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PulsniherZayeblait tz-^prtcher 18. Lii.-Ädr.: Lagrviall Pu»»mo »oSsch«l»Konto Dresden 2138. Giro-Konto 14ü — — — Gafchatmt a» t«»«« »««»ta, — — — I» Falle höherer Gewalt — Krieg, Streik oder sonstiger irgend welcher Störung de» Betriebe« der Zeitung oder der B-sörderungSeivr.chtungn, — hat der Bezieher keine» Anspruch auf Lieferung oder Nachlieferung der Zeitung oder auf Bück» zahlung de« Bezugspreises. — Wöchentlich 0.6ö AM bei freier Zustellung; brr Abholung wöchentlich 0.55 RM; durch dl« Post monatlich 2.6V NM freibleibend 0sOa»«Iü^«I»IaA44 Bank. Konten: Pulsnitzer Bank, Pulsnitz und V " VTT» TT Commerz« und Privat-Bank, Zweigstelle Pulsnitz Anzeigen»«rundzahlen in RM: Die 42 mm breite Petttzeile (Mofse'SZetlenmesser 14) RM Ü.L5, in der Amtshauptmannschaft Kamenz RM ORO. Amtliche Zeile RM 0.75 und RM 0.60. Reklame RM 0.60. Tabellarischer Satz 50'/. Ausschlag. — Bei zwangsweiser Einziehung der Anzeigengebühren durch Klage oder in konkurSfSllen gelangt der solle RecknungSbetrag unter Wegfall von Preisnachlaß in Anrechnung, vir '/,1V Uhr vormittags eingehende Anzeigen finden am gleichen Tage Aufnahme Das Pulsnitzer Tageblatt ist das zur Veröffentlichung der amtlichen Bekanntmachungen der Amtshauptmannschaft u. des Finanzamtes zu Kamenz des Amtsgerichts und des Stadtrates zu Pulsnitz sowie der Gemeinderäte Großnaundorf und Weißbach behördlicherseits bestimmte Blatt Hauptblatt und älteste Zeitung in den Ortschaften des Pulsnitzer Amtsgerichtsbezirks: Pulsnitz, PulSnitz M. S., Großröhrsdorf, Bretnig, Hauswalde, Ohorn, Obersteina, Niedersteina, Weißbach, Ober- und Niedeilichtenau, Friedersdorf, Thiemendorf, Mittelbach, Großnaundorf, Lichtenberg, Klein-Dittmannsdorf Geschäftsstelle: PulSnitz, Albertstraße Nr. 2 Druck und Verlag von E L. Förster» Erben (Inh. I. W. Mohr) Schriftleiter: I. W. Mohr in PulSnitz Nummer 288 Montag, den 12. Dezember 1S27 7». Jahrgang Das Wichtigste Der am Sonnabend nachmittag stattgefundenen Besprechung zwi schen Dr. Stresemann und Marschall PIlsudski wird dem .Ma tin* zusolge in Völkerbundrkreisen große Bedeutung sür die künftigen Beziehungen zwischen Deutschland und Polen bei gemessen. Die Lohnoerhandlungen in der Großeisenindustrie find gescheitert. Der Haushaltausschuß des Reichstages hat die Besoldungsrrsorm erledigt. Dem Zollfahndungsdienst in Düsseldorf Ist es gelungen, in einen» Restaurant in der Nähe des Hauptoahnhofes eine Bande von 7 Personen, darunter zwei Holländern seftzunehmcn, die seit etwa 2 Jahren aus Holland Juwelen, Brillianten und goldene Uhren nach Deutschland schmuggelte. Insgesamt wurden Waren Im Werte von 403 623 Mark beschlagnahmt. Der Benser Sonderberichterstatter des »Exzelsior" glaubt zu wissen, daß trotz aller bereit» gegebener und noch zu erwartender De mentis man sich in Gens eifrig mit der Vorbereitung einer Begegnung Briand — Mussolini beschäftigt. Man würde in gewissen Kreisen nicht böse darüber sein, falls diese Begegnung Chamberlain zum Zeugen haben sollte. In Eagllari aus der Insel Sardinien stürzte ein neuer Postpalast ein. 16 Personen wurden unter den Trümmern begraben. Bisher find 3 Tote geborgen worden. Nach Meldungen aus Newyork wurde in Panama gestern nach mittag ein Erdbeben von einer Minute Dauer sestgestellt. Da» Beben war das stärkste seit dem Jahre 1913. Der Panama kanal hat, wie die sofort angrstellten Untersuchungen ergaben, durch da» Erdbeben nicht gelitten Der Kälte in Amerika find 36 Menschen zum Opfer gefallen. ÜtMUt mö WMe ÄWltMiMn Pulsnitz. (Acht-Uhr-Ladenschluß.) Unter Bezugnahme auf die Bekanntmachung des Stadtrates vom 2. 4. 