Volltext Seite (XML)
Nr. 71. Pulsnitzer Wochenblatt. — Dienstag, den 18 Juni 1912. Seite 2. ren, daß jungen gebildeten Mädchen, die nach Amerika als Gouvernante, Gesellschafterinnen oder dergleichen gingen, stets großes Glück widerfahre. Die Regel sei, daß sich ein Lord oder ein Millionär in sie verliebe und sie heirate. Sie hatten deshalb oft schon ihre Titern gebeten, ihnen zu erlauben, ins Ausland gehen zu dürfen, was die Eltern natürlich nicht zugeSen wollten. Darauf faßten sie den Plan, ohne Einwil ligung der Eltern ihr Glück zu versuchen, waren sich aber bei ihrer Jugend und Unerfahrenheit der Trag weite ihrer Handlungsweise nicht bewußt. Sie meinten vielmehr, wenn sie von Amerika schrieben, daß es ihnen gut gehe und sie ihr vermeintliches Glück gefunden hätten, dann würden auch ihrs Eltern den eigenmäch tigen Schritt gutheißen. Sie nahmen deshalb ihre Ersparnisse, die aus Geschenken ihrer reichen Verwand ten bestanden, zusammen, und reisten über Wien, Bu- dapest nach Fiume. Hier stiegen sie in einem erstklas sigen Hotel als zwei aus de: Rückreise befindliche Ameri- tanerinnen ab. Bald schloffen sich ihnen hier 2 Män- nrr, Namens Blau und Karfunkel, an, die sie auf dem Korso und aus Spaziergängen begleiteten. In Fiume wurde auch die Polizei aus die jungen Damen und ihre Begleiter aufmerksam und erkundigte sich nach ihnen im Hotel. Blau verschwand bald darauf, aber Karfunkel begleitete die Mädchen bis Neapel, wo auch er zurückblieb. Diese beiden Männer, die sich als Rei sende oder Kaufleute ausgaben, und die die Mädchen nicht aus dem Auge ließen, scheinen vielleicht Unter- agenten von Mädchrnhändlern gewesen zu sein, die die beiden unerfahrenen, kaum den Kinderschuhen ent wachsenen Mädchen ihren Helfershelfern in New-Uork als leicht zu erlangende Beute avisierten. Wenn sich diese letztere Annahme als richtig erweisen sollte, so hätten die jungen Mädchen allerdings in großer Ge- fahr geschwebt, und alle Beteiligten können von gro- ßem Glück sprechen, daß alles so gut abgelausen ist. UeSrigenS ist es die höchste Z.it gewesen, daß die Spur der Verschwundenen entdeckt und sachkundig verfolgt wurde, denn bet ihrer Rückkehr von Gibraltar besaßen die beiden jungen Damen nur noch 60 Mark in ba rem Geld. Dresden, 17. Juni. (Fleischvergiftungen im sächsischen Vogtlands.) In Auerbvch i. V. sind etwa 70 Personen nach dem Genüsse von verdor- henem gehackten Fletsch erkrankt, darunter einige ernst lich. Fast sämtliche Erkrankte mußten sich in ärzt- liche Pflege begeben. — (Sachsense st in Dresden (29. Juni bis 1. Juli.) Gin ungemein farbenreiches und belebtes Bild wird der zweite Tag deS Sachsenfestes bieten. Den Bemühungen des Vorsitzenden des Ausschusses für volkskundliche Trachten, Herrn Hofrat Professor Seyffert (Dresden), ist et zu danken, daß sich eine große Zahl der sächsischen Landsmannschaften in den Dienst der guten Sache gestellt hat. Aus dem freien Platze de» Ausstellungsgelände» wird ein großes Podium errichtet werden, in dessen Mitte ein mit bunten Bändern ge- schmückter Maibaum zu stehen kommt. Die Lands- -ine Reise um die Welt. (Eine Vergnügungs- und Lurussahrt mit dem Doppelschrauben- Postdampfer „Cleveland" der Hamburg-Amerika-Linie). 