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pulsnitzerIagebLatt Dienstag, 1». April 1928 Beilage zu Nr. 84 8V. Jahrgang Der sächsische Metallarbeiterkonslikt. Eingreifen des Reichsarbeitsministers. Reichsarbeitsminister Dr. Brauns wird nach seinen Osterserien in den Konflikt der sächsischen Metallindustrie eingreifen, um zu vermeiden, das? die Aussperrung, die nach dem Beschluß der sächsische« Metallindustriellen am 12. d. M. erfolgen soll, vermieden wird. Wie es heißt, wird der Reichsarbeitsminister den bereits gefällten Schiedsspruch, der von den Arbeitgebern angenommen worden war, für verbindlich erklären. Oie gewerblichen Kreditgenossen schaften in Sachsen. Die- Entwicklung im Jahre 1927. Die Erhebungen, die vom Landesverband gewerb licher Genossenschaften in Sachsen, Dresden, und vom Verband sächsischer Erwerbs- und Wirtschaftsgenossen schaften, Leipzig, für die angeschlossenen sächsischen selbstän digen Kreditgenossenschaften angestellt worden sind, zeigen, daß die Entwicklung des Kreditgenossenschaftswesens im Jahre 1927 eine außerordentlich erfreuliche gewesen ist. Den Ermittelungen liegen die Ergebnisse von 83 Kredit genossenschaften mit über 40 000 Mitgliedern zugrunde. Die Zusammensetzung der Mitglieder in beruflicher Hin sicht zeigt, daß den Kreditgenossenschaften alle Schichten des erwerbstätigen Mittelstandes angehören und die Kreditgenossenschaften heute als reine Mittelstandsbanken anzusehen sind. Die Bilanzsumme der der Ermittlung zugrunde liegenden Kreditgenossenschaften hat sich von 60,5 Millionen Ende 1926 auf 84,7 Millionen Ende 1927 erhöht. Festzustellen ist weiter, daß die eigenen Mittel wiederum eine erhebliche Steigerung aufweisen. Am Jahresende betragen die eigenen Mittel einschließlich ver Rücklagen rund 13 Millionen. Mit großem Erfolge haben sich die Kreditgenossenschaften im vergangenen Jahre an der Werbung der Spareinlagen beteiligt. Das große Vertrauen, das die Kreditgenossenschaften in den Kreisen des gewerblichen Mittelstandes besitzen, zeigt sich am eindrucksvollsten darin, daß ihnen am Jahresende 1927 über rund 66 Millionen Mark fremde Gelder anvertraut waren. Gestützt auf diese ihnen an vertrauten fremden Gelder und auf die eigenen Mittel sind von den der Erhebung zugrunde liegenden Genossen schaften rund 70 Millionen au den gewerblichen Mittel stand ausgeliehen worden. In welchem Maße dabei die gewerblichen Kreditgenossenschaften der Aufgabe, ihre Gelder den mittelständlerischen Gewerbetreibenden zur Verfügung zu stellen, entsprochen haben, geht aus fol genden Zahlen hervor: Von rund 20 000 ausgeliehenen Kontokorrentkrediten waren 7t Prozent Kredite bis 2000 Mark, 14,5 Prozent Kredite bis 5000 Mark, und 11,5 Pro zent Kredite über 5000 Mark. Die Ergebnisse im laufenden Geschäftsjahr zeigen allenthalten eine weitere günstige Entwicklung, so insbe sondere ist bereits in den ersten drei Monaten des Jahres wiederum eine nennenswerte Steigerung der Sparein lagen sowie der eigenen Mittel zu verzeichnen. Weinbau in Sachsen. Wein stücke und Spalierreben. Wie die Pressestelle der Landwirtschaftskammer mit teilt, sollen in diesem Frühjahr, um die Anpflanzung von Weinstöcken an Häuserwänden und Gartenmauern wie in Gärten zu fördern, erstmalig Jungrebenpflanzen aus den staatlich genehmigten Rebschulen der Landwirtschafts kammer, Schloß Hoflößnitz, Post und Bahn Radebeul, ab gegeben werden. Das sächsische Wirtschaftsministerium hat der Rebenzuchtanstalt der Landwirtschaftskammer die Ge nehmigung für den Verkauf von Rebeüpflanzen an jeder mann erteilt. Damit ist die Möglichkeit gefchaffen, an den südlich, östlich, südöstlich und südwestlich gelegenen Mauern und Gartenzäunen fast in ganz Sachsen eine sehr reiche Traubenerzeugung für Rohgenuß, zur Traubensaft bereitung und selbst zur Herstellung von Wein zu gewähr leisten. Landwirtschaftliche Wanderausstellung. 