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Nr. 47. Pulsnitzer Wochenblatt. — Sonnabend, de« 20. April 1912. Seite 2. rum weichen sich diesmal die beiden leitenden Minister aus, die sonst so gerne ihre Meinungen austauschten? Der bayrische Erlaß der Jesuitenfrage wird übrigens ein Nachspiel im Reichstage haben, da er zum Gegen stand einer nationalliberalen Interpellation gemacht worden ist. Line innerpolitische Krisis ist zur Abwechslung wieder einmal in der Donau-Monarchie zu verzeichnen. Das ungarische Kabinett hat sich nun doch zum Rück tritt entschlossen. Diese fortwährenden Krisen in der Donau-Monarchie, bald in Cis- bald in TranSIeitanten, müssen die Monarchie ungemein erschüttern und ihre Tatkraft lähmen. Schwere Zeiten hat auch das englische Kabinett durchzumachen. Die Homerule-Bill ist allerdings vom Unterhaus« in erster Lesung angenommen worden, da begreiflicherweise die Iren sich kräftig ins Zeug legten, denn die ganze Vorlage ist ja nur eingebracht worden, damit sie die Politik der Regierung auch weiterhin unterstützen. Schon früher hatten bekanntlich liberale Ministerien den Versuch gemacht, Irland eine beson dere Verfassung zu geben, stets aber mit negativem Erfolge und selbst ein Gladstone scheiterte hieran. Die Zeiten haben sich geändert, der scharfe Gegensatz hat sich im Laufe der Jahre gemildert. Nun gilt e» aber noch, die Vorlage im Oberhause durchzubringen, und hier dürfte ein erbitterlicher Widerstand geleistet wer den, da namentlich die Großgrundbesitzer gegen die sich teilweise diese Bill richtet, von Homerule nichts wissen wollen. Eine Freude haben die Engländer wenigstens in den letzten Tagen gehabt: In Nizza und Cann«» haben anläßlich der Enthüllung der Denkmäler der Königin Viktoria und König Eduard große Verbrüde- rungSfest. zwischen Engländern und Franzosen statt gesunden und gar rührselige Reden sind bei dieser Ge legenheit gehalten worden. Freilich hat England guten Grund, die Franzosen bet guter Laune zu erhalten, denn Albion braucht sie, um sie für die eigenen Inte- ressen als Vorspann zu benutzen. Ob nicht doch ein mal der Tag kommen wird, wo man jenseits der Vo gesen sich vor den Kopf schlagen wird, daß man sich ganz und gar John Bull in die Arme geworfen hat? OvrMSses unO Sücdsifcdes. PnlSnitz. (Sonntagsplauderei) Der Sonn tag MisericordtaS Domini ist der morgige. Mit dem selben find wir etngetreten in dar letzte Drittel des April, m eine Zeit also, in der sich aller sehnt nach einer Erholung in Gottes herrlicher Schöpfung. Der vor der Tür stehende Wonnemond ist ja nun einmal auch die schönste Zett für eine regelrechte Erholung. Man br<r"<^* da nicht -rst noch dru. „sonnigen Suven" zu reisen. Denn „das Gute liegt so nah!" Frische- Laub leuchtet von Zweigen und Aesten. Blüten und Blumen schimmern in wetteifernder Pracht, Dazu kommt, daß die Luft jetzt noch nicht von jener über, sättigten Hitze geschwängert ist, die so leicht erschlaffend wirkt und das leichteste Vergnügen zur Strapaze macht. Aller atmet jetzt Frische, Wohlbehagen, Entwicklung!». Möglichkeit. Dem kann sich auch der Mensch nicht enr- ziehen und er tut gut daran, wenn er gerade jetzt Er- holuag sucht. Denn ist die Welt jetzt nicht ein holder Traum? Jeder Tag zaubert neue Wunder um un» her, bringt neue Ueberraschungen, verhätschelt un» mit srühlingSlinden Zärtlichkeiten. Eine selige Weichheit hat von unseren Herzen Besitz ergriffen und unsere Nerven find zu jubelnden Saiten eine» zartgestimmten Instrumentes