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Die Heilkraft -er Sonne. Das natürliche Bedürfnis des Menschen nach Luft und Sonne ist nur zu berechtigt, denn vielfältig und ungemein wertvoll sind die Wirkungen der Sonnenstrahlen für die Er haltung und Kräftigung unserer Gesundheit. Tötet doch die Sonne z. B. alle Krankheitskeime, deren sie mit ihren Strah len habhaft werden kann. Und wieviele Wunden, wieviel Knochen- und Gelenkerkrankungen verdanken ihre endgültige Heilung der Heilkraft -er Sonne! Besonders bekannt gewor den ist in jüngster Zeit auch der Wert der ultravioletten Sonnenstrahlen für Ernährung und Stoff wechsel. Dem Einfluß dieser Strahlenart verdanken eine große Reihe pflanzlicher und tierischer Nahrungsmittel ihren Gehalt an Vitaminen. Und wenn es auch heutzutage gelungen ist, diese Stoffe künstlich herzustellen oder durch Anwendung der künstlichen Höhensonne Anreicherung von Nah rungsmitteln mit Vitaminen zu erzielen, so können alle diese Kunstprodukte doch die Heilkraft der „Natursonne" in ihrer Größe und Allgemeinheit niemals ersetzen. Darum hinaus ins Sonnenbad! Allein ein solches Sonnenbad muß, wenn es Segen brin gen soll, in vernünftiger Weise genommen werden. Als erstes Gebot gilt hier eine langsame Gewöhnung und weise echt mohammedanisch und türkisch, wie es den Anschein hat. Immerhin kommen die Neugierigen auf ihre Rechnung. Daß sich in Bosnien und in der Herzegowina noch ein paar originaltürkische Siedlungen erhalten haben, dürfte be kannt sein. Erstens, weil Kemal Paschas Macht und Mo dernisierungsbestrebungen nicht bis hierher reichen, zweitens, weil man in Jugoslawien diesen romantischen Rest alter Sultan- und Paschaherrlichkeit der Fremden wegen ängstlich zu behüten und zu bewahren sucht. Somit werden täglich, besonders aber an Sonnabenden, ganze Autokolon nen von Ragusa aus nach Trebinje in Bewegung gesetzt, 100 Dinar pro Kopf und Nase, im weißgetünchten Folter kasten mit 16 Plätzen, genannt Autoomnibus, komm', cs billiger. Man fährt in vielen Windungen und Krümmungen, immer hart am Abgrund, durch das Gebirge, auf einer Straße, die besser sein könnte, aber mit einer wunderbaren Fernsicht auf die blaue Adria, die allerdings in diesem jäm merlich verregneten dalmatinischen Frühling meist mit Nebel bedeckt ist. Und lan^t nach IILstündiger Fahrt in einem lieb lichen Tale an, wo Kinder und Erwachsene, sofern sie männ lichen Geschlechtes sind, rote Käppis oder einen Fez auf dem Kopfe tragen und alle Fremden mit fröhlichen Rufen empfangen. Dennoch gibt es manch farbenprächtiges Bild. Hier be gegnet man den er st en, verschleierten Frauen. Die Wenigsten tragen noch die orientalischen Pumphosen. Meist sind sie ganz modern ausstaffiert, lausen in Seiden strümpfen, die in koketten Halbschuhen stecken. Auch die Röcke sind nicht länger als anderswo. Und wenn ich recht unterrichtet bin, so gibt es viele christliche Frauen, die um des bloßen Schleierreizes willen so etwas Dunkles vor das Gesicht hängen und damit am Sonnabend als Haremsweiber auf dem Markte in Trebinje vor den Fremden spazieren gehen. An der Ecke steht auch schon ein befezter Fremden führer, der den aufhorchenden Damen verspricht, sie in einen originaltürkischen Harem zu geleiten. Die Herren der Schöpfung müssen allerdings draußen warten, denn so be fiehlt es bekanntlich die Sitte. Und dann steigen erschauernd oie Mitteleuropäerinnen in die dunklen Gemächer mit den vergitterten Fenstern, um sich von einer