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Nr. 243. Pulsnitzer Tageblatt. — Dienstag, der? 16. Oktober 1828. Seite 2. Montag sich ängesammelt, um den Zeppelin bei seiner An kunft zu begrüßen. Allmählich aber zerstreuten sich die Menschenmassen wieder, als man vernahm, daß der „Zep pelin" wohl abgetrieben sei und erst am nächsten Tage an- kommen werde. Eine Frau starb infolge der Aufregung am Herzschlag. Die ungeheuren Besuchermassen Lakehursts wurden auf 200 000 geschätzt. Lebensmittel waren in der gesamten Umgebung kaum noch zu haben. Den anwesenden Pressevertretern ließ die Flugstatton Lakehurst deshalb durch Matrosen um Mitternacht Weißbrot mit Zunge verabreichen. Die Presse hat ungeheuer zu tun, und an Schlaf war kaum zu denken. Das Autogedränge in den Straßen Lakehursts war so stark, daß die Autos in zwei Stunden kaum 400 Meter weit vorwärtskamen. Amerika ist vom Zeppelin fieber ergriffen. Die Begeisterung könnte in Deutschland nicht größer sein. Zeppelins Empfang in Lakehurst. Für den Empfang des „Graf Zeppelin" in Lakehurst sind sogenannte Spinnetze zum Herumterholen des Luftschiffes verwendet worden. Die Unterbrin gung der außerordentlich verstärkten Bedienungsmannschaften machte einige Schwierigkeiten. So mußte man einen großen Teil in Privathäusern unterbringen und ihnen Hänge matten als Schlafgelegercheit liefern. Für den Fall einer Nachtlandung des Luftschiffes waren auf dem Landungsplatz große erleuchtete Richtungsanzeiger aufgestellt. Auf dem Platz ist ein großes erleuchtetes V ausgelegt. Tausende und aber Tausende erwarteten das Wunder der Ankunft. New York. Je näher „Graf Zeppelin" der amerikanischen Küste kam, desto stärker wurde der Andrang in Lakehurst. Don allen Seiten strömten Menschen in Extrazügen, Autos und Spezialautobussen herbei. Bereits Sonnabend abend waren 50 000 Menschen in der Umgebung des Flugplatzes versammelt, die von auswärts herbeieilten, um das Wunder der Ankunft zu sehen. In den Hotels war kein Platz mehr frei. Zahlreiche mit dem Auto eingetroffene Besucher übernachteten in der Nacht vom Sonnabend rum Sonntag in ihren Wagen. Andere kampierten im Freien. Alte amerikanische Journalisten be- zeichnen die Zeppelinankunft als eines der größten sournalistischen Ereignisse der amerikani schen Geschichte. Die Kabelgesellschaften haben vaslir gesorgt, daß direkte Leitungen von Lakehurst nach Europa durchgehen. „. . . ein großer Erfolg in der Geschichte der Menschheit." Hoovers Glückwunsch an vr. Eckener Lakehurst. Der amerikanische Präsidentschaftskandi dat Hoover hat vr. Eckener unmittelbar nach der An kunft des „Graf Zeppelin" folgenden Brief überreichen lassen: „Bitte nehmen Sie meine herzlichsten Glückwünsche für die hervorragenden Erfolge ihres zweiten Fluges von Deutschland nach Amerika entgegen. Sie haben wieder einmal die Möglichkeit sicherer transatlantischer Flüge von Zeppelinen bewiesen. Zusammen mit dem Wert dieser Flüge für Handel und Verkehr eröffnen sich Möglichkeiten für schnelle Hilfeleistungen in evtl, dnrch Katastrophen heimgesuchte Ge biete. Sie haben wieder einmal einen großen Erfolg in der Geschichte der Menschheit zu verzeichnen. Ich hoffe bestimmt, daß ich in Washington weilen werde, wenn Sie und ihre tapfere Mannschaft dort find, und daß ich Ihnen dann persönlich meine Glückwünsche aussprechen kann. gez. Hoover.