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Nr. 50 u. 51. Freitag, den 18. Dezember 1914. XVI. Jahrgang. Der Handelsgärtner Handelszeitung für den deutschen Gartenbau Begründet von Otto Thalacker. — Verlag: Thalacker & Schwarz, Leipzig-R., Gomenlusstr. 17. Abonnementspreis bei direktem Besag vomVerlag: für Deutsenland, Oesterreich und Luxemburg M.5.—, für das Ausland M. 8.—, durch die Post oder den Buchhandel M. 20.— pro Kalenderjahr. Ausgabe jeden Freitag. Inserate 80 Pfennige für die vier- gespaltene Nonp areill e - Zeile auf dem Umschlag 40 Pfennige, im Beklameteil M. 1.— für die zweigespaltene 105 mm breite Petit-Zeile. Das Abonnement gilt fortlaufend u. kann nur durch Abbestellung 14 Tage vor Jahresschluß aufgehoben werden. Beachtenswerte Artikel in vorliegender Nummer: Ueber die wirtschaftliche Lage des deutschen Gartenbaues. Die Unfruchtbarkeit der Obstbäume, ihre Ursachen und Heilung. VI. Neuere Ergebnisse in der Bekämpfung von Pflanzenkrankheiten. II. (Schluß.) Ist der deutsche Gartenbau in der Lage, die mangelnde Einfuhr frischer Gemüse aus Frankreich auszugleichen? Handeisnachrichten, Fragekasten für Rechtsangelegenheiten, Praxis und Wissen schaft, Pflanzenkrankheiten, Bücherschau usw. Ueber die wirtschaftliche Lage des deutschen Gartenbaues. Ueber dieses Thema sprach unter besonderer Berück sichtigung der Dresdener Verhältnisse in der letzten Versammlung der Königl. Sächs. Gartenbaugesellschaft „Flora“ Herr Rosenschulbesitzer und Stadtrat Th. Simm- gen, Dresden-Strehlen. Der Vortragende gab zuerst eine kurze Wiederholung des Berichtes des Ausschusses für Gartenbau beim Landeskulturrat über den Geschäfts gang von 1913, aus welchem folgendes hervorgehoben sei: Infolge der Balkanwirren war die allgemeine Ge schäftslage nicht günstig; hauptsächlich war deshalb die | Ausfuhr nach Oesterreich und den angrenzenden Ländern sehr gering und es fehlte infolgedessen der Ausgleich gegenüber der hohen Einfuhr, namentlich von Gemüsen aus Holland und der Schnittblumen aus dem Süden. Spät fröste und Pflanzenschädlinge beeinträchtigten sehr die anfangs vielversprechenden Kulturen, und da die Garten künstler wenig Aufträge bekamen, hatten auch die Baum schulen wenig Absatz. Rosenschulen verkauften zwar ziemlich gut, doch litt die junge Anzucht sehr unter Spät frösten, so daß die im Frühjahr großen Hoffnungen zu schanden wurden. Von Topfpflanzen und Schnittblumen waren 1913 infolge des schlechten Geschäftsganges, aber auch infolge der in manchen Artikeln oft unsinnigen Ueber- Produktion, nur .erste Qualität abzusetzen. Gemüsekultur im Freien war wenig einträglich; das getriebene Gemüse brachte etwas mehr Gewinn, doch verursachte das kühle, nasse Wetter viel Schädigungen durch Krankheiten, so : z. B. bei Gurken die Blattfleckenkrankheit, welche nur : dank der Einfuhr aus Holland bei uns einen so großen Umfang einnehmen konnte. Oftmals mußte deshalb die Gurkenkultur ganz aufgegeben werden. Laut Statistik be trägt die Einfuhr von Holland allein in den letzten Jahren jährlich gegen 80 Millionen Mark, und oft kommen die Ge müse'von dort zu einer Zeit, in der bei uns selbst Ueber- fluß an solchen ist. Soweit wiederholte der Redner den Bericht des Lan deskulturrates von 1913. Leider, führte selbiger weiter aus, hätten sich die Hoffnungen und