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Unterricht nicht nur theoretisch im Klassenzimmer, sondern vor leben dem Demonstrations- und Züchtungsmaterial erteilt werde. Als Ver suchs- und Züchtungsmaterial möchten nicht nach einer Hinsicht inter essante, sondern für den deutschen Gartenbau volkswirtschaftlich wichtige Kulturpflanzen aus der Blumen-, Gemüse-, Obst- und Baum schulenkultur verwendet werden. Die gärtnerischen Versuchs- und Züchtungsarbeiten möchten aber außerdem in das Arbeitsprogramm von Instituten aufgenommen werden, deren Aufgabe es mit ist, dem Gartenbau zu dienen, wie es z. B. für die botanischen Gärten zu- trifft" Redner trat dann noch für ein Staatsinstitut für das gärtnerische Versuchs- und Züchtungswesen ein, das dem Institut für allgemeine Vererbungs- und Züchtungslehre in Potsdam anzugliedern wäre und unter Leitung eines Prak tikers zu stehen kommen müßte. Falls dieser Wunsch jedoch nicht verwirklicht werden könnte, wäre an einer der drei höheren Gärtnerlehranstalten das gärtnerische Versuchs- und Züchtungswesen so auszubauen, daß es als Zentrale angesehen werden dürfe. Garteninspektor Löbners Korreferent Dr. Hillmann aus Berlin behandelte die Ernährungsfrage der Pflanzen und das Züchtungswesen mehr von einem wissenschaftlichen Standpunkt, weshalb sein Vortrag, und weil er manches bekannte enthielt, leider nicht das Interesse erwecken konnte, wie das Referat seines Vorredners, zumal die gärt nerische Seite zu wenig berücksichtigt wurde. Die folgende Diskussion förderte, neues nicht zutage. An ihr beteiligten sich Gartenbaudirektor Böttner, Frankfurt a. O., Garteninspektor Lorgus, Eisenach, die Direktoren der Gärtnerlehranstalten von Dahlem und P r o s k a u, Landesökonomierat R e b h o I z, München, und Chefredakteur Dänhardt, Erfurt. Um 7 Uhr nachmittags hatten die Verhandlungen ihr Ende erreicht. Der Verband deutscher Blumengeschäfts inhaber und die Deutsche Dahlien-Gesell- schaft hielten am gleichen Tage ebenfalls Sitzungen ab, auf die wir bei Gelegenheit vielleicht noch kurz zurück kommen werden. Am 9. Juli erreichte die Dritte deutsche Gartenbau woche ihren Höhepunkt mit dem im Kaiserhof vormittags 9 Uhr beginnenden III. Allgemeinen deutschen Gärtnertag, an dem Vertreter der Regierungen, Behörden, Städte usw. teilnahmen. Eröffnet wurde die Tagung mit einer Begrü ßungsansprache des derzeitigen 1, Vorsitzenden des Reichs verbandes für den deutschen Gartenbau, des Ministerial direktors a. D. Hugo Thiel. Ihm folgten der Vertreter des Reichsamts des Innern, Geh. Regierungsrat Dr. Bö nisch, und als Vertreter des preußischen Landwirtschafts ministeriums Geheimrat Oldenburg, die beide die deutsche Gärtnerschaft des Wohlwollens der Reichs- und Staatsbehörden versicherten. Unter den Anwesenden be merkte man noch Regierungsrat Hoffmann und Ober regierungsrat Grimme als Vertreter der Provinzialregie rung, Oberbürgermeister Schnackenburg von Altona, Bürgermeister Stehr als Vertreter des Magistrats der Stadt Wandsbek, Landesökonomierat Rebholz vertrat die bayerische Regierung, Oekonomierat Jungclaußen das preußische Landesökonomiekollegium. Auch Frei herr von Solemacher befand sich unter den Teil nehmern. Den ersten Vortrag hielt Gartendirektor H e i c k e über Reformen des gärtnerischen Aussteilungs wesens. Wir haben die Ausführungen dieses Herrn be reits in voriger Nummer des „Handelsgärtner“ ausführlich wiedergegeben. Dann sprach Baumschulenbesitzer Mül ler, Langsur, über Handelsgebräuche. Ueber diesen Vortrag werden wir unseren Lesern das wichtigste in einem Auszug noch mitteilen. Der dritte Redner war General sekretär Beckmann vom Verband der Handelsgärtner Deutschlands. Das Thema seines Vortrages betraf die künftigen Handelsverträge, war also höchst zeit gemäß, und daß er in Art und Weise, wie er dasselbe be handelte, das richtige getroffen und die Zuhörerschaft völlig auf seiner Seite hatte, bewies der reiche Beifall am Schluß. Der Redner