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borsambster Folge ich mit dero Steuercassirern Friedrich Fischern wegen seines allhier liegenden Hauses, umb solches zur Wohnung und Arbeit derer Fabricanten vorhabender Manufactur zu miethen, mich vernommen, so hat er doch sich hierzu deswegen nicht bequemen wollen, weilln des jetzigen Pachtinhabers Pachtzeit noch nicht zu Ende sey, und er lieber solches gar zu verkauften, als zu verpachten gesonnen wehre. Nachdem nun der Princ pal solcher Bandmanusactur sich selbsten eingefunden, und beh mir angegeben, habe ich mich zugleich mit demselben umb eine andere Wohnung be mühet, auch dergleichen beh Bürgermeister George Pleiten ausgerichtet, als welcher aus schuldigster Unterthänigkeit, damit ewer chursürstlichen Durchlaucht er verbunden sich er kläret, bemelten Arbeitern eine große, sehr bequeme Stube nebenst zwey Kammern und einen Boden pachtweise einzu- reumen. Und weilln berührten Arbeitern diese Stube und zwey Kammern wegen Nähe der Bleiche und des Wassers, auch anderer Bequemlichkeit Wohl angestanden habe bis auf ewer churfürstlichen Durchlaucht gnädigste Genehmhaltung ich mit ihm traktieret, und es soweit gebracht, daß er zum halbjährigen Pachte 8 Thaler annehmen will, doch mit der Condition: weilln diese Arbeiter frembde Leute wahren, daß ihne solches Pachtgeld aus dem Ambte bezahlet werden möchte. Radebergk, am 2l. März 1683 " Der Handel mit den hergestellten Fabrikaten der Lei nenposamentiererei ging nach Dresden, wo Scheuer und seine bei ihm im Geschäft als Faklore tätigen Söhne 1688 einen eigenen Verleger in der Person des Johann Heinrich Biehler iMörtsch Seite 32) hatten. Auf ihn nimmt Mämminger in einem Schreiben d. D. Radebergk, 21. März 1688 (IV, Nr. 68) bezug. Freilich werden die Bandmacher hier nicht in dem Klette'schen Haus genannt, sondern in einem dem kurfürst lichen Amt Radeberg gehörigen Haus in der Dresdner Straße. Das Amt hatte wegen einer Hypothekpost von 150 Gulden das Haus den Erben des 1684 verstorbenen Pfarrers zu Großerkmannsdorf, Christoph Schindler, annehmen müssen. Das Haus war im Laufe der Jahre an den Fenstern und Oefen sehr schadhaft geworden, und wurde zur Vermeidung weitergehender Renovierungskosten durch Mämminger meist bietend zur Subhastation gestellt, nachdem Scheuer 1685 bis 1687 gegen einen jährlichen Kaufpreis von 9 Talern es innegehabt hatte. Jetzt im Jahre 1688 hat Scheuer, wie Mämminger schreibt, die Absicht nach der Niederlausitz aus zuwandern, indem sein ältester Sohn, Johann zur Scheuer, 1687 sogar zu Kottbus schon eine Bandmühle angelegt hatte. Dem im Privileg genannten Vorbehalt der 10 Jahre wurde eine besondere Folge, zudem seitens der Regierung in Dresden nichts gegeben, und man zählte 1720 in Rade berg schon 100 Webermeister die auf 300 Stühlen — die mehrgängigen Webstühle waren damals an die Stelle der urspringlich eingängigen getreten — die verschiedensten Ar ten Leinenband produzierten! Ein Georg Heinrich Müller errichtete sogar 1717 schon in Radeberg eine Leinenband fabrik. Sein gleichnamiger Sohn, der zugleich Bürgermeister in eben dieser Stadt war, übernahm sie 1749, und hat ihr länger als 2 Jahrzehnte vorgestanden. Die Radeberger fühlten sich in der kurfürstlichen Gunst so sicher, daß sie 1680 schon durch einen bei ihnen vorge- bildetcn Georg Hans die Bandmühle selbst nach dem eine Wegstunde entfernten Großröhrsdorf sich ausdehnen ließen. Die von der Bischofswerdaer Straße in Großröhrsdorf ab- zweigende George-Hans-Straße erinnert noch heute an jenen, für Rechnung der Radeberger arbeitenden, ersten Bandmacher Großröhrsdorfs. Auf den eingängigen alten Bandmühlen arbeiteten in Großröhrsdorf auch die ebenfalls unselbständigen und aus Radeberg gekommenen Urban Philipp, Matthäus Philipp, Martin Philipp und Georg