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Nr. 242. Bulsniper Tageblatt. - Montag. pei- l5 Oktober 1^28 Zelte 2. Dresden, 15. Oktober. 12,20 Uhr. COO.) „Graf Zeppelin" 1« Uhr mitteleuropStfcher Zeit «och 850 km von Lakehnrst Wird heute Nacht dort landen Ne«-V»rk. Kommandeur Rosendahl teilt um 6 Uhr morgens amerikanischer Zeit mit, daß „Graf Zeppelin" nicht vor 17 Uhr amerikanischer Zeit in Lakehurst eintreffen wird. Nach weiteren aufgefangenen Meldungen vom Zeppelin hat das Luftschiff in den letzten Stunden wieder eine Durch schnittsgeschwindigkeit von mehr als 40 Meilen entwickelt. Das Schiff hält direkten Kurs auf Cap Hatterat. Gegen 4 Uhr morgens amerikanischer Zeit (10 Uhr mitteleuropäischer Zeit) befindet sich das Schiff auf 70,50 westlicher und 34,30 nördlicher Breite. Bei gleichbleibender Geschwindigkeit kann das Luftschiff somit tatsächlich gegen 17 Uhr New-Yorker Zeit (kurz vor Mitternacht mitteleuropäischer Zeit) in Lake- , hurst eintreffen, vorausgesetzt, daß „Graf Zeppelin", wie das offenbar um 10 Uhr mitteleuropäischer Zeit der Fall war, Rückenwind behält. Amerika läßt die Dollars rollen. Die Begeisterung in Amerika über die Ozeanfahrt des „Gras Zeppelin" kennt keine Grenzen. Alles, was der Dollar erreichen kann, wird aufgewendet. Die amerikani schen Zeitungen scheuen keine Kosten, um möglichst über jede kleinste Begebenheit der Zeppelinfahrt auf schnellstem Wege unterrichtet zu sein. So haben sich 15 bedeutende Zeitungs agenturen in Amerika direkte Kabelleitungen von der Marine st ation Lakehurst in ihre Büros legen lassen, was angesichts der Geschwindig keit, mit der die Arbeit vor sich gehen mußte, eine ungeheure Zahl von Arbeitern erforderte und natürlich riesige Summen verschlang. Der geschäftstüchtige Unternehmer des be rühmten New-Yorker Yankee-Stadions funkte Or. Eckener, als er noch mitten über dem Ozean schwebte, daß er ihm 50 000 Dollar biete, wenn er statt in Lakehurst auf dem New-Yorker Stadion landete. Einen Maßstab für die Begeisterung des Amerikaners gibt dis Tatsache, daß sich bereits zwölf Fahrgäste für die Rückreise des „Graf Zeppelin" angemeldet haben. Der amerikanische Generalpostmeister hat bereits bekanntgeben lassen, daß das Luftschiff auf seiner Rückfahrt Post nach Deutschland mitnehmen wird. Zeppelin nach Spanien verkauft? Kaufsumme angeblich: 1,2 Millionen Dollar. New Dort. Nach einer Mitteilung der Firma Fox Brothers International Corporation, jener amerikanische» Gesellschaft, die den Bau der Luftschiffhalle in Sevilla über nommen hat, hat die spanische Colon Transaeria- Gesellschaft das Luftschiff „Graf Zeppelin" für 7 220 000 Peseten (rund 5 Millionen Mark) gekauft. In Friedrichshafen weiß man davon nichts. Friedrichshafen. Zu der Meldung der Fox Brothers International Corporation, daß die spanische Colon Trans- aeria-Gesellschaft das Luftschiff käuflich erworben habe, betont man in leitenden Kreisen der Fried richshafener Werft, daß von einem solchen Kaufabschluß hier noch nichts bekannt sei. Man halte die Meldung mindestens für stark verfrüht. Die spanische Gesellschaft habe zwar die Absicht geäußert, den s „Graf Zeppelin" für den beabsichtigten Trans ozeanverkehr Sevilla — Südamerika zu ! chartern. Von einem Verkauf sei aber bisher noch nicht ' gesprochen worden. , Dela Groß aus -er Hast entlassen. Berlin. Der vor etwa einem Monat in Wien verhaftete tschechische Finanzmann und Kriegsanleiheschieber Bela Groß, der nach Berlin ausqeliefert worden war, ist am Sonnabend mittag aus der Haft entlassen worden. Die amt liche Stelle vermochte jedoch nicht anzugeben, ob der Unter suchungsrichter von Bela Groß eine