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Nr. 111. Pulsnitzer Wochenblatt. — Donnerstag, den 19. September 1912. Seite 6. Zeit drei Fälle ereignet, in denen Tiere infolge über mäßiger Kohlensäureentwickelung im Pansen nach dem Benutz jungen Klees gestorben sind. Dresden, 18. September. (Voneinemfahren- den Personenzug abgsprungen.) Aus dem von Weipert abgegangenen Personenzug sprangen ge- stern abend in voller Fahrt die Brüder Oswald und Johann Wohlrab, die ihre Station verschlafen hatten, ab. Der ältere Bruder Oswald blieb mit zerschmet terten Gliedern und schweren Kopfverletzungen neben dem Gleis liegen. Sein Zustand ist hoffnungslos. Der andere erlitt ebenfalls erhebliche Verletzungen. Dresden, 17. September. (Der Verein für Sächsische Volkskunde) hält am 4,5. und 6. Oktober in Zittau seine 16. Hauptversammlung ab. Mügeln, 17. September. (Der Chef des Ge- nera Ist ab er General v. Moltke) hat an den Bürgermeister von Mügeln Börngen folgendes Tele gramm gesandt: „Dem Magistrat beehre ich mich für die entgegenkommende und verständnisvolle Unterstü- tzung der Manöverleitung im diesjährigen Kaiserma, növer meinen ergebensten Dank auszusprechen. Die freundliche Aufnahme, die alle Offiziere und Mann- schäften trotz der starken Einquartierunz gefunden ha. ben hat wesentlich dazu beigetragen, den Dienst zu erleichtern. Ich bitte, der Bürgerschaft von Mügeln den Ausdruck meiner besten Dankes übermitteln zu wollen, v. Moltke." — (Ausgezahlte Belohnung.) Herrn Gen- darm Böhme in Gottleuba ist die von der Oberpost. direktion zu Düffeldorf für Ermittelung und Festnahme des mit etwa 7000 M flüchtig gewordenen Postasststen. ten Thym und für Wiedererlangung des Geldes aus- gesetzte Belohnung von 500 M zugesprochen worden. Thym hatte sich unter dem Namen einer Leutnant- z. S. Rößler in Hartmannrbach al- Sommerfrischler eingemietet und führte ein flotte- lustige- Leben. Er gab da- Geld mit vollen Händen au- und machte sich verdächtig. Nachforschungen ergaben, datz ein Leutnant z. S. Rötzler nicht existiert und der Beamte schritt zur Verhaftung just al- Thym eine Bowle spendete Am anderen Tage wollte er in Begleitung einer Dame nach Wien abdampfen. Von der Strafkammer in Düsseldorf wurde Thym zu längerer Gefängnisstrafe verurteilt und Herr Böhme erhielt nun die ausgesetzte Belohnung. Chemnitz, 17. September. (Der sozialdemo kratische Parteitag.) Der sozialdemokratische Parteitag beschäftigte sich heute nachmittag mit der Teuerungsfrage. Abg. Scheidemann hielt ein längere» Referat, in dem er u. a. die Erregung schilderte, welche infolge der Teuerung dar Volk ergriffen habe. Die Sozialdemokraten würden sich da» zunutze machen. Der Reichskanzler habe bisher auf da- Ersuchen der sozialdemokratischen Fraktion, den Reichstag einzube- rufen, noch nicht geantwortet. Es komme aber nicht auf di« Antwort des Reichskanzlers an, sondern auf die de- deutschen Volkes. Die herrschenden Klaffen sollten nicht vergessen, datz Not Eisen bricht. Da deutsche Volk werde schon verstehen, in dieser Frage den Sieg davonzutragen. Nach kurzer Erörterung ge> langt der gestern mitgeteilte Antrag einstimmig zur Annahme. ^agesgefcklcdte. Deutsches Reich. Berlin, 18. September. (Un- W.« setbjtvichäaLflch su nev-n rhrcm Prmz-pm duhm schritt — al« wäre er ganz ihre-gleiche«. Sie sah zu ihm empor und schien ausmerksam seine» Worten zu lauscht», während er eifrig in fit hineinrrdete. BrttinaS Fing« trommelten unruhig auf dem Fruster- brrtt. Wahrhaftig, da ging « achtlos an der Gartentüre vorbei, di« zur Villa führte, und schritt noch bi« zur Stra- ßrntcke mit. Sch dort blitb er flehen, zog den Hut und kam langsam zurück, Aergerlich wand!