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Nr. 173. Pulsnitzer Tageblatt. — Donnerstag, den 26. Juli 1928. Seite 2. fertigen können. In Anbettacht der unerhörten Schändlichkeit, mit der dieses gemeine Verbrechen begangen worden war, erkannte deshalb das Berufungsgericht bei Denkert auf neun Jahre sechs Monate, bei Braunschläger auf fünf Jahre Zuchthaus und auf je fünf Jahre Ehrenrechtsverlust. Dresden. «Von einer umstürzendenMauer erschlagen.) Als am Mittwoch abend gegen 6 Uhr ein Lastautomobil der Felsenkeller-Brauerei aus dem Hotel Monopol nach dem Wiener Platz zu ausfahren wollte, blieb der Wagen an dem Pfeiler der Eingangspforte hängen und riß diesen mit um, wodurch auch die Mauer selbst zum Einsturz gebracht wurde. Eine in diesem Augenblick vor übergehende Frau wurde von dem Kopfstück des Pfeilers getroffen, stürzte zu Boden und wurde von der nachfolgenden Mauer erschlagen. Dresden. «Der Kampf gegen den Sächsi sch en Landtag. — Ein Vorstoß der Kommunisten.) Die kommunistische Fraktion des Sächsischen Landtages hat einen Mißtrauensantrag gegen die Regierung Heldt und ei nen weiteren Antrag auf Auflösung des Landtages eingebracht. Gleichzeitig fordert sie in einem Schreiben an den Landtags - Präsidenten die Einberusung des Landtages, der bekannrlich Anfang Juli bis zum November in die Ferien gegangen ist, für den 9. August zur Beratung der beiden Anträge. Diese Forderung wird mit der Haltung der sächsischen Regierung bei der Reichsratsabstimmung über die Lohnsteuersenkung begründet. Einstweilen ist den kommunistischen Wünschen und Forderungen zwar nur eine agitatorische Bedeutung bei zulegen. Ob der Forderung auf Einberufung des Landtages siattgegeben wird, hängt letzten Endes von der Haltung der Sozialdemokraten ab, die über 31 Abgeordnete im Sächsi schen Landtag verfügen, mit denen zusammen allerdings die 14 Kommunisten bei insgesamt 96 Landtagsabgeordneten in Sachsen das für die geforderte außergewöhnliche Einberufung des Landtags verfassungsgemäß zumindest notwendige Drittel erreichen würden. Man darf also auf die Stellungnahme der Sozialdemokraten, die durch den kommunistischen Vorstoß in eine etwas heikle Lage kommen, einigermaßen gespannt sein. Dresden. (Ministersgattin gestorben.) Die Gattin des Wirtschaftsministers Dr. Krug v. Nidda und v. Falkstein ist auf Schloß Frohburg im Alter von 58 Jahren an Herzlähmung gestorben. Dresden. (Personenschiffahrt auf der Elbe.) Die Sächsisch-böhmische Aktiengesellschaft weist darauf hin, daß der niedrige Wasserstand Wohl die Schlepp- und Güterschiffahrtsgesellschaften zur Einstellung gezwungen habe, daß aber die Personenschiffahrt davon nicht betroffen wird, fondern ihren Verkehr in vollem Umfange auf der Strecke Mühlberg—Tetschen—Boden bach aufrecht erhält. Dresden. (U n g l ück s f ä l l e.) Am Dienstag abend stießen in der Eliasstratze ein Auto und ein Motorrad zusammen. Der Motorradfahrer und feine Begleiterin erlitten schwere Verletzungen. — In den Werkstätten des Straßenbahnhofs Tolkewitz kam am Dienstag ein An streicher auf seinem Laufbrette einem Draht der Über leitung zu nahe und zog sich so schwere Verbrennungen zu, daß er bewußtlos wurde. Es mußte erst der Strom abgeschaltet werden, ehe man den Verunglückten befreien konnte. Dresden. (E i n st e i g e d i e b st ä h l e.) In der Nacht drang ein unbekannter Dieb in ein Kaufhaus in der Wilsdruffer Straße ein. Er kletterte an einem im Nachbargrnndstück aufgestellten Gerüst empor, rutschte am Dachfirst entlang und gelangte so auf das Dach. Dann stieg er durch ein Obcrlichtfenster und begab sich nach dem ersten Stockwerk. Hier erbrach er zwei Ladenkassen und entwendete daraus über 1000 Mark Bargeld. Der Dieb hat dann auf dem gleichen Wege das Grundstück wieder verlassen. — In eine Erdgeschoßwohnung in der Nikolai straße wurde eingebrochen. Der Täter bohrte die Türen an, wuchtete die Schlösser auf, durchwühlte alle Behältnisse und begab sich dann nach