Volltext Seite (XML)
Nr 138. Pulsnitzer Wochenblatt. — Donnerstag, den 21. November 1912. Seite 6. stände zu Worte kommen können, die in der Zweiten Kammer durch die ungünstigen Verhältnisse nicht aus. reichend vertreten sein können. Man wird es daher verstehen, daß man auch außerhalb Sachsens mit In. terefse erwartet, was der Landtag zu den Eingaben der industriellen Korporationen — denn e» liegt auch eine Eingabe des sächsischen HanbelSkammertageS vor — zu sagen hat. OerMcdes unv Sücbslscbes. — (DieFinanzlagederDeuschenKranken. lassen.) Von ärztlicher Seite wird uns geschrieben: Die Fiuanzlage der Deutschen Krankenkassen ist recht günstig: das Gesamtvsrmögen stieg in den Jahren 1902 bi« 1910 von 173 442 529 Millionen auf 296 434 755 Millionen Mark, also in 8 Jahren um 71 Proz. Der Reservefonds der Kaffen erhöhte sich in der gleichen Zeit von 158 791 373 Millionen auf 268195 500 Milli, onen Mark, also um 69 Proz, Dabei ist zu beobach- ten, daß im gleichen Zeitraum die Mitgliederzahl der Kaffen nur um 32 Proz. zunahm. Auch die freiwilli gen Leistungen der Kaffen, wie Ausdehnung der Fa- milienversicherung, Gründung kostspieliger Genesung-. Heime und Heilstätten haben einen ansehnlichen Um- fang angenommen. Angesichts dieser erfreulichen Ent- Wicklung der KrankenkaffenwesenS kann die immer wie- der aus Kaffenkreisen aufgestellte Behauptung nicht aufrecht erhalten werden, daß durch die Deutschen Aerzte die Zukunft der sozialen WohlfahrtSgesetzgebung in hohem Grade gefährdet sei. Die Forderungen, welche die Deutschen Aerzte in kassenärztlicher Beziehung bei den Krankenkasjen erheben, laffen sich bei gutem Wil- len sehr wohl mit den Interessen auch der Kranken- kaffen vereinbaren; hierfür wird in einer soeben vom Leipziger Aerzteoerband veröffentlichten Schrift: „Die Arztfrage in der Krankenversicherung" auf Grund der Reichsstatistik und zahlreicher Zeugnisse von Kranken- kaffen aller Art der einwandfreie Beweis gelles-rt. Burgstädt. (Die Angelegenheit der Bür- ger meister- vr. Roth), die auch aus den mehr- fachen Erörterungen im Sächsischen Landtage bekannt ist, hat nunmehr auch da« hiesige Schöffengericht be- schäftigt. Et handelte sich um zwei Beleidigungsklagen, die gegen vr. Roth von dem Fabrikbesitzer Winkler und von dem Fabrikanten Kretzschmar angestrengt wor den waren. Die erst erwähnte Klage wurde durch einen Vergleich erledigt, während die zweite Klage, in der die bekannte Spielgeschichte behandelt wurde, zum AuStrag kam. Bekanntlich war die Behauptung auf- gestellt worden, vr. Roth habe falsch gespielt, weshalb dieser eine Eingabe an den Ehrenrat de« Bezirk kom- mandoS in Borna geschrieben, in der er behauptete, daß Kretzschmar Urkundenfälschung begangen, der Brand stiftung verdächtig gewesen und mehrfach bestraft sei. AuS der Beweisaufnahme ging hervor, daß die Be hauptungen über die Bestrafungen auf Wahrheit be ruhten. Doch konnte die Angabe bezüglich des Ver dachts der Brandstiftung nicht bewiesen werden, vr. Roth erklärte schließlich, daß er seine Angaben wegen des Zur Kapitulation von Monastir. Nach ungemein blutigen und verlustreichem Kampfe ist Mo- nastir den Serben in die Hände gefallen, 50 000 Türken mir dem entsprechenden