* Glückwunschtelegramme an Dr. Eckener Berlin, 15 Okt. Der Reichspräsident hat an Herrn Dr. Eckener folgendes Telegramm gerichtet: „Zur glücklich durchgeführten Ueberfahrt des „Graf Zeppelin" nach Amerika spreche ich Ihnen meine herzlichsten Glückwünsche aus. Ich verbinde damit den Ausdruck meiner aufrichtigen Anerken nung für die vorzügliche Leistung, die Sie und die bewährte Mannschaft des Luftschiffes unter so schwierigen Witterungs verhältnissen vollbracht haben." Reichskanzler Müller richtete an Dr. Eckener folgendes Telegramm: „Zu der so sehnlich erhofften, glücklichen An kunft des Lustfchiffes „Graf Zeppelin" in den Bereinigten Staaten von Amerika spreche ich Ihnen und der vortreff lichen Besatzung des Luftschiffes die herzlichsten Glückwünsche aus. Ganz Deutschland ist stolz darauf, daß Sie nach Ueberwindung so großer Schwierigkeiten Ihr Ziel erreicht haben und dankbar, daß Sie mit Ihrer Fahrt die Verbin dung zwischen dem großen uns befreundeten amerikanischen Volk und dem deutschen Volk enger geknüpft haben." Reichsverkehrsminister von Guerard drahtete Dr. Ecke ner: „Beglückwünsche Sie und Ihre Besatzung zur sicheren Ueberquerung des Ozeans. Besatzung, Erbauer und Schiff legten aufs neue Zeugnis ab von der Güte deutscher Arbeit. Sie empfangen den Zeppelin. An vem großen Empfang des „Graf Zeppelin" nahmen hervorragende Persönlichkeiten der amerikanischen Negierung, Marine und Luftfahrt teil. — Links: Admiral Latimer. Mitte: Marinestaatssekretär Wilbur. — Rechts: New Yorks Oberbürgermeister Walker. Ihre Fahrt ist ein wichtiger Beitrag zur Entwicklung des völkerverbindenden Luftverkehrs. Möge Ihnen der Erfolg bei der weiteren Verfolgung Ihrer Piäne treu bleiben." Glückwunschtelegramm Coolidges an Hindenburg Newyork, 15. Oktober. Präsident Coolidge sandte anläßlich der glücklichen Ueberfliegung des Ozeans durch das deutsche Luftschiff „Graf Zeppelin" an den Reichsprä sidenten v. Hindenburg ein Glückwunschtelegramm, in dem er betonte, daß der Flug das amerikanische Volk mit Be wunderung erfüllt habe und daß er ein weiterer Markstein in der Entwicklung der amerikanisch europäischen Luftver bindung bedeute. „Graf Zeppelin", du kannst's doch besser Stuttgart, 16. Oktober. Hauptmann Köhl, dem als ersten die Ueberquerung des Ozeans mit dem Flugzeug von Osten nach Westen gelang, sandte aus Anlaß der glücklichen Landung des Luftschiffes „Graf Zeppelin" in Amerika fol gendes Glückwunschtelegramm: „Gras Zeppelin, du kannst's doch besser. Herzlichen Glückwunsch Köhl." Die Berliner Presse zum Erfolg Dr. Eckeners Berlin, 16. Oktober. Die glückliche Ankunft des „Graf Zeppelin" in Amerika, hat in der Neichshauptstadt Jubel und Begeisterung ausgelöst. Das kommt besonders in den Blättern zum Ausdruck, die neben der ausführlichen Berichterstattung über die Fahrt und die Ankunft des Luft schiffes am Ziel zum Teil noch in Artikeln die stolze Fahrt Dr. Eckeners und seiner Mannschaft würdigen. Der „Lo kalanzeiger" schreibt: „Wir haben allen Grund, im tief sten Herzen dankbar zu sein, denn es gelang dem deutschen Geiste auf der Bahn des Fortschritts einen großen Schritt vorwärts zu kommen. Der Erfolg nützt uns er dient aber auch der ganzen Welt und darin liegt wohl der Sinn einer friedvollen Zukunft, daß die Völker in Gutem und Starkem voneinander lernen." Auch die „Börsenzeitung" weist daraufhin, daß „Graf Zeppelin" den Beweis erbracht habe, daß er kein Schönwetterluftschiff sei und das sei der groß artigste Erfolg dieses Fluges. Die Welt habe gesehen, daß die Energie der Führer und ihre überlegene Navigation, daß die Kraft der Maschinen und die