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Nr. 43. Pulknitzer Wochenblatt. — Donnerstag, den 11. April 1S12> Sette 6. Cairo, 10. April. (Zum Untergang eines NildfampferS.) Ueber den Untergang eine» Nil- dampferS wird bekannt: Gestern wurde das allgemeine Frühjahrsfest gefeiert und waren alle Vergnügungs- Dampfer auf dem Nil stark besetzt. Der Dampfer „A»la" der Omnibus-Gesellschaft hatte einige hundert Passagiere, zum größten Teil Eingeborene, an Bord. Abends um 6»/, Uhr rannte da» Schiff mit einem Dampfer der Delta Navigation Compagny zusammen und erhielt ein so großes Leck, daß er nach wenigen Minuten sank, Ueber 200 Paffagiere retteten sich teil» schwimmend, teils wurden sie von Fischern ge borgen. Die Zahl der Toten steht noch nicht fest, sie schwankt zwischen 100 und 150 Personen. ZöMAWMelalsGesMWemNMMü 8. Dresdnr, 10. April. Interessante Abenteuer haben die Insassen, vier an der Zahl, der am Grün- donnerStag, abends 6 Uhr, auf dem Füllplatz Nümheitz bei Riesa zu einer Weitfahrt aufgestiegenen Ballons „Hryden II" in Rußland erlebt. Der Ballon landete nach 16^/, Stunden auf einem Sturzacker, 6 Werst von Liaschowizt-Bahnstation in Rußland und hatte auf seiner Fahrt annähemd 1000 km zurückgelegt. Kurz nach der Landung kam die Best-erin des Bodens, auf dem der Ballon gelandet war, eine deutschsprechende Frau Alme von Reyten, die sich jder -sächsischen Luft schiffer ausS wärmste annahm und sie gastfrei bewirtete. Nach einigen Stunden Aufenthalt aus dem Gute woll ten die Luftschtffer möglichst schnell Warschau erreichen. Die Nacht benutzten sie zur Reise nach Beest. Als sie dort am Ostersonnabend früh 6 Uhr ankamen, hatten sie gerade noch Zeit in den Expreßzug einzusteigen, der gerade abfahren sollte. Und daSIwar ihr Glück, wäh rend die Luftschiffer auf der linken Seite in Beest auS- gestiegen waren, um über die Gleise zum Luxurzuge zu eilen, warteten recht- bereit- Kosaken, um sie in Empfang zu nehmen. Bis diesen jedoch zum Bewußt- sein kam, daß die Lustfahrer bereit» auSgesttegen waren, hatte sich der Luxuszug schon in Bewegung gesetzt. Nun wurden sie aber auf jeder Station von Kosaken im Abteil aufgesucht, welche sich überzeugen mußten, daß sie noch da waren. Vor der Wagentür blieb der Kosak dann stehen, bis der Zug wieder abfuhr. Da» wiederholte sich auf jeder Station. In Warschau wur- Das Denkmal der Königin von England, das demnächst auf den Höhen von Nizza-Cimiez enthüllt wird. SS SS Lin Denkm»! der Königin Viktoria von England das in Nizza enthüllt werden wird, ist das Werk des jungen französischen Bildhauers Louis Maubert Das Werk enthält fünf Marmorfiguren. Die Ge stalt der Königin wird von vier Gestalten umgeben, die die Rivierastädte Nizza, Cannes, Mentone und Grasse darstellen. Das Ganze wird auf den Hö hen von Cimiez ob.rhalb Nizza aufgestellt, wo die Königin während ihrer häufigen Reisen an die Riviera oft und gern geweilt hat. Eine Reproduk tion wird in einem Londoner Museum untergebracht werden. Die Enthüllung des Denkmals wird durch eine große Flotten- rcvue gefeiert werden, an der auch eine englische Eskadre teil nehmen wird. SS SS den sie bereit» von Militär und Polizei am Bahnhof erwartet und auf ihr Verlangen zum deutschen Kosul eskortiert. Dort ließen sie sich Empfehlungsschreiben an den Polizeimeister, sowie für einen Mitfahrer einen Paß ausstellen und eilten nun zum Polizetmeister. Dieser ließ sie nach langen Unterredungen mit den Be amten zur Militärbehörde bringen. Dort nahm ein deutschsprechender Hauptmann da- Protokoll auf und ging dann zum Vortrag zum Kommandanten. Dann erschien er wieder und die Luftschiffer mußten