7500 Maschinen und Geräte. Die vom 5. bis 10. Juni in Leipzig stattfindende Ausstellung der Deutschen Landwirtfchaftsgesellschaft wird in einer Schau von 7500 Maschinen und Geräten ein lückenloses Bild über den augenblicklichen Stand der Ent wicklung der gesamten Landwirtschaftslechnik bieten. Neben der allgemeinen Maschinenschau dürfte besondere An ziehungskraft der Stand für die „Hauptprüfungen* und für die „Prüfung neuer Geräte* ausüben. Neben einigen grundsätzlichen Neuerungen werden besonders die Ma schinengattungen bevorzugt sein, die bisher noch offen sichtliche Mängel aufwiesen. Zuchtschweineversteigerungen. Die Zuchtgenossenschaft für das Meißener Schwein hält am Mittwoch, den 25. April, in Meißen eine Zucht schweineversteigerung mit etwa 20 Ebern und 30 Sauen der besten Blutlinien ab. — Die Schwcinezuchtgenossen- schaft Burkhardtswalde veranstaltet eine Versteigerung von Zuchttieren am Dienstag, den 10. Juli, im Hose des Rittergutes Limbach bei Wilsdruff i. Siaaisbeihilfen für Schwangere. Auf Grund eines Landtagsbeschlusses hat die säch sische Negierung für schwangere gewerbliche Arbeiterin nen, die in einem Gewerbebetrieb beschäftigt sind, An spruch auf Wochenhilfe nach K 195a der Reichsversiche- rnngsordnung haben und wegen ihrer Schwangerschaft länger als sechs Wochen vor der Geburt ihre Arbeit niederlegen, 200 000 Mark bereitgestellt. Die Beihilfe be trägt für die siebente und achte Woche vor der Geburt 1,50 Mark für den Kalendertag und von der sechsten Woche bis zur Geburt werden Differenzbeträge, die sich zwischen den Bezügen der Krankenkassen und dem Be trage von 1,50 Mark ergeben, für den Kalendertag gewährt. Es soll damit erreicht werden, daß die schwangeren gewerblichen Arbeiterinnen möglichst acht Wochen vor der Entbindung ihre gewerbliche Arbeit einstellen. Die Schwangeren tun gut, sich zu gegebener Zeit eine Beschei nigung vom Arzt oder von einer Hebamme ausstellen zu lassen, daß sie voraussichtlich in der siebenten oder achten Woche entbinden werden. Außerdem hat die Versicherte nachzuweisen, daß sie ihre gewerbliche Beschäftigung auch wirklich eingestellt hat. Die Staatsbeihilfe ist eine vorläufige und wird ge zahlt, bis die dazu von der Regierung zur Verfügung ge stellten 200 000 Mark verbraucht sind. Wo diese Voraus, setzungen vorliegen und die Geburt nach dem 31. März 1928 eingetreten ist, ist diese Beihilfe zu zahlen. Nähere Auskünfte erteilen die Krankenkassen. Srlaubsneuregelmg für Staatsbeamte. über die Neuregelung des Urlaubs der sächsischen Staatsbeamten verlautet folgendes: Es soll mit Wirkung ab 1. April 1928 in jedem Rechnungsjahr (Urlaubsjahr) ein Erholungsurlaub in folgendem Ausmaß bewilligt werden: Urlaubs- Besoldungsgruppe Altersgruppe I Altersgruppe 3 Altersgruppe S gruppe bis zu SV Jahr. 30 —40 Jahr« über 40 Jahre Werktag« 25 32 38 L e—io 23 27 32 0 11—1S 21 2b 30 0 14—18 18 24 27 s 19-20 16 21 24 Zur Urlaubsgruppe 0 gehören die Beamten der Be soldungsgruppe 15, die eine Stellenzulage von 600 oder 800 Mark erhalten. Die obigen Urlaubszeiten gelten jedoch nur für Beamte, die mindestens sechs Monate im Staatsdienst angestellt oder beschäftigt waren. Hat die Anstellung oder Beschäftigung im Staatsdienst erst nach dem 31. Mai begonnen, so mindern sich die Zeiten um ein Drittel, hat sie erst nach dem 31. Juli begonnen, so min dern sie sich um zwei Drittel unter Aufrundung auf volle Tage. Die Urlaubszeiten werden für nichtplanmäßige Beamte, die das 30. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, im ersten Dienstjahr der nichtplanmäßigen Dienstzeit um fünf Werktage, im zweiten Dienstjahr um drei und im dritten Dienstjahr um zwei Werktage gekürzt. Beamte im Vorbereitungs- und im Probedienst sollen den Urlaub erhalten, der den nichtplanmäßigen Beamten im erste« Dienstjahr bewilligt werden soll. Beabsichtigte Betriebsstillegungen in Sachsen. Auch im März, hat die Zahl der beim sächsischen A» Amor auf Schleichwegen. Ein heiterer Roman von Friede Birkner. OopzaiLtU 1926 bl Karl Köhler L Lo., Berlin-Zehlendorf. 48- (Nachdruck verboten.) „Ach Gott, nein,* verschluckte Roy seine Belustigung über die rassestolzen Franzosen, die es unter ihrer Würde hielten, sich von Kulis bedienen zu lassen. „Also, wieviel Mann?" „Neun und zwei Zimmermädchen.* „Zählen nicht mit! Also neun, — hm, das würde genügen. — Also, Sie Perle eines französischen Kellners, gehen Sie mal schleun.gst zu Ihren Kollegen und fragen Sie, ob sich die Herren heule abend jeder zwei Tael verdienen wollen. Wenn Sie Be scheid haben, dann kommen Sie wieder zu mir, dann besprechen wir das weitere * Nicht süns Minuten dauerte es, da war der Kellner schon wieder da und versicherte freudestrahlend, daß seine Kameraden alle dabei seien, sich zwei Tael zu verdienen. „Und was ist unsere Arbeit, Herr?* „Weiter nichts, als daß ihr alle mich in das Restaurant Lo Lungs in der Lhinesenstadt begleitet und nicht von meiner Seite weicht, bis ich mit dem Herrn, den ich dort abhole, wieder hier bin." „Oh, oh, Monsieur, so leicht verdienen wir unser Geld sonst nicht! Wann befehlen Sie, daß wir gehen?* „In zehn Minuten, mein Lieber! Und bitte, jeder soll sich einen handfesten Stock milbringen, aber keine Schußwaffe, das bitte ich mir aus!* Roy Halle seine Leute dahingehend belehrt, daß sie sich ruhig verhalten und nur das tun sollten, was er ihnen sage. Und so zog er in schönster Einigkeit mit seiner Rettungsmannschaft, die von ihrer Ausgabe bis jetzt noch keine Ahnung hatte, den ihm wohlbekannten Weg zu Lo Lung. Bei Lo Lung war noch Hochbetrieb, wenigstens in den Vor derräumen, die ihr altgewohntes harmloses Gepräge hatten. Roy kam mit den Seinen in geschlossener Einheit in die Räume und gleich kam Lo Lung dem gern gesehenen jungen Gast entgegen, der am Abend vorher weder mit Taels noch mit Scherzen spar sam gewesen war. „Welche Freude. Mister Harr, Sie wieder bei mir zu sehen!" „Wird sich bald legen, mein Lieber, diese Freude," sagte Roy kühl. _ , . .. „Und große Neuigkeiten habe ich über Missis Kingtearl er fahren." „Das bezweifle ich, mein Lieber, denn ich mache Sie daraus aufmerksam, daß die ganze Geschichte von mir erfunden war. Sie können also logischerweise nichts Neues in Erfahrung gebracht haben." „Wie immer, sind Sie zu Scherzen aufgelegt, verehrter Mister Harr!" sagte Tse Hai, der sich dazu gesellt hatte. Roy warf einen Feldherrnblick über seine Leute, die Auge in Auge mit ihm standen und sagte dann sehr von oben herab: „Das wird ganz bei Ihnen liegen, ob sich die Sache scherzhaft abwickeln wird." „Welche Sache, Mister Harr? — Sie belieben wohl mit uns zu scherzen?" „Bitte, wenn Sie soviel auf meine Scherzhaftigkeit Wert legen! Mir wird es auch nur angenehm sein, wenn wir uns in scherzhafter Laune trennen, Sie beide, ich und mein Freund Bredow!" Die beiden Chinesen hatten sich meisterhaft in der Gewalt, sie zuckten mit keiner Wimper, und Tse Hai fragte so ganz neben bei, sich die gelben Hände reibend: „Ihr Freund