Kriegs-Material mußten das Gewehr strecken. Die Türken waren förmlich ein gekesselt und zwar von den Grie chen, die von Saloniki kamen, und von Serben, die die Feste von Norden her eingeschlossen hatten. Monastir ist die Haupt stadt des gleichnamigen türkischen Wilajets, nächst Saloniki die be deutendste Handelsstadt Maze doniens. Ihre etwa SOrOO Ein wohner sind Türken, Albaner Walachen, Bulgaren, Griechen und Juden, die nebm reger In dustrie beträchtlichen Handel trei ben. In Friedenszeiten war hier der Markt das Merkwür digste, der sich inmitten des Han- dels- und Magazinviertels ab- spielte. Zu den Märkten strömte die bäuerliche Bevölkerung der Umgebung, meist Bulgaren und Walachen, zusammen, um Ge treide, Sämereien, Butler und Geflügel zum Kauf anzubieten. Es werden hier ganze Waggon ladungen, aber auch kleine Po sten gehandelt. Der Oberstkom- mankierende der türkischen West armee, die nicht mehr existiert, warZekki-Pascha, ein Tscherkesse Kavitnlatio» von Mounilir. vornehm"e^rvi^I^ 1 Gesamtansicht von Monasür. 2. Ucbersichtskarte der letzten Kämpfe. 3. Zekki-Pascha, Ober- Trotz s^nes kommandierender der türkischen Westarmee, der mit 50,000 Mann gefangen genommen wurde. menls verstand er die hinhallende, unbestimmte Art des alten Regimes sehr wohl, die mit dem verbindlichsten Lächeln über die wahren Absichten hinwegtäuscht. Er sprich: gut Französisch uud ganz verständlich Deutsch, zählt kaum fünfzig Jahre und hat ein blaues, scharfes Auge. Verdachts der Brandstiftung und auch wegen der an geblichen Urkundenfälschung nicht aufrecht erhalten könne. Da ein Vergleichsversuch de« Gericht-vorsitzen- den scheiterte, wurde vr. Roth wegen Beleidigung zu 200 Mark Geldstrafe und zur Tragung der Kosten verurteilt. patenlsckau. Vom Patentbureau O. Krueger L Co., Dresden-A., Schloßstr. 2. Abschriften billigst, Auskünfte frei. Adolf Hille, Neugersdorf: In der Höhe verstellbarer Ofen rost (Ang. Pat.) — Richard Kunze, Bautzen: Fahrradschutz ge gen Diebstahl (Gm.) — Margarete Hennig geb. Preuß, Bautzen: Gummischuhtasche (Gm) — Heinrich Pilz, Crosta, Post Crosta- Lomske. Aufrollbarer Putzträger für Decken, Wände u. dgl. aus Eisenbetonstäben, verbunden mit Schilfrohrmatten. (Gm). — Oberlausitzer Webstuhlfabrik C. A. Roscher, Neugersdorf: Spulenauswechselvorrichtung für Webstühle mit Schützenwechsel (Ang. Pat). — Vorliner Setreidedörse. Kn der Getreidebörse war das Geschäft sehr still, die Kurse im allgemeinen etwas befestigt. Rüböl blieb vollständig vernach lässigt^ IllgtiWege: Sonntag, den 2-z. November: Bei günstiger Witterung: Wanderung verbunden mitSchnitzeljagd. Sammeln: Uhr an der neuen Schule. Abmarsch: ( Uhr. Bekanntgabe des Ziels am Sammelorte. Leiter: Herr Turnwart Tübel. Ferner lädt die Fürsorge-Abteilung des geehrten Frauenver eins für die Stadt Pulsnitz die geschätzten Mitglieder de» (Orts ausschusses, wie auch die Jugendlichen zu dem Sonntag, l/,s Uhr im Saale des Hotel „Grauer Wolf" stattfindenden vortrage des Herrn Pastor Groß: „Der Krebsschaden des Alkoholismus in Haus und Volkswirtschaft" herzlichst ein. Bekanntmachung, Jugendheim betreffend, in der Sonnabend-Nummer. Mrcdsn-Naebrledten. Pulsnitz Sonntag, den 24. November, Totensonntag: Uhr Beichte f Bkarrer Scbulre 9 „ Predigtgottesdienst (Matth. 