gab zunächst eine Uebersicht über Einfuhr an Gärtnereiprodukten aus dem Auslande und wies nach, welche bedeutenden Geldwerte dafür ins Ausland wandern. Es wurde die Forderung aufgestellt, durch die Einführung der Schutzzölle die einheimische Produktion zu stärken und dadurch dem eigenen Lande diese außerordentlich großen Werte selbst zugute kommen zu lassen. In dieser Bezie hung soll an die Reichsregierung appelliert werden, die Bestrebungen der Gärtner in geeigneter Weise zu unter stützen. Auf die Frage an die Versammlung, ob man von der Berechtigung solcher Zölle überzeugt sei, antwortete die Versammlung mit einem imposanten tausendstimmigen „Ja“. Der Redner forderte, daß die Regierung vor Ab schluß von Handelsverträgen die Gärtner in ausreichender Weise hören müsse. In dieser Beziehung seien von der Reichsregierung der Gärtnerschaft Versprechungen ge macht worden. Sie wolle Neuerscheinungen berücksich tigen und dem Interesse der deutschen Gärtnerei nach Möglichkeit entsprechen. Es sei erforderlich, daß die Be ratung der Regierung nicht durch Theoretiker besorgt werde, sondern es müsse der Praktiker zu Worte kommen. Es müsse das Verantwortungsgefühl bestehen, wo es nur möglich sei, die Werte dem deutschen Vaterlande zu er halten. — Die Ausführungen wurden mit lebhaftem Beifall aufgenommen. Nun erklärte der Vorsitzende den III. Deutschen Gärtnertag für beendet. An dem Festmahl, das aus Anlaß des III. Deutschen Gärtnertages stattfand, nahmen die Geheimräte Dr. Bö nisch und Dr. Oldenburg teil, ebenso auch Oberbürger meister Schnackenburg. Als erster Redner nahm Ex zellenz Dr, Thiel das Wort. Er sprach den Wunsch aus, daß die deutsche Gärtnerei auf dem beschrittenen Wege fortfahren, vor allen Dingen aber die Einigkeit pflegen möge, dann werde sie sicherlich die Ziele erreichen, die sie erstrebe. Er schloß mit einem begeistert aufgenommenen Hoch auf den Kaiser, An Seine Majestät den Deutschen Kaiser wurde ein Huldigungstelegramm folgenden Wortlauts abgesandt: Euer Majestät geloben die auf dem 3. Deutschen Gärtnertage in Altona versammelten deutschen Gärtner aufs neue unverbrüch liche Treue. Sie ersehen ihre Hauptaufgabe darin, den Gartenbau in allen seinen Zweigen zu Nutz und Zier des unter Euer Majestät segensreicher Führung sich immer mächtiger entwickelnden deutschen Vaterlandes zu immer höherer Blüte zu bringen. Der Vorsitzende des Reichsverbandes für den Deutschen Gartenbau Dr. H. T h'i e 1, Wirklicher Geheimer Rat. Die Antwort' lautete: Seine Majestät der Kaiser und König lassen den zum Dritten Deutschen Gärtnertage dort versammelten deutschen Gärtnern für die freundliche Begrüßung bestens danken. Auf Allerhöchsten Befehl: von Strempel. Nach ihm ergriff Oberbürgermeister Schnacken- bürg das Wort. Er bat, obwohl er heute zum vierten Male im Laufe der letzten 24 Stunden zu den ver schiedenen Vereinigungen gesprochen habe, ihm zu er lauben, auch der Festversammlung einige freundliche Worte zu sagen. Sein Trinkspruch gelte den deutschen Gärtnern, die nach seiner Ansicht höchst merkwürdige Indi viduen seien, da sie einmal zum Lande, und zweitens zur Großstadt gehören, wie im Laufe des Vormittags sowohl von dem Vertreter des Landwirtschaftsministeriums als auch von dem Vertreter des Schutzverbandes für deutschen Grundbesitz eingehend erörtert worden sei. Der Beruf des Gärtners sei eigenartig und vielseitig, denn der Gartner müsse nebenbei auch ein gerissener Kaufmann sein und außerdem noch über weitgehende naturwissenschaftliche Kenntnisse verfügen. Er, der Redner, habe erkannt, daß der Gärtner außerdem von Natur ein Künstler sein müsse, der verstehen müsse, der Architektur gerecht zu werden. Er müsse gestehen, daß ihm so etwas Gerissenes noch nie vor gekommen sei. Er wünschte, daß diese Vielseitigkeit der deutschen Gärtnerei stets erhalten bleiben und diese be strebt sein möge, ihre außerordentlich wichtigen Eigen schaften immer weiter zu entwickeln. Berufsstolz sei nicht