Volltext Seite (XML)
UMMMdMmWmViMaM Zahlen ^ Nr. 124. I) Deutschen Deiche zahlen für jedes Exemplar 30 Mark bez. Z des Dörjenvereins die viergespaltene Potitzeile ode^deren »» 3Z36 Mark jährlich. Nach dem Ausland erfolgt Lieferung Z! Raum 15 Pf.. >/«S. 13.50 M..'/-6.2S M..'/. 6.50 M.-. für Nicht- Gräber L^pzig oder durchs Kreuzband, an Nichtmit^lieder in Z Mitglieder 40 Pf.. 32 M.. 60 M.. 100 2N. — Deilagen werden Li RdMMÄMrKMereWHrSMj^^nBÄ:HNMer)ü.'Äwzla Leipzig, Dienstag den 2, Juni 1914, 81. Jahrgang. Redaktioneller Teil. Hamburger Briefe. m. (II siehe Nr. 88.) Nur bas Einfache ist schwer. — Ansicliuugsvcrtrag, Miudestlohn, itbcr- siundenlohn. — Einiges vom alten Noa Gottfried Elwert. — Schul- bücher-Nücknahmc. — Erfahrungen bei Lchulbücher-Nckiame. — Un erfreuliche Erscheinungen. Die Rcmissions- und Abrechnungsarbeiten sind wieder ein mal llberstanden, und nur mit Seufzen beule ich au die fürchter liche Zeit zurück. Diese Arbeiten werden von Jahr zu Jahr schlimmer, weil eines immer mehr im Buchhandel abhanden kommt: die Kunst der Alphabetisierung! »Nur das Ein fache ist schwer!« — sage ich oft zu meinen jungen Leuten, »zeigen Sie mir, daß Sie den Stotz Fakturen schnell und fehler- los ordnen oder eine Seite sicher und geschwind aufaddieren oder diese Hefte Universal-Bibliothek richtig einräumen können, dann glaube ich, datz Sie auch anderes können«. Man sollte meinen, die Beherrschung der 25 Buchstaben des Alphabets oder des Zahlenkreises bis 190, meinetwegen auch bis 1009 sei wirklich einfach, sie ist auch im Grunde einfach; aber in der täglichen Er fahrung zeigt es sich nur zu oft, daß das Einfache für viele Men- sehen schwer sein muß. Wenn ich an die Alphabetisierung auf so manchen Rücksendungs-Vordrucken — mir ist die alte Bezeich nung »Remittenden-Fakturen« viel lieber, trotzdem ich über zeugtes Mitglied des Deutschen Sprachvereins bin — zurück- dcnke, dann denke ich zugleich daran, wie es auf diesem Gebiete früher so viel besser bestellt war. Da hielt man sich an feste Regeln und hatte dadurch Sicherheit und Einfachheit. Heute ist vielfach Willkür und damit Unsicherheit mit einem Gefolge von Zeitverlusten und Verdrießlichkeiten mancher Art eingerissen. Die argen Verstöße kommen nicht etwa nur bei Auchbuchhändlern vor, bei Aktiengesellschaften oder G. m. b. H. mit kaufmännischen Leitern; nein, bei uralten großen Verlagsfirmen stößt man auf die schlimmsten Willkürlichkeiten. Ein ehemaliger Chef von mir, der alte Noa Gottfried Elwert in Marburg, drückte sich gern drastisch aus (um es milde zu bezeichnen): »So stecken Sie doch Ihre Nase in den Katalog, wenn Sie nicht wissen, wo das Buch hingehört!« Zwar immer nützt das heute auch nichts oder führt wenig stens nicht schnell zum Ziel, weil die Kunst der Titelgebung, z. B. bei Sammelwerken, auch verlernt zu sein scheint. Da steht man manchmal ratlos vor Häufungen im Titel und weiß nicht, welche von den vielen Angaben eigentlich als Haupttitcl anzusehen ist. Soll etwa der Name des Vereins, der dick obenan steht (nicht etwa als Kopfleiste), Titel sein? Sollen cs »Verhandlungen« oder sollen es »Schriften oder soll es »Sammlung« sein? Ich habe die Fälle mehrfach gehabt, daß ich, von einem Zögling gefragt, nur seufzend antworten konnte: »Suchen Sie mal im Kataloge, viel leicht finden Sie es da richtig«. Nebenbei bemerkt, kommt es heute auch vor, daß man in einem Buche lange suchen kann, bis man überhaupt den Titel findet, und dann muß man oft noch an den gewählten Schriftarten studieren, bis die Entzifferung ge lingt. Eine