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Nr. 61. Pulsnitzer Tageblatt. — Montag, den 12. März 1928. Sette 2. Königsbrück, Neustadt, Pulsnitz, Sebnitz und Stolpen Sprechstunden ab. Dort ist auch die Anschrift des Fürsorge beamten, der in gleicher Eigenschaft an der Gefangenenanstalt l rn Bautzen tätig ist, zu erfahren, falls vorher eine briefliche Verständigung gewünscht wird. Es wird besonders daraus hingewiesen, daß es sich hierbei neben äußerer Fürsorge vor allem auch um Rat und Hilfe in seelischer und geistiger Be ziehung zur Bewahrung und Förderung, zur Erziehung und Besserung Gefangener, Entlassener und Gefährdeter handelt. Die Sprechstunden werden durch Anschlag in den Amtsgerichts gebäuden bekannt gemacht. — iE in tritt in die Sächsische Landespolizei.) Die Landespolizeischule Meißen stellt Anfang Juli 1928 eine größere Anzahl unverheirateter, im 20. Lebensjahre ste hender junger Leute ein. Bewerber im 21. und 22. Lebens jahre kommen für eine Einstellung erst in zweiter Linie in Frage. Die Mindestkörpergröße von 1,68 m ist vorüber gehend für Bewerber mit besonders kräftigem Körperbau auf 1,66 m herabgesetzt worden. Bewerber, die früher wegen Nichterreichung der Mindestgröße abgelehnt worden sind, die aber jetzt vorstehenden Bedingungen entsprechen, können sich erneut melden. Die Bewerber müssen die Staatsangehörig keit eines deutschen Landes oder die Reichsangehörigkeit be sitzen, müssen unbescholten sowie körperlich und geistig für den Polizeiberuf geeignet sein. Bewerbungsgesuche können sofort eingcreicht werden an die Landespolizeischule Meißen (Hauptmeldesteüe) unter Beifügung eines selbstgeschriebenen Lebenslaufes sowie der Entlassungszeugnisse der besuchten Volks-, Fortbildungs- und sonstigen Schulen. Kein Geld oder Briefmarken einlegen; alle Zuschriften an die Bewerber erfolgen als portopflichtige Dienstsache. Auskünfte werden ko stenlos erteilt durch sämtliche staatliche Polizei- und Gendar meriebehörden. Königsbrück. (Ein folgenschwerer Zusam menstoß» zwischen einem Lastkraftwagen und einem Motor radfahrer ereignete sich am Freitag in den Nachmittagsstunden auf der Straße Stenz —Glauschnitz in der Nähe der Planitz straße. Ein Lastkraftwagen des Fuhrgeschäfts Schröder aus Miltelebersbach fuhr vorschriftsmäßig auf der rechten Seite der Straße, als der 21 Jahre alle Schlosser Erich Thieme aus Sacka mit seinem Motorrad in vorschriftswidriger Weise auf der linken Straßenseite angefahren kam und an dem Schutzblech des Lastkraftwagens derart heftig aufprallte, daß er in weitem Bogen von seinem Kraftrad geschleudert wurde und mit stark blutender Kopfverletzung besinnungslos liegen blieb. Nachdem der schnell herbeigcrufene Arzt, Herr Dr. Schlemm, zunächst einen Schädelbruch festgestellt hatte, wurde der Schwerverletzte von Mitgliedern der hiesigen Arbeiter- Samariter-Kolonne nach der Diakonissen-Anstalt in Dresden übergeführt. Die Schuld an dem bedauernswerten Unfall trägt einzig und allein der Verunglückte selbst, der aus unerklär lichen Gründen direkt in den Lastkraftwagen hineinfuhr. Rauschwitz. (Aufwertung von Sparein lagen.) Der Spar-, Kredit- und Bezugsverein am Hochstein beschloß in seiner letzten Generalversammlung, die Spareinlagen mit 10 Prozent aufzuwerten, obgleich die Genossenschaften nach der dritten Steuernotverord nung zur Aufwertung nicht verpflichtet sind. Dresden. (ErössnungderPersonendampf- schlffahrt.) Die Sächsisch-Böhmische Dampfschiffahrt A.