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Der Handelsgärtner Abonnementspreis bei direktem Bezug vomV erlag: für Deutsenland, Oesterreich und Luxemburg M.5.—, für das Ausland M. 8.—, durch die Post oder den Buchhandel M. 20.— pro Kalenderjahr. Ausgabe jeden Freitag. Handelszeitung für den deutschen Gartenbau Begründet von Otto Thalacker. - Verlag: Thalacker & Schwarz, Leipzig-R., Comeniusstr. 17. Inserate 50 Pfennige für die vier- gespaltene Nonpareille-Zeile auf dem Umschlag 40 Pfennige im Reklameteil M. 1.— für die sweigespaltene 105 mm breite Petit-Zeile. Das Abonnement gilt fortlaufend u. kann nur durch Abbestellung 14 Tage vor Jahresschluß aufgehoben werden. Beachtenswerte Artikel in vorliegender Nummer: Gärtner bleibet im Lande! Zwei tierische Feinde des Stachelbeerstrauches. Geber die Kunstdüngung im Baumschulenbetriebe. II. (Schluß.) Wenn nach der Pfändung „reklamiert“ wird. Zur Einigung in der gärtnerischen Zollfrage. Handelskammerberichte: Bertin III. Kultur, Rechtspflege, Handel, Zollwesen, Vereine und Versammlungen, Ausstel lungen, Unterrichtswesen. — Handelstabelle, Marktberichte usw. Gärtner bleibet im Lande! Dem Deutschen liegt seit alten Zeiten ein ungebän digter Wandertrieb im Blute. Schon die alten germanischen Stämme verließen, erfüllt von dieser Wanderlust, oft ihre Siedelungen, um anderswo ihr Glück zu versuchen. Es ist so geblieben bis heute. Deutsche trifft man allerorten in der Welt, so daß sich allmählich ein „Weltdeutschland“ herausgebildet hat, und die Zahl der Auswanderer wohl bei keinem anderen Volk so groß ist, als bei uns. Das ist nicht etwa immer auf ungünstige soziale Verhältnisse zu rückzuführen, die wohl ganze Familien des Arbeiterstandes zuweilen zwingen, in der Fremde ihr Glück zu suchen und selten zu finden, — nein, es führt auch in sehr zahlreichen Fällen auf die Sehnsucht des Deutschen zurück, in fremder Herren Ländern Umschau zu halten und dort bewußt oder unbewußt das Deutschtum zum Siege zu führen. Und na mentlich in der Jugend lebt der Drang, über die Grenzen des Vaterlandes hinauszuziehen und seine Kraft ander wärts zur Geltung zu bringen, als ob der Prophet wirklich nichts in seinem Vaterlande gelte. Dagegen ist viel schon geschrieben und gepredigt worden, und man hat immer von neuem den alten, schönen Spruch wie ein Transparent vor den Wanderlustigen erscheinen lassen: „Bleibe im Lande und nähre dich redlich!“ Oder das Wort unseres Schiller: „Ans Vaterland, ans teure, schließ dich an, das halte fest .mit deinem ganzen Herzen, hier sind die starken Wurzeln deiner Kraft.“ Und doch läßt sich namentlich die Jugend nicht abhalten, die Augen in die Ferne schweifen zu lassen, als ob es da draußen wirklich besser wäre als daheim. Wir fühlen das als Fachzeitschrift am besten, wenn wir die Stellengesuche unserer Gehilfen uns vor Augen halten. Da mehren sich in letzter Zeit tatsächlich wieder die Anfragen nach Stellungen im Ausland, obwohl die An fragenden sich in auskömmlicher, ungekündigter Position befinden. Aber sie wollen „im Ausland“, am liebsten „Über see“ gewesen sein, und glauben dann mehr zu sein als die anderen, die immer daheim geblieben sind. Wir möchten daher, nicht zum ersten und nicht zum letzten Male, unsere warnende Stimme erheben und gegen diesen „Auslands- trieb“ unsere Worte richten, der im