9) — — (Nachdruck verboten) ' Ihm wurde für die mutige Tat eine Geldbelohnung von 2000 Mk. zuteil, die von den Passagieren gestiftet worden war. Die Frau war nur in Begleitung ihres Sohnes an Bord. Am 17. Dez. 1911 morgens 8 Uhr warfen wir auf der Rhede von Batavia Anker. Batavia, die Hauptstadt der ge samten niederländischen Besitzungen in Ostindien und der gleich namigen Residentschaft, liegt auf dem westlichen Teil der Nord küste der Insel Java, an dem Flusse Tjiliwung. Batavia zer fällt in zwei Teile, die alte Stadt und die neue Stadt. Die alte Stadt ist das Geschäftsviertel und wird hauptsächlich von Chinesen, Japanern und Malaien bewohnt. Sie enthält das große Stadthaus, die Gebäude der Hafen- und Zollbehörden, dis Börse, die Magazine der Regierung und der niederländi schen Handelsgesellschaft, die Kontore und Speicher der großen Handelshäuser, sowie ein Hospital und die Gefängnisse der Chinesen und Eingeborenen. Die neue Stadt besteht aus den Stadtteilen Noordwijk, Reijswijk, Weltevreden, Posarbaru, Pa- sarsenen u. a. Diese Stadtteile werden hauptsächlich von Eu ropäern bewohnt. Am 18. Dez. 1911 abends 7 Uhr lichteten wir die Anker und liefen am 23. Dez. 1911 morgens 9 Uhr in Manila ein. Unter den Musikklängen einer amerikanischen Eingeborenenkapelle gingen wir an die Pier und machten daselbst fest. Manila, die Hauptstadt der Philippinen, liegt auf der Insel Luzon, einer der größten von den 2000 Inseln, die die Philippinengruppe bilden. Am Ostufer der nach ihr benannten prächtigen Bai von Manila und an dem hier mündenten Flusss Pasig gelegen, bietet die Stadt mit ihren alten, moosbedeckten Mauern, ihrem altertüm lichen, teilweise seltsamen Baustil, sowie den sie umgebenden Wäldern von tropischer Ueppigkeit einen wunderbaren Anblick. Manila wird durch den Pasigfluß in zwei Teile geteilt, einem nördlichen und einem südlichen. Auf dem südlichen Ufer des Pasig befindet sich die alte, von Ringmauern und Wallgräben umgebene innere Stadt, sowie die Borstädte Ermita, Malate und Paco. Die Stadt und die Vororte werden durch das Fort Santiago geschützt. Die innere Stadt wird von schnurgeraden Straßen durchschnitten. Auf dem nördlichen Ufer des Pasig liegen dis Vorstädte Binondo, San Nicolas, Tondo, Santa Ernz, Quiapo und Rampaloc. Dies sind die Sitze des ameri kanischen, europäischen und chinesischen Handelsverkehrs. Die Stadt Binondo ist reich an Denkmälern und altertüm lichen Brucken. Manila hat ein gesundes Klima, aber Zyklone und Erd beben haben die Stadt wiederholt schwer heimgesucht. Mit Rücksicht auf die Erdbeben sind daher die meisten Häuser aus Holz und nur im Erdgeschoß aus Stein gebaut. Am 24. Dez. 1911 nachmittags 5 Uhr gingen wir nach Hongkong in See. Der Heiligabend wurde in schlichter Weise gefeiert. Nach der abgehaltenen Christvesper zogen sich die Passagiere in ihre Kabinen zurück und bescheerten sich. Nur Mannschaften werden ihre Umzüge halten und zum Schluß aus dem Podium heimatliche Tänze zeigen. Die Erzgsbirger stellen einen vom Jahrmarkt- heim kehrenden Zug dar, und die Vogtländer gedenken da» althistorische Hammelkegelschieben vorzuführen. Der Brautzug der Altenburger Landsmannschaft, in dem der weltbekannte Altenburger Ziegenkäse und die vier Wenzel des Altenburger Skater zu sehen sein werden, dürfte die eigenartige Tracht der Altenburger Bauern noch einmal (vielleicht zum letzten Male) in ihrer gan zen Schönheit zeigen. Auf Anregung des Herrn Amts- Hauptmanns Dr. v. Hübel wird ein Winzerzug erschei nen. Außer zwei Schützenzügen (einem historischen nnd einem modernen) wird auch ein Bergmannszug ausmarschieren; ferner ist Vorsorge getroffen, das Oster- reiten der Wenden vorzuführen. Die Umzüge der Lands mannschaften werden zweimal wiederholt und dauern von nachmittags 3 bis 8 Uhr abends. Heimische Dia- lektdichter, unter ihnen vor allem Anton Günther aus Gottesgab und Georg Zimmermann (Dresden), aber auch die Schriftsteller Matth-.S und E. Müller und der beliebte Vogtländer Riedel werden Proben ihrer VortragSkunst geben, und in der allen Dresdner Vo- gelwiesenbesuchsrn bekannten volkskundlichen Bude des Herrn HosrateS Professor Seyffert wird man für 30 Psg. einen