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S., Großröhrsdorf, Bretnig, HauSwalde, Ohorn, Obersteina, Niedersteina, Weißbach, Ober- und Niederltchtenau, Friedersdorf, Thiemendorf, Mittelbach. Großnaundorf, Lichtenberg, Klein-Dittmannsdorf Geschäftsstelle: Pulsnitz, Ulbertstraße Nr. 2 Druck und Verlag von E L. Försters Erben (Inh. I. W Mohr) Schriftleiter: I. W. Mohr in Pulsnitz Nummer 148 Mittwoch, den 27. Juni 1928 8». Jahrgang Das Wichtigste Das Kabinett Poincar« macht eine schwere Krise durch. Es wird vermutet, daß Amundsen mit seinem Flugboot auf freiem Meer treibt. Heute vormittag ist Prinz Heinrich der Niederlande in Köln eingetroffen, um die „Prcssa" und die niederländische Abteilung des Staatenhauses zu besichtigen. Die streikenden Arbeiter im Hafen von Antwerpen haben mit 8000 gegen 1000 den Einigungsvorschlag des Arbeitsministers abgelehnt. Der Streik dauert daher noch an. Vom 29. bis 30. Juni findet in Danzig der 47. Deutsche Aerztetag statt, nachdem in de» Tagen vorher bereits der Hartmann-Bund seine wirtschaftliche Tagung abgehalten hat. Es werden gegen 600 Vertreter, die 45 108 Stimmen vertreten, erwartet. In den ersten Nachmittagstunden des Dienstag ging über Salzburg ein furchtbares Hagelwetter nieder, das großen Schaden anrichtele. Die Fensterscheiben ganze- Straßenzüge wurden zertrümmert. Auch die Fensterscheiben der Straßenbahnwagen wurden Hühnerei große Ha- gelkörncr eingeschlagen. Die kommunistische ReichstaaSsraktion hat im Reichstag den Entwurf eines Gesetzes über die Aushebung der Hauszinssteuer eingebracht. Deutsche in fremdem Gold. Die Frem-enlegionstverbung in der Pfalz hat sich in den letzten Monaten außerordentlich ver stärkt. Aurtliche Feststellungen habe« ergebe«, daß s. allein in der Pfalz an der Elsässischen Grenze in i den Monaten Dezember 182V und Januar , 1928 rund 5 50 deutsche Legionärs anwärter von deutsche« Beamten an der lieber- 1 / schreituna der Grenze verhindert wurden. 93 deutsche junge Leute wurden Ansang Januar in die Fremdenlegion eingereiht. Selbst französische > Blätter stellen fest, daß in jeder Woche 20 bis 25 Deutsche in die Fremdenlegion einge reiht werden. Auch der Mai weist die erdrückende Zahl von 58 Deutschen nach, die angeworben i waren, aber an der Grenze noch sestgehalten werden i konnten. Es kann gar nicht eindringlich genug vor der Fremdenlegion gewarnt werden, und auch der folgende Artikel soll ein Warnungsruf sein. Die französische Fremdenlegion übt auf junge Gemüter mehr eine anziehende als abstoßende Wirkung aus, und aben teuerliche Naturen, die hinausstreben aus Ler Enge der Hei- mat in die weite Welt, um sich dort unter fernen Völkern in anderen Ländern auszuleben und ihr Glück zu machen, erliegen oft dem verwirrenden Einfluß des eigenartigen Zaubers, der in ihrer Vorstellung über den Zuständen in der Fremdenlegion ruht. Selten gelingt der Sprung in den goldenen Üeberfluß, und gehen die Hoffnungen in die Brüche, dann bleibt für die Gescheiterten als letzte Rettung die Legion. Sie sehen bald, daß das kümmerliche Leben, das sie in Hunger und Not geführt haben, um vieles er träglicher war als der Dienst unter fremder Flagge und daß die Verhältnisse in der Fremdenlegion schlimmer sind, als die in ihren Ansprüchen durchaus nicht Verwöhnten es sich