Volltext Seite (XML)
Nr. »3. Pulsnitzer Wochenblatt. — Dienstag, den 19. März 1S12. Seite 2. leicht Annahme finden ?8nnte. War aber dann? Nach alledem muß man annehmen, daß mit der ge fundenen Lösung noch keineswegs der volle Wirrwarr beseitigt ist, und daß gerade bet der DeckungSsrage nach wie vor scharfe Auseinandersetzungen zu erwarten sein werden. Eine Beruhigung dürfte das neueste Re zept des Herrn von Bethmann-Hollweg also kaum bringen. OerM^ss unv Säckfisckes. Pulsnitz. (Jubiläum.) Vor einigen Tagen feierte der bei der Firma F Mattick, Maschinenfabrik und Eisengießerei, als Schweizer tätige Ernst Kohlsche sein 25 jähriges ArbeitSjubiläum. Aus Anlaß diese» sind ihm von feinem Ches und Arbeitskollegen Glück- wünsche und Geschenke übermittelt worden. Auch die- seS Jubiläum zeugt wieder von einem angenehmen, freundschaftlichen Verhältnis zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer. Pulsnitz. (Das Marienschießen) des uni- formierten Schützen-Jägerkorp» findet nach einem un- längst gefaßten Beschluß in diesem Jahre 14 Tage später als bisher — am 11., 12 und 13. August — statt. Verschiedene Gründe gaben den Anlaß zu dieser Späterlegung. — (Eine nur kurze H errlichkeit) ist den neuen, langsormatigen Hundertmarkscheinen beschicken gewesen, die so vielfach vomästhetischen und praktischen Standpunkt die Kritik herauSgesordert haben und auch im preußischen Abgeordnetenhaus? eine lange Debatte über sich ergehen lasten mußtet. Zumal die Handels kreise konnten sich mit den neuen „Blauen" nicht be freunden und so werden sie denn jetzt nach einer „ein jährigen Dienstzeit" wieder eingezogen, meist schon recht zerknittert und zerfallen. Gegen dieses Uebel haben übrigens die Amerikaner ein Verfahren zum Waschen und Glätten alter Banknoten erfunden. Da» Reichsbankdirektorium aber wird zu der früheren Form wieder zurückgreifen. — (Der Kantoren, und Organisten, verein der Kreihauptmannschaften Dres. den und Bautzen) hält Freitag, den 12. April, in den „Drei Raben", DreSden-A., seine diesjährige Haupt- Versammlung ab. Im Mittelpunkte derselben steht ein Vortrag des Herrn Musikschriftstellers Geißler aus Dresden über „Moderne Tonkunst tm Kirchendienste". Demselben wird ein Bericht des Herrn Hoforgelbauers Jahn.DreSden über „Die Erweiterung und Erneuerung der Frauenkirchen-Orget" folgen. Für den Nachmittag ist eine Besichtigung der genannten Orgel und eine musikalische Aufführung in der neuen VersöhnungS- kirche zu Striesen geplant. Ein gemeinsamer Besuch der Königlichen Schauspielhauses wird den Schluß der Versammlung bilden. 5. Dresden. (Prinz MaxvonSachsen und der erzürnte Papst.) ES ist in Sachsen ausfällig bemerkt worden, daß der Bruder des Königs von Sach sen, der Priester Prinz Max sein Lehramt an der Uni- versität Freiburg niedergelegt und es mit der Stelle an einem bischöflichen Seminar vertauscht hat. Man ist in Sachsen der Ansicht, daß dieser Wechsel wohl kaum ganz freiwillig gewesen ist, sondern mit der „Buße" zusammenhängt, die dem Prinzen Max für seine „ketzerische" Anwandlung auferlegt worden ist. Bekanntlich geriet Prinz Max, während er eine Theo- logieprosestur an der Schweizer Universität Freiburg bekleidete, mit dem Papst in einen Lehrkonflikt, weil er in einer italienischen Monatsschrift einen Artikel über die Vereinigung der römisch-katholischen und der griechisch-katholischen Kirche veröffentlichte. Ueber den Umfang der Buße, die dem Prinzen damals in Rom auferlegt wurde, macht die Zeitschrift „Der Turm" folgende sensationelle Enthüllungen: Am 22. Dezem- ber 1910 leistete der Prinz der kurialen Vorladung Folge, kommt nach Rom