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Die Unfruchtbarkeit der Obstbäume, ihre Ursachen und Heilung. Von Obstbauinspektor K Janson. V. Streut man auf ein Brett am Fenster zwei Häufchen von Saccharin und reinem Streuzucker aus und bedeckt beide mit Glasglocken, dann sammeln sich die Wespen und Bienen alsbald um die Glocke, unter welcher der Zucker liegt. Beide Stoffe sind weiß und pulverartig, beide für uns geruchlos; aber der ungeheuer feine Geruchsinn der Insek ten wittert durch die Glasglocke hindurch den fein aroma tischen Stoff. Die Nachtschmetterlinge finden die Blüten nicht durch das Auge, sondern auf große Entfernungen hin mit dem Geruchsinn. Bekannte Tatsache ist es auch, daß manche Insekten feine ätherische Düfte kilometerweit empfinden. Man hat weibliche Nachtschmetterlinge, die sonst nur im Walde vorkommen, während der Schwärmzeit kilometerweit über Wiesen und Felder verschleppt. Unter Drahtnetzen an das offene Fenster gebracht, haben sich durch den Geruch sinn angelockt, stets männliche Schmetterlinge der gleichen Art bald eingefunden, die sonst nie den Wald verlassen. Demnach kann es nicht wundern, daß die betreffenden Insekten, bei der Eiablage auch den feinen mandelartigen Duft wittern, welcher den Samen eigentümlich ist. — Es hat sich nun gezeigt, daß die meisten derjenigen Sorten, welche sich durch ihre regelmäßige Tragbarkeit für den erwerbsmäßigen Anbau empfohlen haben, ausge prägte Neigung zum Ansatz, auch den Anreiz einer Be fruchtung und Samenbildung besitzen. Da sie von nachtei ligen Einflüssen während der Blüte weniger abhängig sind als andere, ist diese Regelmäßigkeit der Ernten ja ver ständlich. Immerhin aber bildet einstweilen der ordnungsmäßige Verlauf der Befruchtung die Vorbedingung für den Frucht ansatz und die Fruchtfleischbildung, so daß damit als mit einer Regel gerechnet werden muß. Selbstverständlich soll hier nicht gesprochen werden von jenen Möglichkeiten einer Verhinderung der Befruch tung, die allgemein bekannt sind und die sich bei aller menschlichen Intelligenz nicht beheben lassen. Hier soll nur die Rede von einer Anzahl jener Möglichkeiten sein, welche die Erklärung für die Unfruchtbarkeit dort geben, wo die große Praxis scheinbar keine Ursache kennt und findet. — Unfruchtbarkeit infolge Bodentrockenheit. Sie ist ungeheuer viel häufiger, als selbst in Fachkreisen angenommen wird. Die Plantage der Gärtner-Lehranstalt in Köstritz, die freilich erst nach Anlage hinzugekauft wurde, trägt etwa 800 Stämme, vornehmlich Zwetschen, dann aber auch Aepfel, Birnen und Süßkirschen. Die Ernten gehen im Jahresdurchschnitt nicht über 4—5 Zent ner hinaus, weil der Boden außerordentlich trocken ist. Die Ackerkrume ist nur etwa 30 cm stark und ruht-auf blankem Kies, infolgedessen das Wasser wie durch ein Sieb abläuft. Die städtische Plantage zu Naumburg a. S. umfaßt 27 000 Stämme. Auch hier ist der Boden zu trocken. Die Plantage hat seit ihrem Bestehen 350 000 M. Zuschuß erfor dert, muß als gänzlich unfruchtbar gelten und hat beispiels weise im Jahre 1908 nur 1% Ztr. eingebracht. Die Ursache liegt darin, daß bei hochgradig trockenen Böden die Narbe in der Blüte aus Mangel an Feuchtigkeit nicht jene klebrige Flüssigkeit ausscheidet, welche zum Festhalten und Keimen des Blütenstaubes notwendig ist. Infolgedessen gleitet der Pollen einfach ab und wenn er selbst fest gehalten werden sollte, werden seine Kräfte nicht lebendig gemacht. Unter solchen Verhältnissen setzt auch die. Ausscheidung von Nektar in den Blüten aus. Es fehlt der Anreiz für die Insekten, welche die Blütenstaub übertragung besorgen, die Blüten zu besuchen. Und mit der Nektarerzeugung schwindet auch