hübschen Gewinn mit heimnehmen können. Freiberg, 16. Juni. (Die Erzgebirgische Ausstellung) wurde heute mittag in Gegenwart der StaatSminister Graf Vitzthum v. Eckstädt, Dr. Beck und v Seydewitz, de» Wirk!. Geh. Rats Dr. Schröter, der Geheimräte Fischer und Wahle und noch anderer vortragender Räte der sächsischen Ministerien eröffnet. Minister Gras Vitzthum v. Eckstädt wohnte der Feier in Vertretung des Protektors der Ausstellung, Sr. Maj. des König», bei. riagssgescdlcbts. Deutsches Reich. Danzig, 17. Juni. (Besuch der Kaisers beim Kronprinzenpaar.) Der Kaiser dürfte auf seiner Reise in die Finnischen Schä ren zur Begegnung mit dem Zaren um den 8. Juli herum in Danzig eintreffen, um dort dem Kronprinzen, paar einen Besuch abzustatten, und das vom Thron solger kommandierte 1. Leibhusarenregiment zu besich- tigen. Der Kaiser wird auf der „Hohenzollern" wohnen. Berlin, l6.Juni. (Die „Nordd. AIlg Ztg." über den deutschen Flottenbesuch in Amerika.) Die „Nordd. Allg.Ztg." schreibt in ihrer Wochenschau über den deutschen Geschwaderbesuch in Amerika: Das Ver- halten der amerikanischen Behörden wie aller an dem Empfang Beteiligten ließ keinen Zweifel darüber, daß man in den Vertretern unserer Flotte Deutschland selbst zu ehren wünschte. Die freundlichen Beziehungen zwischen dem Deutschen Reiche und den Vereinigten Staaten ruhen auf der gesunden Grundlage einer wechselseitigen willigen Anerkennung der beiden Völ ker, die sich in ihren tüchtigen Eigenschaften mehr und mehr kennen lernen. Aufrichtig dankbar blicken wir auf den schönen Verlaus dieses Flottenbesuch» zurück. in den größeren Hallen waren Christbäume, die von Deutsch land mitgenommen waren, angeputzt und mit kleinen bunten elektrischen Birnen versehen worden. — Am 26 Dez. 1911 (2. Weihnachtsfeiertag) vormittags V,1v Uhr warfen wir im Hafen von Hongkong Anker. Hongkong, oder Insel der wohlriechenden Gewässer, an der Mündung des Kantonflusses gelegen, ist un gefähr 18 Km lang und 3 bis 8 m breit. Die Insel erreicht im Viktoria-Peak (560 m hoch) ihre größte Höhe. Der Hafen ist einer der schönsten der Welt, er besitzt einen Flächeninhalt von 16 qkm und gewährt durch die Verschiedenartigkeit der ihn um- gebenden Landschaften, sowie durch, die reiche Zahl der dort liegenden Schiffe einen belebten und gewaltigen Anblick. Die Stadt Victoria ist prachtvoll gelegen. In den Läden Hongkongs kann man Stickereien, Drahtarbeit und Schnitzereien, ausgestopfte Vögel mit seltsamen Gefieder, Kasten aus Sandelholz und viele andere Merkwürdigkeiten kaufen. Hongkong ist einer der ge- sündesten Orte in den Tropen. Die Einwohnerzahl Hongkongs beträgt ungefähr 284 000. Wenngleich man in Hongkong Chinesen aller Berufsklassen in den verschiedensten Trachten beobachten kann, und einen Einblick in die Chinesische Kultur mit all' ihren Phasen und Einzelheiten bekommt, so darf doch ein Besuch der wichtigsten, reichsten Handelsstadt Chinas, Canton, das nur 80 Meilen von Hongkong entfernt ist, unter keinen Umständen unterlassen werden, um so weniger, als der Reisende auf die gewohnten Bequemlichkeiten nicht zu verzichten braucht. Die Dampfer, die die Verbindung zwischen Hongkong und Canton unterhalten, sind große, vorzügliche Fahrzeuge mit geräumigen und prächtigen Gesellschaftsräumen und schönen Passagierkammern. Canton, die große Handelsbeherrscherin Chinas, liegt an dem Chu-Kiang oder Perlenfluß und ist die Hauptstadt der Provinz Kwantang, Die Stadt Canton hat eine Breite von ungefähr 10 Km und ist von ungfähr 6 m dicken und 7'/, bis 12 m hohen Mauern umgeben. Für den Eingang in die Stadt sind 16 Tore vorhanden, außerdem zwei Schleusen, die des Nachts geschlossen werden. Die siebenstündige