« fit sich vom Fenster ab und trat zu d« gedeckt«» Trstl. M t einem prüfenden Blick überflog fie »och einmal die drei Kuvert». Vie rückte mechanisch an den schön geschliffenen Kelchgläsern, fuhr glättend mit der Hand über da» blütenweiß« Tischtuch und ging dann mit einem tiefe» Seufz« hinau» in da» Vestibül, um ihren Brud« zu begrüßen. Sobald er eintrat, zwang fit einen heiteren un befangenen Ausdruck in ihr Gesicht. ' „Tag, Bettina. Komm ich zu spät, oder ist Brrnhard auch noch nicht zu Hsu»?" „Bernhard ist auch noch nicht hi«, lieb« Fritz." „Schön, dann krieg ich keine Schelte," sagt« er lachend Bettina umfassend und »eben ihr in» Zimmer schreitend. Sie lachte auch. „Ach — darin hast Da e» gut, Fritz. Schelte bekommst Du nie. De» Vorzug hast Du, Junggeselle, daß Du kom men und gehen kannst, wann Du willst. Al» Ehemann würde wohl manch,» and«» sein. Fritz sah seine Schwester mit ^gutmütigem Spoltlächeln an. Er wußt-, wr»halb sie ihm bei jeder Gelegenheit die Vorzvgt sein«« Junggesellentum» i» günstige» Licht rückte. Er hatte fie trotzdt« herzlich litb. Herbig besaß au»g«p:Sg- trn Familiensinn, und r» war für ihn selbstverständlich, daß « für seine» Nrffe« sorgt«, wi« «i» Vater. Daß «r aber deshalb auf di« Gründung «in« «igenen Famili« verzichten sollte, da» ging ihm doch etwa» zu weit. Trotzdem er bi» jetzt ledig geblieben war, wußte er doch, daß « eine» Tag«» heirate» würde. Vorläufig war ihm nur «och nicht da» weib liche Wesen begegnet, welche» « sür eine Ergänzung seine» eigenen Ich» hätte halt«« können. Und je ält« « wurde, ruhen in Südwestafrtka.) Au- unserer Kolonie Südwestafrika kommt die Nachricht von dem Einfall einer Bande von Kopperleuten, die indes bereit» ge- fangen abgeführt worden sind. Frankreich. Paris, 17. September. (Kriegs- ministerMtllerandüberdiefranzösischen Manöver.) Der militärische Mitarbeiter des Matin, der die Manöver an Ort und Stelle verfolgt, befragte den KriegSminister Millerand über dar Resultat der Armeemanöoer, der ihm folgender erklärte: Ich denke, daß die Manöver drei Probleme gelöst haben, die ich bestrebt bin, zum Ziele zu führen. In erster Linie ist er erforderlich, daß unsere Kavallerie, die durch ihre Schnelligkeit und Kühnheit alle Welt in Erstaunen setzte, mit einem neuen, leichten und besser zu Hand- habenden Gewahr ausgestattet werde, denn das zurzeit im Gebrauch befindliche entspricht nicht den Anforde- rungen. Wir müssen diese Frage sofort im Paria- mente auswerfen, um die nötigen Mittel für die Neu anschaffung bewilligt zu erhalten. Die Experimente, die mit ausschließlich aus Reservisten bestehenden Re- gimentern vorgenommen wurden, haben glückliche Er- gebnisse gezeitigt. Ich habe auch von den Ches» der aktiven Armee nur Lobreden und Zustimmung darüber gehört, und wir müssen daher da» Gesetz beschleunigen, daß den Reservisten Offiziere und Unteroffiziere be schert, deren sie bedürfen, um das Kommando zu ver- vollständigen. Endlich hat auch die Verproviantierung mittels Automobilen befriedigende Resultate gehabt. DaS frische oder halbgefrorene Fleisch, daß den Trup pen durch Autobusse geliefert wurde, sand allgemeine Billigung. Ich habe e» selbst auf dem Felde, ohne e» zu wissen, gegessen, und er hat mir vorzüglich ge mundet. Ich habe gefunden, daß es sich zur Ver proviantierung der Mannschaften außerordentlich gut eignet, und «S ist mir auch keine Klage oder Rekla mation über die Güte des Fleisches zu Ohren gekom men. Wir müssen unsere Truppen, vor allem die Kavallerie mit ausreichenden Automobilen versehen, damit die Verproviantierung aus möglichst schnellem Wege au-geführt werden kann. — Der Kriegsminister inspizierte übrigen- auch den Dienst sür drahtlose Telegraphie und hat sich auch darüber sehr anerkennend au-gesprochen. Türkei. (Türkischer S teg bei D'erna) Der „Frkft. Ztg." wird von ihrem Spezialkorrespondenten in Derna unter dem 15. d. M. geschrieben: Gestern beim Morgengrauen beschossen sieben italienische Ba taillone die ganze türkische Vorpostenlinie. Zwei feind- liche Batterien fahren 800 Meter vor dem Fort Sidi Abdulla auf. Die italienischen Vorposten weichen zu rück, bi- die erste Verstärkung eintrifft und eine Um- gehung vereidelt. 