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15348 s. d. Ltlchn. «uchh-mdkl. NichtamUicher TeU. 282, 5. Dezember 1811. Tariferhöhung und Druckpreiserhöhung. Am 1. Januar 1S12 tritt wiederum eine Erhöhung der Satz- und Druckpreise aus Grund des neu abgeschiossenen Tariss zwischen den Arbeitgebern und Arbeitnehmern im Buchdruckgewerbe in Kraft. Es ist eine alte Erfahrung, daß anläßlich der alle fünf Jahre zum Schrecken der Verleger wiederkehrenden Tarifrevisionen seitens der Druckereien nicht nur versucht wird, die tatsächlich mehr bezahlten Arbeitslöhne von den Auftraggebern wieder hereinzubringen, sondern den nur auf die Löhne bewilligten Prozentsatz in gleicher Höhe auf die bisher bezahlten Preise überhaupt aufzuschlagen, also auch eine Erhöhung der Geschäftsspesen und des Gewinnes durchzusetzen. Der Verleger befindet sich dabei fast immer in einer üblen Lage. Bei einzelnen Werken mag es an- gehen, die Mehrkosten ohne weiteres in den Preis einzu kalkulieren, wenn auch die Absatzfähigkeit unter dem höheren Preise leiden muß. Eine große Anzahl von Unter nehmungen, wie wissenschaftliche Werke, Schulbücher, Werke mit großer Konkurrenz, mit vertraglich festgesetzten Preisen, Zeitschriften usw., läßt aber solche Abwälzung auf dis Käufer nicht zu. Der Verleger ist also vielfach gezwungen, die von den Druckereibesitzern bewilligten Lohnerhöhungen aus seiner eigenen Tasche zu bezahlen. Der Kamps, der sich in den nächsten Wochen um die Bewilligung der neuen Preise abspielen wird, ist daher keines wegs nur für den Verlag von vitaler Bedeutung, sondern nicht minder auch für das Sortiment. Wenn der Verlag immer wieder gezwungen wird, höhere Herstellungspreise zu zahlen, so vermindert sich dadurch zugleich die Möglichkeit, die Rabattsätze in der vom Sortiment als notwendig be- zeichneten Weise zu erhöhen. Beide Zweige des deutschen Buchhandels haben daher das gleiche Interesse, den seitens der Druckereien geforderten Preisausbesserungen den schärfsten Widerstand entgegenzusetzen. Daher ist auch die Erklärung des Deutschen Verleger vereins und des Verbandes der Fachpresse Deutschlands zu begrüßen, in der den Mitgliedern empfohlen wird, in der Bewilligung von Preiserhöhungen recht zurückhaltend zu sein, niemals eine summarische Preiserhöhung zu bewilligen und, wenn eine Erhöhung nicht zu vermeiden ist, eine Verstän digung nur auf der mittleren Linie herbeizuführen. Wie berechtigt eine derartige Warnung ist, sollen nachstehende Zeilen beweisen. Die durchschnittliche allgemeine Erhöhung der Löhne im neuen Tarif wird einschließlich der Kürzung der Arbeits zeit auf 10—121/2°/, beziffert; dazu kommt noch in ein zelnen Städten eine Erhöhung des Ortszuschlags, der hier außer Betracht bleibt. Gegen obigen Prozentsatz ist zunächst einzuwenden, daß eine genaue Festsetzung in Prozenten bei der Verschiedenheit der einzelnen Positionen überhaupt nicht möglich erscheint, da ja auch zugunsten der Arbeitgeber mancher lei Zugeständnisse in der Ausnutzung der Maschinen usw. durchgesetzt worden sind. Die Mehrbelastung wird daher kaum mehr als 11°/, betragen, einen Aufschlag, den auch bereits einzelne Druckereien ihren Auftraggebern als »not wendige Preiserhöhung« bezeichnet haben. Der Verlag hat natürlich jetzt keine Veranlassung, mehr zu zahlen, als durch die Tarisrevision direkt verursacht worden ist; denn schon damit verringert sich sein Gewinn, während dem Drucker die tatsächlichen Mehrkosten ersetzt werden. Nun stellen aber die bisher bezahlten Preise eine Summe dar, die sich aus den Löhnen, den allgemeinen Geschäftsspesen und dem Gewinn zusammensetzt. Wenn schon die höheren Löhne entschädigt werden sollen, so liegt doch kein Anlaß vor, auch einen prozentualen Aufschlag