sämt- liche Papiere, Notizen usw. abgeben. Entsetzen und Entrüstung erweckte die Wetterkarte der sächsischen Wetterwarte bei den Ruffen, die noch niemals solche Karten gesehen hatt-n. Ueber die Isobaren, die nach Rußland gingen und die Wtndpfeile, die auch nach Rußland zeigten, waren sie ganz erschrocken. Nach Ablieferung ihrer Papiere erhielten die Gefangenen die Erlaubnis, im Hotel zu wohnen, wurden aber vor Reise und Flucht gewarnt. Man teilte ihnen mit, daß die Untersuchungen der Angelegenheit vom Gene- ralstab der Feiertage wegen erst nach 4 Tagen erfolgen könne. Nur der energischen Vermittelung de» deutschen Botschafter» in Peierrburg haben die Lustschiffer e» zu danken, daß sie am Ostermontag nachmittag Papiere und Pässe zurückrrhielten und nach Deutschland ab- reisrn konnten. verllner Setroldodürfo. Weizen war auf ungünstige Au»land»gerichte und mangelndes Angebot fester. Roggen zeigte im ganzen die gleich: Tendenz. Hafer war fest und höher. Rüb- öl still. Wettervorhersage der K. S. Landeswetterwarte zu Dresden Freitag, den 12. April: West-Wind, anfheiiernd, etwas wärmer, kein erhebltchekNiederschag Magdeburger Wettervorhersage Freitag, den 12. April: Zunächst ziemlich heiter, trocken, starker Nachtfrost, Tag wärmer, aber zunehmend bewölkt, in Nordwesten zuletzt etwas Regen. ^lrcben-Nacdrlcdtsn. Pulsnitz Sonntag, drn 14. April. Quasimodogeniti: 8 Uhr Beichte. I m '/-9 „ Predigt (Kol. 3, 1-4). j '/s2 „ Kindergottesdienst. Pastor Resch. 8 „ Jüngling», und Männerverein im Konfir- mandenztmmer des Pfarrhauses. Dienstag, den 16. April, abend» 8 Uhr, hält Herr Pfarrer Schulze im Konftrmandenzimmer de» Pfarrhäuser Unterredung mit der von ihm konfirmierten und der von auswärts nach Pulsnitz und FriederSdorf zugezogenen weiblichen Jugend. Donnerstag, den 18. April, abend» -/,9 Uhr Bibel- stunde in der Schule zu FriederSdorf. Lick^enborg. Sonnabend, den 13. April: 3 Uhr Beichte und Abendmahl-feier. den Ausdruck hatte; es lag etivas Aengstliches, Gut mütiges darin. Der Freiherr forderte Gerbers auf, ihn einmal in ^Rechlinghausen zu besuchen, was mit großer Bereitwillig keit ausgenommen wurde. „Was meinst Tu, Minna, wir werden uns unser Schloß doch ansehen müssen," sagte Gerber, nachdem sich seine Gäste empfohlen hatten, sie fuhren mit dem Wagen des Bankiers zur Stadt zuriick. „Na ja, das meine ich auch," versetzte Frau Gerber. „Klara, heute bin ich mit Dir zufrieden, das heißt, ani Anfang ivarfst Tu der reine Stock. Wie gefällt Dir denn der junge Herr Baron?" Klara stotterte irgend etwas verlegen und entfernte sich. Gerber und seine Frau sahen sich an, ein geheimes Einverständnis schien sie zu erfüllen. „Er gefällt Klara," sagte die Mutter. „Paß' auf, er wird noch unser Schwiegersohn," er widerte der Bankier. „Dem Alten ist bald der Strick am .Halse, und der Junge braucht unser Geld, um weiter Offizier zu bleiben. Na, mein Gott, wir haben's ja dazu, um einen Schwiegersohn mit sechzehn Ahnen zu kaufen! Das Klärchen soll Frau Baronin von Recklinghausen werden." „Es ist doch unglaublich, da rückt r Mannerheim folgendes Inserat in die Zeitung ein: Abschriften ver vielfältigt mittels erstklassiger Maschine, auch in eng lischer und französischer Sprache, tadellos und zu soliden Preisen Hjalmar von Mannerheim." Onkel Kunz las diese Worte mit Entrüstung vor und fuhr sich dabei über seinen Kahlkopf. „Hätte er unter einer beliebigen Chiffre inseriert," fuhr der alte Herr .et, „aber er zeichnet mit seinem vollen Nam^«, als ob er stolz darauf ist, für alle möglichen obskuren Menschen zu arbeiten. Ich verstehe das wirklich nicht, man ist doch seinem Namen etwas schuldig, nicht