alten, ausgedörrten Mumie in den traditionellen Pumphosen ein „Souvenir" an den unvergeßlichen Haremsbesuch andrehen zu lassen. Wirk lich — man tut hier etwas für den Fremdenverkehr! Selbst in der Moschee wird Punkt 12 die Pforte geöffnet, damit die „Giaur s" einen Blick in das Innere werfen können, der Muezzin lallt vom Minarett sein Lied an Gläubige und Ungläubige hinab und erinnert entfernt an die Kino ausrufer vergangener Zeiten, als Asta Nielsen und Henny Porten in ihrer Jugend Blüte schwelgten, während vor dem Eingang der Moschee sich die Masse der Fremden staut! „H u t ab!" rufen die einen, „Hut aufbehalten!" sagen die anderen, die das von der Synagoge her schon wissen. Eine Stunde nachher sitzt alles wieder in -en Autos, die in scharfer Fahrt die Bergstraße nach Ragusa hinunterfahren. Ein Stück Orient, von dem man nicht genau weiß, ob cs auch waschecht ist, läßt man im Rücken . . . Mäßigung. Wenn irgend möglich, setze man den nackten Körper dem Sonnenlichte aus. - Im Anfang höchstens 10—15 Minute», später kann man allmählich auf 14 bis 1 Stunde steigen. Stellen sich indessen irgendwelche Beschwerden wie Herzklop fen, Schwindel o-er Augenflimmern ein, so breche man das Sonnenbad sofort ab. Niemals darf man die Schädeldecke resp. das Gehirn der direkten Einwirkung der Sonnenstrahlen aussetzen, sondern bedecke stets den Kopf mit einem Tuch oder einem Hut. Auch die Augen bedürfen gegenüber der direkten Sonnenbestrahlung eines Schutzes, am besten durch eine dunkle Brille. Wichtig ist es, bei ungenügender Außen temperatur während des Sonnenbades den Körper durch Spiel und Sport in Bewegung zu halten. Bei beson ders empfindlichen Menschen können durch eine zu intensive Sonnenbestrahlung Verbrennungserscheinungen an der Haut auftreten, die sich in Rötung, Blasenbildung und Schmerzen äußern. Hier wird oft etwas Puder o-er eine milde Salbe rasch Heilung bringen. Unter keinen Umständen darf man im Sonnenbade schlafen, da dann die Gefahr der Hautverbrennung be sonders groß ist und schwere Verbrennungen sogar den Tod hcrbeiführen können. Furcht und Hochachtung. Als deutsche Lehrerin an einer New-Parker Knabenschule las ich meinen kleinen Trabanten eine Anekdote über den Alten Fritz, der sich unerkannt unter die Berliner Jugend mischte. Da geht ein kleiner Finger in die Höhe. „Warum hat er sich denn nicht zu erkennen gegeben?" „Weil die Jun gen eingeschüchtert gewesen wären, hätten sie gewußt, daß der König mit ihnen sprach." Weitaufgcrissene Kinderaugen, und die erstaunte Frage: „Weshalb waren die Jungen denn ein- geschüchtert gewesen?" „Na," sagte ich, „nimm mal an, du beg.gnest auf der Straße dem Präsidenten der Vereinigten Staaten, der auf dich zukommt und dich anspricht. Würdest du dann keine Angst haben?" „Angst?" fragte der Junge, aufs höchste verwundert. „Wieso?" Es war nicht so leicht, den Amerikanern die Begriffe „Schüchternheit" und „Furcht" klarzulegen, die ihnen größtenteils fremd sind. Da kam mir ein glücklicher Einfall. Ich wußte, daß die Jungen einen heillosen Respekt vor der Schulvorsteherin hatten. „Nun stell' dir mal vor," sagte ich, „daß Miß B. plötzlich auf der Straße vor dir steht, da hättest du aber Angst, nicht wahr," — „Ja", kommt es da auf einmal kleinlaut aus dem vorhin noch so vorwitzigen Munde. Selbstbewußtsein und Unerschrockenheit, aber Hochachtung vor der Frau, dies wird dem amerikanischen Knaben durch eine vernünftige Erziehung von klein an beigebracht, es liegt ihm