störende und zeitraubende Unsitte ist es auch, datz Bänd chen und Teile von Sammelwerken mit Einzeltiteln ausgeliefert werden, aber auf der Remittendenfaktur unter dem Sammeltitel und nach Nummern geordnet stehen; ebenso umgekehrt: es ist aus geliefert nach Sammeltitel und Nummer, auf der Rcmittenden- faktur stehen jedoch die Bücher nur unter Einzeltiteln. Beide Fälle kommen bei großen wie kleinen Verlegern vielfach vor und können bei der Remission eine gelinde Verzweiflung Hervorrufen. Es gehört wirklich nicht viel Überlegung dazu, um einzusehen, daß solche Systemlosigkeit widersinnig ist und viel Zeitvergeudung verursacht. Also handelt es sich im Grunde genommen um eine höchst einfache Sache, und dennoch — das Einfache ist schwer! Und nun gar der Unfug, der auf dem Gebiete der Firmierung eingerissen ist: wer kann sich da noch durchsinden! Da kam mir ein Buch vor mit der Firma (ich fingiere natürlich) »Verlag Jo- hannsen L Co. in Bonn«. Erst der Zweifel: ist die Firma nun unter Verlag oder unter Johannsen zu suchen und zu finden? Stimmt beides nicht. Doch halt, da steht noch auf dem Buche »Druck der Graphischen Kunstanstalt L. Reinstorf, Bonn«. — Ja, den gibt es, von dem haben wir früher schon bezogen. Auch vergeblich, wie das Nachschlagen im Kataloge vergeblich war. Ein Zufall bringt es endlich ans Licht, datz das Buch von einer Firma »Rheinisch-Westfälische Verlagsanstalt Wilhelm Reinstorf« geliefert wurde. Ja, läßt sich einwersen, da mutz beim Aus zeichnen aufgepatzt werden! Gewiß müßte es das, aber in eiliger Geschäftszeit wird nach der Seite hin leider nicht so genau auf gepaßt. Ein anderer Fall: Der gebundene Jahrgang einer tech nischen Zeitschrift trägt den Aufdruck »Verlag: Carl Steinbeck«. Erst wieder der Zweifel, ob »Verlag« oder »Steinbeck« maßgebend ist. Beides stimmt nicht. Im letzten Augenblick, bei Ausstellung der Zahlungsliste, findet sich eine Faktur, die klar und deutlich lautet »erhalten von ZeitschciftDerMotorbau«. Welch ein Glück, daß die Sache in zwölfter Stunde noch aufgeklärt wurde, denn nicht in allen Fällen sind einmal gezahlte Beträge leicht zurückzuerhalten. Noch ein Fall: Ein Lehrling fragt mich, wo er die Faktur »Bibliothek Friedrich Schulze« einordnen soll. Ich antworte: »So wie die Faktur lautet, gehört sie unbedingt unter Bibliothek, aber sehen Sie im Adreßbuch nach, ob es diese Firma gibt«. Im Adreßbuch steht die Firma nicht, Wohl aber die bekannte, viel genannte Firma »Friedrich Schulze«. Man wende nicht ein, daß diese Klagen Kleinigkeiten sind. Dinge, die mir in heißester Arbeitszeit unendlich viel Zeit kosten, sind wahrlich keine Kleinigkeiten. Die babylonische Verwirrung aus diesen Gebieten hat einen gemeinschädlichen Grad erreicht. Die rechtzeitige Fertigstellung wichtiger Arbeiten wird dadurch ungemein erschwert. Nun kann man keinen Menschen zur Ver nunft zwingen, Wohl aber dazu ermahnen. In allen Fällen nützt das natürlich nicht. Es hat z. B. nichts genützt, als der greise König Wilhelm in Ems zu dem französischen Gesandten Bene- dctti sagte: »Brauchen Sie man nur Verstand«, wie man das des weiteren Nachlesen kann in dem schönen Soldatenliede »König Wilhelm saß ganz heiter«. Deshalb möchte ich den hochver ehrten Börsenvereinsvorstand bitten, seine gewichtige Stimme zu erheben und zur Vernunft zu mahnen, zur Rückkehr zur Klarheit und Deutlichkeit und Einfachheit. Gewiß wird das Erfolg haben, wenn auch nicht bei allen. Dann wird künftig das Einfache nicht mehr so schwer sein, wie cs jetzt tatsächlich manchmal geworden ist. 881