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Schriftleiter: I. W. Mohr in Pulsnitz Geschäftsstelle: Pulsnitz, «lb-rtstraße Nr. 2 Druck und Verlag von S L. Försters Erben (Inh. I. W. Mohr) Das Pulsnitzer Tageblatt ist das zur Veröffentlichung der amtlichen Bekanntmachungen der Amtshauptmannschaft u. des Finanzamtes zu Kamenz des Amtsgerichts und des Stadtrates zu Pulsnitz sowie der Gemeinderäte Grotznaundors und Weißbach behördlicherseits bestimmte Blatt und Älteste Zeitung in den Ortschaften des Pulsnitzer AmtSgerichtSbezir«: Pulsnitz, Pulsnitz M. S., Großröhrsdorf, Bretnig, Hauswalde, Ohorn, Obersteina, Niedersteina, Weißbach, Ober, und " Niederlichter.au, FriederSdorf, Thiemendorf, Mittelbach, Großnaundorf, Lichtenberg, Klein-DittmannSdorf Anzeigen-Grundzahlen in <S?^: Die 41 mm breite Zeile sMosse's Zeilenmeffer 14) 1 mm Höhe 10 in der Amtshauptmannschaft Kamenz 8 amtlich 1 mm 30 und 24 LH,/; Reklame 25 Tabellarischer Satz 50°/, Aufschlag. — Bei zwangsweiser Einziehung der Anzeigengebühren durch Klage oder in Konkursfällen gelangt der volle Rechnungsbetrag unter Wegfall von Preisnachlaß in Anrechnung. Bis '/,10 Uhr vormittags eingehende Anzeigen finden am gleichen Tage Aufnahme PulsmtzerFayeblatt BezirSsanzeiger Wochenblatt _ _ _ «..«»etnt a« lebe« Werktag — — — L KLSL'Lr.» NLSLLr M. RS »»ft «»»Mq Kw f,«<>r<^ d Nnmmer 244 Mtttwoch, den 17. Oblober 1828 8». Jahrgang „Graf Zeppelin" in sicherer Hut In der Halle von Lakehurst neben „Los Angeles" Fahrtroute des„Gras Zeppelin" und des Z. R. w. Erst jetzt können wir die Fahrt des „Graf Zeppelin" genau in eine Karte eintragen, die gegenüber den voreilig veröffentlichten Kar ten den Anspruch auf Richtigkeit machen kann. Dadurch, daß „Graf Zeppelin" geschickt den Stürmen auswich, betrug seine Route über 9900 Kilometer, die er in 111N Stunden zu rücklegte. Z. R. III dagegen, dessen Fahrt vom Wetter begünstigt war, erreichte Lakehurst in 81 Stunden und legte nur 7800 Kilometer zurück. — Das Kreuz in der Fahrtroute des „Graf Zeppelin" bezeichnet ungefähr dir Stelle, an der das Luftschiff die leichte Havarie an der Stabilisterungsfläche erlitt. Lakehurst. Nachdem das Luftschiff »Graf Zeppelin" bei seiner Ankunft In Lakehurst vorläufig nur am Ankermast festgelegt worden war, wurde es später in die große Halle gebracht, wo es nunmehr neben seinem kleineren Bruder, der „Los Angeles" oder dem Z. R. 3, wie wir ihn zu nennen gewöhnt sind, liegt und von der schweren Fahrt ausruht. Bald wird Or. Eckener das Luftschiff herausholen lassen, «m mit ihm seinen Flug über die Städte Amerikas anzu- treten, die ihn M einem Besuche eingeladen haben. Was die Passagiere mahlen. Wunderbar muß die Fahrt für die Passagiere des „Graf Zeppelin" gewesen sein. Das Mittelmeer leuchtete im ersten Teile der Fahrt nz,nt^;'. herauf, nachdem der ganze herr liche Süden von Fraire ch überflogen war. Ucbrigens nah men nach den Fahr.