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VulsniherZayMatt Beilase zu Nr. 13 8V. Jahrgang Mantas, 16. Jannar 1928 Verlängerung des Mieterschutzgesetzes bis 31. 3. 1930. Im Wohnungsausschuß des Reichstages wurde die zweite Lesung des Gesetzentwurfes zur Aenderung des Mieterschutzgesetzes erledigt. Die Dauer des Gesetzes läuft nach der Beschlußfassung der zweiten Lesung mit dem 81. Marz 1930 ab. Beseitigung einer Doppelbelastung der Mieter. Verbot von Zuschlägen zur Grundoermögensteuer für Müllabfuhr «sw. Aus der gesetzlichen Miete von zurzeit 1 2 0 v. H. der . Friedensmiete hat der Vermieter die ihm ob- liegenden Betriebskosten zu bestreiten, zu denen auch die vom ; Grundstück zu entrichtenden steuerlichen Abgaben gehören, j Da jedoch bei der Bemessung der gesetzlichen Miete außer der ! Hauszins st euer nur die staatliche vorläufige Steuer vom Grundvermögen sowie ein Gemeindezuschlag zu letzterer ! von höchstens 100 v. H. rechnerisch berücksichtigt sind, so geben ! die aus dem Jahre 1924 stammenden zurzeit geltenden Vor- ! schriften dem Vermieter die Berechtigung, die 100 v. H. über steigenden gemeindlichen Zuschläge zur Grundvermögensteuer auf die Mieter umzulegen. In der Zwischenzeit sind in stei gender Zahl Gemeinden dazu Uvergegangen, die Kosten, die durch Müllabfuhr, Straßenreinigung, Kana- lisationu. dgl. Veranstaltungen entstehen, nicht mehr wie bisher durch Erhebung von Gebühren, sondern aus Gründen der Verwaltungsersparnis durch ZuschlägezurGrund- ! vermögen st euerzudecken. Eine derartige Regelung > der Abgaben hat in der betreffenden Gemeinde zwangsläufig eine nicht zu rechtfertigende doppelte Bela st ung der Mieter durch die genannten Veranstaltungen zur Folge. Um diesen unerwünschten Zustand zu beseitigen, hat das Stavtsministerium durch eine Verordnung vom 4. Januar d.I. ! bestimmt, daß diejenigen Grundvermögensteuerzuschläge, die als Abgeltuna für Müllabfuhr, Straßenreinigung, Kanalisa- ; tion u. dal. Veranstaltungen beschlossen und erhoben werden, ! vom 1. April d. I. ab aufoieMieternicht mehr umgelegt werden dürfen, Aus dem Gerichtssaal. Bauernbund gegen Landbund. Lin interessanter Beleidi gungsprozeß wurde am Sonnabend vor der Potsdamer Strafkammer verhandelt. Als Privatkläger traten auf Präsident Graf Eberhard von Kalkreuth in Niedersiegersdorf in Schlesien und Direktor Arno Kriegsheim, Berlin, in der Eigenschaft als Vorstands mitglieder des Reichslandbundes gegen den Lehrer und frühe ren Schriftleiter des Kreisanzeigers: Amtsblatt für den Kreis Iüterbog-Luckenwalde. Das Amtsgericht Jüterbog verurteilte seinerzeit den Beklagten in dieser Sache wegen Beleidigung und übler Nachrede zu 60 Mark Geldstrafe und Publikation. Gegen das Urteil haben beide Parteien Berufung eingelegt. Der Angeklagte hatte die Privatkläger, die Vorstandsmitglie der des Reichslandbundes sind, durch Mitteilungen in ver schiedenen Nummern des Kreisanzeigers beleidigt. Der Angeklagte führte aus, er habe niemanden Mit den von ihm erhobenen Angriffen versön- l 1 ch treffen wollen, insbesondere nicht die Privatkläger. Der Angeklagte wollte nur das Verhalten des Reichslandbundes einer scharfen Kritik unterziehen. Mit Rücksicht darauf, daß der Angeklagte inzwischen sein Amt als Schriftleiter der Zeitung niedergelegt hat und unter Berücksichtigung der wirtschaftlichen Notlage wurde die Strafe auf 30 Mark er mäßigt. Spiel * vom Somrärg- Fusiball VPS. Ergebnisse von gestern Sportfreunde Knaben : V. s B. Kamenz Knaben 1 : 4 Wie erwartet, unterlagen die Hiesigen den besseren Nachbarn, zumal dte Unsrigen mit nur 10 Mann antraten und dazu noch mit 2 Mann Ersatz. Sportfreunde 1 : Epielveremigung Bautzen 8 : 10 Bautzen mit voller Mannschaft, die Hiesigen mit 3 Mann Ersatz, setzten den Blauweißen arg zu. Obwohl dte Niederlage so hoch nicht verdient war, spielten die