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DER HANDELS GÄRTNER, Handelszeitung für den deutschen Gartenbau Nr. 8 60 Der Wert der Spezialkulturen an kleinen Plätzen. Von Paul Schmidt, Lüptitz. Wenn man heutzutage einen Rundgang durch die Han delsgärtnereien in kleinen Landstädten und Dörfern macht, so entdeckt man, daß jeder Gärtner naturgemäß von allen Artikeln etwas hat; er zieht Gemüse, Topfpflanzen, legt kleinere oder größere Kundengärten an, hat auch mit der Binderei für Freud und Leid zu tun, betreibt nebenbei eine kleine Baumschule für Obst- und Ziergehölze, geht auf den Markt usw., kurz und gut, er hat einen möglichst vielseiti gen Betrieb, der ihm aber doch schwerlich den Nutzen ein bringt, den er eigentlich bei den verschiedenen Gebieten verdienen sollte. Daß ein einzelner Gärtner auf dem Lande, als einziger am Platze, von allem etwas haben muß, das liegt an den Forderungen der Kundschaft und das läßt sich auch nicht ändern. Anders liegt es, wenn vier bis fünf oder mehr Gärtner am gleichen Platze sind; da hält es schon schwerer; da wird die älteste Firma am besten ab schneiden, falls sie nicht von den jüngeren Kollegen über flügelt wird. Nehmen wir einmal an, es gründet heute in einem kleinen Städtchen von ca. 4—5000 Einwohnern ein Anfänger eine Handelsgärtnerei; er wird von den bereits ansässigen 5 Gärtnern mit einem unberechtigten Vorurteil anerkannt, da sie in ihm einen Konkurrenten, statt einen Kollegen erblicken. Wir nehmen an, er zieht alles, was ein Anfänger eben haben muß; mit Gemüse wird er ohne Zweifel im Anfang das beste Geschäft machen, da ihm Gemüse in verhältnismäßig kurzer Zeit und auf der kleinen Fläche den meisten Gewinn bringt, so daß er die man cherlei Neuanschaffungen nacheinander abzahlen kann. Nachdem er während eines Jahres Fühlung mit dem orts ansässigen Publikum bekommen hat und mit dem Ge schäftsgang zufrieden ist, fängt er an, Gewächshäuser zu bauen, seine Mistbeetkästen zu vermehren und legt sich auf Topfpflanzenkultur, indem er zunächst die bekannten Marktpflanzen usw. kultiviert. Er verwertet dabei die Kenntnisse und Erfahrungen, die er während seiner Ge hilfenzeit gesammelt hat und arbeitet mutig drauf los; auch Binderei-Aufträge werden angenommen, vorausgesetzt, daß seine Frau eine gute Binderin ist, denn Personal kann er sich in den ersten Jahren nur spärlich halten, und freut sich vielleicht, das alles so gut geht. Im 3. und 4. Jahre kauft oder pachtet er, falls sein Geschäft es einbringt und er sich vergrößern möchte, womöglich etwas zu. Nun nimmt aber die Einwohnerzahl der Stadt nicht in dem Maße zu, daß eigentlich mehr Gärtner notwendig werden; denn bevor er sich am Orte niederließ, haben doch die ansässigen fünf Gärtner den Bedarf auch decken können. Daraus ist zu schließen, daß manche Aufträge dem Anfänger Verdienst bringen, die früher einem der anderen Gärtner gegeben wurden; folglich leiden die alten fünf Geschäfte mehr oder weniger unter dem neuen Anfänger, der es verstanden hat, sie auf dem oder jenem Gebiet zu überflügeln, kurz und gut, er kommt hoch und das wird jeder Geschäftsmann erstreben. Nun kann aber die Sache auch umgekehrt gehen und das ist leider nicht selten der Fall; wenn dem Anfänger absolut nichts gelingen will, ist er allerdings meistens selbst daran schuld, und man prüfe deshalb wohlweislich alle Gesichtspunkte genau, bevor man ein Geschäft gründet, zumal wenn nicht viele Mittel zur Verfügung stehen, was beim Gärtner doch in vielen Fällen zutreffen dürfte. — Was hat das alles aber mit Spezialkulturen zu tun, wird man ohne weiteres einwerfen? Wir werden das gleich sehen; lassen wir den Anfänger sein gutgehen des Platzgeschäft, das ist heute so notwendig, wie die Ge schäfte der Nahrungsmittelzweige. Wenn nun die fünf an deren älteren Gärtner unter dem Wettbewerb des neuen Kollegen etwas leiden, da dürfte der eine oder der andere von ihnen sich