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den reizvollsten Schlingpflanzen. Unser heimisches Wald- Geißblatt, Lonicera periclymenum, das wohl zu jeder Jahreszeit ihre Reize hat, namentlich aber was Schönheit und Wohlgeruch der Blumen anbelangt, von keinem ande ren heimischen Schlinger übertroffen wird, ist eine der bestbekannten Spezies. Alle der Untergattung Pericly menum angehörenden Arten haben das gemeinsame Merkmal, daß sie ihre Blüten in sitzenden, meist 6blütigen Quirlen an den Zweigenden ausbilden und daß die unter den Blütenständen befindlichen Blattpaare meist verwach sen sind. Die der Sektion N i n t o o a (Untergattung Cha- maecerasus) zugehörenden entwickeln ihre Blüten dagegen in achselständigen Paaren, deren Korolle stets zweilip pig ist, auch sind die Zweige hohl, eine Eigenschaft, die allerdings auch aufrecht wachsenden Arten von Chamae- cerasus zukommt. Die windenden Loniceren besitzen einen großen Wert für Garten und Park. Nicht nur, daß zur Begrünung einer Laube oder eines Gartenhauses, zur Berankung von Git tern, Säulen usw. kaum etwas Schöneres zur Zeit der Blüte denkbar ist, können wir mit ihnen auch im Park und land schaftlichen Garten Bilder von hohem Reiz schaffen, wenn man es versteht, sie in geeigneter Weise anzupflanzen. Man kann die Geißblattarten auch in die Gehölzgruppen pflan zen, wo sie den Weg, wie im natürlichen Zustande, über Strauch und Baum zu finden wissen werden. An den Fuß altersschwacher Bäume gepflanzt, werden sie bald Stämme und Aeste in frisches Grün kleiden und im Sommer mit Blüten schmücken. Zur Verdeckung alten Gemäuers sind sie gleichfalls gut zu gebrauchen. Ueber die Kultur ist im großen und ganzen kaum et was Besonderes zu bemerken. Die meisten windenden Lo niceren gedeihen in sonniger Lage, einige wieder besser an mehr schattigen Standorten in nahrhaftem Boden. Die Ver mehrung geschieht durch holzige Stecklinge, die man im Herbste am besten in einem frostfreien Raum in den Boden bringt. Die Anzucht aus Samen muß sofort nach der Samen reife vorgenommen werden, doch ist diese Methode der Fortpflanzung wenig üblich. Wir gehen nun an die Betrachtung der wichtigsten Ar ten, das heißt jener, die sich für Verschönerungszwecke im Garten am besten eignen und beginnen mit den in Europa heimischen Arten. Da ist eine der bekanntesten Lonicera caprifölium, eine durch ganz Mitteleuropa und das westliche Asien verbreitete Art, die als das eigentliche Garte n'g e i ß b 1 a 11 oder Jelängerjelieber eine der volkstümlichsten Schlingpflanzen ist, die auch jedem Gärtner bekannt sein muß, so daß es wohl überflüssig ist, eine genaue Beschreibung zu geben. Im Schmuck der duf tenden, weißen bis gelblich-weißen, rotüberlaufenen Blüten, die von der oben dunkelgrünen, unten bläulich schimmern den Belaubung sich prächtig abheben, macht dieser Schlin ger einen in natürlicher Verwendung ebenso schönen wie zum Beispiel als Laubenbekleidung anheimelnden Eindruck. Von Formen ist in erster Linie L. c. maior zu nennen, eine der beliebtesten, mit gelben und rötlichen Blüten, die auch unter der Bezeichnung Ma^nevilleae angeboten wird. Weiße und besonders früh sich erschließende Blumen bringt die Varietät alba hervor, die auch als L. pällida und praecox geht. Es gibt wohl noch einige andere, die gärtnerisch je doch keine Bedeutung besitzen. Demnächst ist L. periclymenum die zweite wichtige Art, sie ist über ganz Europa und Nordafrika verbreitet und überzieht in ihrem natürlichen Vorkommen oft Zäune und Gebüsche mit ihren Schlingranken. Hinsichtlich ihrer deko rativen Eigenschaften ist das Waldgeißblatt der vorigen Spezies noch überlegen. Die Blütezeit währt von Juni bis August und mitunter noch darüber hinaus, und in dieser Pe riode muß dieser Schlinger als einer der schönsten und wohlriechendsten bezeichnet werden, den wir kennen. An kühlen, taureichen Morgen und Abenden macht sich der herrliche Duft der Blumen am meisten bemerkbar. L. peri clymenum und caprifölium haben