Boutzner doch den besseren Fußball Der Platz glich einen großen Moorbad, sodaß die Spieler manchmal iörmlich im Sumpfe stecken blieben. Sportfreunde Jugend : D.s.B. Kamenz Jugend 1 : 2 Wider Erwarten ließen sich die Hiesigen, wenn auch knapp, von den V. s. Bern schlagen Pulsnitz trat mit nur 10 Mann an. Es fehlte Linksaußen, der dem Spiel« sicher auch eine andere Wen dung gegeben hätte. Die Verteidigung spielte sehr mangelhaft. Gut war Peukert und Zimmer, als rechter Flügel. Die Läufer reihe erfüllte ihre Ausgabe. iäe. Sport Der Leipziger Landesverratsprozeß. Kochs Beziehungen zu den Franzosen. Leipzig. Der fünfte Derhandlungstaq des Spionage prozesses begann mit der Vernehmung des Angeklagten Koch. Aus die Frage des Präsidenten, was der eigentliche Grund gewesen sei, weshalb er mit dem Material zu den Fran zosen gegangen sei, erwiderte Koch: Ich bin hingefahren, weil ich dachte: gehe ich zu den deutschen Behörden, bleibt es nicht verborgen, daß ich der Angeber war. Ich fürchtete für mein Leben, weil ich glaubte, daß hinter Schreck bestimmte Macher stehen. Ich dachte, daß es sich um den illegalen Auf bau eines Ersatzheeres handelte und daß absichtlich gegen den Versailler Vertrag verstoßen werden sollte, um Deutschlands Völkerbundpolitik zu hintertreiben. Ich ging also zur „Fran- zösischen Militärmission zur Nachforschung von Vermißten" in Berlin, deren Leiter ich dann Notizen, und zwar die von mir hergestellten Abschriften der Protokolle vorlegte mit dem Bemerken, daß sie von einem der Unterzeichner, von vr. Schreck, stammten. Der Leiter der Mission habe gefragt, wie er heiße. Er habe seinen Namen nicht sagen wollen, worauf der Franzose erwiderte: „Schön, Ihr Name ist mir Hekuba'." Der Leiter der Militärmission sagte mir dann, ich solle nach Mainz fahren und gab mir 60 Mark Reisegeld. Dort meldete ich mich im Iustizpalast bei einem französischen Hauptmann Hartmann, dem ich mein Material vor- legte. Nach eingehender Durchsicht habe der Hauptmann ge sagt: „Es ist nix." Auf die Frage, wie Koch zu den Sachen komme, erzählte er von seiner Abschreibetätigkeit bei Schreck und dessen Geldkalamität. Ferner will er bezüglich des Ur- sprunges des Matrials ausgeführt haben: Deutschland will dem Völkerbund beitreten, es existieren aber Kreise in Deutschland, die diese Bestrebungen stören wollen. In diesen Kreisen werden derartige Dokumente angefertigt und gefälscht, um sie den auswärtigen Regierungen in die Hände zu spielen. Den südostdeutschen Fußball-Pokal gewann im Endspiel in Breslau vor ca. 5000 Zuschauern Niederlausitz verdient gegen Mittelschlesien mit 5:4 (4:1). Im Berliner Fußball gab es am Sonntag bei den Ver- bandsspielen recht hohe Ergebnisse und große Ueberraschun- gen. Viktoria begrub seine Meisterschaftshoffnungen durch sine 1:4-Niederlage gegen B. V. Luckenwalde. Kickers schlugen Concordia mit nicht weniger als 13:0. Herthas Elf triumphierte hoch mit 10:0 über Corso. Preußen be siegte Alemania überraschend mit 2 :0, nur Tennis-Borussia errang mit 6:1 einen erwarteten Sieg über Union-Potsdam. Bei den Fußballverbandsspielen im Reich gab es in Westdeutschland im Rheinbezirk eine große Ueber- raschung. Der F. V.-Neuendorf besiegte den Kölner Club f. R. in Bonn mit 3:2. Im Privatspiel siegte Düsseldorf 99 mit dem gleichen Ergebnis über Fortuna-Düsseldorf. In Mitteldeutschland konnte in Nordwest-Sachsen V. f. B. überraschend Fortuna mit 2:1 abfertigen. Ostsachsen brachte ein Unentschieden 4:4 zwischen Gutsmuts und Dresdensia-Dresden. JnSüddeurschland konnte Bayern- München in der Meisterrunde einen hohen 10:2-Sieg über F. V.-Saarbrücken landen. Eintracht-Frankfurt gab mit 4:1 dem Karlsruher F. V. das Nachsehen, während Kickers-Stutt gart nur knapp 1:0 mit dem Sp. V.-Waldhof fertig wurde. Wohl die größte Ueberraschung war die Niederlage des vor jährigen Meisters 1. F. C.