-der-chten die Franzosen kaum Notiz von dem Zeppelin. Die Motoren dröhnen in der Ferne, eine kleine, seidenbespannte Kabine, tief unten atmendes Meer, so war der Eindruck über dem Ozean. Man wurde beinahe müde von Licht und Farbe, und dann soll es so furchtbar sommerwarm im Schiff gewesen sein. Die Fahrt hei Nacht. . A"ch schöner beinahe als am Tage war die Fahrt in der Rächt. Um Abend war der Himmel ganz hellgrau zwi schen brennendem Rot, und wenn bann die Dunkelheit her- eingebrochen war, leuchteten von hier und dort aus der Tiefe geheimnisvolle Lichter auf, von Städten, Inseln und Schiffen. Der Zeppelin fuhr nachts mit abgedecktem Führer- stand, und die Passagiere legten sich meistenteils gegen Abend zum Schlafen in ihre Kabinen. Lin paar Stunden vor Madeira hatte „Graf Zeppelin" di« erste Begegnung mit einem Ozeandampfer. Das zweite Schiff war der deutsche „La Coruna". Prachtvoll sah es aus, wenn man von Bord auf dem Grunde des Ozeans den dunklen Schatten des Zep pelin wie einen seltsamen Fisch dahinschwimmen sah. Hinter Madeira gab es zu Mittag Schmorbraten, und 60 genie ssend« Menschen hoben die Gläser auf die glückliche Fahrt. Abends spielte man an Bord Karten oder Schach. Beim Fahren herrschte immer der Gedanke vor, man fahre da LOO Meter über dem Ozean mit der Schnelligkeit des schnell- sten Auto», über einem die blaue Unendlichkeit und unter einem die unendliche Tiefe. Bange Stunden. ' ! Und welchen Eindruck machte der Sturm auf die Mit reisenden? Sonnabend vormittag verwandelte sich das schöne Wetter in eine „Waschküche", wie die Seeleute sagen. Sturm drückte das Schiff herab, riß es empor, im Salon stand alles schräg. Dann kam der schicksalsreiche Augenblick, wo am Achtereck die Stabilisierungsfläche beschädigt wurde. Ls entstanden doch ernste Gesichter, als die Fahrt verlang samt werden muhte, um den Stoff wieder zu befestigen. 2r. Eckener aber verlor nie die Ruhe. Der sturm wurde überstanden, und das Luftschiff konnte mit halber Geschwindigkeit weiterfohren. Mit leicht gesenkter Spitze „trudelte er" nun über das Weltmeer. Immer noch dunkle Wolken. Während draußen die Besatzung in 600 Meter Höhe iiber dem Meere herumkletterte, um den Schaden t« flicken, machte das Schiff immerhin seine 60 Kilometer. Lier «cyaoen wurve avgevichtet, es wurde Heller, und mit günstigem Wind im Rücken kommt der Zeppelin wieder auf 100 Kilometer. Die Fahrt des „Graf Zeppelin" hat auch ein Kanarienvogel mitgemacht, der Or. Eckener ge hört. Wenn Or. Eckener den Passagieren etwas erzählte, dann gab dieser Kanarienhahn zuweilen einen ganz leisen Triller von sich, was die Passagiere ermutigte und oft zum Lächeln brachte. Land in Sicht! Am Montag morgen hatten alle sich an das Schiff ge- wöhnt, im Führerstand erklärte Or. Eckener, der bis dahin sechs Stunden nur geschlafen hatte: „Wir machen ganz kleine Fahrt. Die Segelmacher sind wieder bei der Arbeit. Die Fläche soll noch besser abgedichtet werden." Und hinten stand immer noch das gefährliche Tief. Das Tief war in der Nacht umfahren worden, und das Wettrennen mit dem Tief „hatte vr. Eckener gewonnen". Knut Eckener antwortete auf die Frage, wie es ihm ginge: „Bißchen heiser, war nicht so schlimm." Dabei konnte er vor Heiserkeit kaum sprechen. Als die amerikanische Küste endlich in Sicht kam, waren die