dem angrenzenden Laden. Ge stohlen wurde: ein großer Posten neue Damen- und Herrenleibwäsche, 50 Mark Bargeld, eine goldene Arm banduhr, eine goldene Halskette und eine sogenannte „Straßenbahner"-Taschenuhr. Glashütte. (Vom Pferde tödlich verletzt.) In Luchau bei Glashütte wurde der 24 Jahre alte Land wirtssohn Erich Heger von einem ausschlagenden Pferde in den Unterleib getroffen und so schwer verletzt, daß er im Johanniter-Krankenhaus m Heidenap starb. Limbach. (Vermißt.) Der 16jährige Tischlerlehr ling Rudolf Schäfer aus Mittelfrohna wird seit Sonntag, den 8. Juli, vermißt, ohne daß der Grund seines Aus bleibens bekannt geworden wäre. Er ist 1,66 Meter groß und von kräftiger Gestalt. Der Vermißte ist Vollwaise. Meerane. (Neuer Kreisfe uerlvehrver- bandsvorfitzender.) An Stelle des bisherigen verstorbenen Vorsitzenden des Kreisfeuerwehrverbandes Zwickau-Glauchau-Werdau, des Fabrikbesitzers Brand direktors Paul Reinhold-Meeranes wurde Branddirektor Weidenmüller-Crimmitschau gewählt. Meerane. (Städtische Kläranlage.) Die städtischen Behörden beschlossen die Erbauung einer Klär anlage neuesten Systems. Professor Imhof-Essen soll mit der Ausarbeitung bzw. Überprüfung der Pläne beauf tragt werden. Annaberg. (Fernkabel Chemnitz — Ober wies e n t h a l.) Das Telegraphenamt in Chemnitz baut gegenwärtig an einer Fernkabelleitung Chemnitz—Ober wiesenthal, die der Entlastung der bestehenden Verbin dung und der Vermeidung der im Winter sich bisher stark bemerkbar machenden Störungen dienen soll. Zunächst arbeitet man an den Strecken Chemnitz—Thum, Anna berg—Oberwiesenthal und einem Verbindungskabel nach Jöhstadt. Oberwiesenthal. (Schadenfeuer.) Im benach barten Böhmisch-Wiesenthal am sogenannten Zieroldberg brach in einem Anwesen Feuer aus, das außerordentlich schnell um sich griff und das entferntliegende Anwesen eines Landwirts ebenfalls einäscherte. Sämtliche Heu vorräte und das gesamte Mobiliar sind verbrannt. Durch das Feuer, dessen Entstehungsursache noch nicht geklärt fft, werden fünf Familien obdachlos. furt oder Rüdesheim gefahren waren und nun den Rhein abwärts bis Köln mit den großen festlich geschmückten Rhein dampfern gebracht wurden. Freudige Stimmung herrschte bei allen Ankommenden. Beide Rheinbrücken und die Landungs stellen waren den ganzen Tag über mit dichten Menschen massen besetzt, die alle ankommenden Dampfer mit brausenden Heilrufen herzlich begrüßten. In der Geschäftsstelle des Kreises herrschte am ganzen Tage bis spät in die Nacht sehr reges Leben. Auskünfte mußten erteilt werden, Turnfest ordnungen, Wohnungskarten usw. wurden noch ausgegeben und alle Fragen der ankommenden Sachsen wurden stets zur Zufriedenheit aller geklärt. Am Morgen fand im Kongrcßsaal der „Pressa" der Empfang der Pressevertreter statt, an dem auch eine große große Reihe sächsische Prcsseleute teilnahmen. Oberbürger meister Dr. Adenauer begrüßte die Erschienenen, Professor Dr. Verger entbot den Willkommengruß der Deutschen Tur nerschaft, Pressewart Wiedemann brachte die Grüße des Presseausschusses der D. T. und Presseleiter Körner erläu terte in feiner Weise die Presseorganisation für das Deutsche Turnfest, die in unübertrefflicher Weise vorbereitet ist und durchgeführt werden soll. Nach einer Rundfahrt durch das Stadion, wurde die Pressa besichtigt und der Ankunft der Rheinstromstaffel beigewohnt. Wenn auch die sächsischen Turnerschwimmer keinen Anteil an der Riesen-Stromstaffel von Basel bis Kassel hatten, war doch das Interesse auch für diese machtvolle Kundgebung von den unbeteiligten Sach sen groß. Mit ziemlicher Verspätung, hervorgerufen durch den großen Wellengang und den starsin Wind, trafen die Staffelschwimmer in Köln ein. Ein herzlicherer Empfang konnte ihnen nicht zu teil werden, wie ihn die Kölner Ein wohnerschaft und die anwesenden Turnfestteilnehmer den Turnerschwimmern entgegenbrachten. — Der Mittwoch brachte gegen 6000—7000 Sachsenturner mit Dampfern und Zügen