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Nr. 37. Freitag, den 11. September 1914. XVI. Jahrgang. Der Handelsgärtner Abonnementspreis bei direktem Bezug vom Verlag: für Deutsenland, Oesterreich and Luxemburg M.5.—, für das Ausland M. 8.—, durch die Post oder den Buchhandel M. 20.-- pro Kalenderjahr. Ausgabe jeden Freitag. Handelszeitung für den deutschen Gartenbau Begründet von Otto Thalacker. — Verlag: Thalacker & Schwarz, Leipzig-R., Gomenlusstr. 17. Inserate 50 Pfennige für die vier- gespaltene Nonpareille - Zeile auf dem Umschlag 40 Pfennige, im Reklameteil M. 1.-— für die ziveigespaltene 105 mm breite Petit-Zeile. Das Abonnement gilt fortlaufend u. kann nur durch Abbestellung 14 Tage vor Jahresschluß aufgehoben werden. Beachtenswerte Artikel in vorliegender Nummer: Gegen die Fremdtümelei! — Deutsch in Wort and Tat! Sichere Weihnachtshyazinthen. Rosenstudien 1914. II. Die internationale Pflanzenschutzkonferenz. Die Els- oder Wetterheiligen im Mai und deren Ursache und ihre Bedeutung Im Obst- und Gartenbau. Bericht über die Geschäftslage der Baumschulen im Herbst 1913 und Frühjahr 1914. II. Situationsberlcht aus Braunschweig und Umgegend. Rechtspflege, Handel, Verkehr, Vereine und Versammlungen, Ausstellungen usw. Gegen die Fremdtümelei! — Deutsch in Wort und Tat! Die Sprache eines Volkes ist der hellste Spiegel seines Gemütes und seines geistigen Lebens; wer sich der Sprache seines Volkes entfremdet, ent fremdet sich seinem Volke selbst. Ernst Moritz Arndt. Bald nach dem Kriegsausbruch setzte allerorten eine Bewegung ein, die sich gegen den im Lande der Denker und Dichter von jeher besonders aufdringlich machenden Unfug kehrte, nicht nur im täglichen Leben, sondern auch im Handel und Verkehr, in der Industrie, in Sport und Spiel dem Fremden vor dem Heimischen den Vorzug zu geben. Man besann sich mit einem Male auf sich selbst und fühlte sich seit langer Zeit wieder als Deutscher. Deutschland war aus dem Schlafe erwacht! Der Deutsche hatte — Gott sei es geklagt — völlig vergessen, daß in der Sprache Luthers, Goethes, Bismarcks und anderer Großer sein innerstes Leben, sein Gesamtgeist zur Offenbarung kommt. Es bedurfte eines ganz besonderen Anstoßes, daß ihm dies aufs neue bewußt wurde. Und diesen An stoß gab jene auf Meineid, Rachsucht und erbärm lichste, niedrigste Gesinnung sich aufbauende Handlungs weise der drei Großmächte, die uns das Schwert in die Hand gedrückt haben, das nun schon sausend auf sie her niedergefahren ist und Angst und Schrecken in ihre Reihen getragen hat. Dieser mit elementarer Gewalt überall zum Ausbruch gelangte Kampf wider undeutsches Wesen auf allen Ge bieten ist mit großer Freude zu begrüßen, und es ist nur zu wünschen, daß diese Bewegung nicht etwa abflaut oder gar nach dem Frieden wieder ins Gegenteil umschlägt. Kein Volk der Erde hat fremdem Wesen und Tand so will fährig die Tür geöffnet als das deutsche. Kein Wunder, daß da manches faul und morsch und zum Absterben reif geworden ist. Der Tag der Wiedergeburt unseres deut schen Vaterlandes auf sittlichem Gebiet ist da, möge un serer aller Heimat aus dem uns aufgezwungenen Kampfe auch in ethischer Beziehung edler und reiner hervorgehen! Fort mit den fremdsprachlichen Bezeich nungen an Gasthöfen, fort mit den französischen Speise karten, fort vor allem mit den schamlosen welschen Moden der Frauenwelt! Wir wollen sie nicht mehr sehen, gegen die sich das Anstandsgefühl auflehnen muß! Auch im gärtnerischen Leben haben wir ja unter einem ungeheuren Wust von fremdartigen Be zeichnungen zu leiden, Tausende und Abertausende von Phantasienamen englischer und französischer Sprache bestätigen dies vollauf, dazu kommt, daß ein großer Teil von Berufsgenossen mit diesen Namen insofern mehr oder weniger auf sehr gespanntem Fuße steht, als sie dieselben weder richtig aussprechen noch schreiben können. Soll man diese Namen nun ohne weiteres ins Deutsche über setzen? Die Versuchung liegt ja nahe, aber die Ausführung stößt auf große Schwierigkeiten, Einmal lassen sich für viele Sortennamen gute deutsche Bezeichnungen kaum wie dergeben, zum anderen aber wird der Verwirrung unter den Benennungen geradezu Tür und Tor geöffnet. Alles, was wir tun können ist: die Sortimente von allen irgendwie entbehrlichen fremden Sorten befreien, dann sollten aber unsere deutschen Züchter sich vor allem Mühe geben, auf den Gebieten, auf denen unsere Feinde bisher tonange bend waren, so zum Beispiel — um nur einen Fall anzu führen — in der Chrysanthemumzucht — selbst Leistungen zu vollbringen, die fremde Sorten überflüssig machen. Und dann, kauft, wenn der Friede wieder eingezogen ist in unser Land, so wenig wie möglich von unseren ehemaligen Gegnern! Ganz besonders möchten wir dies auf englische Firmen bezogen wissen, auf diese erbärmlichen Heuchler, die nicht mehr ‘wert sind, als Germanen betrachtet zu werden. Heraus mit den fremden Orden! Veräußert sie zum Besten des Roten Kreuzes! Es gibt eine gar nicht so geringe Anzahl von Fachgenossen, namentlich beamte ten, die über belgische, englische, französische, japanische und russische Auszeichnungen verfügen. Der ist als kein deutscher Mann zu bezeichnen, der es fertig bringen sollte, jetzt noch Dekorationen in seinem Besitz zu haben, die aus Ländern stammen, gegen die wir heute im Felde stehen. Legt auch alle Ehrenmitgliedschaften fremdländischer Ver eine nieder und entledigt euch aller Medaillen und Ehren geschenke, die auf Ausstellungen unserer Reichsfeinde er worben sind. Unser erhabener Kaiser und seine Söhne, viele hohe Offiziere und Staatsbeamte haben uns den Weg gewiesen. Deutsche Gärtner, zeigt euch des deutschen Na mens würdig und verzichtet auf fremden Tand! Zum Schluß möchten wir noch auf eine wenig schöne Errungenschaft hinweisen, die in den letzten Jahren üppig in die Halme geschossen ist und von der wir hoffen, daß auch sie, wie so manches Unschöne und Undeutsche, mit dem Kriege zu Grabe getragen werden möchte: wir meinen den Personenkultus, Diesem ist in den letzten Jah ren, auch in gärtnerischen Kreisen, vielfach in einerWeise gehuldigt worden, die mitunter geradezu abstoßend gewirkt hat. Ist es doch vorgekommen, daß man hochachtbare und in ihrem Beruf pflichtgetreue und tüchtige Männer in den Staub gezogen hat, ohne daß sich nur eine Stimme dagegen gewendet hätte, während man es auf der anderen Seite fertig gebracht hat, Lobeshymnen auf Leute anzustimmen, bei denen sie besser — aus allgemein ethischen Gründen —- unterblieben wären.