100 Meter vor der türkischen Schützenkette wurde der Bajonettangriff eingestellt. Nach achtstündigem Gefecht zogen sich die Italiener zurück, gedeckt durch das Feuer ihrer schwcren Geschütz«. Sechs Gewehre, Feldgeräte und viele Tote blieben in den Händen der Türken. Die türkische Fahne wurde auf Sidi Abdulla ausgepflanzt. Die Türken hatten drei Verwundete. — An der äußersten Ostseite errichten die Italiener ein neues Fort an einer für die Türken wichtigen Stelle. Amerika. Newhork, 18. Septbr. (Präsident Tast über die finanzielle LageAmerika».) Präsident Taft ist der Meinung, daß sich Amerika am Vorabend eine» langanhaltenden Wohlstandes befindet, je wühik.ssch« warb s«m Li«n. U.origenS juylt« « pq rn der Schwester Obhut sehr wohl. Sie entsaltkt« aber auch brau »der»»wert« Talent«, um Fritz sein« Häu»lichkeit angenrhm zu machen. Sein« Mahl zeiten war«» vorzüglich zub«reit«t und j«d«» Gericht s-inem Geschmack augepaßt. Wäsch« und Tarderob« wurden in ta- tellos« Ordnung gehalten. Wollt« er plaudern — Bettina verstand e» in graziös« und nicht g«istloser Art, jede» Thrma zu behandeln. Hatt« er Last, Musik zu hören — fi« sp'elt« sehr gut Klavier und sang mit ihrem »eichen Alt einfache Lied«, die er sehr liebte. Wollte « Ruhe haben, fi« ver stand sehr wirkungsvoll zu schweige». Si« suchte ihm ln den Zeitungen di« Artikel au», dir ihn besonder» interessierten und strich dieselben rot an, damit « schnell« mit der Lek türe fertig würde. Auf all sein» Stimmungen ging fi« ver. ständni»voll «in. Da er «ine ungrzwungen«, anspruch-lose Geselligkeit liebt«, sorgte fie sür reizend«, gesellig« Abend«, kurzum, fie schaff» ihm eine be«»iden»wertr Häuslichkeit. Auch da» Verhältui» ihre« Bruder» zu ihrem Sohne beeinflußt« fi« in kluger Weis«, obschon fie sich da jede Müh« hätt« sparen können. Onkel und N ff« waren sich ohnrd«» in herzlich« Lieb« zugetan. Bttnhard Gerold schwärmte in jugendlichem Enthuafiaemu» für Onkrl Fritz. Er schien ihm a» da« Ideal ei«,» Manne». So wie dieser zu werde», war sein eifrigst«» Strebe», so gut und so klug, so tatkräftig und zielbewußt. Fritz liebt« de» frisch«» aufgeweckten Jungen wahrhaft väterlich. Sein off«»«, ehrlicher Charakter, der wie «in aus- geschlagene» Buch vor ihm lag, «füllte ihn mit Freud,. Er bttirflußte seinen Werdegang mit liebevoll«« Verständnis, zog ihm die Zügel nicht zu straff und ließ ihn sich entfalten ohne kleinlich,» Zwang. Schon frühpitig weckt« « i» ihm da» Bewußtsein der eigene» Verantwortlichkeit, und stärkt« so sein« Willenskraft. Trotz de» Altnlunlerschied» verkehrt« « mit ihm wi« ein Freund, lenkt« ihn aber dabei mit weiser Vorsicht unmerklich dahin, daß er selbst immer den rechten Weg fand. Bettina hatte gewünscht, daß Bernhard in di« Fabrik d«S OhiimS eintreten sollte. Der Sohn hatte aber keine Lust, Kaufman« zu werde». Sei«« Mutter wagt« er jedoch wenn da» Kapital nicht geschwächt und die Geschäft». Verbindungen nicht durch feindliche Politik gestört werden würde. Seine Aufmerksamkeit richtet sich hauptsächlich auf die Staattfinanzen, und der Präst- dent erklärt, daß e- seiner Meinung nach wenig wahr- schetnlich sei, daß RegierungSgelder bei den Banken deponiert werden. ttus Sem Ssriedtssaolv. 8 Dresden, 18 September. (Urteil im Be- trugSprozeß gegen Or. Snell.) Im Betrugs- Prozeß gegen Landgericht-rat vr. Snell wurde heute mittag nach dreistündiger Beratung da- Urteil gefällt. Er lautete auf ein Jahr und 6 Monate Gefängnis wegen fortgesetzten Betruges. Sechs Monate der Unter- suchungShaft wurden angerechnet. Außerdem wurde der Angeklagte für 3 Jahre unfähig erklärt, ein öffent liches Amt zu bekleiden. 