Ueberlegenheit der Kon struktion den endlichen Sieg des Luftschiffes, den Sieg des Systems gewährleisteten. Dieser ungeahnte Erfolg sei ein deutscher Sieg. Graf Ferdinand Zeppelins Lebenswerk habe mit dem erfolgreichen Fluge die schönste Krönung erfahren. Der „Tag" weist daraufhin, daß Graf Zeppelin das große Erbteil einer großen Zeit sei. Die Männer, die das „Luft schiff „Graf Zeppelin" bauten und führten, wie Dürr, Ecke ner, Flemming, Schiller hätten sich niemals anders gefühlt als die Willensvollstrecker des Mannes, der das Starrluft schiff geschaffen habe Die „Deutsche Tageszeitung" erinnert daran, daß das Luftschiff von den Notpfennigen aber mit dem heißen Herzen eines Volkes geschaffen sei, das aus seinem ausgesogenen Heimatboden gegen die unerschöpf lichen Reichtümer der Welt sich durchzuringen strebe. Der „Graf Zeppelin" trage den deutschen Namen über den Ozean. Der Kampf mit den Elementen sei das Symbol für den Kampf des deutschen Volkes durch Sturm und Nacht zum Licht. Das deutsche Volk fühle sich durch die Tat geehrt und danke dem amerikanischen Volke, daß es wieder einmal mit tatkräftiger Hilfe unseren Helden beigesprungen sei. Die „Germania" erinnert daran, daß Millionen Deutsche am Sonnabend und am Sonntag, als spärliche Meldungen ein getroffen seien das widriges Welter die Fahrt in ungeahntem Ausmaße beeinträchtige und daß das Luftschiff eine Havarie erlitten habe, ernstlich gefürchtet hätten. Aber nur einen Moment, dann hätten diese Millionen wieder vor sich die straffe Gestalt Dr. Eckeners gesehen, hätten vor sich die Augen dieses Mannes gesehen, aus denen stahlharter Wille spreche. Das „Berliner Tageblatt" weist daraufhin, daß das deutsche Vo.k in dieser Fahrt nach dem neuen Kon tinent über die verkehrstechnischen Fortschritte hinaus eine Tat des- Friedens und der Verständigung erblicke. Der „Vorwärts" sieht in der Fahrt des „Graf Zeppelins" unter sehr schwierigen Witterungsverhältnissen eine technische Leistung ersten Ranges. In viereinhalb Tagen von Europa über Afrika nach Nordamerika sei eines der wirklichen Mär chen der Gegenwart. Die Freude in Friedrichshafen über die glückliche Fahrt des „Graf Zeppelin" Friedrichshafen, 16. Oktober. Als Montag nach- miltag die ersten sicheren Nachrichten von der Sichtung des „Graf Zeppelin" über dem amerikanischen Fcstlande hier ein trafen, machte sich eine stille, herzliche Freude bei allen be merkbar, die dem 110 Stunden langen Flug des Luftschiffes zeitweise mit Bangen verfolgt hatten. Auf der Werft selbst wartete man stündlich fieberhaft nur auf die eine Meldung, die das Erwartete bringen sollte: „Gelandet!" Als dann aber die Kirchen von Friedrichshafen den Sieg des „Graf Zeppelin" über Sturm und Zeit verkündeten, wurde die Mitteilung von der glücklichen Landung des Luftschiffes in Lakehurst bekannt. Mit klingendem Spiele zog die Stadt kapelle Friedrichshafen durch die Straßen der Stadt. Die Häuser hatten festlichen Flaggcnschmuck angelegt. In den Räumen des Kurgartenhotels versammelten sich die leitenden Persönlichkeiten des Zeppelinbaues, Kommerzienrat Dr. Cols- mann, der Chefkonstrukteur Dr. Dürr und der Syndikus des Zeppelinbaues Dr. Schmid sowie die anwesenden Pressever treter zu einer kleinen Feier. Als die Nachricht von der vollzogenen Landung eintraf, erhob Kommerzienrat General direktor Colsmann sein Glas und brachte ein dreifaches Hoch auf den „Graf Zeppelin" aus. Der Generaldirektor des Luftschiffbaues „Graf Zeppelin", Kommerzienrat Colsmann, hat