geworden. So schreiten wir durch die lieblichsten Tage de- Jahres. Ein warme», wohliges Gefühl durchströmt un». Kraft, Schönheit, Glück, Zu- sriedenheit, Dasein»freude überschütten un» mit färbt- gen Blüten. Und wenn auch alles an uns abgleitet und vergessen sein will, da» eine wissen wir doch: eS ist eine Lust zu leben! Jetzt ist die Zeit gekommen, da auch das Alter wieder jung wird. Und wenn ze die Hoffnung sichtbare Gestalt annimmt, so jetzt auf Erden. Alle Unsertigkeiten und Unzulänglichkeiten de» Gestern beseitigt dar Heute: und da- Morgen bringt die strahlende Vollkommenheit. So wandelt sich mäh. sich und fast unbemerkt zum Mai der Aprilmond, in dessen letztes Drittel wir nunmehr eingetreten sind. Und all unser Fühlen und Denken, unser Glauben und Hoffen fassen wir frohgemut und zukunftvertrauend in die Dichterworte zusammen, die da jauchzen: Der Lenz streut Blütenwunder au» Selbst auf da» stillste, fernste Hau»! Pulsnitz. (Jugendpflege.) Der Leitung der hiesigen Jugendpflege ist e» gelungen, die Herren Offi- ziere des 178. Regiments für dieselbe zu gewinnen, in- dem sie ihre Mitwirkung in Veranstaltung von KriegS- Spielen nach Art de» Deutschen Pfadfinder-Bundek zugesagt haben. Da» erste derartige Krtsgrspiel soll Sonntag, den 28. d. M. vor sich gehen. Eine Wie- derholung einer derartigen Veranstaltung soll abhängig gemacht werden von dem Besuche der allsonntäglichen Wanderungen bez. Spiele. Pulsnitz. (Bahnpost. Beförd erung.) Der Zug 5" nachm. nach Dresden wird vom 1. Mai ab an Werktagen zur Postbeförderung benutzt. Er bietet eine günstige BeförderuagSgelegenheit für gewöhn- liche und Einschreibbriefe nach West-, Nordwest- und Südwest-Deutschland (Hamburg, Bremen, Cöln, Frank- Dtt-Main usw.) Die mit diesem Zuge abgehenden »tztrse treffen schon am andern Morgen am Bestimm- ungsorte ein, während sie bei der Beförderung mit Zug 7" nachm. erst am andern Mittag etngehen. Die mit der Kasteuleerung 4»«—5»» nachm. eingesammelten Briefe werden noch mit diesem Zuge befördert. Beim Postamt ist die Schlußzeit für Einschreibbriefe auf 5>° nachm. und für gewöhnliche Briefe auf 520 fest gesetzt. — (Das große LoS) der Landeslotterie wurde diesmal in lauter Zehnteln gespielt, und zwar von Leuten, die „es gebrauchen können". Ein Zehntel die ses Loses wurde u. a. vom Kutscher, vom Hofmeister und zwei Handwerkern des Rittergutes Gärtnitz bei Döbeln gespielt, und diese glücklichen Gewinner sind natürlich in größte Freude versetzt worden. Weiter erschien in der Chemnitzer Kollektion ein altes Frau chen, das sichtlich nicht besonder» mit Glücksgütern ge segnet war; die von so plötzlichem G.ückSumstand Be troffene traute kaum Augen und Ohren, als ihr das frohe Ereignis bestätigt wurde. Tränen der Freude entströmten ihren Augen. UebrigenS wurde Chemnitz schon wiederholt von der sonst so launischen Dame Fortuna reichlich bedacht. Im Jahre 1907 fiel zwei mal das große Los, im Frühjahr und im Winter, nach Chemnitz. — (Die Hauptkörung derZuchtbullen) durch die Bezirkskörkommission in den Gemeinden der hiesigen Bezirks erfolgt voraussichtlich in der Zeit vom 1. Mat bis 3. Juni 1912. Die Vorstände der Bullen- Haltungsgenossenschaften und Vereinigungen zum Zwecke gemeinsamer Bullenhaltung, sowie diejenigen Viehbe sitzer, welche Privatbullen kören lasten wollen, werden hiermit aufgefordert, spätesten- binnen acht Tage« den Antrag auf Körung neueingestellter Bullen hier zu stellen, sofern nicht bereits eine Vorkörung durch den