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Nr. 35 u. 36. Freitag, den 28. August 1914. XVI. Jahrgang. Der Handelsgärtner Abonnementspreis bei direktem Beeng vom Verlag: für Deutsenland , Oesterreich und Laremburg M.5.—, für das Ausland M.8.—, durch die Post oder den Buchhandel M. 20.— pro Kalenderjahr. Ausgabe jeden Freitag. Handelszeitung für den deutschen Gartenbau Begründet von Otto Thalacker. - Verlag: Thalacker & Schwarz. Leipzig-R., Comeniusstr. 17. Inserate 80 Pfennige für die vier- gespaltene Nonpareille-Zeile auf dem Umschlag 40 Pfennige, im Beklameteil M. 1.— für die sweigespaltene 105 mm breite Petit-Zeile. Das Abonnement gilt fortlaufend u. kann nur durch Abbestellung 14 Tage vor Jahresschluß aufgehoben werden Beachtenswerte Artikel in vorliegender Nummer: Betrachtungen über Alpenpflanzen nebst Vorschlägen zur Förderung IhrerKultur. I. Späte Gurkenkulturen. Pflanzt Gemüse! Die Gartenbau-Ausstellung Altona Mai—Oktober 1914. IX. Blumenzucht und Blumenhandel an der französischen Riviera. Handel, Fragekasten für Rechtsangelegenheiten, Berichte über die Geschäftslage der Baumschulen, Gärtn. Gläubiger-Schutzverband, Marktberichte usw, Betrachtungen über Alpenpflanzen nebst Vorschlägen zur Förderung ihrer Kultur. i. Zweifellos hat in dem letzten Dezennium die Liebe und das Interesse für Alpenpflanzen stetig zugenommen und zwar mindestens in dem gleichen Maße, wie die Zahl der Liebhaber für einen anderen Spezialzweig unseres Berufes, nämlich die Kakteenzucht, Während nun Kakteen in vielen besonderen Spezialgärtnereien hierfür in großen Massen angezogen werden und somit ihre Verbreitung immer grö ßere Ausdehnung annimmt, gibt es leider derer für wirk liche Alpenpflanzen nicht viele. Und dies ist im Interesse dieser reizenden Kinder Floras sehr zu bedauern, Wohl ist nicht zu verkennen, daß da Schwierigkeiten mitsprechen. Von Kakteen lassen sich leicht ein paar auf dem Fensterbrett oder wenigstens auf einem kleinen Raum kultivieren, welcher nicht sehr umfangreich zu sein braucht und keine besondere kostspielige Anlage erfordert, wäh rend zur Kultur von Alpenpflanzen ein Fenstersims nicht genügt, abgesehen von einigen, wie Edelweiß, Stein brechen und ähnlichen, mehr Trockenheit liebenden Pflan zen, und schon ein Stück im Garten dazu geopfert werden muß; nebenbei gesagt, ist zur Kultur von Alpenpflanzen das beste Plätzchen daselbst gerade gut genug. Dies ist eine und zwar die größte Schwierigkeit, werden viele Leser sagen, jetzt, wo in der Stadt das Land kaum noch zu be zahlen ist, welcher Einwand ohne weiteres zugegeben sein mag. Aber unsere ganze moderne Entwicklung drängt ja zur Anlage von Gartenstädten, zur Entwicklung von großen Vororten und zur Besiedelung der weitesten Umgebung der Städte. Und müssen es denn immer nur die Städte sein, wo das, was hier empfohlen wird, durchgeführt werden kann? Wir haben ja in Deutschland viele und große, schöne Gärten und Parks, sowie wohlgepflegte öffentliche An lagen, aber sehr selten begegnet man doch in diesen einer Alpenpflanzen-Anlage. Unsere älteren, noch mehr aber die neueren Garten gestalter haben so einer Anlage aber auch nur selten das Wort geredet. Alle möglichen Sondergärten werden errich tet: Japanische, Rosen-, Stauden-, Rhododendrongärten, Laubengänge, die oftmals äuch nicht billiger hergestellt werden