Heros-Berlin. Im Fliegengewicht siegte Abels (Köln) über Klemm (Berlin). Im Bantamgewicht besiegte der schnelle Berliner Moehl den Kölner Kaiser. Im Federgewicht be hielt der Kölner Schmitz über Neumann die Oberhand. Im Leichtgewicht blieb Dübbers gegen Bächler im Vorteil. Der Weltergewichter Kurth (Köln) blieb über Iendrika (Berlin) Sie ger. Im Mittelgewicht kämpften Kievernagel (Köln) und Volkmar (Berlin) unentschieden. Gegen den Kölner Halb schwergewichtler Hover konnte der Berliner Völkner nur über die Runden kommen. Den letzten Kampf gewann der Europa meister Pistulla über den Kölner Klut he. In London traf der deutsche Schwergewichtler Teddy Sand- wina auf den Echwergewichtmeister von Wales, Evans. Sand- wina schlug seinen Gegner schon in der ersten Runde k. o. Handball. Das Pokalspiel zwischen dem Polizeisport- verei n und dem Deutschen Handball-Club endete mit einem 10 :8- (6 : 3)-Siege der Polizei. Im Verbandsspiel siegte der Deutsche Sportverein über den Sportklub Reinickendorf sicher 6:1 (3:1). Kirchen - Nachrichten Lichtenberg Sonntag, 2S. nach Tri« , 26. November: Allgemeine To tenfeier. 9 Uhr Predigtgoltesdienst. Sammlung zum Zwecke der Linderung der wirtschaftlichen Not der Kriegshinterbliebenen sowie für die Zwecke der Kriegsgräberfürsorge in Feindesland. >/,11 Uhr Kinder- gottesdtenst im Konfirmandenzimmer. 2 Uhr Beichte und Feier des heiligen Abendmahls. — Mittwoch, 28. November, abends 8 Uhr Frauenverein im Gasthause zur Poft in Lichtenberg. — Sonnabend, 1. Dezember, nachm. */,3 Uhr Beichte und Abendmahlsfeier. Oberlichtenau 25. Sonntag «ach Trin., 25. November: Gedächtnistag der Verstorbenen. Sammlung für die Kriegshinterbliebenenfürsorge und Kriegsgräberfürsorge in Feindesland. 9 Uhr PredigtgotteSdtenst. V,ll Uhr heiliges Abendmahl, hauptsächlich für die Jugend. 6 Uhr abends heiliges Abendmahl. — Mittwoch, 28. November, abends 8 Uhr Btbelstunde im Pfarrhause für den Mädchenverein und andere. Marktpreise i« Kamenz am 22. November 1928 Am heutigen Wochenmarkte wurden gezahlt pro Zentner: Weizen, eff. Gew. 77 kg 9,80—10,00 Mk. Roggen, eff. Gew. 73 kx. 9,60—9,80 Mk Gerste, Winter-, 11,75 Mk., Sommer-, 11,25-12,00 Mk. Hafer 10,30-10,60 Mk. H e u (hiesiges) 6,50 bis 6,75 Mk. Flegelstroh 3,50-4,00 Mk., Futterstroh 3,00 bis 3,2b Mk. Streustroh 2,00—2,50 Mk. Kartoffeln 3,00 bis 3,50 Mk. pro Zentner. Butter 2,30 Mk. das Pfund. Eier 17 Pfg. das Stück. Ferkel 14-24 Mk., Läufer 45-65 Mk. das Stück. Gänse Pfd. 1.00 Mk. Für ausgesuchte Ware Preis über Notiz. Börse und Handel Amtliche sächsische Notierungen vom 22 November. Dresden. Die Börse verkehrte uneinheitlich. Die unsichere Haltung konnte sich gegen Schluß hin wieder etwas freundlicher gestalten. Textilaktien lagen meistens höher, am Bankaktien markt veränderte sich die Lage kaum. Von den Maschinen aktien lagen besonders Escher gefestigt; sie zogen 6 Prozent an. Auch Union und Wanderer konnten eine Kurssteigerung ver zeichnen. Keramische Werte lagen uneinheitlich und verzeich neten Schwankungen bis zu 2 Prozent. Am Elektromarkt er litten Pöge einen größeren Verlust. Von Fahrradaktien lagen Wanderer gedrückt. Die Veränderungen auf den übrigen Marktgebieten waren