Passagiere recht zufrieden, mancher hatte doch etwas Angst während der Fahrt gehabt. Die ersten Flugzeuge näherten sich zur Begrüßung. Endlich am Ziel! Man trinkt noch einmal an Bord Wein und stößt auf das glückliche Gelingen an, während unten in den Städten die Glocken das stolze Schiff begrüßen. Die Sirenen der Fabriken heulten, eine Lokomotive stieß schrille Pfiffe, die in Morsezeichen ein „g" bedeuten und ein Gruß an den Zeppelin waren. In den Städten jubelten die Menschen, Deutsche, die sich bisher nicht kannten, umarmten sich aus Freude über den neuen großen deutschen Erfolg. Und dann Sakehur st! Ein Hupenkonzert von Tausenden von Auto- hupen, die dem Zeppelin ihren Willtommengruß entgegen- hupten. Einige Kreise über dem Landunsplatz, dann senkt sich die Spitze des Luftkreuzers, hundert Hände greifen nach den Stricken, das Publikum durchstößt die Polizeikette, um sich an der Einbringung des Luftschiffs zu beteiligen. Oer eiserne Kommandant. ! . Pflichtgefühl vor Vaterliebe. Heute jubeln wir und feiern Or. Eckener und die Be satzung seines Luftschiffes, die eine Tat allerersten Ranges vollbracht haben. Die Männer auf der Kommandobrücke, Or. Eckener, Kapitän Flemming und Kapitän Leh mann, sind stärker gewesen als der Sturm, der an dem Luftschiff rüttelte. Ihre Nerven haben die Probe bestanden. Schwere Stunden liegen hinter ihnen, und für Eckener war diese wohl die schwerste Stunde, die der Vertreter der ameri kanischen Presse, von Wiegand, schildert. Er entwirft ein herzerschütterndes Drama, das sich während des Kampfes mitten über dem Ozean auf der Kommandobrücke des „Graf Zeppelin" abspielte: „Or. Eckener war während des ganzen Fluges die per- soniflzierte Ruhe. Sein Sohn Knut war einer der wirklichen Helden dieses großen Luftereigniffes. Keines Mannes Herz machte auf dieser Luftfahrt solch Drama durch wie das Eckeners: als ein aroßer Teil des wichtigen Stabilisterunas- ruders weggerlffen war, kletterte Knut" Eckener als erster Freiwilliger aus den gefährliche» Platz hinaus, «m mit der Reparatur zu beginnen. Mit ihm zusammen Ladewich, einer der Funker, der Steuermann und der Navi gationsoffizier Marx. Ein wenig später, als da« »nur waener. üei yeGenhoiie Lobo Or Eckener». Hinterteil des Luftschiffes unter schwerem Regen zu sacke« begann, wandte sich Kapitän Flemming, der das Kom mando auf der Brücke hatte, zu Lckeuer und erklärte: „W i r müssen zweiMaschinenstarten." Das Schiff stand ziemlich still. Die Motoren waren wegen der Reparatur arbeiten teilweise abgestellt, teilweise liefen sie nur langsam. Eckener wußte, daß sein Sohn sich auf dem Ruder des Luft schiffes befand. Er wußte, daß, wenn er de» Befehl gebe, Vie Motoren zu starten, auch aller Wahrscheinlichkeit nach der Wind seinen Sohn und die anderen von jener gefähr lichen Stelle Herunterreißen und in die wilde See stürzen würde. „Ich muh zwei Motoren haben", erklärte Flemming erneut. Eckeners Gesicht erbleichte. Er blickte von seinem Lieblingsplatz in der Ecke der Vrücke ans dem Fenster und schluckte schwer. Dann kam rauh das Kom mando: „Motoren st arten!" Gott weiß, was Eckener