- G. eröffnet ihren Personen- und Frachtenverkehr auf der Strecke Leitmeritz—Dresden—Riesa am Sonnabend, den 17. März. Dresden. (Festnahme zweier Kirchen räuber.) Der Kriminalpolizei gelang es, zwei dreiste Burschen festzunehmen, die in hiesigen Kirchen die Opfer stöcke ihres Inhalts beraubt hatten. Als sie im Begriff waren, in einem Grundstück der Töpferstraße das erlangte Geld zu teilen, wurden sie von den Kriminalbeamten überrascht und abgeführt. Es handelt sich um einen etwa 19 Jahre alten erwerbslosen Arbeiter und einen 18 Jahre alten Schlossergehilfen von hier. Beide hatten sich in der Mittagszeit durch eine ofsenstehende Tür in die Frauen kirche eingeschlichen und dort gemeinsam den im Vorranm stehenden Opferstock erbrochen und daraus etwa füns Mark entwendet. Bei ihrer kriminalpolizeilichen Verneh mung stellte es sich heraus, daß beide ein paar Tage zu- vor noch einen ähnlichen Diebstahl in der kathölischen Hofkirche verübt hatten. In diesem Falle haben sie das Geld aus dem Opferstock herausgeschüttelt. Pirna. (Einbruch inein Eisenbahn statt- onsgebäude.) Bisher unbekannte Täter drangen in die Fahrkartenausgabestelle der Haltestelle Rottwerndorf ein, wuchteten dort eine große eiserne Geldkassette ab, brachten sie ins Freie und beraubten sie dort ihres In halts vou etwa 400 Mark. Leipzig. (Warnung vor einem Betrüger.) Gewarnt wird vor dem 30 Jahre alten Kaufmann Gott fried Gürtner aus Biel in der Schweiz, der kürzlich in Leipzig als Darlehensbeirüger aufgetreten ist. Er Hai in mehreren Fällen mit Handelsvertretern für die Firma Gürtner in Lausanne größere Aufträge abgeschlossen und es nachdem verstanden, durch allerlei Vorspiegelungen Darlehen zu erlangen. Mit dem Gelde ist er verschwun den. Nach seinen Angaben wollte er auch nach anderen deutschen Städten reisen, um dort ebenfalls für die ge nannte Firma Aufträge zu tätigen. Chemnitz. (Messer st echereiausEisersucht.) Auf der Unteren Aktienstraße wurde ein hier wohnhafter 20 Jahre alter Arbeiter wegen eines Mädchens von einem Manne mit einem Taschenmesser in die Brust gestochen und derart schwer verletzt, daß er sofort nach dem Kran- kenhause gebracht werden mußte. An seinem Aufkommen wird gezweifelt. Cunnersdorf b. Hainichen. (Folge des Links- fahrens.) Hier fuhr ein Radfahrer auf der linken Seite der Straße in ein entgegenkommendes Auto. Er wurde vom Rade geschleudert und erlitt schwere Ver letzungen. Das Rad wurde zertrümmert und das Auto beschädigt. Die Schuld triff allein den Radfahrer, da er auf der falschen Seite gefahren ist. Glauchau. (Ein erfolgreicher Bisamrat- i.en.iäLerO Der Bisamrattenjäger Paul Möbius aus «rcyrenfletn-Callnberg legte im Gemeindeamt zu St. Egidien sieben Bisamratten vor. Möbius hat im Vor jahre über 300 Bisamratten erlegt und seit Anfang d. I. ziemlich 80. j Herwigsdorf. (Ein 13jähriger als Brand-» st ist er.) Hier brannte die dem Gutsbesitzer Franze in Hewigsdorf gehörige Strohfeime nieder. Ein 13 Jahre alter Schulknabe hat durch Fahrlässigkeit die Feime in Brand gesteckt. Da die Feime nicht versichert war, trifft den Besitzer erheblicher Schaden. Bauer in Not. Ein Aufruf des Sächsischen Landbundes. Die Landesvorsitzenden Pagenstecher und Schreiber vom Sächsischen Landbund erlassen an die Vertrauensleute ihrer Organisation folgenden Aufruf: Auf das Sosort-Programm des Reichs-Landbundes, das die Dringlichkeitsmaßnahmen gegen den Zusammenbruch der deutschen Landwirtschaft enthält, hat die Reichsregierung mit einem völlig unzureichenden Notprogramm geantwortet, das wir angesichts unserer furchtbaren Notlage als einen Schlag ins Gesicht empfinden. Wenn sich selbst gegen dieses unzu längliche Notprogramm der Reichsregierung