Kaution verlangt hat. Ob Bela Groß eine Kaution aufgebracht hat, läßt sich nicht feststellen, da der Verhaftete immer seine völlige Mittellosigkeit dem Untersuchungsrichter gegenüber betont hat. Tatsächlich besitzt Bela Groß selbst keinen Pfennig und hat in Wienerhebliche Schul den. Seine Villa in Wien, die mit ihrer wertvollen Ein richtung seit Jahren seiner Frau gehört, wird auf 400 000 Schilling geschätzt. Ob Bela Groß nach seiner Freilassung lange in Deutschland bleiben wird, ist mindestens zweifel haft. Vielleicht dürfte er es ähnlich machen wie der Helfer Schneids, Direktor Gläsel, der unmittelbar nach seiner Haftentlassung es vorgezogen hat, sich nach Amsterdam zu begeben, da Holland in der Kriegsanleiheschiebung bekannt lich jede Auslieferung verweigert. „Graf Zeppelins" Reiseziel. Die große Luftschiffhalle aus dem Flugplatz von Lakehurst, in der „Graf Zeppelin" von seiner Ozeansahrt nusruht. — Das Bild zeigt die Mann schaften, die zur Bedienung des Luftschiffes nach Lakehurst abkommnndiert worden sind, bei der Uebung. Das Wichtigste Chamberlin landete am Sonntag um 17,57 Uhr mit seiner Gattin und vier Ingenieuren von Köln kommend auf dem Flugplatz in Tempelhof. Chamberlin ist zum Besuch der „Ila" nach Berlin gekommen. Wie das „Berliner Tageblatt" aus Newyork meldet, wird „Graf Zep pelin" nach Erklärungen von Dr. Arnstein von der Goodyear-Zep- velin-Werken innerhalb einer Frist von 10 Tagen nach Berlin zurückkehren, um dort znr Ila einzutreffen. Für den Rückflug sind bereits fünf Passagiere vorgemerkt. Die Radio-Broadcasting-Company os Newyork und die Columbia- Broadcasting-Company haben die Erlaubnis erhalten, ab Sonntag vormittag in Lakehurst eine Radiostation einzurichten und die Nach richten über die Ankunft de- „Graf Zeppelin" durch Rundfunk der ganzen Welt zu übermitteln. türliiche und sächsische AngeltW-eveu — (Kommt ein früher und strenger Win ter?) Diese Frage bewegt angesichts des nahenden Winters natürlich die Gemüter. Immerhin läßt sich dazu soviel sagen, daß man für Anfang November, wenn nicht gar schon Ende Oktober mit dem Eintritt des ausgesprochenen Winters rechnen darf, obwohl natürlich noch nicht vorauszuschen ist, ob das Wetter uns zunächst starke Fröste oder Schneefall beschert. Wir dürfen uns nach der alten Witterungslage auf einen ebenso frühen wie kalten Winter gefaßt machen. Zwar ist nach allen Gelegenheiten kaum zu erwarten, daß wir in diesem Winter ausgesprochene Rekordkälte werden aushalten müssen, denn nach mehr als hundertjähriger Er fahrung konnte die Meteorologie den recht bewährten Satz aufstellen, daß nur auf sehr heiße Sommer sehr kolte Winter folgen. Der letzte Sommer war aber nicht ausgesprochen heiß, obwohl allgemeine Trockenheit herrschte und auch an einigen Tagen geradezu tropische Hitze war. Daraus läßt sich auf Grund dieser Erfahrung folgern, daß uns ein kalter Winter erwartet, nicht wie in den früheren Jahren nur eine ununterbrochene Kette von kühlen bis halbkalten Tagen. Und fernerhin läßt sich mit viel Bestimmtheit aus dem frühen Auftreten der Bodenfröste nach langjährigen Erfahrungen behaupten, daß dieser Eintritt größerer Kälte nicht lange auf sich warten lassen wird. Auch, wenn uns in der zweiten Oktoberhälfte klares und sonniges Wetter beschieden sein wird, werden sich doch nur die Tagestemperaturen wesentlich er höhen, während im Gegenteil bei klarem Welter mit starkem Strahlungsfrost zu rechnen sein wird. So erwartet uns also für das nächste Jahr kaum günstigere Witterung. — (Der neue Polizei st er n.) Ein Teil der Polizeibeamten — und zwar die sogenannten Bereitfchafts- beamten der Schutzpolizei — trägt