nach Köln. Ein Teilnehmer am Turnfest schreibt uns: Die Tatsache, daß allein über 500 Pressevertreter in Köln anwesend sind, kennzeichnet die gewaltige Bedeutung der ganzen Veranstaltung. Stündlich werden in unzähligen Räumen Dutzende von Reden gehalten, von Gästen und Be grüßenden, von Inländern und deutschen Ausländern. Wer kennt die Völker, nennt die Namen. Die Straßen, die sich immer bunter verkleiden, sind von singenden Trupps ver stärkt. Abends standen wir stundenlang in schwüler Sonne an den Rheinterrassen. Ein herrliches Bild einer Stadt, eines Volkes, das sich zu einer ungeheuren patriotischen Kund gebung versammelt hat. Dampfer und Dampfer mit Teil nehmern trafen unter den Klängen des Deutsch landsliedes ein, bekränzt und bewimpelt. Vieltausend fach hallt das Echo des Willkommen. Abends an Hunderten von Treffpunkten der Stadt Begrü ßungsabende. Die Nacht verwandelt sich zum Tag. Der Dom und die alten Giebelhäuser des Rheinufers erglühen in gelbroten Flammen. Ein romantisch bewegtes Bild, und für das Gemüt sorgen die Lautenlieder der Jugend, die durch die Straßen zieht oder in ihrer Volkstracht auf der Jahn-Wiese lagert. Am Mittwoch abend fand auf dem Neumarkt der erste große feierliche Gesamtempfang statt, bei dem das Haupt banner der Deutschen Turnerschaft der Stadt Köln überreicht wurde. Eine beachtenswerte rumänische Stimme für den Anichlutz Bukarest, 26. Juli. Große Bedeutung wird einem Artikel im „Adeverul", dem bedeutendsten rumänischen Blatte, beigemessen, in dem sich der politische Direktor des Blattes zur Anschlußfrage äußert. Er geht von dem Wiener Sänger bundesfest aus und stellt fest, daß in der Anschlußfrage nicht von einer Abänderung der Friedensverträge gesprochen wer den könne. Bei der Anschlußfrage handle cs sich um ein Land, das bitterste Not leide. Ein ganzes Volk sei zum Bunftflugwettbewerb in Kamenz Bei dem Sonntag, den 29. Juli 1928 in Kamenz auf dem Flugplatz Kamenz nachm. 3 Uhr stattfindenden Kunstflugwettbewerb werden folgende Kunstflieger am Start erscheinen: Dr. Gullmann Ing. Hempel Fritz Reim Paul Rothe Neben dem Kunstflugwettbiwerb findet außerdem noch eine Fallschirm- Konkurrenz statt, für die die Fallschirmpilotinnen Erna K-öhl, Dresden, Lola Vorescou, Chemnitz und Herr Walter Schneider, Fallfchirmprlot, Hamburg, verpflichtet wurden. Der Kunstflugwettbewerb zerfällt in zwei Teile, und zwar im ersten Teil hat der Teilnehmer ein von der Jmh fest umrissenes Pflichtprogramm in möglichst kurzer Zeit auSzusühren. Für das Pflicht programm sind folgende Kunstflugfiguren vorgeschrieben wordin, die fehler frei geflogen werden müssen, um voll bewertet zu werden. 3 Loopings (Ueberschlag nach oben) je 3 Punkte 1 Rolle gesteuert ( „ seitlich) b „ Abrutschen seitlich 3 „ Rückenflug mindestens 15 Sek. 7 „ V, Rolle aus Rückenlage links und rechts je 4 „ Immelman« Turn „ „ „ 3 „ Vollgaskurve „ „ „ 3 „ Die Teilnehmer müssen die angegebenen Figuren in der ange führten Reihenfolge ausführen. Im anschließenden Kürflliegcn kann sich jeder Konkurrent seine Figuren selbst wählen und kombinieren. Sieger aus dem Fallschirmwcttbewerb ist derjenige, der am näch sten dem sich auf dem Flugplatz befindlichen Landekreuz aussetzt. Der Absprung muß aus einer Höhe von 590 m erfolgen, zu dessen Führung das Flugzeug einen Höhenschreiber mitführen wird. Diamantene Hochzeit. Reichspräsident v. Hindenburg gratuliert. In dem hart an der Reichsgrenze gelegenen Jndustricort Neugersdorf in Sachsen beging dieser Tage der Rentner Theodor Ernst Müller mit seiner Ehefrau Cbrillina Elend verurteilt und Oesterreich habe keine andere Rettungs- möglichkeit als den Anschluß an Deutschland. Die Rumänen auf beiden Seiten der Karpathen, die auf Grund des Selbst bestimmungsrechtes der Völker endlich das jetzige Großrumä nien erlangt hätten, könnten es dem österreichischen Volke nicht versagen, sich mit dem deutschen Volke zu vereinigen. Es gebe eben Grundsätze, die über den Verträgen