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pulsniherZayeblatt Bank «Konten: Pulsnitzer Bank, Pulsnitz und vTUTT Commerz« und Privat-Bank, Zweigstelle Pulsnitz Anzeigen-Grundzohlen in Die 41 mm breite Zeile (Moste's Zeilenmester 14) 1 mm Höhe 10 LA/, in der Amtshauptmannschast Kamenz 8 ^i/; amtlich 1 mm 30 und 24 Reklame 25 FA/. Tabellarischer Satz 50°/, Aufschlag. — Bei zwangsweiser Einziehung der Anzeigengebühren durch Klage ober in Konkurssällcn gelangt der volle Rechnungsbetrag unter Wegfall von Preisnachlaß in Anrechnung Bis */,10 Uhr vormittags eingehende Anzeigen finden am gleichen Taxe Aufnahme tzeru sprech er 18. Tel.-Adr.: Tageblatt Pulsnitz Postscheck-Konto Dresden 2138. Girv.Konto 146 - — — Erscheint an jedem Werdtag — — — Im Falle höherer Gewalt, Krieg, Streik oder sonstiger irgend welcher Störung deS Betriebes der Zeitung oder der Beförderungseinrichtungen, hat der Bezieher keinen Anspruch auf Lieferung oder Nachlieferung der Zeitung oder auf Rück zahlung des Bezugspreises. 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Jahrgang Das Wichtigste Nach Meldungen auS Kalkutta sind während eines Zusammenstoßes zwischen Sikhis und Mohamedanern bei einem religiösen Fest in der Nähe von Khargpur 12 Personen getötet und zahlreiche verletzt worden. Wie aus Moskau gemeldet wird, hat der russische Eisbrecher „Krassin" am Sonnabend den 78. Breitengrad erreicht, sodaß er sich unweit der Stelle befindet, wo die „Italia" niedergegangen ist. Aus Versailles verschwand die dort wohnende 62 jährige Kassiererin Bourgcot nach Unterschlagung von 2,5 Millionen Mark. Man nimmt an, daß sie mit gefälschten Papieren in einem ausländischen Kloster Zuflucht suchen will. politischer Wochenrückblick. Endlich eine Regierung. — Wieder einmal Sicherheitsver handlungen in Genf. — Krise in Oesterreich. — Ein dunkles Blatt aus der Geschichte des Ruhrkampfes. Wir haben eine Regierung, wenn auch nur eine solche des Kompromisses, und eine vorläufige, bis zum Herbst be fristete. Die Unterredungen Müller-Frankens mit dem Reichs- Präsidenten und den Fraktionsführern vom 28. Juni haben dies Ergebnis zuwege gebracht, das nach Lage der Sache wenigstens einen Ausweg darstellt. Möglich war es durch den Entschluß des Zentrums, auf die Vi'zekanzlerschaft und einen besonders wichtigen Ministerposten zu verzichten und nur einen Minister — gewissermaßen als Verbindungs mann — zu stellen: den Abgeordneten v. GuSrard. Auch die Deutsche Volkspartei sperrte sich im Landesinteresse nicht län- ger und stellte mit Or. Stresemann und Or. Curtius zwei Minister, ohne grundsätzlich auf ihre Einwendungen wegen ihrer Nichtbeteiligung an der Regierung in Preußen zu ver zichten. Letzten Endes ist dies Kabinett der „Persönlichkeiten" also ein solches der „Großen Koalition", und man muß Hof- fen, daß im Herbst ohne gleiche Mißhclligkeiten die Große Koalition wirklich zustande kommt. * In Genf tagt jetzt wieder der Sicherheitsausschuß der Abriistungskommission des Völkerbundes und berät über die deutschen Vorschläge. Es muß an sich sonderbar berühren, daß das in unsicherster Lage befindliche Deutschland einem Sicherheitsausschuß überhaupt Vorschläge macht, und es sind diese deutschen „Bemerkungen" zu der Gesamtfrage denn auch nur in dem Sinne zu verstehen, daß Deutschlands Sicherheiten verstärkt werden sollen! Für uns muß stets