8 Leipzig, 17. September. (Da» Schwurge richt) beschäftigte sich heute mit dem in der Nacht vom 11. Mad in Regis auf den Guttbesitzer Lammler in dessen Wohnung verübten räuberischen U-berfall, wobei den Tätern 36 M in die Hände fielen. Der 19 Jahre alte Dienstknecht Holze und der 22 Jahre alte Geschirrführer Schurig erhielten 5 Jahre Zucht haus und 5 Jahre Ehrverlust, während der dritte An- geklagte, der 18 Jahre alte Dienstknecht Neuhaus zu 3 Jahren G.fängniS verurteilt wurde. vsrliner Sstreldvberlckt. An der Getreidebörse machte sich heute für Weizen und Roggen per September stärkere Nachfrage bemerkbar. Die Kurse zogen merklich an. Auch die übrigen Termine waren ansehnlich fester. Rüböl blieb zu unveränderten Kursen ver- nachlässigt. voraussichtliche Witterung am 20. September: Wettervorhersage der K. S. Laudcswetterwarte zu Dresden. Nord-Wind, heiter, warm, trocken. Magdeburger Wettervorhersage. Abwechselnd heiter und wolkig, windig, etwas kühler, Regen- schauer. Mrcken-NacjbrlcLtsn. Pulsnitz Sonntag, den 22. September, XVI. nach Trinitatis: Erntedankfest: Predigt j Pf°rr-r Schulze. > />2 „ „ Pastor Köhler. „ Taufgottesdienst. Pfarrer Schulze. Abmarsch des Jünglings- und Männervereins vom Ratskeller zum Kreisfest in Lichtenberg. An diesem Tage wird eine Kollekte für den Orgel- fonds unserer Kirche gesammelt werden. Donnerstag, den 26. September, abends '/,9 Uhr Bibel stunde in der Schule zu Friedersdorf «Joh. 1, 26—29). I^sickenback. Sonntag, den 22. September, XVI. nach Trinitatis: V ,9 Uhr Festgottesdienst (Erntedankfest). Kollekte für den Orgelfonds. Oborgsrsdork. Sonntag, den 22. September, xvi. nach Trinitatis: > /,9 Uhr Predigtgottesdienst. Getauft: Marie Helene Boden, T. des Otto Emil Bo den, Färbereiarbeiters in Weißbach. — Alma Erna Mütze, T. des Ma.r Richard Mütze, Zimmermanns und Hausbesitzers in Obergersdorf. — Marianne Elfriede Lisbeth Haase, T. des Franz Erwin Haase, Gutsbesitzers in Obergersdorf. nicht zu wto«spr«chk», du kam daun immer gleich mit Trä nen und Vorwürfen, Und «r merkt«, daß ihr viel daran lag, ihre» Wurrsch durchzusrtzen. «Ich wriß. Onkrl Fritz «wart«! da» a'» selbpvirständ- sich, Bernhard," Hail« fi« ihm gesagt. Da» sie in ihm schon den künftigen C)rf d« Firma Herbig sah, vrrschwieg fie ihm wohlwrillich, denn ihr Soho hält« sür ihre Wünsch« und Hoffnungen kein Verständni» gehabt. Da er aber, wie gesagt, kl«, Lust halte zum K,»f- monntstand sondern eine starke Neigung für da» Maschinen baufach besaß, ging « «ine» Tag«» zu seinem Oheim. Dies« log nach Tisch immer ei» halb«» Stündchen lesend auf den« Divan in seinem Zimmer. Und Bernhard ging m t all sei- n«n kleinen und großen Anliegen stet» um dies« Zeit zu ihm. Er fitzte sich dann mben ihn auf den D van und wippte solang« auf und ab, bi» Oakel Fritz lachend seine Zeüung wrglrgte. So auch an jenem Tage, Er sah sein«« Nrffe» einen Augenblck prüfend an. Dann sagt« er lächelnd: ,Na, Jung«, nun schi«ß mal lo». Was hast Da denn auf d«m Herzen?' Bernhard hörte auf zu wippen und sah mit seinen offe nen, klaren Augen in die d«» Onkel». „Du — ist r» wahr, daß dir sihr viel daro» liegt, daß ich Kaufmann werde k" ,W« hat dir gesagt, daß mir soviel daran liegt?' „Mama natürlich. Sie will, daß ich in dein« Fabrik emtrete." Herbig lächelte, „Mir scheint, du hast diesen Gedanken nicht gerade mit Entzück«» aufgifrß», hm?* Bernhard wippte wieder. „Erst sollst du meine Frage beantworte», ich habe zuerst gefragt. Herbig lachte herzttch. „Du — dann fitz erst mal still, wenn du so weiter- turnst, krieg ich die Seekrankheit. So, nun also mein« Antwort : Meinetwegen werde Schuster, Schneid« oder Hand- schuhwacher, werd« wo» du willst — aber werde e» ganz." (Fortsetzung folgt.)