Volltext Seite (XML)
Nr. 75. Pulsnitzer Wochenblatt. — Donnerstag, den 27. Juni 1912. Seite 6. ImderkMumt und deutscher MsHerW. Zu den Verhandlungen des in Trier abgehaltenen deutschen Fleischerverbandstages, insbesondere zu den Ausführungen des Chemnitzer Obermeisters Kickelhayn über die Fleischversorgung der Bevölkerung Deutschlands, sowie über die Einfuhr von Ge frierfleisch nimmt jetzt der Landeskulturrat für das Königreich Sachsen Stellung und erläßt folgende Kundgebung: „Nach dem Bericht über den 3ö. deutschen Fleischerverbandstag hat Obermeister Kickelhayn-Chemnitz u. a. gesagt: „Die Landwirt schaft im Königreich Sachsen gebe offen zu, daß sie nicht in der Lage sei, den Bedarf an Vieh zu decken." Wenn Herr Kickel- hayn gemeint hat, die sächsische Landwirtschaft vermag den Be darf im Königreich Sachsen nicht vollständig zu decken, so ist das an sich richtig, jedoch für den zur Besprechung stehenden Gegenstand eigentlich belanglos. Das Königreich Sachsen ist kein nach autzenhin abgeschlossenes Konsumgebiet, sondern ein Teil des deutschen Reiches; niemals ist aber behauptet worden, daß alle Gegenden des Reiches in der Lage wären, aus eigener Produktion den Bedarf ihres Bezirkes selbst zu decken. Nalur- gemäh liegen die in Frage stehenden Verhältnisse in industri ellen Gebieten wesentlich anders, als in rein landwirtschaftlichen. Die sächsische Landwirtschaft hat demnach gar keine Veranlassung gehabt, in dieser Beziehung etwas zuzugeben." Sollte jedoch Herr Kickelhayn gemeint haben, es sei zugestanden worden, daß die deutsche Landwirtschaft nicht in der Lage sei, genügend Schlachtvieh zu produzieren, so mutz dieser Behauptung energisch widersprochen werden. Die Vertretungen der Landwirtschaft stehen vielmehr nach wie vor auf dem Standpunkt, daß die einheimische Landwirtschaft es recht wohl vermag, die deutsche Bevölkerung mit dem nötigen Fleisch zu versorgen. Datz nach Mitzernten vorübergehend einige Schwierigkeiten dabei entstehen, ist nicht zu bestreiten. Diese Schwierigkeiten werden aber durch aus nicht durch weitere Oeffnung der Grenzen beseitigt, sondern es besteht vielmehr die Gefahr, datz sie dauernd werden, denn man kann es dann keinen Landwirt mehr verdenken, wenn er das Risiko einer öfteren Verseuchung seiner Viehbestände durch Vermeidung der Stückzahl abzuschwächen sucht. Entgegen der Ausführungen des Referenten Leube> Hamburg möchten wir hier noch besonders feststellen, datz das deutsche Reich bis vor kurzem längere Zeit hindurch so gut wie seuchenfrei war und datz erst nach einer erneuten Einschleppung aus Rußland die Maul- und Klauenseuche wieder größere Verbreitung gefunden hat. Zum Schluß seiner Ausführungen betont Herr Kickelhayn noch, datz in Chemnitz der Versuch mit gefrorenen Hammeln vor züglich ausgefallen sei. Auch diese Behauptung trifft keineswegs in vollem Umfange zu. Die erste Sendung, bestehend aus 87 Ein Zcppeln-Kreuzer bei der Kieler Regatta. In der Kieler Woche wurde in diesem Jahre nicht nur auf dem Wasser gekämpft, e-? gesellte sich zu den Seglern der Wellen noch ein ganz moderner Segler der Lüfte — das Lustschiff „Viktoria Luise". Von Hamburg aus war das stolze Schiff nach Kiel gesegelt. Bei