unerheblich. Leipzig. Die Börse zeigte bei geringem Geschäft über wiegend Kursrückgänge, die durchschnittlich 1 bis 4 Prozent be trugen. Im Gegensatz zur allgemeinen Tendenz zogen Poly phon 7 Prozent an. Am Anleihemarkt zeigten sich Schutz gebietanleihen befestigt. Ablösungsschuld mit Auslosungsrecht verkehrten zu 50,9, ohne zu 15,375. In Leipziger Stadlanleihen kam ein größeres Angebot an den Markt. Chemnitz. Von Anfang bis Ende zeigte die Börse ein freundliches und zuversichtliches Aussehen. Die Kauflust war sichtbar reger als an den Vortagen. H. und A. Escher konnten 7 Prozent höher notieren. Auch Werkzeug Union, Sachsen werk und andere Jndustriepapiere wiesen nicht unbeträchtliche Aufbesserungen auf. Dagegen lagen Schubert und Salzer 3 Prozent niedriger. Dürfeld setzten aus günstige Abschluß berichte hin ihre Aufwärtsveweauna fort. Köbke wurden bet einem Kurse von 90 Prozent mangels Käufer gestrichen. Im Freiverkehr ging es nach wie vor ruhig zu. Chemnitzer Produktenbörse. Weizen, inl., 76 Kg. 218 bis 224, Roggen, sächs., neu, 72 Kg. 212—214, Sandroggen, 72 Kg. 215—220, Sommergerste, neu 250—260, Wintergerste 220 bis 230, Hafer 220—230, Mais für Futterzwecke 223—228, Mais Cinquantin für Futterzwecke 245—255, Weizenmehl, 7Vproz. 36,50, Roggenmehl, 60proz. 33H0, Weizenkleie 15,00, Roggen kleie 15,00, Wiesenheu, drahtgepr. 15,00, Wiesenheu, neu 14M Getreidestroh, drahtgepr. 4^0 Mark. Leipziger Viehmartt. Austrieb: 267 Rinder, darunter 28 Ochsen, 101 Bullen, 106 Kühe, 32 Färsen, 609 Kälber, 86 Schafe, 1309 Schweine. Verlauf: Bei Rindern schlecht, bei Kälbern und Schweinen langsam. Preise: Bullen a) 48—S2, b) 40—47; Kühe a) 44—48, b) 36—43, c) 28—35, d) 20—27; Kälber a) —, b) 65—73, c) 58—64. d) 50-57, e) 45^9; Schweine a) 80—82, b) 80, c) 77—79. v) 73—76; Sauen 62—7L. Amtliche Notierang der Mlttagsbörsr «ch Station. ! Mehl und Kleie brutto einschl. Sack stet Berlin. °) Hektolitergewicht 74.50 lcs do. 69 k«. MV», 22. 11. 20. 1Ü 100 üg 22. 11. 20, Werz. Mehl 7V mark. 211?-214.° 21O.°-213.° Weizen 26.2-29.7 26.2-2S.7 Dezbr. März 227? 227.'-227.° Roggen 25.7-29.0 25.5-28.7 238.° 237.°-237? Weizenkleie 14.5-14.6 14.6-14.8 Mai Skogg. mrk. Dezbr. März Mai Gerste 244° 242.« Roggenklei« Weizenkleie- 14.5-14.6 15.0-jtz.15 34O.'^M? 43.0-52.0 14.6-14.7 lö.v-15.15 340-350 43.0-52.0 202V205." 22O.°u.Gd. 231.'-232." 238?-239? 201?-204? 219?-219? 231.0-230? 237?" melasie Raps (1000 kg) Leinsaat (do.) Erbsen, Viktoria Kl. Speiseerbsen 223.°-240." :25 °-241? Futtererbsen — Brau Peluschken Futt.-, 200."-207? 200?-208." Ackerbohnen — Inüust. Wicken 27.0-29.5 27.0-29,5 Wint. — — Lupinen, blau — Hafer . gelb — — märk. 200°.-208? 200.0-208 i Seradella — — Dezbr. — 218.° Rapskuchen 19.8-20.2 19.8-20.2 März —— 230? Leinkucken 24.6-24.8 24.6-24.8 Mai 241.° 240? Trockenschnitzel 13.7-14.0 13.7-14.0 Mais 217".-219." Soya-Extrakt.- Berlin 2l8°-L20/ Schrot 22.0-22.7 22.0-22.7 Karloffelflocken 19.2-19.7 19.2-19.7 Berliner Butter-Preise. Amtliche Notierung im Verkehr zwischen Erzeuger und Großhandel, Fracht und Gebinde gehen zu Käufers Lasten: 1. Qualität 201, 2. Qualität 184, abfallende Sor ten 168 Rm. Tendenz: Fest. Preisnotierungen für Eier. (Festgestellt von der amt lichen Berliner Eiernotierungskommission am 22. November.) Die Preise verstehen sich in Reichspfennig je Stück ab Waggon oder Lager Berlin nach Berliner Usancen. H.) Deutsche Erer: Trinkeier (vollfrische, gestencpelte) 60 Gramm 21,50, 53 Gramm 19, 48 Gramm 15, frische Eier: 53 Gramm 15^0, 48 Gramm 13. 