-Nürnberg in der Gruppe Südost durch München 1860 mit 0:7. — In Norddeutschland gab es in der Gruppe Hamburg-Altona einen 18 :5-Sieg des Hamburger S. V. über F. V.-Wandsbeck. — In Südost - deutschland war nur ein Verbandsspiel: Viktoria-As- kania in Forst 2 :2. Das internationale Eishockeyturnier in Berlin brachte zwei Siege des Berliner Schl. L. Die internationale Mann schaft siegte gegen eine tschechische Nationalmannschaft mit 7 :0, die nationale gegen den Troppauer E. V. mit 1:0. Die Fünserbob-Junioren-Meisterschast gewann der Flins- berger Bob „Knorke" (Hirth, Feist) mit 2 :50,5. — Die deut schen Interessen in St. Moritz wird nach den Ausscheidungs- rennen Bob „Hase" (Düfeldau, Meißner) vertreten. Im V.B.A.V.-Mannschafts-Waldlauf in Tegel siegte über 4 Kilometer Teutonia 99 vor Komet und Teutonia II, über 6 Kilometer der S. L. Charlottenburg vor A.E.G. und Post-S.-V. In der Vorrunde um die Mannschaftsmeisterschaft der Amateurboxer inStettin schlug der Stettiner B. C. seinen Gegner Sportmann-Hamburg hoch mit 11:5. — In Dort- mund endete der Vorrundenkampf zwischen dem vorjähri gen Meister Colonia-Köln und B. C. 20-Dortmund unent schieden 8:8. Die Hamburger Berufsboxkämpfe brachten drei Unent- schieden: Zwischen dem Berliner Peter und Kruse-Hamburg, in der-Revanchebegegnung Kündig-Hamburg gegen Funke- Berlin und zwischen dem Dresdner Richter und Rieke-Ham burg. Europameister Schmeling führte zum Schluß Trainings runden mit seinen Partnern Lygget und Walter aus. Haymanns Protest wurde von der Boxsportbehörde Deutschlands abgelehnt, so daß das Urteil „Sieger nach Punkten Bud Gorman" bestehen bleibt. Südostdeutscher Mannschaftsmeister im Ringen wurde der T. V. Vorwärts - Breslau im Endkampf gegen den Bres lauer A. D. 1895 mit 16 :12 P. Südostdeutscher Mannschaftsmeister im Gewichtheben wurde der Kraftsportverein Cyklop - Breslau mit 3090 : 2925 Pfund vor Germania - Hirschberg. Im Dortmunder Sechstagerennen kam es in der Nacht vom Sonnabend zum Sonntag zu einem Massensturz, der durch «inen Reifenschaden Linaris verursacht wurde, aber Turnen Wäg auch die Liebe weinen ... Roman von Fr. Lehne. 33. Fortsetzung. (Nachdruck verboten.) Die Kinder jubelten laut, als sie beim Erwachen diese weiße Pracht sahen. Und die Aussicht, nach den Unterrichtsstunden mit „Fräulein" spazieren gehen zu dürfen, nahm ihnen beinahe die Aufmerksamkeit zum Lernen. Nun war es so weit. Ossi sab in seinem weißen Mäntelchen mit der weißen Woukappe, die tief über die Ohren gezogen war, bildhübsch aus. Sein Gesichtchen strahlte vor Freude. Gräfin Lella gab der jungen Erzieherin tausend Ermahnungen, ja darauf zu achten, daß die Kinder sich nicht erkälteten. Thekla schloß sich von diesem Spa- ziergange aus; sie wollte die Mama begleiten, die viele Besorgungen hatte. Das machte ihr Spaß: einkaufen und in den Läden wie eine große Dame behandelt zu werden. Langsam ging Lore Berger, die Kinder an der Hand haltend, den breiten Weg nach dem Monohteros zu. Unermüdlich plapperte das Mäulchen Ossis; er be obachtete andere Kinder und sah, wie sie sich in dem weichen Schnee kugelten, ihn zusammenrafften und sich damit warfen. Dieses Beispiel wirkte ansteckend. Er riß sich von seiner Begleiterin, griff auch in den Schnee und warf seinem unbeholfenen Schwesterchen eine Hand voll ins Gesicht. Die zahlte es ihm heim; dann ver einigten sich beide gegen Lore, die sie jauchzend mit ' Schnee überschütteten, so daß sich das junge Mädchen kaum des Ueberfalls erwehren konnte. Sie bückte sich formte Schneefälle, warf die Kinder damit und bald hatte sich ein regelrechtes Gefecht zu aller Freude ent wickel!. Gutmütig ließ Lore sich alles gefallen. Ihre blaue gestrickte Jacko war über und über mit Schnee bedeckt. Ossi warf ihr die weiche kühle Masse ins Gesicht, daß sie in Flocken an ihrem Haar und