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Cyclamen O. Schwarz seine gewissenhafte Abstellung finden würde. Daß dem nicht so ist, daß insbesondere gerade einige der wichtigsten systematischen, nomen klatorischen und pflanzengeographischen Probleme nur noch weiter verwirrt wurden, indem Knuth irrtümlichen Verbreitungsangaben Hildebrands — durch Zitierung von nicht weniger irrigen Herbarbestimmungen — den Schein der Wahrheit verlieh, oft auch die Originalstellen in der Lite ratur nicht einsah, darauf wird bei den späteren Ausführungen noch öfters einzugehen sein. Was aber bei jenem noch begreiflich, grenzt hier fast an allzu bequeme Arbeitsmethoden hastiger Kom pilation, und fast scheint es, als habe Hilde brand etwas Ähnliches empfunden; denn in allen seinen späteren C y c 1 a m e n - Arbeiten erwähnt er mit keinem Wort die Knuth sc he „Mono graphie“, die teilweise über eine lateinische Über setzung der Hildebrandschen Arbeiten und die Hinzufügung der Literaturstellen bei den Autorennamen nicht hinauskommt. Hildebrand selber beschreibt bis 1908 noch weitere acht Arten, unterscheidet also bis zu seiner letzten Publikation im ganzen deren vierundzwanzig. Diese von ihm neu beschriebenen „Arten“ sind fast alle durch sehr feine Merkmale von ihren nächsten Verwandten unterschieden, nicht mehr als die oft sehr voneinander abweichenden Zucht- formen von C. per sic um. In Kultur freilich er wiesen sich diese feinen Unterschiede als an nähernd konstant, und dies schien diesem Mor- phologen, der auch die feinsten Einzelheiten der Form gewissenhaft vermerkte, Grund genug, „Ar ten“ anzuerkennen. Darin begegnete er sich mit Jordan, der, vom selben Standpunkt ausgehend, in seinen „Icones“ (1903) nicht weniger als 27 neue Cyclamen- Arten beschrieb. Wollte man dieses Prinzip annehmen, und so namhafte Genetiker wie Lotsy (1916) haben sich dafür eingesetzt, so würde die Zahl der C y c 1 a m e n - Arten wahr scheinlich schnell ins Uferlose wachsen; denn es bestünde dann keinerlei vernünftiger Grund, nicht auch die zahlreichen samenbeständigen Kultur formen von C. per sic um als „Arten“ gelten zu lassen, die aus Kreuzungen durch nachfolgende Auslese und Selbstbefruchtung gezüchtet wurden. Nicht viel anders aber sind im Grunde genommen die zahlreichen annähernd samenbeständigen Lokalformen der wilden Alpenveilchen entstanden, denen die Natur die Selbstbefruchtung verlieh für den Fall, daß die Fremdbefruchtung ausbliebe; dies aber ist im Mittelmeergebiet anscheinend keine Seltenheit, weil zur Blütezeit der meisten Arten, im Herbst und Vorfrühling, das Insekten leben, sei es wegen der Trockenheit, sei es wegen des kühlen und regnerischen Wetters, oft sehr wenig rege ist. Selbstbefruchtung aber führt ge wöhnlich bald zur Entstehung von Formen, die an nähernd rein vererben, und da bei der Ausbrei tung einer Pflanzenart deren Erbfaktoren über die verschiedenen Bestände ungleich verteilt wer den, sind alle Voraussetzungen gegeben, daß sich die einzelnen Bestände, solange sie nicht mitein ander kreuzen können, in den Merkmalen ihrer Individuen schwach, aber ziemlich konstant von einander unterscheiden. Auch scheinen in der Gattung selbst innerhalb einer Art, nach C. pr- s i c u m zu urteilen, Erbfaktoren vorhanden zu sein, die einen verschiedenen Entwicklungsrhyth mus bedingen; dies könnte die Ursache dafür sein, daß manche Herkünfte sich auch durch erbliche Unterschiede in der Blütezeit auszeichnen, wodurch spontane Kreuzbefruchtung noch mehr erschwert wird und ein weiterer Zerfall in Lokalformen an gebahnt ist. Solange man, wie vor Hilde- brand und Jordan, noch relativ wenig Her künfte einer Art kultivierte, solange war die Ge fahr einer Zersplitterung der Gattung nacht groß, und selbst die rund 40 „Arten“, die diese beiden Autoren hinzufügten, ließen sich schließlich noch bewältigen. Aber bei diesem Standpunkt nimmt es nicht wunder, daß man 1924, als man in Süd ostrumänien ein Cyclamen auffand, dies auch gleich als neue „Art“ beschrieb, weil es wiederum von der nächstverwandten „Art“ H i 1 d e b r a n d s , die um Konstantinopel auftritt, schwach verschie den erschien; und so würde man bald jede neue Herkunft als nova species behandeln müssen, wenn man der Konstanz auch ganz geringfügiger Unterschiede Artwert einräumte. Daß aber diese Konsequenz eine Gefahr für die Systematik ist. braucht keines weiteren Beweises als den Hinweis, daß botanische Systematik dann überhaupt nur noch für „Spezialisten“ verständlich wäre, und es scheint, es sei diese Erkenntnis nicht zuletzt der Grund dafür, daß seit Hildebrand kein Syste matiker mehr sich ernstlich mit der Gattung be schäftigte. Wenngleich die zahlreichen Lokalformen keines wegs bedeutungslos sind — ihre Existenz liefert wichtige Aufschlüsse über die Entwicklungsge schichte der Gattung —, so kann also von ihnen her das System der Cyclamen- Arten nicht auf gebaut werden. Die hier vorgelegte Revision ging daher bewußt einen anderen Weg, nämlich den der „merkmaisgeographischen Methode“. Was dar unter zu verstehen ist, darüber belehrt besser als alle methodologische Erörterung ein konkretes Beispiel; es sei daher auf die ausführliche Be handlung der c ö um- Gruppe hingewiesen, von der aus diese Studien ihren Ausgang nahmen, ohne daß ursprünglich die Absicht bestanden hätte, sie auf die ganze Gattung auszudehnen. Auch aus dem pflanzengeographisch-phylogenetischen Schluß abschnitt wird manches Wissenswerte über diese Arbeitsrichtung zu ersehen sein. Diese Revision.