stünden. Wenn auch der Friede auf der jetzigen Grundlage besser ge sichert sein sollte, so könne man doch Oesterreich nicht zu dauerndem Elend verurteilen. Rumänien habe ein beson deres Interesse die Forderung des österreichischen Volkes nach dem Anschluß zu unterstützen. Wenn sich Oesterreich an Deutschland anschließe, so sei die habsburgische Gefahr für Rumänien erledigt. Titulescu WM die ungarische Note un beantwortet lassen Bukarest, 26. Juli. Wie von zuständiger Stelle verlautet, beabsichtigt Titulescu auf die ungarische Antwort überhaupt nicht mehr zu antworten. Titulescu erwarte eine klare S:ellungnahme Ungarns zum Angebot Rumäniens, wie es in der letzten rumänischen Note ausgeführt sei. Verschärfung der Spannung zwischen Japan und der Nankingregierung Peking, 26. Juli. Der Streit zwischen Japan und der Nankingrcgierung nimmt an Schärfe zu. Die Nanking regierung wird die japanische Protestnote gegen die Ver tragsaufhebung und die Einmischung in die mandschurischen Angelegenheiten mit zwei Maßnahmen beantworten. Es wurde beschlossen, in ganz China den Boykott über japa nische Waren zu verhängen. Man hofft, durch diesen Wirt schaftskrieg Japan in einem halben Jahre zum Nachgeben zu zwingen. Die japanische Negierung hat bereits die Mehr zahl seiner Konsuln in China zur Beratung über Gegenmaß- nahTcn nach Tokio berufen. Weiter soll in der Mandschurei eine japanseindliche Agitation durchgeführt werden, um die Mukdenpartei durch innere Unruhen zu stürzen. Bei der Ankunft in Dairen wurde eine Reihe Abgesandter der Nan- kingregicrung durch die japanische Polizei verhaftet. Zur Durchführung der Agitation befinden sich aber schon zahl reiche Küomintcmgleute in der Mandschurei. Tschiangkaischek begibt sich demnächst zum Nankinger Parteitag, der weitere Maßnahmen beschließen will. Berlin, 26. Juli. Nach einer Meldung Berliner Blätter aus Tokio teilte Ministerpräsident Tanaka den Ver tretern Großbritanniens, Frankreichs, Amerikas und Italiens mit, daß Japan die Kündigung des Vertrages mit China vom Jahre 1896 nicht annchme, sich auch nicht auf Ver handlungen cinlassen könne vor einer förmlichen Mitteilung, daß die Kündigung zurückgezogen sei. Tanaka gab auch dem Bedauern Ausdruck, daß die Negierung von Nanking den Geist des Washingtoner Vertrages über die Einkünfte aus den Salzsteuern und den Postgebühren verletzt habe. Chamberlain über die kosten der «Besatzung London, 26. Juli. Chamberlain erklärte am Mitt woch nachmittag im Unterhaus auf eine Anfrage, daß sich die Gesamt-Jahreskosten für die Besatzungsarmee in Deutsch land auf 26 Millionen Mark be'iefen. Demgegenüber be trage die Summe, die England aus den Dawes-Jahreszah- lungen erhalte, 19 Millionen Mark, die nach Zurückziehung der englischen Truppen fortfallen würden. Auf eine weitere Frage erklärte der Außenminister, es sei keineswegs sicher und vielleicht sogar unwahrscheinlich, daß im Falle der Zu rückziehung der englischen Truppen ohne ein Uebereinkommen diese nicht durch Truppen einer anderen Macht ersetzt wür den. Er glaube nicht, daß England durch Zurückziehung seiner Truppen einen Bargewinn erziele. Friederike, geb. Zimmer, das Fest der diamantenen Hochzeit. Der Gatte vollende« am 28. Juli das 84., die Gatlin am 23. September dieses Jahres das 86. Jahr. Beide sind aus Oberkuunersdorf gebürtig. Dem Jubelpaar wurden zahlreiche Ehrungen zuteil von Korporationen, von der Stadt, den Re gierungsbehörden usw. Reichspräsident v. Hinden burg übersandte ein herzliches Glückwunschschreiben und fügte ihm als Geschenk sein eigenhändig unterschriebenes photographisches Bild bei. Ferner begrüßte der Reichspräsi dent den Jubilar Müller als Mitkämpfer von 1866 bei König- grätz und von 1870/71 bei Sedan und Paris. Das greise Ehepaar erfreut sich uoch vollständiger körperlicher und geistiger Frische. Es hat zwei Söhne und zwei Töchter, 13 lebende Enkel und 20 Urenkel. Von diesen ist der jüngste ein Jahr, der älteste 22 Jahre.