wunder, barem Sommerwetter nahte das Luftschiff von Westen her und überflog zunächst den westlichen Teil der Stadt in einer Höhe von 20V bis 300 Meter. Dann begrüß e es „vom Himmel hoch" eine Namensschwester, nämlich den Hapag - Dampfer „Viktoria Luise", flog über die „Hohen- zollern" hüweg und über die Kriegsschiffe, deren Besatz ungen die Luflkonknrrentin auf das ,reudigste begrüßten. Und wie ein Riesenvogel be gleitete dann der Luftkreuzer die schnellen Segcly achten, deren Segel wie Möven dicht über das Wasser dahinstrichen. Jedenfalls muß der Anblick der „Viktoria Luise" ein höckst reizvoller gewesen sein, denn während man auf dem Wasser Wind und Wellen meisterte, zeigte hoch oben das stolze Luftschiff, daß der Mensch auch Herr der Lust geworden ist. 6us alter Welt. (Eine Million „e r - doktert") har sich der bei ühmtc Wunder - Doktor Heinrich Küllstedt in der Provinz Sachsen, der sniher ein armer Schäfer war. Gr will nun seine Praxis auf- geben und hat sich in Kassel ein Haus für über 200 000 M gelaust. Die „Vittoria Luise" und die .Kieler Woche. ausgeschlachteten Hammeln, fand allerdings sofort Abnehmer Die Direktion des Schlacht- und Viehhofes der Fleischerinnung zu Chemnitz hebt jedoch selbst in ihrem Bericht auf das Jahr 1911 hervor, datz dieser anscheinend gute Erfolg für Dauerbe züge zu jeder Jahreszeit nicht als matzgebend angesehen werden könnte, da die kalte Witterung dem Versuch günstig gewesen ist. Jedoch abgesehen hiervon war das Interesse des Publikums bereits beim zweiten Versuch erlahmt. Nach der gehaltenen Anfrage konnte der Verkauf nur in 37 Geschäften als gut be zeichnet werden, dagegen war er in 31 mitrelmätzig und in 18 Geschäften sogar langsam vor sich gegangen; in einigen Fällen ist selbst noch nach 6 Tagen Fleisch vorhanden gewesen. Wie man unter diesen Umständen von einem vorzüglichen Gelingen sprechen kann, ist nicht recht verständlich. Die hierbei gemachten Erfahrungen legen cs vielmehr nahe, ein Bedürfnis nach der Einfuhr gefrorenen Hammelfleisches überhaupt zu veineincn." «mummm »mumm» 6us dem SsrrcktSstrQls. 8 (Ein Prozeß gegen den Kaiser.) Vor dem Landgericht zu 8qnd»berg a. W. wurde eine Klage gegen den Kaiser verhandelt. Es handelte sich um die Klage einiger Fischereiberechtigten der Gemeinde Pee- tzig a. O. wegen EigentumSbeeinträchtigung. Den Klägern stand die Berechtigung zur Ausübung der Fischerei in der Oder, Megelitze und,anderen in der Gemarkung Peetzig liegenden Gewässer» zu. Da» Vor. werk in Peetzig gehört zur Herrschaft Schwedt a. O. und diese zum Königlichen HauSstdeikommiß, dessen nutzbares Eigentum dem "Träger der Krone Preußens zusteht. Der Hofoerwaltung wurde nun von den Klä. gern zur Last gelegt, daß sie durch Anlage einer fünf Morgen großen Holzablage am Veetzjg'eySee die Klä ger in der Ausübung ihrer Gerechtsame.schwer schä digt. Die Kläger behaupten, daß dse FisHedurch da schnelle Hinabgleiten der Stämme in das Wasser And die Weiterbeförderung des Holze- auf dem.Edasser ver- scheucht und die Fischbrut vernietet wird- .Sie bean tragen, den Kaiser zu verurteilen, sich dieser Beeinträch tigung ihrer Gerechtsame zu enthalten, wurden jedoch mit ihrer Klage abgewiesen. Die Kläger wollen Be- rufung einlegen. * . Mreden-Nasdricktsn. Pulsnitz Sonntag, den zo. Juni, IV. n. Trinitatis: ». MV" '/,2 „ Aindecgottesdü-nst (2. Tim. z, 5). Pfarrer Schulze. 