Fahrt den Cantonfluß hinauf, die in hübschen Dampfbooten unternommen wird, ist sehr lohnend. Prachtvolle Landschaften, das 4000 m hohe Lantaogebirge, Dörfer, Pagoden und in der Ferne gelegene Bergketten fesseln die Aufmerksamkeit des Reisenden. Canton ist in der Haupt sache eine chinesische Stadt. Die engen, mit Menschen ange- füllten Straßen mit ihren zahlreichen Läden, in denen alle Arten einheimischer Waren feilgeboten werden und zum Teil vor den Augen des Vorübergehenden hergestellt werden, bieten dem Fremden eine Fülle des Neuen. Eine typische Merkwürdigkeit Cantons ist ferner die schwim mende Stadt. Viele Tausende der Einwohner wohnen in zahl losen Hausbooten, die im Flusse und in den die Stadt durch kreuzenden Flußarmen verankert sind. Dieser Teil des Volkes bildet im Gegensatz zur Landbevölkerung völlig eine Klasse für sich. Er kommt auf dem Wasser zur Welt, lebt, heiratet und stirbt daselbst. Am 29. Dez. 1911 mittags 12 Uhr lichteten wir die Anker und nahmen Kurs auf Nagasaki, wo wir am 1. Januar 1912 vormittags 8 Uhr an der Bose festmachten. Sylvesternacht verlebten wir auf See. Dieses Fest wurde Hamburg, 17. Juni. (Der Kaiser in Hams bürg.) Der Kaiser traf gestern vormittag in Beglei tung der Prinzessin Viktoria und des Prinzenpaare» Eitel Friedrich aus dem hiesigen Dammtor-Bahnhofe ein und begab sich an Bord der Nacht „Hohenzollern" nach der 8t. Pauli-LandungSbrücke. Nachmittag» wohnte der Kaiser dem Rennen in Hamburg-Horn bei. Den großen Hansa-PreiS gewann der Gradttzer Gulliver ll. Im Kaiserin-Augusta-Viktoria-Rennen siegte Graf Holck aus „Also". Nach dem Rennen nahm der Kaiser an einem Diner in der preußischen Gesandtschaft teil. — Der Kaiser besuchte am Dienstag mit dem Prinzen paar Eitel Friedrich und der Prinzessin Viktoria Louise HagenbeckS Tierpark in Stellingen. Nach seiner Rück kehr nahm er gegen Mittag das Frühstück beim General direktor Ballin ein. Die Abreise des Kaisers erfolgte kurz vor 3 Uhr von den 8t. Pauli-Landungsbrücken auf der Nacht „Hohenzollern". Prinzessin Viktoria Louise ist bereits heute mittag 12 30 Uhr wieder nach Wild- park-Station zurückgcfahren. Frankfurt a. M., 17. Juni. (DieFlugpost ge- nehmigt.) Dar ReichSpostamt hat den Weiterbetrieb der Flugpost am Rhein und Main genehmigt. In der nächsten Woche wird eine neue grüne Marke zu 30 Pfg. herauskommen, die auf alle Postkarten geklebt werden kann, Auch die gewöhnlichen Reichspostkarten können durch Beklebe« dieser Marken zu Luftpostkarten ge macht werden. Gesterreich-Ungarn. Budapest, 16. Juni. (An- nähme der österreichischen Wehrvorlage.) Im ungarischen Magnatenhause wurde gestern die Wehr vorlage in namentlicher Abstimmung (174 : 33 Stim men der Opposition) angenommen. Frankreich. (Nur um den Preis von El- saß-Lothringen) „Echo de Vari»" wendet sich in einem sehr leidenschaftlich geschriebenen Leitartikel gegen jene Universitätskreise, die eine deutsch-sranzöstsche Verbrüderung herbeiführen möchten und za diesem Zwecke ein Komitee eingesetzt haben, das mit den vor- bereitenden Arbeiten betraut wurde. Dar Blatt hat sich an den Professor der Universität Caen, Herrn Le mercier, gewendet und ihn um seine Meinung befragt. Dieser bekannte französische Gelehrte sprach sich ganz entschieden gegen einen solchen Plan aus und betonte daß er ihn absolut verurteilen müff» Er wolle nichts von einer solchen Versöhnung wissen, er sei denn um den P eis von Elsaß Lothringen, und er werde dabei auch nicht mittun. Cherlourg,l7 Juni.