8) Auslandseier: Dänen: 18er 22,50—24, 17er 21,50—22,50, Est- länder: 1514—16er 17—17M, leichtere 16—16,50, Holländer: 60 bis 62 Gramm 23, Litauer, große 15^0—16,75, normale 14 bis 14M, Bulgaren 15—15^0, Russen, große 13,75—14,50, normale —13,50, abweichende kleine, Mittel-, Schmutzeier 10,50 bis 11,50. E) In- und ausländische Kühlhauseiec: Extra große 15—15,50, große 13^0—14, normale 11—11,50, kleine 9,50—10. v) Kalkeier: Extra große 14. Witterung regnerisch. Tendenz matt. Berliner Milchpreis für die Woche vom 23. bis 29. No vember je Liter frei Berlin unverändert 20>L Pf. Erzeugerpreis. Berliner K«rtoffelerzeugerpreife je Zentner waggonfrei märkischer Station. Amtlich ermittelt durch die Landwirtschafts kammer für die Provinz Brandenburg und für Berlin, ff iße Kartoffeln 2,10—2,30, rote Kartoffeln 2,30—2^0, gelbfleischige 2,30—2,50 Ai. Großfallende über Notiz. Fabrikkartoffeln 10 bis 11 Pf. pro Stärkeprozent. Berliner Magerviehmarckt. (Amtlicher Marktbericht vom Magerviehhof in Friedrichsfelde.) Auftrieb: 377 Rinder, darunter 348 Milchkühe, 6 Bullen, 23 Jungvieh, 94 Kälber, 460 Pferde. Verlauf: Ruhig, Preise wenig verändert. Es wurden gezahlt: Milchkühe und hochtragende Kühe je nach Qualität 280—550 M. Ausgesuchte Kühe und Kälber über Notrz. Tragende Färsen je nach Qualität 230—460 M. Ausgesuchte Färsen über Notiz. Jungvieh zur Mast: Bullen, Stiere, Färsen 36—43 M. je Ztr. Lebendgewicht. Ausgesuchte Posten über Notiz. — Pserdemarkt: Preise je nach Qualität 200—1200 M., Schlachtpferde 50 bis 200 M. Ruhiges Geschäft. — Schweine und Ferkelmarkt: Auf trieb: Schweine 337, Ferkel 544 Stück. Verlauf: Langsam. Es wurden gezahlt im Großhandel für Läuferschweine 7—8 Monats' alt 60—72, do. 4—6 Monate alt 48—60, Pölke 3—4 Monate alt 32—38, Ferkel 8—12 Wochen alt 24—32, do. 6—8 Wochen als! 15—24 Rm. je Stück. ! Ore (Vae/rüM// x kumilienroman von sj Oopxrisbt dx Martin keucdbvsaxer, UsU» (8ssle> j61 Nach ungefähr zehn Minuten hielt das erste Auto an. Der alte Herr ließ halten. Als er ausgestiegen war, sah er die Fremde gerade dem See zueilen. Er bezahlte schnell seinen Chauffeur, und lief ebenfalls dem See zu, wo das Mädchen gerade ein Boot bestieg. Ein leiser Ausruf entfuhr seinen Lippen. „Zum Teufel', murmelte der Fremde, „sie hat nichts Gutes vor, ich muß ihr nach.' Als er ans User kam, lag das kleine Boot schon ziem lich weit draußen auf dem Wasser. Ein kleines Motorboot ankerte in der Nähe. , Der alte Herr winkte dem Führer hastig zu. „Fahren Sie mich für gutes Geld sofort dem da draußen schaukelnden Boote nach, ich fürchte, daß die In sassin, die sich allein darin befindet, Selbstmordgedanken hegt. Schnell, Mann, sonst kommen wir vielleicht zu spät!' Der Bootsfahrer stellte sofort den Motor an, der alte Herr sprang an Bord, und schon schoß das Boot pfeil geschwind ins Wasser hinaus. Schon war das Motorboot nahe an das Mädchen