6, l3d) , Pfarrer (schütze. '/,2 „ Predigtgottesdienst .Psalm 39, 5—8) Pastor Köhler. 5 „ Beichte und heiliges Abendmahl. Pfarrer Schulze. 8 „ Jünglings- und Männerverein. An diesem Tage wird eine Kollekte für die kirchliche Versor gung der eoangel. Deutschen im Auslande ge sammelt werden. Bibelstunden werden gehalten: Dienstag, den 26. November, abends 8 Uhr in der Schule zu Obersteina s Pfarrer Mittwoch, den 27. November, abends 8 Uhr im l . Konfirmandenzimmer des Pfarrhauses. ' «chmze. Freitag, den 29. November, abends 8 Uhr in der Schule zu Ohorn (I. Mose 12, 10-20, I. Mose 13, 1—18.) Pastor Köhler. Mittwoch, den 27. November, abends >/,S Uhr hält Pastor Köhler Unterredung mit der konfirmierten Jugend von Ohorn in der dortigen Schule. velckenvack. Sonntag, den 24. November, Totensonntag: 9 Uhr Predigtgottesdienst. 3 „ Beichte und h il. Abendmahl. Kollekte für die kirchliche Versorgung der. Eoengelischen im Ausland. Obergsrsvork. Sonnabend, den 23. November: 12 Uhr Beichte und heiliges Abendmahl. Sonntag, den 24. November, Totenfest: >/,g Uhr Beichte und heiliges Abendmahl. 9 „ Predigtgottesdienst. Kollekte für kirchliche Versorgung der evangelischen Deutschen. 2 Uhr Liturgischer Gottesdienst zum Gedächtnis der Ver storbenen. „Ab«r Kindchen, di« Krusrmann «st doch kein Unmensch. Nu »er — Sie können doch nischt vor so 'ne Mutter, daß sieht doch 'n Blinder ohne Brille. Jotte doch, mit die Polizei kommt doch hier leicht einer in« Gemenge, da« i« »u mal so. Und ick hab mir schon immer jedacht, daß e« mit ihr kein jäte» Ende nimmt, 'n leichte« Huhn war sie schon. Aber davor können Sie doch nischt, Sie find so 'n brave« anständige« Fräulein. Nu bleiben Sie man ruhig bei die Kruseman», bi« sich wa« vor Ihne» findet, so wie dir kann ich Ihnen allemal noch bemuttern. Sie zeigte dabei mit dem Daumen hinter Charlotte Grabow her. Evi strich mechanisch mit den Händen an sich herab. ,Glauben Sie, daß meine Mutter bald zurückkommt,' fragte Eva. „Da» ist so ne Sache. Wen die Polizei einmal am Schlafiitchen hat, den läßt sie so bald nicht lo«. Na und Ihr« Mutter muß schon wa« ordentliche» auf dem Kerbholz haben, sonst wäre sie nicht so fi'lleke« miij'jrngen. Wflm Sie, wa« ick mir denk«? Vie hat sch in jrstern Abend gr, mußt, daß »au von ihr wa« will. Da« war wohl ihre Krank heit diese Nacht. Irgend een guter Freund wird ihr da« j-stochen haben, da hat sie e« mit der Angst zu tu» gekriegt.* Eoa wußte, daß di« Frau recht hatte. Da« Be« nehmen ihrer Muter gestern abend war ihr nun voll« kommen klar. Schuldbewußtsein und Angst vor der Strafe hatten fie so erregt. Frau Kruseman» schlich sich hinau«. Sir mochte wohl fühlen, daß el bester war, fie ließ Eoa allein, damit sich ihr Schmerz au«lobrn konnte. Eoa war nun allein. Stundenlang saß fie mit ver« graben«» Gesicht am Tisch, ein Opfer der Verzweiflung. E» war längst Mittag durch, da kam Frau Kruseman» herein. „Fräulein, eine Dame i« daußen, fie will Ihne» sprechen. Soll ick fie rin lassen." Eva richtete sich müde auf. „Eine Dame? Hat fie ihren Namen genannt?" „Nun, aber fie sieht sehr vornehm au«. Vellricht ist da« eine, di« eine Stelle für Sie hat. Sie sagt, fie