nach Lakehurst, sogleich nach dem die Landung vollzogen war, folgendes Telegramm ge sandt: „Luftschiffbau Zeppelin und Stadt Friedrichshafen senden dem „Gras Zeppelin", dem Führer und der Besatzung in Dankbarkeit und Stolz herzlichen Gruß." Das Wichtigste Nach einer Meldung aus Perpignan haben Fischerboote in Ihren Netzen einen Flugzeugmotor Marke Renauld aus dem Meere gefischt. Man glaube, daß dieser Motor zu einem Flugzeug gehörte, da vor fünf Jahren, aus Afrika kommend, mit Mann und Maus ver loren ging. W-e ein Berliner Abendblatt aus Madrid meldet, stießen aus dem Strand von Miramar bei Oporto in der Nacht zum Sonntag zwei portugiesische Kanonenboote zusammen, wobei das eine sank. Vier Matrosen ertranken. Das gesamte südbulgarische Erdbebengebiet, besonders aber die Stadt Philippopel, wurde am Sonntag von einem starken Erdbeben er schüttert. An vielen Häusern zeigten sich Maucrrisse. Die Bevöl kerung, die vom Schrecken erfaßt aus die Straße stürzte, verbrachte den Tag im Freien. Wie aus Moskau gemeldet wird, ist das russische Motorschiff „Liebling der Meere" im Schwarzen Meer pekewert. Die ganze Besatzung ist bis auf eineu Matrosen ertrunken. Serllitzt und sWW AnglügtWilen Pulsnitz. (Der deutsche Circus Amarant), d essen Kommen bestimmt ist und der mit Spannung in allen Bevölkerungsschichten erwartet wird, ist in ungefähr 14 Ta gen in unserer Stadt. Man muß es immer wieder ehrlich zugestehen: Von einem guten und großen Cncus-Unterneh men geht ein romantischer Zauber ans, von dem man sich mit vollem Recht gefangennehmcn läßt. Wo würde die Klein- und Mittelstadt denn so seltene Tiere sehen, wie sie beispielsweise Amarant mit sich führt. Nennen wir nur Löwen, Tiger, Hyänen, Leoparden, Guanacos, Wölfe, La mas, Zebras, Elefanten, Eisbären usw. Und all diese Tiere sind wundervoll dressiert, Künstler in des Wortes vollster Bedeutung. Amarant ist der einzigste europäische Groß circus, der über 12 wohldressierte Eisbären verfügt. Eis bären bekommen in Gefangenschaft keine Jungen und daher sind es so seltene und in Deutschland so schwer zu erhaltene Tiere. Der russische Staatscircus und andere große Unter nehmungen in der Welt haben diese hochbedeulende Nummer schon engagiert gehabt. Es ist also eine Weltnummer in des Wortes vollster Bedeutung. Und dann hat Amarant als große Sensation den achtjährigen Breitbart, ein Kind, und schon ein weltberühmter Mensch. In der Presseabtei- I lung des Riesencircus Amarant liegen Pressestimmen aus aller Welt über dieses Kraftwunder. Heltmut Lichterfeld zieht mit seinen acht Jahren einen 300 Pfund schweren Ex panter, zerschlägt Steine mit der bloßen Faust, zerbiegt Eisenstäbe usw. Wirklich ein Knabe wie er alle 500 Jahre nur einmal geboren wird. Läßt er doch als neueste Sen sation Pferde über seine Brust hinweglavfen; der Steg, über den die Pferde gehen, liegt auf der Brust des achtjährigen Knaben. 10 Zentner trägt das Krastgenie! Tausend Wun der liegen in Amarants 58 Nummern umfassenden Spiel plan. Da wird unsere Stadt jubeln und staunen! Wir verraten heute nicht mehr, als daß Amarant in ungefähr 14 Tagen bestimmt seinen Einzug hält. Und der Circus wird eine seltene Abwechselung für unsere kunstfreudige Stadt fein. — (Welche Fahrkarten gelten?) Die Be stände alter Fahrkartenmuster der Reichsbahn, auch der grauen 4. Klasse Karten, werden aufgebraucht. In Verbin dung mit entsprechenden Zuschlagskarten können diese Fahrt ausweise auch in Eil- und Schnellzügen benutzt werden.