sozusagen am Blutes - „Nur ein Viertelstündchen." Nach der Mahlzeit, sei es am Mittag oder wie bei der durchgehenden Arbeitszeit am späten Nach- mittag, pflegt sich bei den meisten Menschen das Bedürfnis nach Schlaf oder mindestens nach Ruhe einzustellen. Das rührt daher, daß nach dem Essen das Blut in stärkerem Maße den Verdauungsorganen zuströmt, und die übrigen Körper- teile, insbesondere das Gehirn, vorübergehend blutarm werden. Blutleere -es Gehirns aber verrät sich durch Müdigkeit, Gäh nen und Unlust zur Arbeit. Der Körper verlangt also nach Ruhe, und diese sollte man ihm auch gönnen. Der Mittagsschlaf sei im allgemeinen kur», evtk. wirk- lich „nur ein Viertelstündchen", weil ein zu ausgiebiger Schlaf am Tage die Nachruhe beeinträchtigt und auch den Wieder- beginn der Tagesarbeit oft erschwert. Wer mittags oder bei Tage nach 'dem Essen nicht schlafen kann, der wird gut tun, wenigstens eine kurze Mittagsruhe zu halten. Dabei ist es wichtig, daß man sich flach ausstreckt und unter Entfernung aller beengenden Kleidungsstücke niederlegt. Nur so kommt eine wirkliche Körperruhe und Erholung zustande. ° Humoristisches ° Beobachtung. „Schau mal, die Pierrette dort hat fast nichts an." — „Ei, ei." — „Warum stierst Du denn so?" — „Ich suche das — „fast"." Dielentanz. „Sie tanzen heute aber ausgezeichnet, Herr Meher." — „Lanzen? Ich zieh' doch bloß die Beine hoch, damit mir die andern nicht drauftreten." i Sonntagsbeilage :: » »s IN! W MsMor Tageblatt MM m :: n :: :: :: 8 Druck und Verlag von E. L. Förster'» Erben (Inhaber: I. W. Moh r) » Schriftleiter: I. W. Mohr in Pulsnitz ?? dich, o junge« Blut, Willst du nicht verachtet liege«, ist durch Müßiggang Ja der Welt emporgestiege«. Fleiß ernähret, Arbeit ehret, Laß nur bald die Kinderschuh'; Müh' und Tugend hört der Jugend, Rat und Ruh dem Alter zu. Sonnlagsgedanke n. —° Es kommt doch alles, wie's kommen muß, sagt der Träge. Alles kommt von selbst. Er lächelt über die Leiden schaftlichkeit, mit der die anderen der Zukunft Gestalt zu geben suchen. Er spart die Mühe und hat obendrein die Ueberlegenheit. Er vergißt nur eins: Ja, es kommt alles von selbst, nämlich durch das Zusammenwirken der geordneten Kräfte, zu denen aber auch die Kräfte jeder Persönlichkeit gehören. Wer sich abschaltet, über den geht das Leben hin — von selbst. Das Wort „automatisch" kommt in der Bibel, im griechischen Texte des Neuen Testamentes vor. Luther über setzt es „von selbst". Marc. 4,28: „Denn die Erde bringet von ihr selbst zum ersten das Gras, danach die Aehren, danach den vollen Weizen in den Aehren" O Wunder der selbstschaffenden Erde in dieser Maienzeit! Freilich hat sie Gehilfen, die scheinende Sonne, den rinnenden Regen, den wehenden Wind. Die Menschen aber, so meint es Jesus mit seinem Gleichnis (s. V. 29), warten und treten erst zuletzt in Tätigkeit. Man weiß, daß es im Abendlande etwas anders zugeht, aber das ist gewiß, daß von der Selbsttätig keit der Natur niemand einen stärkeren und heiligeren Ein druck empfängt als wer selber seine Mühe dabei hat, denn eben der entbindet die verborgenen Kräfte. Noch rin ander Mal kommt jenes seltsam modern an- mutende Wort in der Bibel vor: Apostelgeschichte 12,10: Das eiserne Außentor des Gefängnisses zu Jerusalem tat sich „von selber" auf vor Petrus und seinem himmlischen Befreier. Vom Leblosen also ist hier die Selbsttätigkeit ausgesagt, wie das beim Sprachgebrauch der Maschinentechnik sonst geschieht. Vergleicht man die beiden