ausschlag, gebend sein, daß kriegerische Verwicklungen von vornherein a u s g e s ch a l t e t, und daß dementsprechende Maßnahmen getroffen werden. Das hören „die anderen" bestimmt nicht gerne; denen ist vor allem an Schaffung von Sanktionen ge legen für den Fall einer kriegerischen Verwicklung. Daß dann diese Sanktionen zum Schaden Deutschlands vorge nommen werden, dafür haben wir Beispiele genug. Die deutschen Vorschläge heben ferner den Ausbau des Ver gleichsverfahrens wie der Bestimmungen des Völ- kerbundcs über die Kriegsverhiitung hervor. Der Eindruck vertieft sich, daß dieser Ausschuß möglichst die Abrüstungskommission selbst ersetzen und daß man weiter die deutschen Vorschläge möglichst zu neuen Fußangeln für Deutschland umschaffen will. Sicherheit sieht für uns an ders aus als für die Kriegsgegner; unser Vertreter, Staats sekretär von Simson, darf keine neuen Bindungen eingehen; besonders darf nicht eine neue internationale Kontrolle für Kriegsverhinderung geschaffen werden, die die Franzosen wünschen! Die Vorgänge in unserem Bruderstaate Oesterreich kön nen uns nicht gleichgültig lassen, insbesondere die neue Re gierungskrise, die durch den Rücktritt des Iustizministers Dinghofer ausgebrochen ist. Der frühere ungarische Dikta tor Bela Kun, dessen Schreckensherrschaft in Ungarn unver- Sassen ist und der gegen das Verbot nach Oesterreich zurück- kehrtt:, pt dort formal abgeurteilt worden, das Auslieferungs- begeyren Ungarns wurde aber vom österreichischen Justiz. Ministerium abgelehnt. Der großdeutsche Iustizminister Or. Dinghofer hat mit seiner Ablehnung der Auslieferung we gen politischer Handlungen juristisch vielleicht richtig, dem Empfinden weiter Kreise aber zuwider gehandelt. Viel leicht folgt der Gesamtrücktritt des Kabinetts, da Bundes- kanzler Or. Seipel sich mit Or. Dinghofer solidarisch erklärt. Die mühsam stabilisierten Verhältnisse im Nachbarland« drohen damit wieder in die Brüche zu gehen! — * Ein trauriges Blatt aus der Geschichte des Ruhrkamp fes hat der zur Zeit vor dem Schwurgericht des Berliner Landgerichts I stattfindende Meineidsprozeß gegen den 24- jährigen „Kaufmann" Alfred Götze aufgeschlagen. Es Jie WMMW Ziele Sek Iieiieii Mik« Eine Rede des neue« Reichsinnenmintsters Severing Streitpunkte im Reichskabinett Müller — Die Amnestieverhandlungen -r Der Kampf um die Macht in Griechenland Ein weiteres Opfer der Rettungsversuche für die „Jtalia"-Leute. Berlin. Me Vereinigung „Republikanische Presse" feierte in Berlin den Jahrestag ihrer Gründung, an dem neben dem Reichskanzler Müller, die Reichsmini ster Koch- Weser Severing, Hilferding, Reichs- iagspräsident Löbe und eine Reihe preußischer Minister teil nahmen. In einer Rede führte Reichsinnenminister Severing über die republikanischen Ziele der neuen Regierung u. a. folgendes aus: „Ich glaube, es ist ein gutes Vorzeichen, daß Ihr Jahrestag zusammenfällt mit dem Geburtstag der neuen Regierung. Dieses Zusammentreffen veranlaßt mich zu der Bitte an Sie, den Irrungen und WirrungeU bei der Regie rungsbildung keine allzu große Bedeutung in der nächsten Zeit beizulegen; denn wir müssen die gemeinsame Kampf front behalten. Ministerialdirektor Or. Spiecker hat davon gesprochen, daß er der neuen Regierung ein ebenso 'langes Leben wünsche wie der Vereinigung „Republikanische Presse". Ich glaube im Sinne aller