her angekommen, als das Wasser hoch aufspritzte und die Frau in den Fluten versank. -Zu spät, zu spät!' jammerte der alte Herr. „Vielleicht doch noch nicht; sie muß ja noch einmal auf tauchen, und bis dahin sind wir dort', rief der Führer. Einige Sekunden später hatte das Boot die Unglücks- steüe erreicht. Der Kahn schaukelte leer auf dem See, und in einiger Entfernung tauchte soeben eine dunkle Masse über dem Wasser auf. „Da ist sie, schnell, fahren Sie vorsichtig heran. Ich will versuchen, sie zu packen." Das schwierige Manöver gelang. Gerade drohte das Mädchen wieder unterzustnken, da bog sich der alte Herr, der noch sehr kräftig und beweglich war, weit über Bord und faßte im letzten Moment die Versinkende. Der Bootsführer kam ihm zu Hilfe, und so brachte man die anscheinend Leblose an Bord. Das Wasser rann ihr in Strömen aus dem Kleid und den schwarzen Locken. „Großer Gott, wie schön!' stieß der Bootsführcr er staunt hervor. Der alte Herr aber war bereits niedergekniet und ver suchte durch Rettungsübungen das Wasser aus der Lunge des Mädchens zu drücken. Es gelang, und endlich begann die Bewußtlose leise und röchelnd zu atmen. „Wenige Minuten später, und es wäre zu spät ge wesen!' murmelte der Fremde vor sich hin; dann erhob er sich. „Fahren Sie schnell zurück, wir müssen das Mädchen in ein Krankenhaus bringen", gebot er dann dem Führer. Dieser ließ sofort das Motorboot umkehren, und jagte damit zum Ufer zurück. „Legen Sie so an, daß wir möglichst wenig Aufsehen erregen", bat der alte Herr, und sah mitleidig in das schöne, bleiche Gesicht der jungen Selbstmörderin. Wer mochte sie sein, was mochte ihr begegnet sein, daß sie den Tod gesucht hatte? War es recht, daß er sie ins Leben zurückgerissen hatte? Ja und tausendmal ja, solch wunderschönes, feines Menschenkind hatte kein Recht, sein junges, blühendes Leben wegzuwerfen! Freilich, dieses feine, stille Gesicht war tief vom Leid gezeichnet, doch es gab Wohl wenig auf dieser Erde, was nicht noch gutzumachen wäre. Das Ufer war erreicht. - - „Wohin wollen wir sie bringen?" fragte der Boots führer. „Wachen Sie hier und legen Sie eine Decke über die Ohnmächtige, damit sie nicht von Neugierigen belästigt wird, ich gehe nur zum Telephon. In einer halben Stunde kann das Krankenauto hier sein, das sie in die CharitL bringt. Der Fall interessiert mich; ich bin Chefarzt in diesem Krankenhause." Er händigte dem Bootsmann einen hohen Geldbetrag aus, und eilte davon. Nach zehn Minuten kehrte er zurück, und nach einer reichlichen halben Stunde fuhr das Unfallauto in schnellem Tempo das Wannseeufer entlang, und hielt an der Stelle, wo das Motorboot am Ufer lag. Rasch und geschickt trug man die Bewußtlose in den Wagen. Der alt« Herr kletterte nach, und fort ging es in schneller Fahrt. Auf den bleichen Wangen zeigten sich jetzt heiße, rote, kreisrunde Flecke, die die Anzeichen eines beginnenden starken Fiebers waren. „Nervenfieber", nickte der alte Arzt vor sich hin. „Ich werde sie vielleicht doch nicht retten können." Ein dünner Wasserstreifen lief am Boden des Wagens hin. Bald eine Stunde dauerte die Fahrt. Endlich fuhr der Wagen in das große Krankenhaus portal ein. (Fortsetzung solgt.)