im Reichstage starke Widerstände zeigen, wenn die preußische Regierung an ihre Zustimmung zu diesem Programm Bedingungen stellt, die nichts anderes als eine Sabotage der vom Reiche vorge schlagenen Maßnahmen bedeuten, dann beweist dies, daß auch heute noch weite Schichten des Volkes nicht erfaßt haben, um was es bei diesem der Landwirtschaft ausgezwungenem Kampf geht. Die planmäßige Vernichtung der deutschen Landwirt schaft durch das herrschende System der organisierten Verant wortungslosigkeit ist ein Verbrechen an der deutschen Zukunft. Wir sind nicht gewillt, die Erdrosselung unseres Berufsstandes, des stärksten Pfeilers des deutschen Staats- und Wirtschafts lebens, schweigend zu dulden. Die Vertreterversammlung des Sächsischen Landbundes hat nun beschlossen, die Bauern der einzelnen Bezirke für Mon tag, 12. März, zu öffentlichen Kundgebungen auszurufen, so daß an diesem Tage das ganze sächsische Landvolk in den Orten ihrer Bezirksvertretung demonstrieren wird. Verlängerung der Anmeldungsfrist von Aeubesitz in Markanleihen. Das Ministerium des Innern erläßt eine Verord nung, durch die die Frist für die bei öffentlichen Hinter legungsstellen und Hinlerlegungskassen hinterlegten Mark anleihen sächsischer Gemeinden, Zweckverbände und son stiger öffentlich-rechtlicher Körperschaften, die von den Be rechtigten nicht rechtzeitig zur Anmeldung abgefordert worden sind, bis zum 31. März 1928 verlängert wird. Zittauer „Tus-Woche". Vom 12. bis 20. Mai. Der Ortsausschuß für Leibesübungen, Zittau, veran staltet vom 12. bis 20. Mai eine groß aufgezogene Turn- und Sportwoche („Tus-Woche"), die sich der erfreulichen Mitarbeit aller dem Ortsausschuß angeschlossenen Ver eine und Verbände sowie der behördlichen Stellen erfreut. Das endgültige Programm der „Tus-Woche" ist bereits aufgestellt und steht nach einer Eröffnungsfeier am Sonn abend für den Sonntag, den 12. Mai, einen Stadtstaffel lauf, einen großen Festzug und am Nachmittag große sportliche Veranstaltungen der verschiedensten Art auf der städtischen Kampfbahn in der Weinau vor. Am Himmelsfahrtstag wird auf dem neuen Zittauer Flugplatz, der an diesem Tage offiziell seiner Be- stimung übergeben wird, eine großzügige sportliche Flug veranstaltung dargeboten. Der Schlußsonntag endlich bringt wieder eine Reihe bedeutender sportlicher, spiele rischer und turnerischer Veranstaltungen. Im Laufe der Woche kommen in Abendveranstaltungen die einzelnen Sportarten ebenfalls eindringlich zu Worte. Neben dem eigentlichen Programm laufen eine Kegelwoche, ein Tischtennis- und Freitennisturnier sowie eine sportliche Hygieneausstellung * nebenher. Die Durchführung der Veranstaltung ist vollkommen gesichert, und die Vor arbeiten sowie die Verhandlungen mit führenden Größen der deutschen Turn- und Sportbewegung sind in vollem Gange. Drei Krokodile im Postpaket. Vor etwa 14 Tagen wurde der Dresdener Zoo logische Garten durch ein kleines Postpaket aus dem Olden burgischen überrascht, dem ohne vorherige Anmeldung drei lebende Krokodile entstiegen. Es waren natürlich junge Tierchen der nordamerikanischen Alligatorenart, und es wurde vermutet, daß sie der freundliche Sender aus einer der Zuchtanstalten Floridas mitgebracht hatte und sich ihrer nun entledigen wollte, weil sie bei ihm kein Futter zu sich nahmen. Inzwischen ist bekanntgeworden, daß die Zusendung dem Oberpostinspektor Kolbe in Dres- den-N. zu verdanken ist, der einen verwandten Schiffs offizier veranlaßt hat, die niedlichen Tiere dem Dresdener Zoologischen Garten zu schenken. Sie stammen aus der bekannten