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Nr. 124. Pulsnitzer Tageblatt. — Mittwoch, den 30 Mai 1928. Seite 4 tlutbenZ- Hotel 7-- I^smenr Inmittsn prsvsiiigsr Xoniksrsn-^nisLsn, groks I^su- snpslsnrungsn. Llütsrsit cksr bsrüttmtsn ^Ipsnrossn un6 ^rslssn ^itts ß/Isi un6 ^uni. QsssIIsettsktssaLs. — Qssettlosssns Qlssvsrsncks. ^e«Ivn plinsen. Om krsuncilicken Tuspruck bittet l-isnssl k^uskstor unci 5prstts Mieter elv^effokken W 6 k 6 U 1) ! 9» ?erosprecder Kr. 89 unrl stärken lkre rükrige Konkurrsnr ^Is ^nrsigvn - HktiengesviisrksN ttsssenstein L Vogler A.- 6^ veubo L Lo. K. m. b. tt. OrssUsn I, Wilsdruffer Sir. 1, 1°; 211OS u. 21 SOS Lclmiimii-ülileiliing i. i. i> 1.1.«. d4or^en, OoouerstsZ, 7 Ilkr: ^nsekwimmsn. vm rsvlreicl» Leieilixuvx bittet äer Lobvinuuvart MI. WM zu vermieten Waschmaschine billig zu verkaufen. Zu erfr.j.b.Tagebl.-Geschftsst. »*«»»» SMm-lM UMM 8»«ptm»rkt 10 „ , , l llsclnisrel dmM, »l>IWkMII 8iM 2 »4snn rum Nolrrsgen. 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Im Drange nach einem Leib und Seele gesund machenden Leben in Gottes freier Natur, mit dem Willen, das Leben einzu setzen für ein Werk der Volksgesundung, für die Freiheit der deutschen Aecker von polnischen Arbeitern, hat sie den Be weis erbracht, daß deutsche Jugend den Boden selbst bebauen kann, auch ohne fremde Hilfskräfte. Durch vier Jahre hat sie es bewiesen, ständig wachsend an Zahl und Kraft. Die Tüchtigsten siedeln bereits auf eigener Scholle Ter erste Schritt zur Umschaltung des Menschenstromcs von der Stadt auf das Land, vom Westen nach dem Osten wurde hier ge tan, während andere noch schlafen oder zaudern. Aus der deutschen „Jugend-, Kampf- und Jungbauernbewegung" entsprang der Quell, der heute schon ein munterer Fluß geworden ist und auch die Trägen mitreißen wird. Diese deutsche Jugendbewegung ist der Träger des Geistes, brr sittliche und leibliche Reinheit, Selbstzucht und Pflichtgefühl fordert, der Liebe zur Natur, zur Heimat empfindet und aufs Neue mit ihr bewachsen will. In den Reihen der Artamanen stehen deutsche Bur schen und Mädchen, Männer und Frauen aller Berufe und Stände, aus den verschiedensten Bünden und Parteien, vom Grafensvhn bis zum Tagelöhncrkind, Stadt- und Landjugend, zusammengewachsen zu einer neuen Volkszelle über alle Schranken der Alten hinweg. Das Artamanenwerk ermöglicht das Gesundungsjahr für städtische Berufskreise. Weder Sport noch Wandern bieten Ersatz dafür. Aber mehr noch: Es bildet einen neuen, in Lohn und Achtung hoch geschätzten Berufsstand im Landvolk. Für den Siedler ist es die Vorschule Im künftigen Bauernstand werden Arta-' monen Führer sein. Deutsche Bauernkultur, Art und Sitte bringen sie zur Geltung. Der Berufsnot machen sie ein Ende. Die künftige Losung bei der Berufswahl wird lau ten: „Ich werde A r t a m a n e - L a u d w ir ts ch a ft er. Gute, gefunde Arbeit, guter Verdienst, eigenes Heim und eigene Scholle winken mir da." Glückliches Familienleben auf freier Scholle! Wer kämpft mit für dieses Lebensziel? Er melde sich sofort! Aktive Mitkämpfer (Artamanen) beim Bund Artam, fördernde Mitglieder bei der Bundschulgruppe des Bundes Artam. Es lebe die Tat! Bund Artam e. V, Halle a./S., Dorotheenstraße 8. (Reichsalnt.) Die Landeswohlfahrtstagung 1928 findet vom 11. bis 13. Juni in Zittau statt. Es ist hierzu folgen des Programm festgesetzt worden: Montag, 11. Juni, 15 Uhr: Autobusrundsahrt zur Besichtigung des ncuerbauten Säuglingsheims mir Kinderkrippe, des neuen Bades im Westpark, der Musterjugend herberge im Holzhofe, der örtlichen Erholungsfürsorge, des Alters, und SiechenheimS (Aibertstift) .und der Siedlungen. — Treffpunkt pünktlich 15 Uhr am Rathaus. 