viel Aehnlichkeit mitein ander, aber die Blätter der ersteren sind oft flaumig be haart und nicht in dem Maße blaugrün, auch sind die ober sten Blätter nicht verwachsen, wie das bei L. caprifölium der Fall ist. Die langröhrigen, rachenförmigen Blüten sind in endständigen Quirlen angeordnet, auf der Außenseite tiefrot, innen gelblich. Ihnen folgen von August bis Ok tober die dunkelroten, fast kugeligen Beeren. L. periclyme num ist ein ziemlich variables Gehölz, von dem wir nach stehend die bemerkenswertesten, auf Blütenfarbe, Blatt form und Wuchs gegründeten Abweichungen aufführen. L. p. quercina fällt durch das eigenartig gebuchtete Laub auf, während die Blüten gelblich sind; L. p. bellica ist eine den Typus an Wüchsigkeit übertreffende Form mit außen hellroten, innen gelblichen Blumen, der wieder L. p. semperflörens sehr nahe steht, die eine der dank barsten Sorten ist und den ganzen Sommer in Blüte steht; dunklere Blüten, die auch zu späterer Zeit aufbrechen, findet man bei L. p. serötina. L. p. aürea besitzt gelbe oder gelbliche Blätter; L. p. fruticösa wächst mehr strauchig und läßt den Charakter als Schlinger kaum erkennen; schließ lich sei noch die Abart minor mit kleineren Blüten er wähnt. Die südeuropäische L. etrusca, die auch im Kaukasus vorkommt, hat glatte Zweige, kurze Knospen und eirunde bis breit-ovale, nach dem Grunde verschmälerte, oberseits dunkelgrüne, auf der Unterseite hellblau- bis weißlich grüne Blätter, von denen die am oberen Teil der Zweige und nächst den Blüten stehenden völlig verwachsen sind, während die anderen nur mit dem schmalen Grunde inein ander übergehen. Die im Mai und Juni erscheinenden Blü ten sind anfangs gelblich-weiß, werden dann gelb und sind rot überlaufen. Dieser Schlinger gedeiht nur in warmen, geschützten Lagen gut und kann daher für rauhe Gegenden nicht empfohlen werden. Die Varietät pubescens ist gleichbedeutend mit der in den Katalogen angebotenen L. gigantea, die einen außergewöhnlich üppigen Wuchs ent wickelt. Die blauweiß bereiften Zweige sind weich be haart, ebenso weisen die Blätter eine filzige Behaarung auf, die besonders auf der Unterseite stark hervortritt. Beim Aufblühen sind die Blüten gelblichweiß oder hellgelb und etwas gerötet, um im weiteren Verlaufe ein schönes Gold gelb anzunehmen. L. implexa ist gleichfalls eine dem Süden unseres Erd teils und dem nördlichen Afrika angehörende Art. Zweige und Belaubung entbehren jeder Behaarung, Die Blätter sind unterseits blaugrün, die Stengel dagegen nicht, der obere Teil jedes Blattpaares ist sehr häufig verwachsen. Die Form ist eine ovale bis schmallängliche und am Grunde verschmälert bis seicht herzförmig. Den Stengeln ist stel lenweise ein ins Purpurne fallendes Kolorit eigen. Die im Mai und Juni erscheinenden Blüten sind außen purpurn, im übrigen gelblich-weiß zu reingelb variierend. L. imp lexa ist ein schöner immergrüner Schlinger, der aber auch nur für die allerwärmsten Lagen bei uns in Betracht kom men kann. Abarten sind nicht bekannt, nur einige Kreu zungen, die jedoch weiter keinen gärtnerischen Wert be sitzen. Die Form implexa von L. xylosteum hat mit unserer Art, die von Ai ton beschrieben wurde, natürlich nichts zu tun. Ein typischer Repräsentant der schlingenden Loni ceren asiatischer Herkunft ist L. japönica aus China und Japan mit einer Reihe hübscher Varietäten. Es ist eine halbimmergrüne Art, die in nahrhaftem Boden bei war mem Standort zu prächtigster Entwicklung gelangt und recht blühwillig ist. Die kurz gestielten, zweilippigen Blu men stehen paarweise und variieren in der Färbung von weiß zu gelb, während sie auf der Außenseite oft purpurn getönt sind. Hervorzuheben ist der prächtige Wohlgeruch. Die Belaubung besteht aus rundlich eiförmigen bis läng lichen Blättern, die unterseits entweder reich behaart oder glatt sind, auch die Triebe weisen anfangs gewöhnlich eine Haarbekleidung auf. Die Frucht ist schwarz. Von Varie täten sind zu nennen: L. j. var. flexuösa mit dunkelroten