Stellen, jenes Gleichnis und diesen drastischen Wunderbericht, so kommt man zu dem Ergebnisse, daß das „Von selbst" in der christlichen Welt anschauung eine sehr hohe Bedeutung hat, daß aber nur der Glaube, den Luther „ein lebendig, schäftig Ding" nennt, ein Recht darauf gibt und einen Erlebnisanteil daran hat. Er empfängt Lebensbrot und sieht Kerkertüren aufspringen, und geschieht beides von Gott und „von selbst". l-kä. »»» Vie Vmidumhlen als Vorgänger der heutigen VanWhle und Band- und Eurlwebneitn Von Dr. Gustav Sommerfeldt, Dresden-A Ueber die in Zittau, Eibau, Schönau und anderen Orten der Lausitz seit Alters betriebene Leinweberei ist öfter in zusammenfassenden Werken geschrieben worden. Weniger bekannt sind aber die Anfänge der Bandweberei. Hier hat 1906 N. Korn in einem an F. E. Prassers Chronik von Großröhrsdorf (1869) sich anlehnenden Artikel einiges vom Wesentlichsten beigebracht. Recht klar sehen aber konEn wir erst auf Grund der Nachrichten, die O. Mörtzsch in seiner gemeinsam mit Kl. Pfietzmann 1912 hcrausgegebenen Festschrift „Kleine Chronik von Radeberg" geboten hat. Eine Leinweberinnung hat ja in Radeberg schon seit 1573 be standen. Es bedurfte aber der Anregung des beim Hof in Dresden angesehenen und viel vermögenden kursächsischen Kommerzienrats und Vorstehers der Wollmanufaktur Johann Daniel Krafft zu Neu-Ostra bei Niedersedlitz*), um den Kur fürsten Johann Georg II. zu vermögen, daß er das im Hauptstaatsarchiv zu Dresden anzutreffende grundlegende Privileg d. d. Dresden, 23. April 1679 an die Radeberger erteilte (Prasser, Chronik Seite 177—178; Mörtzsch Seite 31). Die Vergünstigung betreffs der Anwendung der um 1679 erfundenen Bandmühlen hatte die Stadt Radeberg der be sonderen Treue und Anhänglichkeit zu danken, mit der sie dem Kurfürsten zugetan war. In 10 Jahren sollte aber, wie es am Schluß der Urkunde heißt, das Privileg erloschen sein. Auch waren Vorbehalte gemacht, laut denen durch die einzurichtenden Bandmühlen Radebergs der allgemeinen kur fürstlichen Manufaktur Sachsens kein Eintrag geschehen dürfe. Wie Mörtzsch Seite 32 angibt, ging in Radeberg Jo hann Kaspar zur Scheuers mit der Errichtung der ersten solcher Bandmühlen vor. Die betreffende Spezialbewilligung hätte vom Jahre 1682 datiert. Es war Posamentierarbeit, die in der Fabrik geleistet wurde, nur machte die Platzfrage einige Zeit noch Schwierigkeiten. Endlich entschloß sich der Radeberger Bürgermeister Georg Klette, geboren 2. August 1618, einen Teil seines bei der Röder befindlichen Hauses einzuräumen. Der bezügliche Bericht, den der Amtmann Wolfgang Christoph Münniger d. d. Radeberg, 21. März 1683 an die Negierung nach Dresden erstattete (Hauptstaats- archiv zu Dresden, Collectiv Schmid, Volumen IV, Nr. 66), nennt zwar nicht den Namen Scheuers, doch kann mit dem „Principal solcher Bandmanufactur" nur dieser selbst gemeint sein Ein Nandvermerk am Kopf des Blattes lautet: „Lei nenbandwirker Losament in Radeberg." „Obzwar ewer churfürstlichen Durchlaucht unterm 20. De- cember 1682 jünsthin ergangenen gnädigsten Befehl zu ge- ') Außer den in Neu-Ostra hergestclltcn einfacheren Tuchen wird auch das zu Getrndesäcken verwendete Bevteltuch gerühmt, sowie die Seidengespinste. Johann Daniel Krafft befand sich fiel auf Reisen in Holland und England. ') Aus Holland, woker der zur Scheuer wohl gebürtig war, stammte auch Wilhelm Verflas, der in Neu-Ostra bei der Seidenspin nerei der Beistand Kraffts war, aber 1678 starb.