20 Uhr: Begrüßungsabend im Stabtiheater; Lichibildervortrag über Organisation und Einr chtungen der Wohlfahrts pflege in Zittau, Vorführungen: Orthopädisches Turnen, neuzeitliches Mädchen» und Frauenturnen, Jugend und Gymnastik. Dienslag, den 12. Juni, 9 Uhr in den Kronensälen, äußere Weberstraße 6: 1. Die Unterstützungssätze der Wohlfahrtspflege und ihr Verhältnis zu Löhnen und Sozialrenten. Berichterstatter: Herr Universitäts- Professor Dr. Hermberg, Leipzig. 2. Die Einwirkung des Gesetzes über Arbeitsvermittlung und Arbeitslosenversicherung auf die Wohl fahrtspflege. Berichterstatter: Herr Direktor Dr. Zschucke, Berlin. 16 Uhr: Zweckmäßige Formen der Zusammenarbeit der öffentlichen und freien Wohlfahrtspflege. Berichterstatter: Frau Dr. Antonic Mor« gcnstern, Dresden. Etwa 18 Uhr (genaue Zeit wird noch bekanntge geben): Fahrt mit Sonderzug nach Oybin, Besichtigung der Ruinen, Ruinenbeleuchtung, Mönchszug. Mittwoch, 13. Juni, 9 Uhr in den Kronensälen, Aeußere Weberstraße 8: 1. Kurze Referate zu einigen Zeit- und Streitfragen der Wohlfahrtspflege mit Aussprache (Eiholungs- fürsorge für Jugendliche, Soziale Gerichtshflfe, Durchführung der Straf- entlasscnenpflege, Behandlung durchreisender Wanderer, Ausbildungskosten von Jugendlichen u. a. m.). 2. Beantwortung von Zweifelsfragen aus der Durchführung der Wohlfahrtspflege. 14,30 Uhr Autobusfahrt nach Jonsdorf; Eröffnung der beiden neueingerichteten Jugendherbergen; Bortrag von Gottfried Rade, Geschäftsführer des Gaues Sachsen im Verband Deutscher Jugendherbergen, über „Altes und neues Wandern". unnes« .»ecnrsscuurr ouirc« venuts oriexi, veovzu (50. Fortsetzung.) Hinter ihm kam der Chauffeur gelaufen und schwenkte etwas Weihes in der Hand. Es war ein Telegramm, das für ihn im Doktorhaus eingetroffen war. Lene hatte es durch einen Boten sofort nach Ludwigsthal nachgeschickt und Karsten den Chauffeur beauftragt, ihn einzuholen. Es war von Billmann. Helbings Anwesenheit in der Fabrik war für den Augenblick dringend notwendig ge worden. Er zog seine Uhr. Den Schnellzug noch zu erreichen, war unmöglich. Er mußte den Personenzug, der abends gegen elf in Deaenbach ankam, benützen. Er beschleunigte den Schritt. Als er am Doktorhause ankam, bog Karstens Wagen in die Einfahrt. „Was ist los?" rief ihm der Doktor zu. „Ich werde im Geschäft dringend benötigt, Rolf." Elisabeth schossen die Tränen in die Augen. „Bleib noch bis morgen, Hansl" „Ich bliebe so gerne, aber es geht nicht, Elisabeth!" „Also gut, du sollst heute noch in Degenbach landen, du Dickkops," schalt Karsten. „Aber erst wird zu abend gegessen, ganz gemütlich, das bitte ich mir aus. Dann fahre ich dich hinüber." „Um keinen Preis!" „Du hast nichts zu sagen. Basta. Elisabeth, sei so lieb und gib uns zu essen." Helbing mochte dawider reden, was »c wollte, Karsten hörte es nicht. „Es hat ganz den Anschein, als ob du dich mir nicht an verlrauen wolltest," sagt« er. „Ich bin ein ganz sicherer Fahrer, das weiht du doch!" Nun schwieg Helbing und machte keinerlei Einwände mehr. Elisabeth hing sich an seinen Arm und bat rührend: „Nimm mich mit, Rolf!" „Wo denkst du hin," sagte er erschrocken. „Es ist zu kühl für dich bei Nacht und ich kann auch nicht sagen, wann ich zurückkomme. Es kann sein, daß ich sogar erst morgen 'rüh zur Sprechstunde zurück bin." . Helbing ging noch für einen Sprung ins Pfarrhaus, sich zu verabschieden. Die junge Frau aber schlang die Arme um den Gatten. „Rolf, wenn dir etwas zustößt, so allein bei Nacht auf dem Rückweg, werde ich sterben daran!" Er küßte sie leidenschaftlich. „Deswegen wolltest du mit, mein Lieb?" Sie nickte, daß er ihre feuchten Augen nicht sehen sollte, hatte sie ihr Gesicht gegen seinen Hals gedrückt. „Bin ich so großer Liebe wert?" dachte Karsten und preßte sie fest an sich. Kurz vor acht Uhr fuhr Karsten mit Helbing ab. Einige Minuten nach elf Uhr hörte Elisabeth bereits sein Hupensignal wieder durch die Nachtstille klingen Ein eisiger Schrecken lähmte ihr die Glieder. Er mußte eine rasende Fahrt hinter sich haben. Sie stand im