Mitglieder der Reichsregierung sprechen zu können, wenn ich hinzufüge, es ist unsere feste Absicht, recht lange tn dieser Regierung am Leben zu bleiben. Man hat diese Regierung schon ein Ferienkabinett genannt. Wir haben die Absicht, vier Jahre Ferien zu machen, Ferien von Regierungskrisen, Programmentwllrfen und Richtlinien beratung, um in den Ferien davon vier Jahre praktischer Ar beit zum Aufbau der Republik zu leisten. Es ist nicht eine Regiernug auf Abbruch, aber man kann die Konzession machen, es eine Negierung auf Umbau zu nennen. In einigen Monaten wollen wir dieser Regierung kräftigere Tragbalken unterlegen, und ich bin der festen Ueberzeugung, mit diesen Tragbalken wird es möglich sein, vier Jahre lang in der Tat praktische Arbeit zum sozialen und zum demokrati schen Aufbau der Republik zu leisten." Streitpunkte im Reichskabinett Müller. Eine Sonntags.Sitzung. Berlin. Das Neichskabinett hat am Sonntag vormittag in einer dreistündigen Verhandlung die Grundlinien der programmatischen Erklärung des Reichskanzlers beraten. Es besteht die Absicht, in die Regierungserklärung die Forde rung aufzunehmen, daß das Gesetz über den Nationalfeier tag im Reichstage mit Mehrheit zum mindesten von den Par teien angenommen werden müsse, aus deren Reihen Mit- glieder dem Kabinett angehören. Eine zweite Streitfrage ist darüber entstanden, daß der Reichsfinanzminister Hilferding, ohne daß eine entsprechende Deckung in den Kassen des Reiches vorhanden ist, eine Heraufsetzung der Grenze des steuerfreien Einkommens durch ein Initiativgesetz der Parteien herbeiführen will. Die dritte Streitfrage ist die Beschränkung der Amnestie auf die Kommunisten oder die Ausdehnung der Amnestie auf sogenannte Fememörder. Ani schwierigsten ist die Frage, ob das Kabinett überhaupt in der Lage ist, vom Reichstag ein positives Vertrauensvotum zu fordern. Es hat den Anschein, als ob die Schwierigkeiten oieses Kabinetts bereits außerordentlich groß sind. Die Amnestieverhandlungen Die „Montagspost" meldet: Reichsjustizminister Koch- Weser hatte am Sonnabend und Sonntag mit den Fraktions- führern über die geplante Reichsamnestie verhandelt. Die Hauptschwierigkeiten bilden nach wie vor die Behandlung der wegen Kapitalverbrechen verurteilten politischen Straftäter, also der Fememörder und Max Hölz. Der frühere Borschlag der Rechten, daß die lebenslängliche Strafe der Fememörder auf 7'/, Jahre Festungshaft ermäßigt werden soll, wird keinesfalls angenommen. Aeußerstes Zugeständnis wäre, daß die lebenslängliche Strafe in 7'/, Jahre Zuchthaus umge wandelt wird. Unter diesen Umständen würden alle politischen Verbrecher der Linken entlassen werden, auch Max Hölz würde durch die Amnestie, falls das Reichsgericht nicht aus Grund der Wiederaufnahmeanträge seine Freilassung verfügt, in einem halben Jahre frei kommen. Die Fememörder müßten dann noch 7 Jahre verbüßen. In der Amnestie sollen auch solche Straftaten einbezogen werden, die aus sozialer Not begangen sind sowie die Landesverratsjache, soweit die Tat nicht aus Eigenutz geschehen ist. Sämtliche Personen, die wegen Landesverrat, begangen durch die Presse, verurteilt worden sind, würden dann entlassen werden. Die lausenden Verfahren würden niedergeschlagen. Hindenburg an das Saarland. Heidelberg. Aus Anlaß der großen deutschen Saar kundgebung, an der aus allen Teilen des Reiches