als ein ziemlich ansehnliches Alpinum, Teichanla gen (wozu als Hintergrund eine Alpenanlage sehr stim mungsvoll wirkte) und Sumpfwiesen, Terrassengärten, Be pflanzung von Böschungen und Errichtung von sogenannten Trockenmauern werden jetzt überall befürwortet, aber sehr selten wird die Anlage eines Alpinums an diesen Stellen empfohlen. Die letzten drei angeführten Bepflanzungs arten leiten ja schon hinüber zum Alpinum, bleiben aber immer nur Bruchstücke. Zur Ausführung eines richtigen Alpinums kommt es nur selten. Und warum nicht? Ich will nicht so boshaft sein, und als Hauptgrund das gelten lassen, was ein mir bekannter Fachmann einmal im Ge spräch äußerte: „Es kennt niemand Alpenpflanzen und ihre Kultur, bei der nicht viel Fett abzuschöpfen ist.“ Ich nehme vielmehr als Hauptgrund an, daß vielen die Kultur nur zu schwierig erscheint und daß allgemein in Fachkreisen die Meinung herrscht, daß nicht genug zahlungsfähige Lieb haber dafür da sind. Wer aber Gelegenheit hat, in einem öffentlichen Gar ten, in welchem sich ein Alpinum befindet, täglich die Be sucher zu beobachten, wird finden, daß der größte Zug sich nach diesem bewegt, und zwar zu jeder Jahreszeit, selbst im Winter erstirbt das Interesse nicht dafür. Wenn auch von diesen Besuchern sich nicht jeder ein Alpinum bauen kann, und vielleicht erst unter tausend Besuchern einer ist, der sich eine Anlage leisten kann, so ist das schon günstig. Gewiß ist es aber auch, daß sich unter je tausend Besuchern auch nicht mehr wie einer findet, der sich einen von den vorn angeführten Sondergärten und Spezialanlagen ausfüh ren lassen kann. Im Sinne der Empfehlung zur Anlage al piner Gruppen und der Kultur der Alpenpflanzen sollten aber unsere Gartengestalter auch nicht jedem Wunsche nach Errichtung eines Alpinums stattgeben, sondern nur in solchen Lagen empfehlend dafür wirken, wo Platz dazu vorhanden und die Lage eine freie und günstige ist, so daß von vornherein eine gewisse Gewähr für das Gedeihen der Pflanzen besteht. Späte Gurkenkulturen. Schneidet man im September die noch gesunden Gur kenpflanzen etwas zurück und setzt Kästen mit Fenstern darüber, so kann man oft noch für den Herbst eine erneute Ernte erzielen. Es sind manchmal gerade diejenigen Pflan zen, die im Sommer durch Ungeziefer zurückgehalten und in der Fruchtbarkeit behindert wurden, die nach der end lichen Befreiung von diesen Parasiten sich noch einmal freudig entfalten und willig ansetzen. Auch Melonen ver halten sich so, doch ist bei diesen wenig auf Erfolg zu hoffen, da die Früchte nicht mehr reif werden. Die Gurke dagegen, welche im unreifen Zustande schon wertvoll ist, kann bei diesem Verfahren noch recht lohnend werden, wie ich es selber schon erfahren habe. Freilich, ein guter Teil des Erfolges hängt vom Herbst wetter ab, doch wo hängen wir Gärtner nicht vom Wetter ab? Ist das Land nicht sehr fruchtbar, so muß im August bis September noch mal eine Nachdüngung mit flüssigem Dünger erfolgen; später ist dies jedoch nicht mehr zu emp fehlen, da man im Oktober Fäulnis befürchten muß. Selbst das Bespritzen ist in diesem Monat aus dem erwähnten Grunde nicht mehr angängig. Da die Nächte mit jedem Tage länger werden, so muß man durch frühzeitiges Schlie ßen der Fenster die Wärme zu erhalten suchen. Ueber- | haupt muß man daran denken, daß es hier anders ist wie