Garten, als er durchs Tor-kam, das der Chauffeur geöffnet hatte. „Sieh mal, kleine Frau, nun Haft du mich wieder," lachte er. „Der Wagen läuft tadellos." Sie fand kein Wort der Begrüßung, aber als er den Arm um sie legte, um mit ihr ins Haus zu gehen, fühlte er, wie ihr Körper zitterte. „Mache keine solche Fahrt mehr, Rolf," bat sie. Er hörte, wie ihre Stimme schwankte. „Nein, Liebste! Nie wieder!" Von Petersen sich zu verabschieden, war Helbing nicht mehr möglich gewesen. So schrieb er ein paar Zeilen der Entschuldigung. Lona weinte des Nachts ein stilles, lautloses Weinen in ihre Kissen. Vielleicht hätte er doch kommen können, nur für ein paar kurze Minuten. Aber er hatte jedenfalls ein Zusammen treffen mit ihr vermeiden wollen Warum hatte er damals, als er sein Leben für das ihre einsetzte, so voll Todesangst ihren Namen gerufen? Nur weil er für einen Augenblick die Schmach vergessen hatte, die sie ihm angetan. Und dann, als die Erregung vorüber war, stand die Vergangenheit wieder vor ihm und Machte sein Herz hart und verschloß ihm die Lippen. Hätte er sie doch ertrinken lassen! Es wäre barmherziger gewesen. Und nun mußte sie leben und ihre Last weiterschleppen und niemand löschte die Vergangen heit aus. Sie erhob immer wieder ihr Haupt, und wenn sie ihr Leben gab, die Schuld blieb. Im Spätherbst brachte Helbing den Rest seines Urlaubes im Doktorhause zu. Petersen war schon Wochen vorher mit seiner Tochter nach Bad Brückenau gegangen. Lonas blasse Wangen hatte ihm Sorge gemacht. Karsten war über Land gefahren und Helbing sah mit Eli sabeth auf der Bank in der Lichtung. Ein prachtvoller Oktobertag lag über dem Tal. Von den abgeheuten Wiesen klangen die Glocken der dort weidenden Herden, greifbar nahe in fast unnatürliches Schieferblau getaucht, standen die Vorberge. Das eintönig dumpfe Summen der Dreschmaschinen kam von den Höhen. Alles war abgeerntet, nur Stoppeln noch zeigten die Felder. Von den Buchen blätterte das Laub und spielte wahllos in Moos und Farn. „Hans!" sagte Elisabeth. Es klang ein« rauhe, dumpfe Angst aus ihrer Stimme. „Was ist dir?" fragte er besorgt. „Glaubst du, daß es ein Vorahnen gibt? Ich fürchte mich!" Mit scheuen Augen sah sie sich um. „Nein, Elisabeth! Sieh, das macht der Herbst und das Sterben ringsum. Dies Allerseelen der Natur färbt auf uns ab. — Komm, wir wollen gehen. Ich bin ein schlechter Gesellschafter, sonst würdest du nicht auf trübe Gedanken kommen." Ihr Arm lag schwer in dem seinen, als er sie den Hohlweg hinabführte. Sie fühlte sich müde und zerschlagen, wie noch nie, eine ganz unerklärliche Unruhe trieb sie trotzdem vor wärts. Am Eingang ins Dors kam ihnen Karsten entgegen. Wortlos — in den Augen ein verräterisches Flimmern — reichte er ihr den Arm. Dann traf fein Blick Helbing. Fragend sah ihn dieser an. „Es ist jemand gestorben, der uns sehr nahe gestanden hat, aber du sollst nicht erschrecken, Elisabeth," sagte er und zog ihren Arm fester in den seinen. „Vater?" srug sie mühsam. „Nein! — Petersen — Gehirnschlag," setzte er hinzu. Helbings Gesicht war farblos. Er biß die Zähne aufein- ander. Für den Moment war es ihm unmöglich, seine Gedanken zu ordnen. Zu dem Schmerz um den Toten gesellte sich die Sorge um sie — um Lona. Wie würde sie das Schreckliche ertragen? Sie hatte niemand, in dessen Arm sie sich flüchten, an dessen Brust sie sich ausweinen konnte, keine Stätte, wo sie Zuflucht fand. Sie war Voll- waise geworden, bettelarm, trotz all' ihres Besitzes. Und er? Narr der Liebe und des Lebens, der er war, er durfte ihr nichts sein, gar nichts, hatte keinerlei Recht, ihr Schutz und Halt zu bieten. Karsten sah ihn mitleidig an, als sähe er dem Freunde bis in das Innerste. „Ich will Lona Petersen heimholen,' sagte er. „Man kann sie nicht allein sich selbst überlassen, sie wird sich in all' ihrer Not nicht ein, noch aus finden." (Fortsetzung folgt.)