Haase, letzterer um 1700. In Pulsnitz soll I. CH. Garten, dessen Nachkommen schaft heute noch zahlreich dort vertreten ist, 1762 die erste Bandfabrik angelegt haben. I. G. Richters reichhaltige Chronik der Stadt Pulsnitz weiß für die Zeit um 1804 zu berichten, daß es jetzt, (d. i. in der Zeit der Niederschrift der Chronik) in der Stadt und auf dem Lande viele gäbe, die teils für eigene Rechnung, teils für die Bandhändler und Fabrikanten Band anfertigen, das in Kisten versendet, oder auf den Messen und großen Märkten zu Leipzig, Naumburg, Braunschweig und Frankfurt a. d. Oder im ganzen verkauft wird. Auffallender Weise enthält daß im Rathaus zu Groß röhrsdorf befindliche für die Zeit des 17. und 18. Jahr hundert ziemlich reichhaltige Archiv nichts zur Beschreibung jener alten Bandmühlen oder zur Lebensgeschichte des Georg Hans. Nur die ländlichen Verhältnisse, einschließlich der in der ganzen Röder- und Pulsnitz-Gegend öfter zu Prozessen Anlaß gebenden Angelegenheit der dem Ostravorwerk bei Dresden zu leistenden Dienste finden im Großröhrsdorfer Archiv ihre ausführliche Erläuterung, indem z. B. ein durch Großröhrsdorf, Kleinröhrsdors, Ohorn usw. beauftragter Kon sulent aus Dresden, 11. November 1673 in einem Schrei ben an den Richter (Inhaber des Erbgerichts) zu Arnsdorf, Matthäus Walther, die ihm durch seine Bemühungen in der Ostrasache entstandenen Kosten liquidiert. ——Vom Liederleben — Dem Andenken unseres Heimatdichters Hermann Weise gewidmet Von k K. In Uhlands Gedicht: „Des Sängers Fluch" heißt es: Der Alte sprach zum Jungen: „Nun sei bereit, mein Sohn. Denk' unsrer tiefsten Lieder, stimm' an den vollsten Ton. Nimm alle Kraft zusammen, die Lust und auch den Schmerz, es gilt uns heut, zu rühren des Königs steinern Herz." Und der Erfolg? „Die Höflingsschar im Kreise verlernen jeden Spott, des Königs trotz'ge Krieger, sie beugen sich vor Gott. Die Königin zerflossen in Wehmut und in Lust, sie wirft den Sängern nieder die Rose von der Brust." Wem hatten die beiden Sänger diese Wirkung zuzuschreiben? Den Liedern und ihrem Vortrage. Beides gehört zusammen. Text und Melodie müssen durch den Vortrag so auf den Zuhörer einwirken, daß ihm das Lied in beiden Hinsichten wertvoll wird. Ist das aber immer der Fall? Sogenannte Schlager, wie sie in Großstädten fortwährend entstehen und zum Glück vergehen, kommen hierbei nicht in Betracht. Man versetze sich aber einmal im Geiste in ein Gesangskonzert, so wird man merken, daß die Melodien mehr in den Vorder grund treten als der Text. Es mag dies daran liegen, daß die Worte und somit ihr Inhalt nicht genug verstanden wer den und daß die Melodie auf den Zuhörer sehr oft mehr einwirkt. Sie genügt vielen, und sie wird deshalb oft nur gepfiffen und getrillert. Daher kommt es auch, wie man so oft gemerkt haben wird, daß beim Singen eines Liedes viele nur die ersten Strophen innehaben. Und wie so manches Lied wird gesungen, um nur gesungen zu werden. Das merkt man leider so oft im Gottesdienste. Es fehlt am Liederleben. Text und Melodie müssen eine nachhaltige Wirkung hinterlassen. Das kann man mit Recht von so manchem Volksliede sagen. Man denke an: „Ich weiß nicht, was soll es bedeuten", „In einem kühlen Grunde", „In meine Heimat kam ich wieder", „Wie's daheim war" u.s.w. Die dauernde Wirkung ist besonders den Liedern gewiß, die ihre Entstehung einer tiefgehenden Veranlassung verdanken, wie z. B. Luthers „Ein' feste Burg", das auf Feste Coburg gedichtet und wohl auch vertont wurde, als unser Reformator vor ernsten Entscheidungen stand. Aus Dankgefühl gegen Gott entstand Georg Neumarcks „Wer nur den lieben Gott läßt walten". Mitunter bestand zwischen Dichter und Kom ponisten Gedankenharmonie und solch inniges, seelisches Empfinden, daß ein Lied von dauernder Wirkung entstand. Ein bekanntes Beispiel