27 wird darauf hingewiesen, daß vom 12. bis 24. De zember sowie am 30. und 31. Dezember 1927 die hiesigen Geschäfte bis abends 8 Uhr offen gelassen werden können. Pulsnitz. (Als gefunden) wurden folgende Gegenstände in der Polizeiwache abgegeben: 1 Herrenfahrrad, 1 Paar wildlederne Handschuhe, 1 Armband, I Herrenzylin deruhr, 1 Rolle Dachpappe, 1 Kinderpelzkragen, 1 Damen ring, 1 graue Herrenmütze, 2 weiße Schürzen, 1 schwarzer Kinderrcgenschirm und anderes mehr. Pulanitz (Verein für das Deutschtum im Aus land.) Volkswirtschaftliche und politische Sorgen schwerster Art lassen dar deutsche Volk jetzt kaum zur Ruhe und Besinnlichkeit kominen. Es wäre jedoch schadcnbringend, wollte man über diesen Dingen wichtigeres und notwendigstes vergessen. Das Deutschtum im Auslände ist es, das scincm Schicksal, dein vollständigen Vergessenwerden, entrissen werden Muß. Man darf diese 40 Millionen Volksgenossen, die im Auslande leben, nicht vergessen, wenn man sich im Jnlande nicht schwer schädigen will. Mau kann auch an diesen 40 Millionen nicht stillschweigend vorüber gehen, denn AuSlandrdeutschtum und Reichsdeutschtum stehen in Wechsel wirkung. Unsere Handelsbilanz bessert sich, will aktiv werden. Nicht der letzte Grund hierfür find unsere Ausländsdeutschen. Sie waren die ersten Abnehmer deutscher Erzeugnisse nach der Wiederaufnahme der Handelsbeziehungen. Dessen sollte man sich in ganz Deutschland dank bar bewußt werden. Und der Schrei nach Kolonien geht somit unbe wußt konform mit der Erkenntnis der Wichtigkeit der Beziehungen zu unseren Ausländsdeutschen. Die Notwendigkeit und Wichtigkeit dieser Beziehungen am tiefsten erkannt zu haben, darf dem Verein sür das Deutschtum im Aulande zugesprochen werden. Seine Ausgabe war es ja von jeher, für diese Erkenntnis zu werben. Dr. Bell, Cassel, ist der Berufenste für die Propagierung dieser Gedanken. Ain Freitag sprach er in PulSnitz über das Thema: „Ringendes Deutschtum in aller Welt." Zahlreiche Schilderungen eigener Erlebnisse unter den Deutschen im Auslande und wertvolle Hinweise gaben ein anschauliches Btld vom Schick sal dieser nunmehr erwachenden Minderheiten. Anfangs vergesse»» vom Stammlande, in Unverbundenhcit, losgelöst vom Stammlande, bauten sie wohl eigene Kultur, die aber mehr und mehr Gefahr lief, von frem der Kultur anfgesogen zu werden. Die Not Südtirols zeigt das noch heute. Und den DeutsHen in Siebenbürgen, im Banat, in Bessarabien, in der Slowakei und in Ungarn ergeht cs ähnlich. Die drückenden Nöte, die alle diese Minderheiten in Europa nach dem Kriege besonders hart erfahren mußten, ließ sie nach Hilfe ausschauen. Der Rus nach dem Stammlande wurde laut, der Anschluß, oder wenigstens das innere Berbundenwerdcn mit ihm wurde das Ziel dieser Bedrängten. Diesen Rus der 40 Millionen Volksgenossen muß das Staminland erst ver stehen lernen. Und dieses ve»stehen und deuten wollen unterstützt der B. D. A. Wir sind jedoch noch nicht soweit, daß wir alle erkennen: DieAuslandsdeutschen und wir in der Heimat bilden eine Schicksalsgcmcin- Aaft, alle deutschsprechenden gehören zusammen, ob uns äußerlich auch LandesgrenM trennen oder nicht. Erkennen wir nicht die Notwendig keit dieses engen Zusammenschlusses, dann kann uns ein Gespenst be drohen, wie cs Dr. Bell in folgendem zeichnete: In der Slowakei werden Tausend: Deutscher militärisch ausgebildet. Das Heer ist Kriegs- Waffe. Wer garanti rt dafür, daß diese Kriegsmacht nicht auch gegen uns angewendel werden könnte? Die Gefahr des Bruderkrieges ist ohne weiteres gegeben. Wer Hilst? Selbst müssen wir uus helfen! Zusammenschluß ist notwendig. Und neben der negativen die positive streng gegem SWg nes WkMMnts Der Verlauf der Nachtsitzung des Völkerbundrates — Chamberlain zufrieden — Auch am Sonntag Verhand lungen im Konflikt der Schwerindustrie — Graf Westarp zur politischen Lage Gens. Am Sonnabend trat der Völkerbundrat zu einer streng geheimen Sitzung zusammen, an der auch Mar- schatt Pilsudski und der litauische Ministerpräsident Woldemaras teilnahmen, in der aber der Sitz Polens von Außenminister Zaleski eingenommen wurde. Die Be ratungen fanden in dem Büro des Generalsekretärs des Völkerbundes statt. Die geheime