(F ranzösischerArbeiter- auSstand.) Ein AuSstand der Gruben-, Erd- und Marmorarbeiter ist heute hier auSgebrochen. Die Aus- ständigen verlangen einen Mindestlohn von 50 Centi mes. Gestern abend veranstalteten die Ausständigen einen Umzug durch die Straßen der Stadt. Schließ lich mußte Militär eingreisen und die Ruhe und Ord- nung wiederherstellen. England. London, 16 Juni. (Da» Ende de» englischen „Generalstreiks".) Der General, streik der Transportarbeiter scheint bereit» zusammen- etwas lustiger verlebt als Weihnachten. Brachten doch schon die verschiedenen Bowlen, Pansche rc. die fidele Stimmung in das Schiff. Es wurde gelacht, geplaudert, getrunken und auf den Promenadendecks aus und ab gegangen, bis die Stunde des Jahreswechsels herannahte. Jetzt war es auf einmal still. Von der Kommandobrücke ertönten acht Schläge (12 Uhr nachts) mit der kleinen Glocke für das „alte Jahr." Der „Mann auf Ausguck" wiederholte wie gewöhnlich als Kontrolle des Wachens diese Schläge und sang nachdem aus: „Lampen brennen." Dies geschah auch achtern (hinten) mit der großen Schiffsglocke jedoch ohne dieses Verses. Als diese Schläge verhallt waren, schlug die Vrückenglocke nochmals acht Glas (12 Uhr nachts) für das „Neue Jahr." Auch diese Schläge wurden von den beiden Glocken (vorn und achtern) wiederholt und ein kräftiges „Prosit Neujahr" bezw. „Happy New-year" übertönte das ganze Schiff und pflanzte sich durch das Schiff fort. Auch in Nagasaki wurde noch Neujahr gefeiert, und das geschieht hier sieben Tage lang. Die Schiffe im Hafen sind aus diesem Anlasse mit Flaggen und grünen Zweigen an den Mastspitzen reich dekoriert. Beim Ein laufen der „Cleveland," sowie beim Auslaufen wurden Raketen abgeschossen, die nach dem Krepieren verschiedene Flaggen (ja panische, deutsche, amerikanische) zeigten und langsam ins Wasser fielen. Auch nachts fand großes Feuerwerk statt. Japan, dieses seltsame Land, das Jahrhunderte lang ver schlossen war und jetzt seine Schätze der staunenden Welt auf deckt, lernen die Passagiere auf solch' einen Ozeanriesen eben falls kennen. Nichts, was entzücken kann, fehlt dort. Die Auf merksamkeit des Reisenden wird geteilt zwischen prächtigen archi tektonischen und anderen Kunstwerken — welche in vielen Zweigen Europa zur Anregung gedient haben — und der Schönheit der Landschaft, die durch ihre abwechselungsreichen Bilder das Auge immer aufs neue fesselt. Noch an Deck des Dampfers stehend, empfindet der Reisende, wie schnell und gänzlich ihn der eigen artige Reiz Japans gefangen hält. Die Stadt Nagasaki besitzt das wunderbarste Dock der Welt. Es ist fast 152 m lang und liegt in einer Schlucht zwischen zwei Hügelketten. Die Stadt selbst ist mit großer Regelmäßig keit gebaut, die Straßen kreuzen sich rechtwinklig und laufen vielfach in Treppen aus, die nach den Bergen führen, In un mittelbarer Nähe liegt die Insel Desima, die durch eine Brücke erreicht wird. Eine Eigentümlichkeit dieses sonderbaren Volkes ist ihre Art, gänzlich im Freien zu leben. Wenn man eine europäische oder amerikanische Straße durchschreitet, so sieht man nur die Leute, die sich im Freien befinden, und ab und zu bekommt man andere durch die Fenster der Läden und Häuser flüchtig zu Gesicht, aber in Japan sind die Leute in den Häusern ebenso sichtbar, wie diejenigen auf der Straße- Die erste Arbeit des japanischen Hausherrn am frühen Morgen besteht darin, daß er die Vorderläden seines Hauses her unternimmt, wodurch das ganze Innere für jedermann sicht bar wird. Die Häuser sind mit Menschen angefüllt, und doch sind auch die Straßen gedrängt voll und bunt belebt. Eigen tümlich sind auch die japanischen Läden. Sie befinden sich et wa zwei Fuß über der Erde, eine hohe Stufe führt zu ihnen hinauf. Die peinlich sauber gehaltenen Fußböden sind mit feinen weißen Matten bedeckt, und es ist Sitte, die Schuhe vor dem Eintritt auszuziehen. Fortsetzung folgt.