an den Wimpern Und wenn beide das „Fräulein" besonders gut getroffen halten, lachten sie jauchzend auf und wurden des lustigen Spiels nicht müde. Mit einem Male bekam das vergnügte Kleeblatt schnell hintereinander von fremder Hand je einen wohl- gezielten Wurf. Erschreckt blickten sie sich gegenseitig an. „Onkel Rüdiger!" jauchzte Ossi da auf und lief dem Herrn entgegen, der in einiger Entfernung von ihnen stand und eben zum neuen Wurf ausholte. Und — „Onkel Rüdiger!" jubelte auch Cäcilie und folgte dem Bruder, so schnell es ihre Gebrechlichkeit gestattete. Lore war rot gewcrden. Verlegen stand sie da, sich den Schnee von den Kleidern klopfend. Sie hatte sich doch so recht wie ein dummes, übermütiges Schul mädchen benommen und nicht wie eine Lehrerin, der die gräflich Allwördenschen Kinder anverlraut waren! Ein wenig fürchtete sie die strengen, kritischen Augen des Legationsrates, der immer so ernst, so gemessen und zugeknöpft war. Und doch bewunderte sie ihn im stillen. Wie vornehm sah er aus in dem Gehpelz mit dem Persianerkragen, der seine hohe, schlanke Gestalt um schloß! Seine Gesichtsfarbe war gebräunt von einer südlichen Sonne; die etwas große Nase sprang scharf und charakteristisch hervor aus dem schmalen Rassegesicht. Der kurzgeschnittene, dunkelblonde Bart über der Ober lippe des klugen, schmalen Mundes ließ ihn sehr jung erscheinen, trotzdem das Haar an den Schläfen schon einen leichten, silbernen Schimmer hatte. Seine Hal- tung war straff und militärisch. Dem schönen Bruder sah er gar nicht ähnlich. — Lore fühlte in seiner Nähe immer ein gewisses Herzklopfen, und doch gefiel er ihr ausnehmend gut. „Na, ihr kleine Gesellschaft!" rief der Legationsrat lachend, „wo soll es denn hingehen? Ihr seht ja aus wie die Schneemänner!" „Komm mit, Onkel, komm! Wir wollen die wil den Enten am Kleinhesseloher See füttern." Unversehens warf ihm Ossi dabei eine Handvoll LMM. ins Msicht mit seinen kleinen, krebsroten HM. den, von denen er längst die ihm lästig gewordenen Fausthandschuhe abgestreift hatte. „Warte, du Schlingel!" Der Legationsrat erwiderte den Angriff, zur höch sten Belustigung der Kinder, und setzte dann mit ihnen den Weg fort. . . . Die Kinder hängten sich an ihn, sprachen auf ihn los und waren so ausgelassen, daß Lore sie leise et- mahnen mußte. , .... Es war das erstemal, daß sie neben ihm hergmg und daß er sich eingehend mit ihr unterhielt. Er fragte sie nach ihrer Heimat, und er hatte eine so freundliche Art, daß sie alle Scheu verlor und mit ihm plauderte, als sei er ein alter Bekannter. — Diese kurze Stunde in seiner Gesellschaft blieb ihr eine köstliche Erinnerung. Sie setzte sich auch darüber hinweg, daß die Gräfin Allwörden ihr bitter: Vorwürfe über das Schneeballgefccht machte, von dem die Kinder glückstrahlend und ahnungslos bei Tische erzählt hatten. „Ich begreife nicht, Fräulein Berger, wie sie so unvorsichtig Und gedankenlos mit Ossis Gesundheit schal ten können! Sie wissen, wie zart er ist! Eine Lungen- entzündnng könnte die Folge Ihrer unbedachten Hand lungsweise sein." Der Graf wagte eine leise Einrede; doch seine Frau sah ihn so vernichiend an, daß er achselzuckend schwieg. Trotz seines heftigen Widerrstrebens mußte Ossi sofort ins Bett und bekam heißen Fliedertee zu trinken, um der „sicheren Erkältung" vorzubeugen. Am nächsten Abend stellte sich der Legationsrat zum Souper ein; mit ihm war eine befreundete Fami lie geladen, die aber in letzter Stunde absagen mußte, da sie unerwarteten Besuch bekommen hatte. Gräfin Lella war deswegen in schlechier Laune. Das konnte ein schöner Abend werden, mit Mann und Schwager! Sie verbarg ihre Verdrießlichkeit darüber gar nicht. Sie saßen im Wohnzimmer, und während Lella in einem Buche blätterte, sprachen die Herren über gleichgültige Dinge. Ottzkar blickte ruweilen scheu ., yach MM Frau.