Wünsche dieser Körper schaft für das Jahr 1914 nicht erfüllt, denn auch in diesem Frühjahr war das Wetter den Kulturen nicht sehr günstig, und später, bei Kriegsausbruch, seien die Schäden in unserem Beruf viel größer und einschneidender gewesen, als 1870, wo der Gartenbau lange nicht die volkswirt schaftliche Bedeutung von heute besaß; ganz besonders gilt dies auch mit Bezug auf den sächsischen. Natürlicher weise trat in der Gärtnerei wie bei anderen Berufen bei Kriegsausbruch eine gewaltige Bestürzung ein, doch der Mensch gewöhnt sich bekanntermaßen an alles, und so ge langten auch hier wieder Handel und Wandel in geregelte Bahnen, Der Handel mit Obst und Gemüse erholte sich zuerst, doch auch der Blumenhandel belebte sich wieder. Von den Gemüsen waren z. B. die um, diese Zeit noch ausgesäten Radies und Rettiche gut abzusetzen; auch Salat erzielte im Anfang angemessene Preise, während später dieselben stark zurückgingen, ebenso fanden späte Karotten guten Absatz, Bohnen ebenfalls, dafür war das Geschäft mit hiesigen Gurken durch die Einfuhr sehr ge drückt. Von Freilandgemüsen gingen Karotten auch ziem lich gut, Kraut, Kohlrabi und andere Kohlarten wurden durch die Kohlhernie stark geschädigt. Ebenso war bei den Bohnen durch das kalte Wetter und den Frost im Frühjahr viel Ausfall; spätere Aussaaten entwickelten sich besser. Die Preise waren jedoch im großen und ganzen gut, auch bei Salat im Anfang des Jahres, Spinat war gut geraten und brachte, da wenig Angebot, angemessene Preise, Im großen und ganzen waren 1914 die Ergebnisse im Gemüsebau nicht besser als 1913, Baumschulen hatten naturgemäß, da auch die Gartenkünstler wenig Aufträge bekamen, geringen Absatz; auch der Versand war durch den uns freventlich auf ge drungenen Krieg auf ein Minimum gesunken. Das Rosen geschäft hatte nur die Hälfte Umsatz gegenüber dem Vor jahre. Die Landschaftsgärtnerei hatte bei Ausbruch des Krieges gleichfalls nur wenig Beschäftigung, da viele Herr schaften sich zu sehr einschränkten, was Redner als einen wenig patriotischen Zug bezeichnete. Der Topfpflanzenversand der Dresdener Er zeugnisse hat sich im allgemeinen besser gestaltet, als in der ersten Bestürzung zuerst angenommen wurde, da Bel gien nichts lieferte. Mit Eriken z, B. war das Geschäft befriedigend; überhaupt ging kleine Topfpflanzenware ziemlich gut weg. So z. B. wurden von kleinen und mitt leren Azaleen gegen 60 Prozent verkauft, von großen da gegen nur 10 Prozent, kleine Rhododendron 50 Prozent, kleine Araukarien bis 75 Proz.; kleine Phoenix bis 3 Mk. fanden sehr guten Absatz, bis zu 6 Mk, leidlichen; kleine Kentien und kleine Cocos bis 3 Mk. langten nicht aus; nach Lorbeer dagegen war keine Nachfrage. Insgesamt betrug der Herbstumsatz nur gegen 40 bis 50 Prozent gegenüber den Vorjahren, da der Versand nach Rußland, der Türkei, Aegypten usw. fehlte. In den hiesigen Blumengeschäften stockte bei Kriegsausbruch das Geschäft fast vollständig, jetzt hat es sich bis zu 50 Prozent wieder belebt. Naturgemäß (leider) hat die Trauerbinderei jetzt stark zu tun, während Tafel dekorationen und andere Bindestücke auch jetzt noch sehr wenig begehrt werden, Das Geschäft am Totensonntag war ziemlich gut, aber es wurden meist nur kleine Sachen abgesetzt, während nach großen wenig bis gar keine Nachfrage bestand.