Königlichen Bezirksarzt stattgefunden hat. Die Bullen der BullenhaltungSgenostenschasten (Zuchtgenoffenschaf, ten alten Rechts) unterliegen «ur dann dem Körzwang, wenn sie nicht von einer staatlichen Auszuchtstation bezogen worden find. — (Baumsrefel.) In der Nacht -um 11. d- M. find auf der von Pulsnitz nach Ohorn führenden Bezirksstraße drei junge Apfelbäume vorsätzlich beschä- dtgt worden. Wer den Frevler bet der AmtShaupt- Mannschaft Kamenz so anzeigt, daß seine Bestrafung erfolgen kann, erhält eine Geldbelohnung von 20 M — (Der Nachtzug) erhält folgende Verkehrs- zetten: Ab Dresden Haubtbahnhof 11,20, Dre-den-N 11,30, Arnsdorf 12,14, KleinröhrSdors 12,22, Groß, röhrsdorf 12,29, Pulsnitz 12,37, Bischheim 12,4k, ar Kamenz 12,84. — (Die Oberlausitz ist endlich ganz frei von der Maul und Klauenseuche) Mii Freuden wird diese Meldung überall begrüßt werden, denn nicht nur die Landwirtschaft selbst litt darunter, sondern die ganze sächsische Volkswirtschaft litt unter der Seuche, gegen die er leider noch kein sicheres Mit tel gibt, das den Erreger der Krankheit vernichtet. Ueberhaupt nur noch 2 Fälle von ansteckenden Tier krankheiten wurden in der Lausitz festgestellt: die Brust seuche der Pferde in Niederkeina und die Schweine- seuche in Lehndvrf bei Kamenz. Für unsere Lausitzer Viehhaltung, die bekanntlich in ganz Sachsen einen guten Ruf hat, ist auch diese Nachricht sehr erfreulich — (Ein Waldbrand) ist am 8. April nach, mittags im Wald« auf Nieder st einaer Flur ent standen und von etwa 1»/, Scheffel Land ein 6- bi» 7 jähriger Ftchtenbestand vernichtet worden. Als Täter wurde jetzt von der Landgendarmerie ein 13 Jahre alter Knabe ermittelt, der dort Zigaretten geraucht und davon in fahrlässiger Weise die Reste weggewor- sen hatte. — (Nordostbahn.) In der Zweiten Kammer der Ständeversammlung standen am Montag, wie be reits berichtet, Eisenbahnangelegenheiten zur Beratung. Dabei kam auch die Rede auf die Nordostbahn. In», besondere sprach Herr Abg. Rentsch-Kamenz sein Be- dauern darüber au», daß da» zur Beratung vorliegende Dekret wieder aus ein neue- Dekret vertröste, da» der Kammer noch zugehen solle. Er richtete die dringende Bitte an die Regierung, daß sie in allernächster Zeil endlich mit den noch ausstehenden Unterlagen an die Stände herantrete. Lin gewisses Mißtrauen habe Platz gegriffen im Lande, weil man die Sache immer und immer wieder hinausschöbe, ob mit oder ohne Absicht der Regierung sei nicht zu erkennen. Man möchte doch einmal wissen, woran man sei. Hierzu teilte der Herr Finanzminister folgender mit: Was die Teilstrecke Radibor—Kamenz anlangt, so find die Vor arbeiten hierfür erst im vorigen Sommer vorgenom men und erst im Oktober letzren Jahre» sertiggestellt worden. Die Vorarbeiten müssen dann im Bureau weiter bearbeitet werden, um der Ständeversammlung vorgelegt werden zu können. Dabei waren nicht we- Niger al» etwa 12 verschiedene Varianten zu beharr- dein, die im Wege von Petitionen der Regierung mit vorgelegt worden waren. Sie werden zugeben, daß es keine Kleinigkeit ist, eine so große Anzahl von Vari anten derart zu bearbeiten, daß man sich ein Urteil darüber bilden kann. Indessen hofft die Regierung, Ihnen in 8—14 Tagen auch da» dritte Eifenbahn dekret vorlegen zu können. — (ErzgebirgischeAuSstellung fürGe- werbe, Industrie, Bergbau, Forst- und Landwirtschaft Freiberg 1912.) Auf dem Ausstellung-Platz zu Freiberg — dicht an der Prome nade, unweit der Kreuzteiche — herrscht gegenwärtig ein