seit dem 1. Oktober an der Stirnseite des Tschakos den neuen Polizeistern. Der Stern ist von Neusilber und enthält in der Mitte ein Schild mit ausgemaltem sächsischen Wappen. Das neue Abzeichen ist zur Angleichung an die übrige Polizei im Reiche einge- führt worden. Der Zierat (Pompon) am oberen Rand des Tschakos trägt im grünen Mittelschiid die Landesfarben. — (Jetzt i st die besteZeitfür dieRaupen- vertilgung!) Da augenblicklich die geeigenste Zeit zur Raupenvertilgung ist, weisen viele Aemter die Bürgermeister an, öffentlich zur Vertilgung der Raupennester aufzufordern und dabei hervorzuhcben, daß auch die dürren Bäume und Aeste als bevorzugte Brutstätte der Schädlinge zu beseitigen seien. Ramme«««. (Straßenausbesserung.) Ge genwärtig wird das Stück der Staatsstraße Radeberg—Bi schofswerda, welches durch den Hof des hiesigen Erbgerichts führt, ansgebessert. Bisher war der Hof gepflastert. Dem in den letzten Jahren stetig anwachsenden Krastwagenverkehr konnte das Pflaster nicht mehr genügen, zumal cs durch die vielen Jahre hindurch sehr mitgenommen war. Deshalb er hält die Straße eine Schotterauflage, die durch Emulbit (Kalt Asphalt) die notwendige Bindung bekommt. Die Vor arbeiten begannen bereits vorige Woche. Eine Umleitung des Verkehrs mußte vorgenommen werden, die sich ziemlich schwierig gestaltete, da namentlich die großen staat lichen Verkehrskrastwagen die scharfe Ecke beim Fichtemuseum kaum passieren können. In der Verkehrswelt wird die Stra- ßenausbesserung sicher allseitig freudig begrüßt werden. Bautzen. (Zur Belebung des Ausflugs verkehrs, nach der nördlich von Bautzen gelegenen Heide mit ihren träumerischen Kiefernwaldungen und prächtigen Teichlandschaften ist soeben eine Jugendherberge errichtet worden, die nach dem stillen Heidedorfe Halbendorf a. Spr., dem Sitz der Staatlichen Forstverwaltung, verlegt worden ist. Die Kosten stellen sich aus rund 25 000 Mark, die Fi nanzierung erfolgt durch Stiftungsmittel. Die Herberge ist im Stil des Lausitzer Bauernhauses mit Holzunterbau ge halten und für Bett- und Massenquartiere eingerichtet. Sie ist die erste Heideherberge, abgesehen von der Turnerherberge in Großdubrau. Auch in Panschwitz wurde vor kurzem eine neue große Jugendherberge eingeweiht. Sie ist mehr für die Wanderer durchs Wendenland bestimmt. In Halbendorf fand am Sonntag das erste große Jugendtreffen statt, das sowohl von Sachsen wie von Preußen beschickt war. Neugersdorf. (L i e b e s d r a m a.) Der 36jährige Arbeiter Hermann Otto schoß nach einem Wortwechsel auf die 43jährige Kriegerwitwe Berta Engler, mit der er seit Jahren ein Liebesverhältnis unterhielt. Die Frau wurde in die Brust getroffen und brach zusammen, ihre Ver letzungen waren jedoch nicht lebensgefährlich. Otto gab sodann drei Schüsse gegen sich selbst ab und wurde von der Polizei tot aufgefunden. Dresden. (Die Dresdner Tagung der de mokratischen Reichstagsfraktion. — Panzer kreuzer und Scheuer-Transaktion.) Die demo kratische Reichstagsfraklion beschäftigte sich in ihrer Dresdner Ferientagung am Sonnabend mit der Frage des Panzer kreuzers. In der Aussprache kam die Gegnerschaft gegen den Bau des Panzerkreuzers allgemein zum Ausdruck. Eine Beschlußfassung der Fraktion wird nach dem Zusammcn- treten des Reichstages erfolgen. Die Fraktion beschäftigte sich weiter mit der Scheuer-Transaktion und war der Auf fassung, daß keine Veranlassung vorlag, durch Ankauf der Aktienmehrheit der Getreide-Industrie- und Commissions- A. G. (Scheuerkonzern) die öffentliche Hand in den Getreide- Handel und das Mühlengewerbe einzuschalten. Sie bedauert insbesondere, daß die Aktienmehrheit aus