Bredow? — Erwarten Sie ihn hier? — Ich denke, er ist mit einer chinesischen Dame verschwunden?" „Oh nein, mein Lieber, mein Freund Bredow sitzt hier einige Zimmer weiter als Ihr Gefangener, meine sehr verehrten Herren Schurken!" „Was?! — Was nehmen Sie sich heraus! — Wie können Sie es wagen, Lo Lung in seinem eigenen Hause zu beleidigen? — Hier ist kein Gefangener und vor allen Dingen nicht Ihr Freund Bredow! Wenn man Ihnen gesagt hat, daß er hier ist, so hat man Sie falsch unterrichtet." „Ach nee, wie niedlich! Und dabei habe ich vor einer Stunde mit Bredow selbst gesprochen!" Roys Augen funkelten vor Vergnügen. „Sie — Sie wollen ihn hier gesprochen haben? — Da müßten wir doch auch etwas davon wissen." versetzte Tse Hai hohnlachend. „Aber gewiß doch, meine Herren," sagte Roy mit der liebenswürdigsten Miene von der Welt. „Ich habe ja gar nicht behauptet, daß es in Ihrer Abwesenheit geschehen ist, Sie waren ja alle beide dabei." Lo Lung sah Tse Hai an, und der schüttelte völlig ratlos den kleinen, schlitzäugigen Kopf. „Verzeihung, Mister Harr, aber hier scheint ein großes Mißverständnis zu herrschen! Sie waren doch heute noch gar nicht hier." „Woher wollen Sie denn das so genau wißen? — Vor einer Stunde war ich hier und habe mit Ihnen und Mister Bredow hinten in dem kleinen Zimmer, wo Bredow noch kur? vorher von Ihnen in liebenswürdiger Weise gefesselt gelegen hatte, weil er Ihnen den gewünschten Scheck nicht unterschrieben hatte, angeregt und nett geplaudert, habe mich sehr gut mit Bredow verständigt und bin nun wiedergekommen, um Ihnen die ge wünschte Unterschrift nicht zu fälschen! — Na, geht Ihnen nun endlich ein Licht auf?" Im selben Augenblick wollte Lo Lung mit der geballten Faust auf Roy losschlagen, doch gleich sprangen mehrere seiner Hilfsmannschaften herbei und faßten Lo Lung nicht eben sanft an. „Halt, Jungens, tut dem edlen Lo Lung nicht wehe! Außer dem ist er sehr kitzlig, und zum Lachen wird ihm jetzt nicht sein. Also, meine sehr verehrten Herren Schurken, wollen wir nun in schönster Einigkeit, die doch bekanntlich stark macht, unseren ge meinsamen Freund Bredow aus seiner Einsamkeit erlösen?" Zu seinen Begleitern sagte er französisch: „Aufgepaßt, Jungens, daß jetzt keiner das Zimmer verläßt! Vier gehen mit mir, und die anderen warten hier, bis ich wiederkvmme. Daß aber keiner sich eine Pfeife oder Alkohol aufschwatzen läßt! So, — und nun zu Bredow! Wollen Sie vorangehen, Mister Tse Hai, oder soll ich Ihnen den Weg zeigen?" „Hund von einem Christen!" zischte der Chinese durch seine Lippen, doch Roy hatte ihn nur zu gut verstanden und gab ihm einen nicht eben sanften Rippenstoß. „Noch ein solches Wort — und ich verliere meine gute Laune und rufe die Polizei! Los jetzt, ich habe keine Zeit mehr zu versäumen!" Wohl oder übel mußte Tse Hai jetzt vorangehen, und es dauerte nicht zwei Minuten, so war die Tür zu dem Gefangenen geöffnet, der wieder völlig gefesselt am Boden lag. Max war seit der geschriebenen Worte Roys ein Opfer der qualvollsten Zweifel und Ungeduld geworden. Zu seinem Zorn kam auch noch Lo Lung mit seinen Kulis und fesselten ihn wie der, was für Max keine reine Freude bedeutete. Befreit atmete er auf, als er jetzt Roy in das Zimmer kommen sah. „Hallo, Roy!" , „Hallo, Bredow! Was geschieht hier? Mir scheint, Sie liegen da nicht sonderlich gemütlich?" „Das scheint mir auch so, — eine Veränderung meiner Lage wäre mir nicht unangenehm." . , , „Wird gleich geschehen! Los, Jungens, befreit den Gentle man! So und nun wollen wir mal die Herren Chinesen so ein bißchen zu Rollschinken moche.u dsuu S-aß muh sein bei der Leiche!"