8 „ Jünglings- und kllännerperein. Donnerstag, den q. Jnli, aöends Ühr Bibelstnnde in der Schule zu Friedersdorf. I^skcdsnbarD. Sonntag, den zv. Juni, IV- tt. Trinftatis: '/,g Uhr kesegottesdienft. langsame» vqrmr« durch die Lrazesprache, — die Schläger iu ihren Händen verrieten, daß sie vom Tennisplatz kamen. Die Unterhaltung wurde fast ausschließlich von feiten de» Herr» geführt, nur ab und zu wandte di, Dame de« Kopf und blickt« zu ihm empor, denn obgleich ziemlich hoch gewach sen, «schien sie fast klein «eben der riesenhafte», breitschult» rigen Figur de» Begleiter», Sir hatten ihr Ziel erreicht, — da» junge Mädchen blieb stehen. „Und ich darf sagen: auf Wiedersehen?" Diese F.ag« klang halb freudig, halb zagend von seinen L ppe«. »Bestimmt auf Wiedersehen, morgen." Sie reicht« >hm di« Hand «ntqegen und «r umschloß sie mit festem Druck. .Tausend Dank fiir die Aulficht und Bute Nach', F äu- lei« Isolde." Grüßend »og er den H«', langsam schritt sie di« Stufen zur elterlichen Wohnung empor nnd betrat da» Fam lienzimm«. „Wer war der Herr, der Dich soeben nach Hause gr. bracht Hit, J'oloeJ fragte sogleich noch der Begrüßung der Hofmarschall mit ziemlich eindringlichem Ton. I olde wurde etwa» verlege». „Fabrikbesitzer Karste», Papa." „Du wirst die Brglettuag diese» Herr» in Zukunft ein für allemal ablehnrn, ich wünsch« nicht, daß mem« Tochter sich durch solche B-s'llschast ihren guten Ruf verdirbt. Hast Da mich verstanden, Isolde?" „Ich we>ß »icht, was Du an Herrn Karstes au«iufttzen hast, Papi." Der Ho^warscholl, der, die Hände auf dem Racken ver» schränkt, im Z mmrr auf- und mednschr'tt, blnb vor seiner Tochter stehe» und sah sie groß an. „An Herrn Karste» Hobe ich gar nicht- au«zus,tz-n, der Mensch ist m r v el zu unintereffant, um mir über da» Pro blem seiner P-rsönlichkeit den Kopf zu zerbrechen, — au»»u» fitzen hab 'ch lediglich etwa» an meiner Tochter, w-lch« fich ,« vergesfin s»«i»t." „W llst Da nicht lieber gleich mit dem Man», der da draußen in der Küche di« Wafferleitung in Oidnung bringt, a«bäud«ln?" fragt« Wolf von W nmngen mit scharfem Spott und wipp!« im Schauktlstuhl auf und nieder. „Wenn Du Dich nun mal der allgemeinen Verbrüderung anschlüßen willst, dann auh gleich ordentlich. „Wahre Deine Zunge, Wolf", fuhr Isolde heftig aus, „ich weiß nicht wa« Du willst, Herr Karsten hat eine groß« Fabrik in E sen — er " .Dank«, — danke," der Hofmatschell wehrte mit der Hand ab. „Wi, find völlig orientiert über di« Familiengr» schichte diese» Herr», — man hat Dich schon öfter in seiner Begleitung gesehen, und da hat Dein Bruder di« groß« Güte gehabt und keine Mühe gescheut, sein« Personalien fest,«stellen. — wi: find völlg im Bilde über die Vergangenheit de» väter lichen „Kunstschlosser»", und dieser Mann im Eisen interesstert un» in keiner Weise weiter. .Du bist schlecht unterrichtet Wolf", empöite fich Isolde, „wenn man Dir nicht gesagt ha», daß Herr Karsten rin außerordentlich guter, ehrenhafter Mensch ist." „Habe ich denn behaupt, daß er filberne Löff-l