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Nr. 5. Freitag, den 30. Januar 1914. XVI. Jahrgang. Der Handelsgärtner Abonnementsprels bei direktem Bezug vomV erlag: für Deutschland» Oesterreich und Luxemburg M. 5.—, für das Ausland M. 8.—, durch die Poet oder den Buchhandel M. 20.— pro Kalenderjahr. Ausgabe jeden Freitag. Handelszeitung für den deutschen Gartenbau Begründet von Otto Thalacker. — Verlag: Thalacker & Schwarz, Leipzig-R., Comeniusstr. 17. Inserate SO Pfennige für die vier- gespaltene N onpareille - Zeile, auf dem Umschlag 40 Pfennige, im Beklameteil M. 1.— für die zweigespaltene 105 mm breite Petit-Zeile. Das Abonnement gilt fortlaufend u. kann nur durch Abbestellung 14 Tage vor Jahresschluß aufgehoben werden. Beachtenswerte Artikel in vorliegender Nummer: Ueber die derzeitige innere Lage des deutschen Obstbaues. II. (Schluß.) Zwei wertvolle Neuheiten in Azalea indica. Neue Laubhölzer aus China. II. Obstbaumschßdllnge und ihre Bekämpfung. III. Eine Gefahr für den gärtnerischen Ausfuhrhandel nach Dänemark. Die Obst- und Gemüseernte im Bezirk Venedig im Jahre 1913. Volkswirtschaft, Zollwesen, Vereine und Versammlungen, Ausstellungen, Lohn bewegung, Fragekasten für Rechtsangelegenheiten, Praxis und Wissen schaft, Pflanzenkrankheiten. — Aus der Berufsgenossenschaft, Markt berichte usw. Ueber die derzeitige innere Lage des deutschen Obstbaues. Von A. Janson. II. (Schluß.) So hat sich denn seit dem Jahre 1902 alljährlich eine gewaltige Masse schlecht verwertbaren Ausschußobstes angesammelt, und dieser Umstand kann als das Schmer zenskind der ganzen Obsterzeugung bezeichnet werden. Man hat ja seit Jahren viel um die Hebung der häus lichen Ob stv er Wertung getan. Es sind unentgeltlich, oder mit Zuschüssen, geeigneten Vereinen Obstdarren, Keltern und Pressen, andere Verarbeitungsmaschinen gegeben wor den, doch haben sie in den seltensten Fällen das geleistet, was man von ihnen erhofft hat, nämlich die häusliche Obst verwertung wieder volkstümlich zu machen. Dazu sind diese Verfahren nicht einfach genug, und vornehmlich ist nicht bedacht worden, daß überall Hände dazu gehören und daß die landwirtschaftlichen Haushaltungen, welche in erster Linie in Betracht kommen, an sich wenig Arbeits kräfte besitzen, und daß diese während der Obstreife mit wichtigeren Arbeiten im Felde beschäftigt sind. Die heute so verbreitete Methode des Sterilisierens in Gläsern und Krügen läßt sich trotz aller Einwendungen nie zu einer volkstümlichen Obstverwertung ausgestalten. Da zu sind die Kosten der Anschaffung zu groß, die konser vierten Mengen zu gering. Eine Hausindustrie in meinem Sinne muß sich die Ver arbeitung des Ausschußobstes zu Halbfabrikaten an nehmen, die an die Fabriken verkauft, und dort zu Fein erzeugnissen verarbeitet werden. So sind etwa Pflaumen und Zwetschen in reichen Jahren mit Schalen und Steinen soweit einzudicken, daß sie sich bequem versenden lassen. Das Passieren zur Entfernung der Steine, Schalen und Stiele soll der Fabrik überlassen bleiben. Pflaumen sollten nach alter Methode auf Weidengeflecht im Back ofen auf zwei Drittel ihres Gewichtes eingetrocknet werden, um auf diese Weise an Frachtkosten zu sparen. Ein gleiches wäre möglich bei geringen Aepfeln und Birnen, die zuvor wie die Kartoffeln