Alligatorenzuchtan stalt in Florida, wo alljährlich viele Tausende von Jun gen erbrütet werden. In einem Gelaß des Terrariums befinden sie sich sehr wohl und haben bereits Futter an genommen, so daß man hoffen darf, die kleinen Tiere her anwachsen zu sehen. Tagungen in Sachsen. Tagung der sächsischen Industrie. Der Verband Sächsischer Industrieller hält seine dies jährige Hauptversammlung am Freitag, 16. März d. J^, im Vereinsha^ - zu Dresden ab. In der vormittags 9,30 begin nenden geschloßenen Mitgliederversammlung werden nach der Eröffnungsansprache des Vorsitzenden, Herrn Otto Moras- Zittau, der Kaffenbericht durch den Schatzmeister, Herrn Konsul Vollmann-Dresden, und der Geschäftsbericht durch den Syn dikus des Verbandes, Herrn Dr. Joh März, erstattet. Daran schließt sich ein Vortrag über den gegenwärtigen Stand der Reparationssrage. Die mittags 2 Uhr beginnende allgemeine Versammlung, ebenfalls im Vereinshaus, wird durch einen Vortrag des Herrn Otto Moras über die wirtschaftliche Ent wicklung in letzter Zeit und die wichtigsten Forderungen der Industrie für die Beseitigung der für das Wirtschaftsleben bestehenden Hemmungen eröffnet. Weiter spricht aus Einla dung des Verbandes Herr Minister a. D. Rickard Riedl. Ge ¬ schäftsfahrendes Präsidialmitglied der österreichischen Gruppe der Internationalen Handelskammer, über „Die wirtschaft lichen Verbundenheiten Deutschlands und Österreichs". Den Schluß der Veranstaltung bildet ein gemeinsames einfaches Essen. , r Landesverband Sächsischer Tierschutzvereine. Unter dem Vorsitz seines Präsidenten Albert Gaul hielt der Vorstand des Landesverbandes Sächsischer Tierschutzver eine eine Sitzung ab, in der über verschiedene Verhandlungen mit den Landesbehörden, wie über Straßenbau, Jagdfragen, Errichtung von Tierasylen Bericht erstattet wurde. Es wurde die Frage der elektrischen Betäubung der Schlacht tiere durch pulsierenden Gleichstrom angeschnitten, deren Vorführung und Erprobung in den sächsischen Hauptstädten geplant ist. Der Präsident berichtete über seine Teilnahme an einer Sitzung des Vorstandes des Reichsverbandes in Ber lin, in der er ein Referat über den Stand der Strafrechts reform erstattete, deren Durchführung dem Reiche gegenüber in seine Hände gelegt ist. Die Vereine Chemnitz, Freiberg und Meißen beantragten eine Revision der gesetzlichen Bestim mungen über das Viehtreiben. Der Tierschutzverein zu Meißen feierte unter großer Beteiligung sein 50jähriges Be stehen und ernannte den Präsidenten bei diesem Anlaß zu sei nem Ebrenmitalied. . Anträge zur Reichsreform. Im Haushaltsausschuß des Reichstags wurde eine Reihe von Entschließungen angenommen, die sich auf die Reichsreform beziehen. Es handelt sich dabei besonders um folgende Entschließungen: Me von den Demo- kraten beantragten Entschließungen über die baldige Vor legung eines Gesetzes, das an die Stelle der bisherigen Staatsangehörigkeit eine Reichsangehörigkeit setzt, baldige Vorlegung einer Reichsstädteordnung und einer Reichslandgemeindeordnung, Verhand lungen zur Umwandlung des preußischen Oberverwaltungs- gerichts in ein Rei ch sv erw a l tun gsgericht und über den Uebergang der Geschäfte der höchsten Verwaltungs gerichte der Länder auf das Reichsverwaltungsgericht, Beseitigung der Enklaven und der Gesandtschaften der Länder untereinander usw. Ferner handelt es sich um Entschließungen der Deutschen Volkspartei, die darauf Hin zielen, die Vereinigung kleinerer mit benach barten größeren Ländern zu fördern. v. Guvrard über die Politik des Zentrums. Düffeldorf. In einer Wahlversammlung