auf die beiden anderen Positionen zu zahlen, die beim Satz fast so hoch sind wie die Löhne, beim Druck erheblich höher. Zum Beweise dessen diene der vielumstrittene »Deutsche Buchdrucker-Preistarif von 1807», der an den ihm beigegebenen Musterrechnungen eine genaue Nachprüfung ermöglicht. Sind auch die darin bezeichnten Preise vielfach nur ersehnte Phan tasie-Preise, so bilden sie gleichwohl für unsere Berechnungen eine geeignete Grundlage, zumal zu gunsten der Druckereien angenommen werden soll, daß die dort berechneten Geschäfts spesen trotz der gegenteiligen Behauptung im Preistaris so reichlich bemessen sind, daß sie die Steuern und einen an gemessenen Gewinn mit decken. Satz- und Druckpreise müssen wegen der Verschiedenheit des Anteils der Löhne am Gesamt preise einzeln betrachtet werden. Schon bei den Satzpreisen ergibt sich ein wesentlicher Unterschied, wenn der Lohnausschlag mit dem Gesamtpreis verglichen wird. Bei den reinen Wsrkdruckereien wird im Preistarif der zur Deckung der allgemeinen Spesen erforder liche Aufschlag auf die Löhne bei 20 Setzern mit 68"/,, bei 25 Setzern mit 69^°/,, bei 35 Setzern mit 6714°/,, bei 40—15 Setzern mit 65'/«°/«, bei 110 Setzern mit 59°/«"/, be ziffert, der Durchschnitt mit 66^ der gezahlten Löhne. Kostet also ein Bogen Satz bisher 50 ^ sür den Austraggeber, so sind darin rund 30 ^ Lohn und 20 Spesen enthalten. Ge fordert werden jetzt 11°/, Ausschlag, also 5 »H 50 H, be rechtigt wären aber nur 11°/, auf den Lohn von 30 also 3 ^ 30 H. In Prozenten auf den bisherigen Preis berechnet also nur 6,6 °/,I Daß diese Differenz eine recht erhebliche ist, sei an einem Beispiel erläutert: Eine Zeitschrift, die jährlich 24mal erscheint, kostet pro Nummer 300 ^ Satz, das sind jährlich 7200 Der Verleger, der statt der allenfalls in Betracht kommenden llprozentigen Lohn erhöhung, also 6,6"/, der bisherigen Preise, volle 11°/, zahlt, würde 792 statt 475 20 H, also 316 80 H Satz, aufschlag zu viel bewilligen. Bei gemischten Betrieben werden im Preistarif bei Druckereien mit 3 bis 40 Setzern die Geschäftsspesen im Durchschnitt auf 741/,°/, der gezahlten Löhne beziffert. An positiven Zahlen erläutert: Eine Arbeit, die bisher 100 ^ Löhne erforderte, also 174 ^ 50 ^ sür den Auftraggeber kostete, dürfte in Zukunft nicht mit 174 ^ 50 H -s- 11°/, — 193 ^ 70 H, sondern nur mit 100 ^5 Lohn -i- II»/, Aufschlag -f- 74 ^6 SO H Spesen -- 185 ^ 50 H berechnet werden. Es ist also vom 1. Januar 1912 ab nur ein Aufschlag von 6,3°/, statt 11°/, am Platze. Beim Akzidenzsatz ist der Unterschied noch erheb licher, da die Geschäftsspesen hier sogar mit 90^°/, im Preistaris bezeichnet werden. Hier bedingt die Lohnerhöhung von 11°/,, auf den Gesamtpreis berechnet, nur einen Auf schlag von 5,79°/,. Nach diesen Berechnungen darf im allgemeinen ein Aufschlag von 6—6,5°/, auf die bisherigen Satzpreisc als ausreichend bezeichnet werden, um die mehr bezahlten Löhne zu decken. Bei den Druckpreifen genügt ein erheblich geringerer Satz. Das liegt daran, daß bei der Maschinenarbeit die Löhne allein nur einen geringeren Teil des Gesamtpreises ausmachen. Auch hier stützen sich die Berechnungen wiederum auf den »Buchdrucker-Preistarif«. Bei dem Schnellpressen format 40/52 om z. B. sind die Löhne pro Woche anteilig mit 46 die Materialien (Farbe, Wasch-, Putz-, Schmier-, Zurichtematerial, Heizung, Licht, Wasser, Walzen) mit 10.20^, die Lasten (Abschreibungen, Verzinsung, Betricbskraft, Miete, Versicherung, Kontorspesen usw.) mit 35.80 ^ bei 53'/,- stündiger Arbeitszeit, insgesamt 92 berechnet. Die Stunde erfordert also 1.70 ^ Selbstkosten. Zur Deckung aller weiteren Unkosten, wie zur Erzielung eines Gewinnes werden hierauf 40°/,, bei den größeren Formalen 50°/,, als