Ratssitzung war nach etwa einstündiger Dauer beendet. Aus den Antworten, die die Ratsmitglieder den sie erwartenden Journalisten gaben, kann man zwar nicht mit absolut gewisser, aber doch mit großer Wahrschein lichkeit schließen, daß man einer Lösung der Frage näher gekommen ist. Die rätselhafteste und hoffnungsvollste Ant- wort gab der chilenische Delegierte Villegas, der auf alle Fragen nur die eine Antwort hatte: „Friede auf Erden und den Menschen ein Wohlgefallen!" Keine Behebung des polnisch-litauischen Konflikts. Genf. Die Verhandlungen über die Lösung des pol nisch-litauischen Konfliktes gehen zwischen den verschiedenen Delegationen weiter. Einer Entscheidung scheint aber weder Polen noch Litauen geneigt zu sein. Von beiden Seiten will man sich nur in bezug auf die formelle Aufhebung des latenten Kriegszustandes binden und im übrigen freie Hand behalten, so daß also der Kon flikt unverändert in der Schwebe bleiben würde. Der Kon flikt hat bereits dazu geführt, daß man den Gedanken der Einsetzung einer Kontrollkommission aufgegeben hat. Der Rat wird sich wohl darauf be schränken, lediglich eine Erklärung vor der Ratsversammlung abzugeben, ohne damit eine bestimmte Entscheidung zu treffen oder eine Empfehlung an die beiden Seiten zu geben. Nachtsitzung des Völkerbundrates. „Beilegung" des polnisch-litauischen Konflikts. Um 1411 Uhr nachts wurde am Sonnabend die erste öffentliche Nachtsitzung des Völkerbundrates eröffnet. Die meisten Mitglieder des Hohen Rates waren im Frack oder im Smoking, schon halb im Geiste bei irgendeinem Eskalade- fest. Die Frauen der Ratsmitglieder waren in großer Gesell schaftstoilette erschienen. Lady Chamberlain trug Bordeaux rot mit etwas zartem Gold . . . Was die Verlesung des Berichtes über die kurz vorher zustande gekommene litauisch-polnische „Einigung" betrifft, so bietet er nach allem keine Ueberraschung mehr. Der Völkerbundrat, indem er noch einmal betont, daß der Kriegszustand zwischen zwei Mitgliedern des Völker bundes sich nicht mit dem Geiste des Völkerbundes ver- trägt, nimmt Akt von den feierlichen Erklärungen des Ver- treters von Litauen, daß sich dessen Land nicht mehr im Kriegszustand mit Polen betrachte und infolgedessen der Friede zwischen beiden Ländern besteht." Es werden dann so bald wie möglich Aufnahme der di rekten Beziehungen empfohlen unter dem Schutze der guten Dienste des Völkerbundes. Schließlich erklärt der Rat feier lich, daß die vorgelegte Resolution keine der Fragen berührt, in denen die beiden Regierungen verschiedene Gesichtspunkte haben. In der Tat eine Resolution, deren Nichtssagenheit schwer zu übertreffen ist, bis auf die Tatsache, daß Litauer! in der Tat den Kriegszustand aufgibt und daß der Völker bund seine guten Dienste bei den Grenzschutzfällen verspricht. Pilsudski, in der ersten Reihe der Zuschauer sitzend, wohnte den Verhandlungen bei. Chamberlain zufrieden Genf, 12. Dezember. In einem Interview mit dem Reu tervertreter in Gens sprach sich Chamberlain sehr befriedigt darüber aus. daß alle in der gegenwärtigen Völkerbundsrats tagung vertretenen Mächte mit gleichem Nachdruck für die Lösung des litauisch-polnischen Konfliktes eingetreten seien. Chamberlain betonte, daß auch Rußland in diesen Kreis ein- zubeziehen sei. Obwohl der polnisch'litauische Konflikt zwischen ihm und Litwinow nicht berührt worden sei, könne er sagen, daß Litwinow seinen Einfluß geltend gemacht habe, um dem Kriegszustand -in Ende zu machen. Aus hie Frage, ob der Genfer Aufenthalt des englischen Botschafters in Rom mit der Entwicklung der französisch-italienischen Beziehungen oder mit der gerüchtweise angekündtgten Zusammenkunft zwischen Briand und Mussolini zusammenhänge erwiderte Chamberlain, daß von dem Besuch des Botschafter, keine besonderen Ereignisse er wartet werden dürften Chamberlain fügte hinzu, daß die Schwierigkeiten zwischen Frankreich und Italien nicht überschätzt