ohne weiteres fragen, wie wäre es, wenn ich mich auf eine bestimmte Spezialität legen würde; sagen wir auf Chrysanthemum oder Cyclamen? Ich werde jetzt versuchen, diesen beiden Kulturen mehr Personal, mehr Zeit und Aufmerksamkeit und damit mehr Geld zu zuwenden und lasse entweder die Palmen oder Asparagus oder Primel fallen, die dann meine Kollegen wieder als Spezialität ziehen können, das Publium merkt bald, aha, die oder jene Pflanze bekomme ich bei dem und dem am schönsten und was sind die Folgen, der Anfänger merkt das natürlich auch und wird, wenn er schlau ist, sich auf etwas verlegen, das an dem betreffenden Platze noch neu und auf alle Fälle nur wenig vertreten ist. Und was sind die Folgen davon? Die Gärtner werden gleichmäßiger be rücksichtigt vom Publikum und haben zu leben, und brauchen sich nicht zu bekämpfen. Dazu kommt noch, daß ein solcher Spezialist nicht nur an dem betreffenden Ort, sondern auch in der engeren und weiteren Umgebung bekannt wird. Er wird mit der Zeit auch in Fachzeitungen Anzeigen loslassen und empfiehlt sich dadurch von selbst weiter; gute Ware geht immer weg; diesen Grundsatz sollte jeder Gärtner beherzigen. — Oder nehmen wir an, ein Anfänger betreibt sofort an einem Platze Spezialkulturen, verlegt sich dabei auf Ver sand; er wird die ortsansässigen Kollegen dadurch nicht viel hindern. In Holland und Belgien z. B., da sagt einem der Geschäftsinhaber sofort, falls er nach irgendeinkem Artikel gefragt wird, den er nicht hat, o, den bekommen Sie bei meinem Nachbar am schönsten usw,, da unter stützen sich die Gärtner auf diese Art und Weise und das fördert die Kollegialität ganz bedeutend. Bei dieser Art Spezialkultur kommt sicher mehr dabei raus, als mancher denkt. Nur ein Beispiel: ein Handelsgärtner zieht all jährlich 100 bis 150 Cyclamen an; kommt er auf seine Kosten, wenn er dieselben nach fast zehnmonatlicher Kul tur für 50 bis 80 Pf. verkaufen muß? Ich behaupte — niemals! Tut er da nicht viel besser, er überläßt diese Kultur einem andern, der sie als Spezialität zieht und kauft ihm in der Bedarfszeit 100 Pflanzen ä 30—40 Pf. ab, läßt sie zum Blühen bringen und verkauft sie nachher mit so- und so viel Prozent Gewinn? Ihm ist doch mehr damit ge dient und dem Spezialisten auch und wir wollen doch nur einer dem andern helfen. So geht es mit Chrysanthemum, Primeln und vielen anderen Artikeln. Versuche werden ohne Zweifel den Wert dieser Art Spezialkultur in jeder Weise bestätigen. Der „Strauß", eine neuartige Blumen-Ausstellung in Berlin vom 5, bis 8. Februar. Er war ein Ereignis, der „Strauß“, und nicht unbeachtet (wie es leider Tatsache war) sollten wir Gärtner daran vor über gehen. Sind es doch unsere Erzeugnisse, die einzig und allein zur Verwendung kamen, und neue Absatzwege, neue Kundschaft sollten uns doch erfreuen! Aber wir sind gewohnt, alles Gute, alles Fördernde um unseren Beruf, als selbstverständlich hinzunehmen und es höchst unliebsam zu empfinden und wiederzugeben, wenn die Welt mit ihrem Verkehr und allmählich veränderten Erwerbsbedin gungen uns über den Kopf wächst! — Der „Strauß“, um es endlich zu sagen, war eine von der Gesellschaft Berlins veranstaltete Blütenschau un ter Ausschaltung jeglicher gärtnerischer Mithilfe. Aus eigenem Schönheitsempfinden wollten hohe und allerhöchste Damen die vielen (wohl 50 und mehr) künstlerisch ausgestatteten Räume der „Vereinigten Werk stätten für Raumkunst“ schmücken und unser gärtnerischer Werkstoff, die Blumen, sollten das einzige Mittel hierzu bieten. Alles in allem eine revolutionäre Idee, die das Gute in sich trug, mal etwas anderes zur Förderung der Wohl tätigkeit sein zu wollen, als die immerwährenden Bazare. Der „Cecilienhilfe", unter dem Protektorate der Kronprin zessin stehend, kamen die Einnahmen, die am ersten Tage pro besuchende Person 10 Mk., am zweiten 6 Mk, betrugen, zugute. Nicht, daß man auf alle Arbeiten unserer schönen