hierzu bietet Mohrs Grubers „Stille Nacht, heilige Nacht". Nicht immer ist aber bei allgemein beliebten Liedern das wünschenswerte Verständnis für Text und Melodie vorhanden. Man denke daran, wie vor dem Weltkriege und während desselben „Ich halt' einen Kame raden" gesungen wurde. Da es sich gut nach der Melodie marschiert, wurden Text und Melodie verlängert, und es 2 entstand ein Durcheinander, i>as vollständig gedanEenlos ge sungen wurde. Eine Herabwürdigung des Textes war es auch, wenn die Kinder sangen: „Als wär's ein Stück von mir — Wurstpapier". Man ersah daraus, daß sie den Ernst des Liedes nicht fühlten. Man braucht nicht im Felde gewesen zu sein, um den ergreifenden Inhalt zu verstehen. Es genügte, wenn man in der Heimat Sonntags beim Ver lesen des Namens eines gefallenen Helden das Schluchzen der Hinterbliebenen hörte und die Klänge der Melodie „Ich halt' einen Kameraden" als wehmütige Klage vom Turnie herab ins Ohr tönten. Wie manchem Frontkämpfer wurde daS Lied zum Erlebnis. Man muß das Lied erleben. Dazu noch einige Beispiele. Vor vielen Jahren war ich mit mehren Freunden im Stadtbadgarten zu Bischofswerda. Wir sangen u. a. im Quartett: „Was uns eint als deutsche Brüder, wo die stolze Rhone fleußt, das sind unsrer Heimat Lieder und die Lust am deutschen Geist. Laß mich deine Hand ergreifen, Bruderherz auf Du und Du, mit denselben Liedern schweifen wir derselben Heimat zu." Wir hatten nicht beachtet, daß in einer Kolonade Zuhörer saßen. Nach Beendigung des Liedes kam ein Herr, dem wir schon von weitem den Offizier ansahen, auf uns zu, und wir bemerkten, daß in seinen Augen Tränen perlten. Er reichte uns die Hand und sprach dabei tiefbewegt: „Meine Herren, nehmen Sie meinen innigsten Dank dafür entgegen, daß Sie mich mit diesem Liede in der Heimat begrüßt haben. Wer, wie ich, lange Jahre in Holländisch-Jndien in Kriegsdiensten ge standen, weiß das deutsche Lied und mit ihm die deutsche Heimat zu schätzen." Ihm war unser Lied zum Erlebnis geworden. Er hatte aus seinem Klange wohl mehr als Klang gehört. (Schluß folgt.) —— Ein schwieriger Fall ——— Von Fritz Müller-Partenkirchen Sie kommt aus Berlin und soll in einer Münchener Vorstadtschule ihre Lehrprobe halten. Thema: „Die Milch", hat der Inspektor bestimmt und dazu gesetzt: „Richtschnur, liebes Fräulein : so fragen, daß die Kinder selber finden lernen." „Nun, liebe Kinder", hebt das Fräulein zaghaft zuver sichtlich an, „was Milch ist, wißt ihr ja — nicht wahr, Kleiner, du sichst sie jeden Tag?' „Naa", schüttelt der den Kopf. Ja, ja, der Krieg, denkt das Fräulein. Also noch wei ter unten bei der Milch muß mit dem Fragen angefangen werden. „Was eine Kuh ist, Kleiner, weißt du?" „Jo, a Kuah!" „Schön, und was sie gibt, seht Kinder, heißt man —" „A Milli, Freil'n!" erschallts rundum. Millifreiln, Millifreiln? Aha, Millifrein heißen sie die Milch in Süddeutschland. „Gut, Kinder, und wenn man die Millifrein ein Zeit lang stehen läßt, so bildet sich darauf Sahne, das wißt ihr doch!" „Naa." „Aber Kinder, das Dicke, Fette auf der Milch, daS ist doch —" „A Rahm, Freil'n!" erschallts rundum. Raahmfrein? Aha, Raahmfrein heißen sie in Süd- dcutschland die Sahne. „Wenn man das nun abschöpft, Kinder, erhalten wir —" „An ab'blasne Freil'n!" „Abblasenefrein?" denkt die Probekandidatin, wie ko misch doch in München die entsühnte Milch genannt wird. „Nun weiter, Kinder, die abgeschöpste Fettmilch wird verbuttert, und übrig bleibt die — ?" „Riehrmilli, Freil'n!" „Hm, Riehrmillisrein, hm — und wie heißt Niehrmilli- frein auf Hochdeutsch?" — Keine Antwort. — „Ei, Kinder, etwas von der Milch auf Hochdeutsch solltet ihr doch wissen?" Keine Antwort. „Also lassen wir das stehen, Kinder, und — aha, jetzt ist dirs eingefallen, Kleiner?" „Wenn mirs steh'lassen, gibts an Msteckelte, Freil'n!" brüllt