rege», geschäftiges Treiben. Hunderte von Zimmer leuten und Maurern sind an der Arbeit, um die um fänglichen zahlreichen Hallen, Gebäude, Pavillons usw. herzustellen, in denen man in einigen Wochen ein an- schaultcheS Bild von jeglicher Erwerbsarbeit de» erz- gebirgischen Volkes erhalten wird. Wie schnell sind doch die Hauptgebäude aus dem Boden gewachsen. Binnen Tagesfrist entstanden die Gerippe der Maschinen halle — 3100 qm Bodenfläche —, der Haupthalle — 4750 qm Bodenfläche — und der Bergwerkshalle — 2500 qm Bodenfläche —. Fertiggestellt sind: die Ma schinenhalle der Firma E. Grumbach u. Sohn, die Pa villon» der Firmen: Schneider u. Berger, Likör- usw. Fabrik, Schippanwerke, künstliche Düngemittel usw.; angelegt: Kaskaden mit schönen gärtnerischen Anlagen; geplant: ein große» Cafe, eine Beerenwetnschänk«, ein Molkereibetrieb, eine städtische Ausstellungshalle und viele- andere; endlich ein Vergnügungseck. So ver spricht denn die Freiberger Ausstellung ein hochbedeut samer Unternehmen zu werden. Und nicht nur die Freiberger Einwohnerschaft weiß die-, sondern auch die erzgebirgischen Firmen und erwerbschaffenden Stände haben die» erkannt. ES sind ja erfreulicherweise die Anerbieten von Ausstellern so überaus zahlreich bet der Ausstellungsleitung eingegangen, daß man bereits zweimal eine Vergrößerung der Hauptindustriehalle hat beschließen müssen. Zittau. (Zur Nichtbestätigung der hie- sigen Oberbürgermei st erwähl) ergreift jetzt auch Landtagsabgeordneter, LandgertchtSrat Brodaus in der „Zitt. Morgenztg." in einem längeren Artikel da» Wort. Neu in den Ausführungen ist die Behaup- tung, daß der Kreishauptmann gegenüber einem Zittauer Herrn erklärt habe, er würde auch einen anderen frei sinnigen Herrn, — einen früheren Zittauer Stadtrat und jetzigen Bürgermeister, nicht bestätigen. SScksiscder Landtag. Dresden, 19. April. (Zweite Kammer.) Vor Ein- tritt in die Tagesordnung hält Präsident Or. Bogel folgende Ansprache: Die ganze zivilisierte Welt steht unter dem Ein- druck der fürchterlichen Katastrophe, die über den Ozeandampfer „Titanic" hereingebrochen ist. Ueber 2000 Menschen sind, wie es scheint, durch eine furchtbare Macht von den Wellen ver- schlungen worden. Schmerzlich klagen viele Tausende von Hinterlassenen über den unersetzlichen Verlust, der sie betroffen. Wir nehmen an dem Unglück dieser Bedauernswerten den innigsten Anteil. Sie haben diesem durch Erheben von ihren Plätzen soeben Ausdruck gegeben Darauf tritt das Haus in die Tagcsordnung, auf der als erster Punkt die SKlußberatung über Kapitel 70 des Etats, Landesanstalten betr, steht. Abg. Fleißner (Soz) erstattet den Bericht der Finanzdeputation 4 und beantragt, die Einnahmen und Ausgaben nach der Vor lage zu genehmigen. Abg. Koch (fortschrl.f wünscht, daß in den Schul n und Fortbildungsschulen Mädchen mehr auf den Be ruf der Pflegerinnen hingewiesen werde, und macht eine Reihe von Vorschlägen zur Hebung des Berufes. Abg Sindermann (Soz): Seine Partei würde gegen die Ausgaben zur Besoldung der Anstattsgeistlichen stimmen, wenn diese Ausgaben gesondert anfgeführt worden wären Nach weiterer Debatte, an der sich die Abg. Biener (Reformp.), Mittig und Greulich (kons) be teiligten, tritt das Haus dem Anträge der Deputation einstim mig bei. Es folgt die Schlußberatnng über Kapitel 101 des ordentlichen Etats, allgemeine und unvorhergesehene Ausgaben im Geschäftsbereiche des Kultusministeriums betr., und im Zusammenhänge damit die allgemeine Vorberatung über