Interesse unseres hei matlichen wirtschaftlichen Lebens zurückgeschnitten wer den sollte. Wir geben ohne weiteres zu, daß es für einen Gärtner gehilfen von Vorteil für seine Ausbildung ist, die großen Betriebe in England, Frankreich, Holland, Belgien usw. kennen gelernt und dabei seine Kenntnisse und Erfahrun gen bereichert zu haben, und wir wissen auch, daß im Aus lände gerade gute deutsche Gehilfen gesucht sind und daß man auch in Amerika, nicht nur in den Vereinigten Staa ten, sondern auch in Brasilien, Argentinien, Chile, Kalifor nien usw. nach ihnen Ausschau hält, weil man ihre Vor züge sehr wohl zu schätzen weiß; und doch müssen wir aus unseren Erfahrungen heraus immer wieder betonen, daß es ein Wagnis ist, auf gut Glück in das Ausland zu ziehen. Wer eine Stellung durch Empfehlungen im voraus erhalten kann, so daß er sich geborgen weiß, wer dabei über einige Mittel verfügt, um gegebenen Falles „zu schustern“ zu können, wer über eine rüstige Arbeitskraft und gute Gesundheit verfügt und etwas Sprachkenntnisse besitzt, der mag den Schritt wagen. Das sind aber die Aus nahmefälle. So viele springen auf gut Glück über die Grenze und ahnen nicht, daß sie drüben herbe Enttäu schungen erwarten, daß sie so vieles anders finden, als sie es sich gedacht haben, und daß schließlich Not und Elend das Fazit ihrer großen Wahrscheinlichkeitsrechnung ist. Nach mittleren und gar Kräften unter Mittel ist im Ausland keine Nachfrage. Solche Kräfte hat man selbst genug! Nur erste Kräfte will man sehen, nach ihnen streckt man die Fühler aus, weil sie dünn gesät sind und überhaupt den Deutschen nicht gleichkommen. Die Be züge, die man ihnen bietet, sind teilweise verlockend und der Gehilfe glaubt schon, daß er sich dabei etwas ersparen kann, um sich später selbständig machen zu können. Wie wenigen aber ist das gelungen! Sie hatten nicht bedacht, daß das Leben im Ausland doch um so viel teurer ist als bei uns. Schon in den großen Städten Italiens, Frankreichs, Belgiens und Hollands, Englands, Rußlands ist das Leben nicht billig, und es ist dort vielfach nicht Brauch, in man chen Städten überhaupt nicht, daß Naturalverpflegung im Hause des Prinzipals gewährt wird. Da heißt efl dann Tag für Tag in den Beutel greifen und mit einem Male wird, man gewahr, daß der scheinbar so reichliche Lohn gerade ausreicht, um die Lebensbedürfnisse decken zu können. Und in noch viel größerem Maße ist das bei den über seeischen Plätzen der Fall. Solche wirklich erste Kräfte — die anderen gehen im Gros unter — finden aber auch in Deutschland, und zwar immer, gut bezahlte Stellen, in denen sie sich wirklich etwas für die Zukunft zurücklegen können, wenn sie mit Sparsinn von Haus aus begnadet sind. Mögen sich das unsere Gehilfen zu Herzen nehmen! Das Abwandern ins Ausland auf gut Glück birgt schwere Gefahren in sich, und uns werden im Mutterlande die Kräfte entzogen, die wir selbst in un seren Betrieben brauchen. Wir haben nur zu oft Gehilfen, die frisch und fröhlich ins Ausland, auch mit „leidlichem Geld“ zogen, gesenkten Hauptes zurückkehren sehen. „Wir fangen von vorn an,“ meinten sie; auch die Erspar nisse waren in die Wicken gegangen. In Ausnahmefällen mag es dem Gehilfen zum Glück ausschlagen, wenn er des Auslands Flagge über sich wehen läßt, die Regel aber ist es nicht. Drum; „Gärtner bleibet im Lande!“