er siegessicher. A Gfteckeltefrein? Die arme Probelehrerin ist fas sungslos. Ihr Gesicht Verzichts in ärgerlichen Falten. „Das ist halt eine Saure", ruft ein kecker Bub aus der dritten Bank. „Herr Inspektor, das — das muß ich mir verbitten!" „Womit wir also -bei der übergekochten Milch ange langt wären, liebes Fräulein", lächelt der Inspektor, „neh men sie's nicht tragisch, daß bei der Milchlektion ein — Topfenkäs' herausgekommen ist —" „Quark, sagen wir im Norden", verbessert sie versöhnt. „Quark und Käse — Käs' und Quark, seh'n Sie, lie bes Fräulein, darin geh'n wir endlich Tinig." Verträumte Winkel an der Adria. Von Georg Strelisker. Schakaljagd oder Weinprobe? — In stillen Gäßchen zwischen flatternden Wäschestücken, blinzelnden Katzen und schwer beladenen Zitronenbäumen. — Ein Ausflug nach Trebinje. Türkei aus Koketterie. Ragusa, Ende Mai. Wollen Sie Schakale jagen? Sie brauchen nur ein Ruderboot zu nehmen und sich in einer halben Stunde auf die Halbinsel Peljesac hinüberrudern zu lassen. Dann ein bißchen hinauf über einen steinigen Karstweg auf den Monte Vipera, und schon sind Sie bei den lieblich heulen den Tierchen. Aber das ist gar nicht nötig. Denn auf dem Eiland, das ich meine und dessen Name nie über meine Lippen kommen soll, haben Sie andere Genüsse in Hülle und Fülle. Erstens — und welches deutsche Herz klopft da nicht stärker — wächst hier ein Wein, der einem ordentlich in die Glieder fährt. Prosecco nennen sie ihn. Aus getrockneten Trauben wird er gepreßt. Und wenn man ihn trinkt, dann hängt der Himmel voller Geigen. Diesem Umstande dürste es zu zuschreiben sein, daß der Sage nach schon Aeneas auf dieser Insel eine Kolonie gegründet hat. Heute haben sich Rhein länder und Sachsen in einem kleinen Fischerdörfchen mit lieblichen Rebenhängen niedergelassen, wo sie für fünf Mark am Tag in ckuloe jubilo leben. Wenn Sie es unbedingt wissen wollen: das Dörfchen heißt Lumbarda. Mehr Komfort finden sie allerdings im Hauptort der Insel. Da steht ein schönes Hotel, gleich am Hafen, eine Schwäbin führt das Küchenszepter, Hummermayonnaise ist an der Tagesordnung, denn die Hummer warten geradezu, daß man sie fängt. So zahlreich sind sie an der Küste. Auch die Tintenfische, die mit der Harpune herausgezogen werden. Und Seeigel. Und so viele Muscheln und Schnecken, daß ein Doktor aus Berlin ihretwegen seinen Urlaub überschritten hat. Jeden Tag legen zwei Küstendampfer hier an. Dann strömt alles zum Hafen, beguckt sich die vielen Fremden auf dem Schiffe, die nicht wissen, wie schön und geruhsam es hier ist, und darum gleich einer Herde Schafe weiterfahren gegen Ragusa. Bläst mal eine Brise, dann hüpft man in ein Segelboot und läßt sich vom Winde über das blaue Wasser jagen, nach Otok zum Beispiel, wo Franziskanermönche auf einem kleinen, üppigen Eiland ein Kloster besitzen. Oder anderswohin, denn an Inseln hat es in der Umgebung keinen Mangel. Traumverloren wandelt man durch die engen, dunklen Gäßchen. Von Fenster zu Fenster sind Stricke gespannt, mit bunten Wäschestücken behängt, die wie Fahnen im Winde flattern. An jeder Bordschwelle kauert ein Kätzchen und blinzelt nach dem Licht. Zitronenbäume hängen schwer be laden. Kleine, uralte Gärten leuchten hinter den Häusern auf. Es ist wie ein Märchen. Niemals soll der Name dieses wunderbaren, dem Frcm- denverkehr noch nicht erschlossenen Eilands über meine Lippen kommenl Es heißt Korcula und war schon den Griechen unter dem Namen Korkyra bekannt . .. * Ein bißchen was hat Trebinje Aehnlichkeit mit der Film- stadt in Neubabelsberg bei Potsdam, wo man die orientalischen Filme, macke in Oerman^, dreht. Vielleicht ist Treornj e, der beliebte Ausflugsort aller, die auf ihrer Dalmatienreise in Ragusa landen und auf einen kleinen Sprung mal den Orient kennenlernen wollen, gar nicht so