werden dürften. Ueber die Verhandlungen mit Litwinow be fragt, bettäiigte Chamberlain nochmals, daß das nach der Aus sprache herausgegebene Kommunique zwischen beiden Staats männern vereinbart worden sei. Die Besprechung sei in voller Harmonie verlaufen, habe aber bisher zu keinem praktischen Ergebnis gesühri- Auch am Sonntag Verhandlungen über den Konflikt in der Schwerindustrie Berlin, 12 Dezember. Der Konflikt in der Schwerindustrie war während des ganzen Sonniags Gegenstand von Verhandlungen, die im Reichsarbeiismiaisterium stattgefunden haben. Der Standpunkt der Reichsregicrung bezüglich der Arbeilszeitverordnung geht nach wie vor dahin, daß eine Zurückziehung oder Hinausschiebung derselben nicht in Betracht kommen kann. Der Standpunkt der Reichsregierung ist den Vertretern der Schwerindustrie bekannt. Graf Westarp zur politischen Lage. Vorläufig keine Reichstagswahlen. In Magdeburg betonte Graf Westarp in einer Rede, daß Regierung und Regierungsparteien trotz Wahl psychose und Koalitionsheße der Linken, die Zeit von einem Jahr, die diesem Reichstag bis zum Ablauf seiner Wahl periode verbleibt, noch zu praktischer Arbeit ausnutzen wollen. Vom Osten, vom Balkan, von Polen und von Litauen drohen Gewitterwolken. In Genf hat man der Arbeit des Ausschusses für die Sicherhcitsverträge zeitlich den Vorrang vor denjenigen der Abrüstungskommission gegeben und damit erneut das deutsche Recht und Interesse bedroht. In der in neren Politik stehen Besoldungsreform und Schulgesetz, Rege lung des Rechtsanspruches der Kleinrentner und der Liqui dationsgeschädigten, Verlängerung und Neugestaltung der mit Jahreswende fortfallenden Wohnungs- und Mietgesetze im Vordergründe. Die äußere und innere Lage fordert, daß die Störun gen und Unruhen des Wahlkampfes nicht beginnen, bevor nicht der Etat geregelt ist. Eine organisatorische Milde rung der Schuldenlast für die Landwirtschaft muß herbei- aeführt werden. Handelspolitische Entscheidungen drängen. Zeitlich am weitester: znrück, sachlich mit an der Spitze steht das große kulturelle uud nationale Werk der Strafrechts reform. Die Aufzählung macht nicht den Anspruch, erschöpfend zu sein. In all diesen Fragen besteht die ernste Pflicht, ebenso aber auch, trotz Meinungsverschiedenheiten und Schwierigkeiten, deren Gründe nicht verschwiegen werden sollen, die Möglichkeit, zu abschließender Einigung der Koa litionsparteien und damit zu positiver Tat zu gelangen. Die demokratische Forderung des unitarischen Einheitsstaates hat bis weit in die Rechtsparteien hinein den Blick von dem abgelenkt, worauf es ankommt. Nicht der Fortbestand eigen staatlicher Länder, auch nicht das Verhältnis zwischen Reich und Ländern, so reformbedürftig es ist, sondern die absolute Herrschaft parlamentarischer Parteimehrheiten und die Üeberspannung des parlamentarischen Regierungssystems bis in die letzten öffentlichen rechtlichen Körperschaften hinein, sind die wahre Ursache der verschwenderischen und zweckwidrigen öffentlichen Wirtschaft. Darum haben wir es uns zur besonderen Aufgabe gemacht, zunächst einmal der gesamten Partei eine feste Richtlinie für die Beurteilung der jetzt so viel erörterten Fragen des Einheitsstaates, der Schaffung von Reichsländern und der Mediatisierung und Aufteilung Preußens zu geben. Sozialpolitische Kundgebung des Deutschen Gewerkschaftsbundes. Essen. Der Deutsche Gewerkschaftsbund veranstaltete in Essen in Anwesenheit des Direktors des Internationalen Arbeitsamtes in Genf, Albert Thomas, des preußi schen Wohlfahrtsministers Hirtsiefer u. a. eine große öffentliche Kundgebung. Als erster Redner ging der Vor sitzende des Gewerkvereins Christlicher Bergarbeiter Deutsch lands, Imbusch - Essen, von den sozialpolitischen Kampsen und Erfolgen der Arbeitnehmerschaft aus und kritisierte er neut die Beamtenbesoldungsneuregelung. Zum Schluß sprach Albert Thomas über das Genfer Arbeitsamt und seine Aufgabe.