stiehlt," gähnte Wolf, Ich habe ja nur gesagt, er ist rin Muschko." »Ich weß carnicht, warum Ihr Euch so über düsen Herrn alterirrt", legt« fich Frau von W müngen in» M-ttel, .die ganz« Sache ist garnicht so viel Wort« wert, tant d« biuit " „Für m ch ist fie noch mehr Wort« wert, Mama," Isolde richtete fich zu ihrer ganzen öhe empor, — „drnn ich hab« di« Abfich', Friedrich Karsten zu heiraten." — „Zu hei—ra—ten! Der Hosmarschall blieb mitten in dem Z mmer stehen und roug förmlich nach Worten.- Wolf sprang so heftig au» dem Schaukrlstuhl, daß dieser mitten in da» Z mmer flog, trat dicht vor seine Schwester hi» und herrscht« fi« an, „bist Du verrück- gewor, d«n?', während die geborene Gräfin fich in ihr« Sosadecke zurvck-ehnte und laut zu lachen begann. .K «der, Ihr fallt auf alle» herein, di« Jwlde hat fich e nen Spaß mit uns gemacht. „Ich bin weder verrückt, noch habe ich Spaß gemacht", sagt« Jsold-, jede» Wort betonend, .«» ist me-n voller Ernst", Da» war zu viel für den Hofmarschall, er hatte seine Sprache wed«gi fanden und der Vollblutariflokrai in ihm bäumte fich auf. — Die Empörungsworte seine» gekränkten Standesgejühl« regneten nur so auf Isolde herab. Alle», wa» er in 25 Jahren in der Atmosphäre der Hofluft an Rangflor, ausgesogen hatte, wa» seinem Leben zur Notwendig, teil geworden war, e» ergoß fich über die Tochter, wtlche allem mit offenem Blick und ruhiger Haltung standhtelt. „Ich soll Mohl den Abschied nehme», da» könnte Dir paffen", fuhr, Wolf die Schwester a», aber ich «kläre Dir feierlich ich sag« mich von Dirio»- ich ckenne Dich nicht mehr, — oder glaubst Du, ich werde mit meinem Schwager Arm in Arm durch die Straßen gehe»,- der au» den niedrigsten K-eisen der Stadt stammt. ^Die ganz« Affär« haben wir wie der lediglich De'ner unglaublichen Freundschaft mit d«r Sil berstein zu danken, ich habe Dich oft genug gewarnt, wer verkehrt auch mit .sowas", wärst Du nicht da in den Tennis» klub eingetrelev, hättest Du nie den Mann im Eisen kennen gelernt." „Wie bist Du nur auf die wunderbare Idee verfallen, den Menschen heiraten zu wollen", klag!« die geborene Gräfin in der Sofadecke und wischte fich die Stirn mit dem Spitz««» tascheniuch, „li«b«n kannst Du ihn doch unmöglich." „Ich habe ihn sehr gern, — achte ihn ungemein, und er ist imstande, mir «in sorgenlose» Leben zu bereiten," «rwid«rt« Jsoloe fist. > „Ein sorgenlose» Lebe» hast Du auch in d«m adligen Fläulewstist, in dem Dir rin« Stelle H«gefich«rt ist", ent, schied der Hofmarschall, da bist Du wenigsten» unter Deine«, gleich«»." Ich heirat« ab«r vi«l leber «inen g rächt«!«« Man», al« daß ich mich in d«n alten grau«« Kast«» zu de« zänkischen a'ten Junff-rn stecken lvff«, ich freu« mich, in geordnet« Ver» häftniffe zu komme», ich habe lange gtnug unter der ewigen Geldnot zu Hause gelitten", entsuhr r« Isolde. „No, ehe ich da» G-ld von Herrn Karsten annähme, lie» ber machte ich Schulden", «eiferte fich Wolf. .Du findest auch noch «inen wohlhabenden Mann au» un'eren Kreisen" beruhigte der Vater. — „laß nun endlich den Bedanken an diese» Herrn Karsten fahren, Mama und ich versagen unsere Einwilligung, und damit ist der Fall ei» für allemal erledigt' , — / Fortsetzung folgt.