die Abscheidung des Aro mas. So fehlen bei Trockenheit des Bodens zwei der wich tigsten Voraussetzungen für die Blütenstaub-Uebertragung. Verschärft wird dieser Umstand noch dadurch, daß zur Zeit der Blüte oft helles, warmes Wetter herrscht. Die Erfah- inng lehrt, daß inWasser führenden Böden und nassen Win tern diese Erscheinung nie auftritt. Ob der Boden zu trocken ist, läßt sich leicht feststellen. Wenn ein schmales Streifchen Papier beim Betupfen nicht auf den Narben haften will, fehlt es an der notwendigen Feuchtigkeit. Für den Kenner genügt auch die Beobachtung, daß die honig- sammelnden Insekten zu Hause bleiben, höchstens in den allerersten Morgenstunden vereinzelt fliegen. Die beste Abhilfe ist gründliche Bewässerung kurz vor der Blüte. In großen Pflanzungen, wo das undurchführbar ist, ge nügt es, wenn die blühenden Bäume in der Zeit von Sonnen aufgang bis etwa gegen 10 Uhr vormittags nacheinander mit reinem Wasser übersprüht werden. Man bedient sich dazu der Obstbaumspritzen, die sonst zur Desinfektion gegen die Schorfkrankheit allgemein verwendet werden. Pflanzt Obstbäume! Schon längst ist Obst kein Luxusartikel und keine De likatesse mehr, sondern ein wichtiges Nahrungsmittel für alle Schichten der Bevölkerung. Der enorm gestiegene Verbrauch kann daher auch lange nicht durch die Produk tion im Inlande gedeckt werden, für rund 100 Mil lionen Mark ist in den letzten Jahren durchschnittlich alljährlich an Obst und Obstprodukten aus dem Ausland zu uns gekommen. Der Krieg wird auch hier hoffentlich Wandel schaffen und zu vermehrtem Obstbau im Inlande anregen, um diese vielen Millionen dem Vaterlande zu er halten, besonders da fast alle Gegenden und Orte, wo inten- siver Obstbau getrieben wird, sich durch Wohlhabenheit auszeichnen. Man soll aber nicht warten mit der Anpflan zung, bis der Krieg beendet ist, „jetzt, di esen Herbst nochgepflanzt", damit bald geerntet werden kann, be sonders da gerade der Herbst die beste Pflanzzeit ist. Darum, ihr Grundbesitzer, pflanzt Obstbäume! Ihr legt dadurch Euer Geld gut an, schafft Euch eine sichere Ein nahmequelle und tut ein gutes, echt nationales Werk, 1 — i Volkswirtschaft u. Gesetzeskunde. 7 Die rätselhafte Auszeichnung. Irreführung des Publikums durch das Schaufenster am Sonntaq-Nachmittag. (Nachdruck verboten.) In dem Blumengeschäft K. J. in St. hatte man, um Käufer anzulocken, ein eigenartiges Mittel angewendet. Jeden Sonntag nachmittags, wenn die Geschäfte geschlos sen waren, sah man dort Kränze und Blumen — prächtige Sachen —- zu erstaunlich billigen Preisen ausgestellt. Wer von den Vorübergehenden aber den Entschluß gefaßt hatte, die ausgezeichneten Kränze oder Pflanzen zu erwerben, mußte sich am Montag dahin belehren lassen, daß er sich „geirrt“ haben müsse. Denn jetzt kostete der Kranz, der gestern mit 2 Mark ausgezeichnet war, 4 Mark. Zur Ver tuschung der Irreführung hatte man hin und wieder auch einen anderen Kranz, dessen Wert dem ausgezeichneten j Preise entsprach, ins Fenster gelegt und den besseren Kranz in den Laden genommen, wo er dann viel teurer angeboten wurde. Der Schutzverein für Handel und Ge werbe in Stettin, der sich für diese Sonntagsauszeich nungen interessierte, erstattete Anzeige wegen unlauteren Wettbewerbs. Es gelang ihm außer dem mitgeteilten Fall von dem Kranz, einen anderen nachzuweisen, in dem für eine des Sonntags mit 2.50 Mark ausgezeichnete Zimmer- j tanne am Montag 4.50 Mark verlangt worden war. Das Landgericht Stettin verurteilte die Inhaber des Ge schäfts wegen Verstoßes gegen das Wettbewerbsgesetz i durch Urteil vom 23. März dieses Jahres zu Geldstrafen. — Gegen dieses Urteil hatten die Angeklagten Revision beim