je träumen ließen. Ihre Warnungen bleiben unbe- achtet; die Berichte über verzweifelte Befreiungsversuche schrecken nicht ab Der Zustrom zur Legion läuft unauf- Hörlich und damit auch die Reihe der Katastrophen, die er barmungslos den menschlichen Irrtum beschließen. Viel stärker ist unser Mitgefühl für diejenigen, die gegen ihren Willen durch arglistige Täuschung oder mit Ge walt zu französischen Söldnern wurden. Im besetzten Ge biet unterhält Frankreich zahlreiche Werbebüros. Wir müssen ste dulden. Die Anwerbung vollzieht sich in der Regel so, daß der Werber unter der Maske des teilnehmenden Freun des den arbeitslosen, durch Hunger zermürbten und willen, los gewordenen jungen Mann lohnende Beschäftigung ver spricht. Ihm wird ein Arbeitsvertrag in französischer Sprache zur Unterschrift vorgeleqt, der im Glauben an die Ehrlichkeit des menschenfreundlichen Helfers ohne Bedenken angenommen wird. Die unerfahrenen Opfer wissen nicht, daß sie eine Verpflichtung zum Eintritt in die französische Fremdenlegion unterzeichnet haben, und in dem Augenblick, wo sie französisches Gebiet betreten, ist ihr Schicksal besiegelt. Es kann nicht eindringlich genug vor den Gepflogenheiten dieser gemeingefährlichen Menschenjäger gewarnt werden. Man merke sich, daß nicht jeder, der in der Fremde deutsch spricht, unser Freund ist, und daß wir einem Unbekannten, der sich in auffallender Freundlichkeit an uns herandrängt und uns seine Dienste anbietet, mit größtem Mißtrauen be gegnen müssen, wenn wir nicht deutliche Beweise haben, -aß seine Freundschaft echt ist. Bor allem gilt die eigentlich selbstverständliche Vorsicht, nur das zu unterschreiben, was rnan kennt. Fremdsprachige Schriftstücke weise man zurück oder lasse sie in einem zuverlässigen Büro, am besten in einer amtlichen Dienststelle, übersetzen. Daß Frankreich eine starke Kolonialtruppe mit fremd- landifchen Kräften, unterhält, wird.von allen Kulturstaaten Das Kabinett Müller-Franken fertig Zur Regierungsbildung — Die Berliner Presse zur Regierungsbildung — Der „Temps" zur deutschen Regierungsbildung Aufruf zum Jahrestag des Versailler Diktats Berlin. Der Abgeordnete Müller-Franken hat am Dienstag abend dem Reichspräsidenten die Liste seines Kabi- netts der Persönlichkeiten vorgelegt. Das neue Kabinett soll dann sofort seine erste Beratung abhalten und die Regie» rungserklärung vorbereiten, die am Montag nächster Woche im Plenum des Reichstages abgegeben werden soll. Müller-Franken hat mit Ausnahme der Deutschen Volks partei sämtliche Fraktionen sehr eingehend über die Zusam- mensetzung des Kabinetts verhandeln lassen. Schon die Aus wahl der Minister aus der sozialdemokratischen Fraktion wurde von dem Abgeordneten Müller-Franken natürlich im Einverständnis mit der Fraktion vorgenommen. Das Zen trum hat am Montag abend fast vier Stunden und am Dienstag den gesamten Vormittag über die Entsendung von Mitgliedern in das Kabinett in allen Einzelheiten beraten. Dabei hat sich ein sehr scharfer Gegensatz zwischen Or. Brauns und vr. Wirth herausgestellt. In den Mittagstunden des Dienstag, wo eine Ent scheidung des Zentrums noch nicht gefallen war, stand folgende Ministerliste fest: Müller-Franken (Soz.), Reichskanzler, vr. Stresemann (D. Vp.), Außenminister, vr. Curtius (D. Dp.), Wirtschaftsminister, Severing (Soz.), Innenminister, Hilferding (Soz.), Finanzminister, Groener, Reichswehrminister, Schätzel (Bayer. Dp.), Reichspostminister, vr. Brauns (Zentr.), Reichsarbeitsminister, Dietrich-Baden (Dem.), Ernährungsminister. Die Fraktion -er Deutschen Volkspartei ist bei der gesamten Kabinettsbildung bisher nicht befragt. Am Dienstag trat die Fraktion der Bayerischen Volkspartei zusammen. Auch die demokratische Frak tion hatte eine lange Sitzung. Die Deutschnationale Volkspartei hielt ihre Fraktionssitzung erst Mittwoch früh ab, jedoch trat am Dienstag vormittag bereits der Fraktions-vorstanL zusammen. Jur Regierungsbildung Berlin. Die Berliner Morgenblätter beschäftigen sich ausführlich mit den Schwierigkeiten, die bei der Regierungs bildung am Dienstag aufgetaucht sind. Die „Germania" betont, daß es für das Zentrum darauf ankommt, in das Kabinett bei sachlich schwacher Beteiligung starke politische Persönlichkeiten zu entsenden. Nachdem das Ernährungs ministerium durch Hermann Müller auffallend vordringlich mit Dietrich Baden besetzt worden war, habe das Zentrum auf den Posten des Vizekanzlers Anspruch erhoben. Diese Stelle solle in die Hände des Abg. Wirth gelegt werden. Daß es am Dienstag zur endgültigen Bildung des Kabinetts nicht gekommen ist, habe daran gelegen, daß sich Widerstände gegen die Einführung des Vizekanzlerpostens bemerkbar machten. Es sei vom Zentrum vor allen Dingen der So zialdemokratie gegenüber ein außerordentliches Entgegenkommen, wenn es das Ressort des Ardeitsministerium behält. Solle das Zentrum dahin gebracht werden, daß es sich vom Arbeits ministerium abwendet, dann gebe es keinen besseren Weg als daß man ihm die Vizekanzlerschaft zerstört. Es müsse deutlich gesagt werden, daß das Zentrum auf ein Verständnis in der Frage des Vizekanzlerpostens mit der SPD. rechne. Das Zentrum sei bereit, mitzuarbeiten, wenn man ihm die Stellung einräumt, die man in einem Kabinett der Persönlichkeiten von ihm erwartet. Bei den Redensarten von Gegensätzen unter den Ministerkandidaten des Zentrums handele es sich tatsächlich nur um Wandelhallenklatsch. An anderer Stelle bemerkt die „Germania" es heißt, daß die Deutsche Volks partei sich in ihrer Fraktionssitzung am Mittwoch vormittag auf Wunsch von Curtius mit den Personalsragen des Kabinetts und der Vizekanzlerschast befassen wolle. Ob es am Mittwoch zu einer endgültigen Entscheidung kommt, lasse sich mit Be stimmtheit nicht Voraussagen. — Die „Vos sische Zei tung" berichiet, daß nach dem Sozialdemokratischen Presse dienst der Reichspräsident Habe mitteilen lassen, daß er der Errichtung des Vizekanzleramtes im kommenden Reichskabinett abgeneigt wäre. In den Kabinetten des republikanischen Deutschlands habe es nur im Kabinett Cuno als Vizekanzler Jarres gegeben. Hergt sei im geschäftsführenden Kabinett Marx nur Stellvertreter des Reichskanzlers. Weiter bemerkt die „Vossische Zeitung", daß Müller-Franken für Mittwoch nachmittag 5 Uhr sich beim Reichspräsidenten angemeldet habe und entschlossen sei, bis dahin die Verhandlungen zum Abschluß zu bringen. Wenn Wirth endgültig ablehnen sollte, das Verkehrsministerium zu übernehmen, werde Müller-Franken an einen anderen Zentrumsabgeordneten herantreten. Das Reichsjustizministerium habe Müller-Franken am