den Antrag Mangler betr. die Ueberwachung der Jugendorganisa tionen und die vaterländische Erziehung der Fortbtldungsschüler. Abg Schwager (sortschr.s erstattet den Deputationsbericht über Kapitel 101 und beantragt schließlich, die Ausgaben mit 175500 Mark nach der Vorlage zu bewilligen. Hierauf begründet Abg. Mangler (kons) seinen Antrag. Er beantragt schließlich, den ersten Teil seines Antrages, die Königl. Staatsregierung zu ersuchen, in verstärktem Maße über die Jugendorganisationen zu wachen, damit diese der Einwirkung vatcrlandsfeindllcher Bestrebungen entzogen werden, der Gesetzgebungsdeputation zu überweisen. Die sozialdemokratische Jugendbewegung sei nichts anderes, als eine Rekrutenvorbildung für den antichristiichcn, antimonarchischen und vaterländischen Sozialismus. Redner verlangtAuflöiung der sozialdemokratischenJugendorganisationen durch die Behörden Der Staat müsse von seinen Machtmitteln rücksichtslos und energisch Gebrauch machen. Kultusminister vr. Beck: Die Angelegenheit sei eine der wichtigsten und ernstesten, die, wenn sie richtig gelöst werde, von den segens reichsten Folgen für unser Land und seine Zukunft sein könne. Den sozialdemokratischen Jugendbestrebungen ist schon immer die größte Aufmerksamkeit seitens der Schulbehörde gewidmet worden, und es sind schon mannigfach Verordnungen und Vorkehrungen getroffen worden, um die Jugend vor solchen vorzeitigen Beeinflussungen zu schützen Wichtiger als die ein schränkende Tätigkeit ist die staatsbürgerliche Erziehung der Heranwachsenden Jugend. Dieser Entwickelung hat auch der neue Schulgesetzentwurf Rechnung getragen. Staatsminister Graf Vitzthum von Eckstädt führt aus: Die Frage, wie gegen die von sozialdemokratischen Vereinen geleiteten Jugendorgani- sationen eingeschritten werden könne, richtet sich nach dem Reichsvereinsgesetz. Eine Ueberwachung der Versammlungen ist danach ausgeschlossen. Vereine, die eine Einwirkung auf poli tische Angelegenheiten bezwecken, können, wenn sie jugendliche Personen als Mitglieder aufnehmen, aufgelöst werden Ich verkenne nicht, daß in der systematischen politischen Beeinflussung der Heranwachsenden Jugend durch die Sozialdemokratie eine große Gefahr liegt, und ich wünsche durchaus, daß die Polizei behörden entschieden einschreiten, wenn die nach dem Reichs- vereinsgssetze zulässigen Grenzen überschritten werden. Zu be denken ist aber, daß ourch ein Eingreifen der Polizei eine wesentliche Besserung nicht zu erwarten ist, da die Jugend auch in der Werkstatt und in der Fabrik andauernd sozial demokratischen Beeinflussungen ausgesetzt ist. Aus diesem Grunde glaube ich, daß die Regierung die Bekämpfung der gesetzwidrigen Einwirkung auf die Heranwachsende Jugend mehr in der Schulzucht zu suchen hat. Die Mittel der Schulzucht genügen jedoch nicht allein, sondern es bedarf der Mitwirkung aller vaterländischen Kreise. Die Einwirkung auf die Jugend muß einen durchaus unpolitischen Charakter haben und sich von jeder polizeilichen Reglementierung freihalten. Der Staat har daher die Jugendpflege der gemeinnützigen Tätigkeit zu überlassen. Alle für d ese Bewegung nötigen Mittel könnten jedoch von der gemeinnützigen Vereinigung allein nicht aufge bracht werden. Deshalb habe der Staat die Pflicht, hier ein zugreifen, und die Regierung habe aus diesem Grunde bei Kapitel 101 100 000 M eingestellt. Die Ausgaben des Kapitels 101 werden gegen die Stimmen der Sozialdemokratie bewilligt. Nächste Sitzung Montag nachmittag 4 Uhr.