wahr, lieber Karl Detlefs?" Es war eine von Onkel Kunzes Eigentümlichkeiten, fast alle seine Sätze so zu schließen. „Hjalmar BÜannerheim bleibt trotzdem ein echter Vertreter unseres Standes," sagte der Freiherr, „ob gleich er in seinen Ansichten uns oft schroff gegenüber steht." „Und seine Frau ist eine Rechlinghausen," stöhnte Onkel Kunz,»„ich bedauere unsere Kusine, daß sie diesen Männ heiratete, der sie gewiß oft durch seine freie Rich tung verletzt. Weiß Gott, was die Mauuerbeims auch für ein obsturer Adel sind. Hast Tu ihren Stammbaum gesehen?" „Sie sind ein altes, schwedisches Geschlecht, das später nach Finnland ausgewandert ist," entgegnete Karl Det lefs der Jüngere für seinen Vater, „Alvar hat es mir ein mal erzählt. Sie besitzen bei Hangö ein schönes Schloß, es heißt Malmborg." Hier mischte sich Frau Veronika in die Unterhaltung. „Ich fand Christel Mannerheim mit ihrer Schürze recht hausbacken aussehend; wahrscheinlich kam sie eben oom Herde. Nun ja, sie muß Wohl Köchin spielen, sie sind arm, und Hjalmar verlangt es gewiß von seiner Frau." „Verlangt es," wiederholte der Freiherr tadelnd, „ich glaube nicht, daß er es tut, aber es ist Pslicht der deut schen Hausfrau, nach dem Rechten zu sehen." „Tas soll auf mich gemünzt sein," bemerkte Frau Veronika spitz, „Tu bist natürlich auf feiten Deiner Kusine, für die Du noch immer zu schwärmen scheinst. Ich ziehe vor, grande Dame zu bleiben, wie ich es von Kindheit an nicht anders gewohnt bin." Frau Veronika konnte zuweilen recht böse aussehen, sie rauschte gekränkt aus dem Zimmer. Sie war ohnehin iehr verstimmt; heute erwartete Rechlinghausen die Fa milie des Bankiers Gerber, und der Freiherr wünschte, daß man sie mit der größten Aufmerksamkeit behandeln möge. Vroni war zu Besuch bei Verwandten und Wilma war nach Breslau zurückgekehrt, so fielen beide Damen auf das Teil der Freifrau, die es haßte, sich Zwang anzu- tun. Was, nm Himmels willen sollte sie, Vie Aristokratin vom reinsten Wasser, mit jenen Parvenüs anfangen, denen der Geldsäckel über alles ging. Es tvar ein Glück, daß der Leutnant gerade auf Urlaub da war: er mußte ihr helfen, die beiden tödlich langweiligen Tage hinzu bringen. Auch Onkel Kunz mußte sein Scherflein bei steuern und sich angenehm machen. Wozu fütterte man den alten Schmarotzer Monate lang. Frau Veronika schickte heute den alten Herrn ohne Rücksicht auf seine Kurzatmigkeit überall umher, er mußte in das Städtchen, uni Besorgungen zu machen. Keuchend und innerlich wütend gehorchte er, wurde ausgescholten, wenn er etwas vergessen hatte, und steckte alles geduldig ein, galt es ooch, bis Weihnachten Vie Füße unter den Tisch der Ver wandten zu stecken, das Wohlleben in Rechlinghausen zu teilen. Im Januar, wenn das Ehepaar mit Vroni nach Wien ging, zog Kunz zu einem andern Vetter, wieder auf einen seiner Dauerbesuche. „Na, Minchen, wie gefällt cs Dir hier?" fragte Gerber, als er am ersten Abend mit seiner Frau allein war. Sic bewohnten drei nach Süden gelegene Zimmer. „Fein ist es hier, Siegfried, aber die Baronin scheint eine hochmütige Person zu sein, sie reichte mir kaum die Fingerspitzen. Diese Aristokraten, denen der Ruin droht, sollten den Kopf nicht so hoch tragen, wir sind ihnen doch über mit unserem Geld." „Gewiß. Hast Du gesehen, wie sich der Leutnant mit ver Klara unterhalten hat? Sie schienen beide ganz be lebt. Ich sage Dir, unsere Tochter trägt einmal die Krone Ver Freiherrn von Rechlinghausen." „Und dazu kommt unser Reichtum; ich denke, die Frau Schwiegermama kann sich vor der Schwiegertochter verstecken! Die Hochmütige muß noch ganz klein werden, Siegfried." Fortsetzung folgt.