Dienstag dem Heidelberger Universitätsprofessor Radbruch angeboten. Falls dessen Antwort nicht bis Mittwoch nachmittag ein- geiroffen sein sollte, werde die Ernennung des Kabinetts vorläufig ohne Just'.zminister erfolgen und diese Stelle einige Tage später besetzt werden. — Die „Tägliche Rund- s ch a u" schreibt, daß Müller-Franken in der Besprechung mit Brauns, Wirth und Guerard, wie berichtet werde, erklärt haben soll, er könne den Posten eines Vizekanzlers nicht zugestehen. Im Anschluß daran soll es zwischen ihm und Wirth zu einer scharfen Auseinandersetzung gekommen sein. — Der „Vorwärts" unterstreicht, daß es bei den Meinungs verschiedenheiten nicht um die Persönlichkeit Wirths, sondern um die Frage ob die Errichtung einer Vizekanzlerschaft zweck mäßig ist oder nicht gehe. Vielleicht betreffen die Meinungs verschiedenheiten auch die Frage, ob bei einem Kabinett ohne koalitionsmäßige Bindung einzelne Fraktionen die Personen frage anteilmäßig souverän regeln können, bis zu dem Punkte, daß dem Reichskanzler der Minister beigegeben wird, von dem er sich im Behinderungsfalle vertreten lassen muß. Es wäre auch recht bedenklich, wenn nun eine Konkurrenz zwischen den Fraktionen entstände, welche den Vizekanzler posten bekommen soll. Der „Temps" zur Frage der deutschen Regierungsbildung Paris, 26. Juni. Der „Temps" nimmt am Diens tag zur Frage der deutschen Regierungsbildung Stellung. Das Blatt schreibt u. a.: Obgleich die Verfassung von Wei mar nur die Verantwortung von Ministern und nicht von Parteien anerkenne, wie dies Herr Stresemann ausführte, sei es doch die wichtigste Frage, ob ein Kabinett der Persönlich keiten eine ausreichend starke Mehrheit im Reichstag finden werde, um die schweren Aufgaben, die seiner harrten, durch zuführen. Man dürfe nicht vergessen, daß Stresemann selbst es oft schwer gehabt habe, seine eigene Partei für seine eigene Politik zu gewinnen. Man müsse befürchten, daß die Volkspartei oft geteilter Meinung sei und sich der Stimme enthalten werde, wenn wichtige Fragen zur Abstimmung ge langen. In diesem Fall würde die Regierung ernstlich be droht sein. Bisher sei es völlig unklar, welche Politik das Kabinett der Persönlichkeiten betreiben wolle. Vielleicht handele es sich nur um einen Versuch, Zeit zu gewinnen, bis die Frage der Erweiterung der preußischen Regierung leichter lösbar sei. Vielleicht glaube man auch, daß eine unter sozialistischem Einfluß stehende Regierung in diesem Augenblick notwendig sei, um unter den günstigsten Bedin gungen die schweren außenpolitischen Verhandlungen zu füh ren und Zugeständnisse für ein demokratisches Deutschland zu gewinnen, das sich nach dem erzielten Erfolg von links nach rechts entwickeln würde. In letzterem Falle müßten trotz der Anwesenheit Dr. Stresemanns und der Sozialisten in der Regierung die Alliierten sehr vorsichtig zu Werke gehen. Man müsse die Taten dieses Kabinetts der Persönlichkeiten abwarten, um sich von dem Vertrauen Rechenschaft zu geben, daß das neue Deutschland auf internationalem Boden verdient. Deutschnationale Volkspartei und monarchischer Gedanke. Westarp gegen Lamdach. Graf Westarp, der Vorsitzende der Deutschnationa len Volkspartei, setzt sich mit dem in der „Politischen Wo chenschrift" vonLamvach, dem Geschäftsführer des Deutsch-