und namentlich aus dem Saargebiet selbst Tausende von Saar ländern teilnahmen, hat Reichspräsident von Hindenburg heute folgendes Begrüßungstelegramm gesandt: „Dem Bund der Saarvereine sende ich in treuem Gedenken an die deut schen Brüder und Schwestern an der Saar meine besten Grüße und aufrichtigsten Wünsche für weitere erfolgreiche Zusammenarbeit." Auch Reichsaußenminister Or. Strese mann sandte ein Telegramm. Am Grabe des ersten Reichspräsidenten, Ebert, ließ der Vorstand einen Kranz niederlegen. Am Sonnabend- abend gaben 1500 Sänger zahlreicher Gesangvereine des Saar-Sängerbundes ein Konzert in der Stadthalle. Im Anschluß an eine Reihe von politischen Vorträgen fand Sonntag nachmittag eine große deutsche Kundgebung für das abgetrennte Saargebiet im Schloßhof des Heidelberger Schlosses statt. Der Geschäftsbericht des Leiters der Saargeschäftsstelle in Berlin hebt hervor, daß die wirtschaftliche Vormachtstel- lung der jetzt zu Frankreich gehörenden Saargruben sich katastrophal für die ganze Wirtschastsgestaltung an der Saar auswirke. Die französische Regierung betrachte das Saar becken als ein Ausbeutungsobjekt. Die Auswirkungen einer solchen Ausbeutungspolitik müßten sich für die Bevölkerung auf die Dauer vernichtend gestalten. Habe sich somit die politische Lage im Laufe des vergangenen Jahres ver - schlechtert, so könne andererseits mit Genugtuung fest gestellt werden, daß die Bevölkerung an der Saar in ihrem Verlangen nach baldiger und restloser Rückgliederung des Saargebietes und in ihrer unerschütterlichen Treue zum deutschen Volkstum und zu deutscher Hei» materde die alte zähe Kämpferschar geblieben sei. Der Kampf um die Macht in Griechenland Wie aus Athen gemeldet wird, verlautet von unter richteter politischer Seite, daß Venizelos sich im Hinblick auf die mögliche Betrauung der neuen Negierung bereits die Mitarbeit Kondylis gesichert habe, der das Außenministerium übernehmen soll. Trotzdem wird man mit einem scharfen Wahlkampf rechnen müssen. Die Royalisten werden versuchen, die Republik zu stürzen, doch scheinen Venizelos wie Kondylis dieser Gefahr gewachsen. Der Gouverneur der Bank von Griechenland, Diomidis, wird zum Rücktritt gezwungen werden. Die royalistische Presse veröffentlicht scharfe Angriffe gegen Venizelos und droht mit dem Sturz der Republik, für den Fall, daß Venizelos die Kabinettsbildung übernehmen sollte. Coolidge möchie noch selbst den Kellogg-Paki unterzeichnen. New Jork. Präsident Eoolidge gab in einer Unter redung der Hoffnung Ausdruck, daß die Verhandlungen über Kelloggs Kriegsverzichtsvorschläge noch vor dem Ende seiner Amtszeit Früchte tragen «nd ihm damit die Gelegen heit geben mögen, das Vertragswerk mit de» anderen Mäch ten selbst zu unterzeichnen. In London verlautete gerüchtweise, daß der ameri kanische Unabhängigkeitstag am 4. Juli als Unterzeichnung des Kelloggpaktes in Frage kommen soll. So glänzend die ser Vorschlag an und für sich scheint, so besteht natürlich zu seiner Verwirklichung keine Aussicht. Dazu arbeitet die komplizierte Maschinerie der europäischen Diplomatie viel zu langsam. Immerhin besteht begründete Aussicht, daß wenigstens von französischer Seite die juristischen Sachver ständigen sich etwas beeilen, damit der französische Nattonal feiertag, der 14. Juli, als Tag zur Unterzeichnung des Pak, tes noch in Frage kommen kann. .