für das Schweinefutter in einem Faß zerstampft und dann lose, nur im Waggon fest gestampft, verfrachtet werden können. Derartige Herstel lung sollte so genossenschaftlich gemeindeweise vorge nommen werden. Es sind dazu keine anderen Einrich tungsgegenstände nötig, als der vielfach noch vorhandene Gemeindebackofen, und für die Herstellung von rohem Pflaumenmus ein gut verzinkter Kessel, über einer Feue rung eingemauert mit einem Schutzdach darüber. Nachdem heute große Mengen derartiger Halbfabrikate aus Bosnien und Kroatien und aus Nordamerika eingeführt werden, ist die leichte Verwertung im eigenen Lande ge sichert. Sollten sich einige Gemeinden einer Gegend zu einer solchen gemeinschaftlichen Verarbeitung des Aus schusses und Ueberflusses bereit finden, wird sich kaum eine einschlägliche Fabrik finden, die nicht gern einen sach verständigen Kocher zur Vornahme der notwendigen Arbeiten schicken würde. Man frage nur einmal die Fabrik leitungen, wie sehr sie es selbst bedauern, mit großen Kosten aus dem Auslande beziehen zu müssen. Dazu ist die Auslandsware oft alles andere, nur nicht vorbildlich. Die amerikanischen Abfälle der Dörrobst-Industrie, Kern gehäuse und Schalen, welche von vielen heimischen Apfel krautfabriken verwendet werden, sind oft genug alles andere als wertvoll und appetitlich; und außerdem tragen sie die Kosten eines Transportes von 4—7000 Kilometer. Auch zur Herstellung von alkoholfreien Getränken und Säften werden solche Surrogate ihrer Billigkeit wegen be nutzt. Im Interesse der Ausschußobstverwertung wäre unge heuer viel gewonnen, wenn gerade diese Abfälle und Halb fabrikate mit einem Zoll belegt würden, damit wäre mehr gedient als mit einem Zollschutz von Delikateßobst. Leider ist ein langgehegter berechtigter Wunsch im Interesse der Obstverwertung vor kurzem abgelehnt worden, nämlich die Aufhebung der Verbrauchsabgabe für Zucker, soweit er nachweislich in der Obstverwertungs- Industrie verbraucht wird. Wenn man auch nicht etwa Ausfuhrprämien auf derartige Halbfabrikate wünschen möchte, so sollten doch der Ausfuhr möglichst die Wege ge bahnt werden. Bei einigen Erleichterungen würde jeden falls der Ausfuhr nach England weiterer Vorschub geleistet werden. Seit dem Jahre 1909 haben sich die Verhältnisse in manchen Gegenden verbessert. Dieses Jahr ist dasjenige der Einführung der Biersteuer und des Weingesetzes. Als zum 1. August dieses Jahres die Biersteuer eingeführt wurde, wandte sich insbesondere der Süddeutsche, dem damals dort noch billigen Landwein zu, der Mittel- und Norddeutsche dem Aepfelwein. Als zwei Monate später auch das Weingesetz die Herstellung von Kunstweinen mit verstärkten Strafen belegte, zogen die Preise der bis dahin billigen Landweine zu Verschnittzwecken ganz bedeutend an, und aus Gründen der Billigkeit wandte sich der Süd deutsche dem Obstwein zu. Da man mit derart vermehrter Nachfrage im Fabrikationsjahr 1908 noch nicht gerechnet hatte, trat im Herbst 1909 eine starke Preissteigerung ein, und der größte deutsche Aepfelweinmarkt Frankfurt a. M. hatte ausverkauft. Seitdem verbraucht die Aepfel- wein-Industrie schnell steigende Mengen Rohobst, zumal die Ausfuhr deutschen Aepfelmostes, besonders nach Bra silien, Argentinien, Aegypten stark zunimmt. Es wäre viel-