der Zentrums partei führte Reichstagsabgeordneter v. Gusrard u. a. aus, daß Deutschland aus den Trümmern wieder empor gekommen sei, sei in der Hauptsache dem Zentrum zu ver- danken. Die verschiedensten Koalitionen seien eingegangen worden, ohne daß Unabhängigkeit und Ueberzeugung preis- gegeben worden seien. Das Zentrum habe stets Schulfrieden gewünscht und suche eine gerechte Lösung herbeizuführen. An der.materialistischen und individualliberalistischen Anschauung der Deutschen Bolkspartei sei das Gesetz gescheitert. Das Zentrum habe nie den Kampf gegen den Marxis mus mit gemacht. Es sei unsinnig, wenn man die stärkste Partei ignorieren und gegen den Willen der Arbeiter- schäft Deutschland regieren wolle. v. Guörard betonte bei der Erörterung der außen politischen Fragen, daß die Nichtbefreiung der besetzten Ge biete die größte Enttäuschung gewesen sei. Alle Mehrforde- rungen über den Versailler Vertrag hinaus müßten aber ab gelehnt werden. Polen kündigt Repressalien gegen die deutschen Wähler an. Wie die Regierungsparteien ihren Erfolg sicher st eilten. Kattowitz. Das Organ der Regierungspartei, die „Polska gachodnia", kündigt in einer Betrachtung über das Wahlergebnis in unverblümter Weise Maßnahmen gegen die jenigen Kreise an, die diesmal mutiger als sonst für die Liste der deutschen Wahlgemeinschaft eingetreten seien. Be sonders seien es die kleinen Landwirte und Bauern in den Kreisen Pletz und Rybnik, die dazu oerholfcn hätten, datz die Deutschen in diesem Wahlkreis ein zweites Mandat erhalten hätten. Bei der Verteilung von landwirtschaftlichen Krediten und der bevorstehenden Parzellierung der großen Güter müßten in erster Linie diejenigen Landwirte berück sichtigt werden, die für die polnische Liste gestimmt hätten, nicht aber diejenigen, die ihre Stimme der deutschen Wahl« gemeinschast gegeben hätten. Wie jetzt erst nachträglich bekannt wird, wurde den Post« und Eisenbahnbeamten einhalb Prozent ihres Gehaltes für den Wahlfonds der Regierungspartei abgezogen. Außerdem erhielten die Beamten in verschiedenen Ortschaften besondere Stimmzettel, die mit der Nummer eins in verschiedenen Farben je nach der Beamtenkategorie versehen waren, um aus diese Weise nachträglich kontrollieren zu können, ob auch alle Beamten oie Regierungspartei gewählt haben. Der ungarisch-rumänische Optantenstreit bis Juni vertagt. Genf. Der ungarisch-rumänische Optantenkreis, der im Mittelpunkt der März-Tagung des Völkerbundrats stand, ist unerledigt geblieben. Nachdem der englische Außenminister Chamberlain den Vorschlag gemacht hatte, das ge- mischte ungarisch-rumänische Schiedsgericht durch zwei Neu trale zu ergänzen und der ungarische Vertreter bedingungs- los diesen Vorschlag angenommen hatte, beschäftigte sich eine Geheimfitzung in mehrstündiger Debatte mit dieser vorge- schlagenen Lösung des Konfliktes. Der rumänische Vertre ter Titulescu wehrte sich aber ganz entschieden gegen dieses neue Schiedsgericht, so daß sich der Völkerbundrat gezwungen sah, die Frage bis zur nächsten Ratssitzung im Juni zu ver- f tagen. Bestürzung in Bukarest. Die Entscheidung des Völkerbundrates in dem Optanten streit hat in der rumänischen Hauptstadt größte Bestürzung hervorgerufen, zumal man dort ganz bestimmt mit dem Siege des rumänischen Vertreters rechnete. Man hatte nicht erwar tet, daß Briand, der den rumänischen Standpunkt unterstützt, vor seinem englischen Kollegen, Chamberlain, zurückweichen würde. Infolge des ungünstigen Ausgangs des Optanten streits gilt in Bukarest die Stellung des Kabinetts Bratianu als erschüttert.