hätte 'ne dringende Angelegenheit und müßte fie unbedingt selbst sprechen." „Lasten Sie die Dame lintrete»," sagt« Eoa matt und ordnrte rasch ihr«» Anzog vor dem Spiegel. Gleich darauf trat Frau Maria Herbig in da« Zimmer. Sie trug rin elegante«, aber sehr schlichte« Retsrkostüm und «in klein«» englffche« Hütchrn. Ihr noch immer hübsche«, blühende« Gesicht wandte sich erwartunglvoll auf Eoa, und ihre schöne» blaue« Auge» bl'ckten voll Hrrzen«güte in da« sehr bleich, Mädchengeficht. Die Damm grüßte» sich mit einer Verneigung. »Gnädig« Frau, wa« vrrschafft mir dir Ehr«?" fragt« Eva artig. Maria trat näher heran. „Zuerst grstattrn fie mir, baß ich Ihnen mein«« Namen nenn«. Ich heiße Maria Herbig." Eoa verriet dieser Name nicht«. Tie hatte »war oft von Bernhard gehört, daß Tante Maria und Onkel Fritz ihm di« liebsten Menschen seien nach der Mutter, hatte auch Onkel Fritz persönlich kenne» gelernt, aber sei» Familienname war ihr nicht haften geblieben. Sie verneigte stch, und bat, Platz zu »rhmr». Die beiden Dame» faße» sich nun gegenüber. Maria« Herz schlug in warmer Teilnahme. Da« süße traurige Mädchenantlitz stahl sich ihr in« Herz. »Ich bin gekommen, um fie mit mir »u nehme», Fräulrin Grabow. Ich weiß, fie suchen einen Pflichten!«!«, Arbeit. I» meinem Hause finde» fie beide«. Ich hab« zwei lebhafte Kinder und einen großen Hauthalt, und e« fehlt mir di« Zeit, mich selbst damit zu befassen. Sir können mir ein, s,hr große Hilse sein. Wollen sie mit mir kommen?" Eoa, der die Fremd« einen sehr sympatischen Eindruck macht», sah fie traurig an. „Ob will, gnädig« Frau — ach «« wär« ein groß,» Glück für mich. Ab«, ich — ich fürcht, — Sir werden mich nicht habe» wollen. Ich besitze weder Zeugneffe noch Empfehlungen, und —" „Laffen Sie da» doch. Sie fi»d mir sogar sehr warm empfohlen worden, und ich brenne darauf, sie mit mir zu nehmen." Eoa sah überrascht in da» gütige Gesicht der Fremden. „Darf ich wissen, wer mich Ihnen empfohlen hat?" „Gewiß. Erst««» der Herr Kommerzienrat Wendenburg und dann mein N'ff« Bernhard Gerold." Da» junge Märchen fuhr empor uud Sand mit glühen« dem Gesicht k«rzrng«rade neb«n ihrem Stuhl. Ihre Hand, welch« dir Lehn« umfaßt», zitterte leis«. „Tant« Maria — Si« find Herr« Brrnhard Gerold» Tante Maria!" rief fi», mit Müh« ihr« Aufrrgung b«> herrschend. Maria lächelte. „Ja — und wenn Sie wollen, dann will ich auch Ihre Tante Maria sein. Sie srhrn also, daß ich gern auf weitere Empfehlungen verzichten kann." Eoa Heß stch wieder in ihren Stuhl gleiten. „I», da» s«he ich," sagte Eoa leise. „Aber ich sehe noch mehr, S e wolle« mir auf Onkel Horst» Bitte eine solche S ellung in ihrem Haus« schaff«». Da» ist so sehr gütig von Ihne«. Um so undankbarer muß ich scheiarn, daß ich Ihr Anerbieten ablehnen muß." „Und warum müsi n sie;* fragte Maria Hirbig ernst und ruhig. Eva schlang di« HSudi fest ineinander. „Ich brauche Arbeit, wirkliche Arbeit." „Die finde» Sie reichlich bei mir. Im Ernst — ich brauche Sie nötiger, al» Sir mich. Eva starrte trübe vor sich hi». „Dennoch kann ich nicht mit Ihnen geh«»," sagt« fi« fest. „Wa» hind«rt fie noch daran?" Da» junge Mädchen erhob sich langsam und stellte stch hinter ihre» Stuhl. (Forts«tzung folgt.)