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Nr. 42 u.43. Freitag, den 23. Oktober 1914. XVI. Jahrgang. Der Handelsgärtner Abonnementspreis bei direktem Beeng vomV erlag: für Deutsenland, Oesterreich and Lmxemburg M.5.—, für das Analand M.8.—, durch die Post oder den Buchhandel M. 20.— pro Kalendenahr. Ausgabe jeden Freitag. Handelszeitung für den deutschen Gartenbau Begründet von Otto Thalacker. — Verlag: Thalacker & Schwarz, Lelpzilg-R., Comeniusstr. 17. Inserats SO Pfennige für die vier- gespaltene Nonpareille-Zeile auf dem Umschlag 40 Pfennige, im Beklameteil M. 1.— für die zweigespaltene 105 mm breite Petit-Zeile. Das Abonnement gilt fortlaufend u. kann nur durch Abbestellung 14 Tage vor JahresschluB auf gehoben werden. Beachtenswerte Artikel in vorliegender Nummer: Die Krlegsklaasel. Ostpreußen Der Karioffelkrebs. Die Unfruchtbarkeit der Obstbäume, ihre Ursachen und Heilung. IV. Oodetla grandlflora „Catileya“. (Mit Abbildung.) Dreistigkeiten gärtnerischer Zeitschriften des Auslandes. Bericht über die Geschäftslage der Baumschulen im Herbst 1913 und Früh fahr 1914. V. Handel, Vermischtes, Stimmen aus dem Publikum usw. Die Kriegsklausele Eine zeitgemäße Betrachtung. Wir kennen auch in Friedenszeiten eine „Kriegs klausel“, so seltsam das auch klingt. Wir meinen damit die „Streikklausel“, die da zur Anwendung kommt, wo eine Lieferung in der betreffenden Branche unmöglich geworden ist, weil eine allgemeine oder teilweise Arbeitsniederlegung stattgefunden hat, ein Kampf zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer ausgebrochen ist. Eine ähnliche Bewandtnis hat es mit der sogenannten Kriegsklausel, aus der sich Rechtsverhältnisse zwischen Lieferanten und Abnehmer er geben, die von den regelmäßigen abweichen und teilweise nicht unbestritten sind. Uns sind in letzter Zeit mehrfach solche „Kriegsklau seln“ entgegengetreten, und wir wollen daher einmal die zwischen Fabrikanten und Grossisten, Grossisten und De taillisten usw. in Betracht kommenden Rechtsverhältnisse beleuchten. Welche Form hat die Kriegsklausel? Wir kennen sie in zweierlei Form: a) Befreiung von der Lieferfrist. Sie wird durch die Kriegsklausel im engeren Sinne gewährt. Der Lieferant, der sich verpflichtet hat, bis zu einem bestimm ten Zeitpunkt Waren zu liefern, braucht diesen Zeitpunkt nicht einzuhalten; er wird aber von der Lieferung selbst nicht frei. Er muß in angemessener Frist noch liefern. Er muß liefern, sobald er dazu imstande ist, und der Empfänger muß abnehmen. Aber der letztere hat ein Rücktritts recht, wenn sich die Lieferfrist infolge des Krieges soweit ausdehnt, daß der Empfänger von der Lieferung überhaupt kein Interesse mehr hat. Der Zweck, dem die Ware dienen sollte, ist weggefallen. In solchem Falle wird der Emp fänger von der Abnahmepflicht frei. Nimmt er später noch an, hat aber durch die verspätete Lieferung Schaden ge habt, so kann er Schadenersatz nicht beanspruchen, denn dagegen ist der Lieferant eben durch die Kriegsklausel ge schützt. Nun kommt es freilich auch vor, daß der Lieferant die Lieferung absichtlich verzögert, um dadurch den Käu fer zu veranlassen, vom Kauf zurückzutreten. Er tut dies in der Annahme, daß nach dem Kriege die Preise steigen, auf jeden Fall höher werden als vor dem Kriege, und ihm dadurch ein vorteilhaftere Verwertung der Ware geboten sein kann. Gegen ein solches Verhalten schützt aber die Kriegsklausel nicht, und in solchem Falle könnte der Emp fänger Schadenersatz fordern. b) Befreiung von der Lieferung über haupt. Hier kann der Lieferungspflichtige nach seinem Belieben an der Lieferung ganz oder teilweise zurück treten, ohne daß der Besteller aus dem Rücktritt Schadens ersatzansprüche herleiten könnte. Diese Klausel „im Kriegsfall sei“, oder „für den Kriegsfall von Lieferung be freit“, ist rechtlich, wie auch Justizrat Dr. Fuld im „Deut schen Eisenhandel“ hervorhebt, einwandfrei. Der Ver käufer kann vom Kaufvertrag zurücktreten, wenn er auch imstande ist zu liefern. Er ist unter allen Umständen frei. Er braucht die Nichtlieferung nur mit Bezugnahme auf die Kriegsklausel zu begründen. Wir verhehlen uns nicht, daß diese Art Kriegsklausel doch einen bitteren Beigeschmack hat, moralische Erwägungen können der Klausel indessen ihre rechtliche Gültigkeit nicht nehmen, und es wird diese Klausel auch vom Reichsgericht nicht als den guten ; Sitten widerstreitend angesehen. Freilich kann die letztere Klausel den Besteller in ■ große Ungelegenheiten bringen, wenn er seinem Abnehmer gegenüber nicht ebenfalls diese Kriegsklausel eingegangen ist. Dann wird ihm nicht geliefert. Wie aber verhält er sich nun seinen Kunden gegenüber? Er wird nun frei, wenn er nachweisen kann, daß ihm die Leistung infolge der Nicht lieferung des Fabrikanten selbst unmöglich geworden ist. Das wird aber nur in seltenen Fällen durchschlagen, denn wenn z. B. die Ware anderweit, selbst mit kleinem Auf schlag, beschafft werden kann, liegt keine Ungleichheit der Leistung vor und der Kunde kann Schadensersatzansprüche stellen, wenn ihm nicht geliefert wird. Nur wenn die Be schaffung anderweit mit so großen Schwierigkeiten und so unverhältnismäßigen Mehrkosten verbunden war, daß sie billigerweise niemand zugemutet werden kann, wird der Käufer auch seinerseits seinem Kunden gegenüber befreit. So hat sich auch das Reichsgericht in einer Entscheidung (Band 57, S. 116) ausgesprochen. Die Hauptsache wird also sein, daß derjenige, dem sein Lieferant in den Lieferungsbedingungen die Kriegsklausel unter b vorschreibt, auch seinerseits als Vorsicht halber dieselbe Klausel mit seinem Kunden vereinbart, um gegen unliebsame Ueberraschungen gedeckt zu sein, Ostpreußen. In den Namen der ostpreußischen Haupt-, Residenz- und Krönungstadt Königsberg ist ein gut Teil preußisch deutscher Geschichte verwebt, und für viele bildet dieser Name den Inbegriff alles dessen, was sie von Ostpreußen wissen. Wer aber diese Provinz, die in letzter Zeit den Ansturm der russischen Horden über sich ergehen lassen mußte, und deren Bewohner Wochen entsetzlichster Angst und Pein durchmachten, wirklich genau kennen lernen will, der darf sie nicht nach der Landeshauptstadt beurteilen, sondern er muß dort hingehen, wo der Pulsschlag des ost preußischen Volkes am lautesten tönt, auf das Land, Acker bau und Viehzucht, besonders die vielgepriesene Pferde zucht, sind es, die der Provinz den Stempel auf drücken, und auf diesen Hauptbeschäftigungszweigen