öffentlichen Mit teln anscheinend zu teuer bezahlt worden ist, und erwartet deshalb, daß die Regierung eine Nachprüfung der finanziel len Grundlagen der Transaktion, insbesondere über die An gemessenheit des Preises und der dabei gezahlten Provi sionen, anordnet und darüber dem Reichstag einen Bericht erstattet. Die Fraktion erwartet weiter, daß die Regierung unter keinen Umständen duldet, daß durch die Scheuer-Trans aktion Bestrebungen gefördert werden, die auf eine Kontin gentierung .der Getreideeinfuhr oder auf ein Getreidemonopol hinauslaufen. Die Fraktion wird den Antrag stellen, daß der am 3l. März 1928 in Kraft getretene Z 3a des Ren tenbankgesetzes, der das Scheuergeschäft erst möglich gemacht hat, wieder gestrichen wird. Gleichzeitig kam zum Ausdruck, daß die Fraktion sich auch mit aller Entschiedenheit gegen privatkapitalistische Monopolbildungcn wendet, die das In teresse der Allgemeinheit und der freien Wirtschaft verletzten. Dresden. (Vertrauensvotum für Fleiß ner.) Wie sozialdemokratische Blätter melden, wurde in einer Mitgliederversammlung der Dresdener Ortsgruppe des Reichsbanners Schwarz-Rot-Gold der Fall Fleißner behandelt. Allgemein sei die Ansicht zum Ansdruck ge kommen, daß die Gründe für die Nichtbestätigung Fleiß ners als erster Vorsitzender des Gaues Ostsachsen, vor allem, wenn nicht ausschließlich darin zu suchen seien, daß Fleißner in politischen Fragen mit dem Bundesvorsitzen- dcn nicht immer einer Meinung gewesen ist. In einer Entschließung wurde Fleißner das volle Vertrauen aus gesprochen, mit der Erwartung, daß der neue Bundesvor stand nunmehr die Bestätigung der Wahl Fleißners aus sprechen werde. Pirna. (Seinen Verletzungen erlegen.) Der Schlosserlehrling Höhl, der durch seinen Meister im Stadtteil Cobitz durch einen Wurf mit der Ölkanne schwer verletzt wurde, ist gestorben. Sowohl seitens der Behörde als auch von den Handwerker- und Jnnungsorganisati- onen sind Schritte eingeleitet, daß dem betreffenden Schlossermeister die Befugnis zur Lehrlingsanlcitung ent zogen wird. Rabenau. (Abschaffung der Jahrmärkte.) Die Gemeindeverordnetenversammlung beschloß, künftig keine Jahrmärkte mehr abzuhalten, d« vtc Rabenauer Jahrmärkte von Jahr zu Jahr einen schlechteren Besuch aufweisen. Zwickau. (Gerüstetnsturz.) Am Mittwoch nachmittag stürzte am Fabrikneubau von Gustav Rudok, in Oberpfannenstiel ein Gerüst zusammen. Fünf auf dem Gerüst beschäftigte Arbeiter stürzten ab, drei von ihnen Wurden schwer, zwei leicht verletzt. Zwickau. (Von herab stürzendem Ge steil erschlagen.) Auf einem hiesigen Steinkohlenbergbau wurden zwei auswärtige Arbeiter durch hereinbrechend, Kohlen verschüttet. 25er eine konnte nur noch als Leich, geborgen werden, während dem anderen das rechte Bei« zerschmettert wurde, so daß seine Überführung ini Krankenstift nötig war. Ein Zirkus-rama. In der äußersten westlichen Vorstadt Dresdens, dem noch halb dörflichen Charakter tragenden Cotta, hat gegen wärtig der kleine Wanderzirkus Maine seine Zelte auf- geschlagen. Dort spielte sich ein Zirkusdrama ab, wie es glücklicherweise nur selten sich ereignet. Inmitten mehrerer Wohnwagen der Zirkusmttglieder steht ein großes Lcin- wandzelt, an dem sich ein Zelt für die Pferde anschließt, ^n dem großen Zelt neben der Arena inmitten des Zu schauerraumes steht ein rotbrauner eiserner Kastenwagen, der einen großen Eisbären und einen großen braunen Bären birgt, die allabendlich von ihrem Dompteur vorgeführt werde». Das eiserne Gitter in mitten der Arena war eben aufgerichtet worden, der Dompteur hatte darin bereits Aufstellnng genommen und ließ die Tür des an das Gitter anschließenden Bären-