und wird alsbald in das Kloster de- Dominikanerordens in der Straße San Vitale übergeführt, Der General des Ordens, P. Cor. nier, und die Konsultoren haben von der Kurie die Weisung erhalten, den Prinzen augenblicklich auf- strengste zu isolieren und jeden Besucher unnachsichtlich abzuweisen. In langen Exerzitien und gründlichen GewistenSerforschungen findet der Freiburger Professor Zeit und Anlaß, darüber nachzudenken, daß der Do minikanerorden, besten Gastfreundschaft er genießt, sei. nen Lehrstuhl einem Hörettker^ anvertraut habe. Da der Prinz neun Jahre lang die Frage der Vereinigung Roms mit den älteren Kirchen des Morgenlandes stu diert hat, so muß er bekennen, daß er seinen Aufsatz „mcon8icieiAtLmente — unbedachtsam, rücksichtslos und leichtfertig" abgefaßt habe, ohne einen richtigen Theo- logen al» Mentor zugezogen zu haben. Erst nachdem die in alle Einzelheiten gehende Urkunde seines reue- vollen Widerruf» von 18 dogmatischen, philosophischen und historischen Irrtümern samt dem Gelöbni» seiner kindlichen Unterwerfung unterzeichnet war, ein Doku ment, wodurch seine wissenschaftliche Existenz endgiltig auSgelöscht worden ist, erhielt der büßende Königssohn die Erlaubni», sich im Vatikan zu de» Papste» Füßen niederzulegen, um von seiner Gnade die Verzeihung zu erflehen. Damit schienen die pseudo-istdorischen De- kretalen, die pseudo-cyrillische Tradition und die pseudo, constantinische Schenkung für die Römische Kurie und ihren „lieben Sohn Max" von neuem abgetan. Allein der Leiden-weg des deutschen Fürstensohne» war mit jenem Widerruf noch nicht zu Ende. Der greise Rek tor der Universität Freiburg erhielt für die Irrung eine» Mitgliedes seines Lehrkörpers einen scharfen Der» weis und gleichzeitig die Eröffnung, daß das Lehramt „jenes" Professors für Liturgie und Kirchenrecht nach Ablauf einer gewissen „RespektSzeit" erloschen sei. Um das Gesicht zu wahren, war die Gnadenfrist auf ein Jahr ausgedehnt worden. Keine theologische Fa- kultät an deutschen Universitäten durfte wagen, den Theologiegelehrten aus dem Wettiner Königshaus zu berufen. Der Traum der UniversitätSprofestur ist zu Ende. Kardinal Fischer in Köln erbarmte sich de» deutschen LandSmanne» in der Fremde und bot ihm eine Lehrstelle an seinem Diözesan-Seminar. rAenäeUsnü voll Gold- und Banknoten spricht zu jedem Geschäftsmann, er muß nur ihren Sinn verstehen. Si^ sagt: „Wenn Du einnehmen willst, so gib für Inserate aus!" Nur durch das Zeitungsinserat in einem weitestverbreiteten Blatte, wie dem „Pulsnitzer Wochenblatt", kann eine Firma zu einem erfolgreichen Ostergeschäft, zu einer Hand voll Gold und Banknoten kommen. Dresden, 18. März. (Li e b e § tra g ö d i e) Gestern nachmittag erschoß ein Feldwebel vom Bautzener In- fanterie-Regiment Nr. 103 den Ziegeleibesitzer Krau» und sich selbst, weil die Braut cS Feldwebels, die Kontoristin Döring, die Verlobung anflöfen und den Ziegeleibesitzer heiraten wollte. Der Feldwebel wollte auch da» Mädchen Löten, der Schuß ging jedoch fehl. Bischofswerda, 16. März. (Neue Garnison?) Mit Rücksicht auf die neue Wehrvorlags ist der Stadt rat mit den Stadtverordneten dahin vorstellig gewor den, daß unser Ort bei der Verlegung von Truppen als Garnisonort Berücksichtigung finden möchte. Am vergangenen Mittwoch weilte der Kriegsminister hier, um sich über die Plätze informieren zu lasten, die nach Ansicht de» Stadtrates für eine etwa zu errichtende Kaserne, sowie als Uebungkplatz in Frage kommen könnten. Geringswalde, 18 März. (Spielerei mit dem Revolver.) Zwei junge Leute spielten hier mit ei. nern alten geladenen Revolver, der sich plötzlich entlud. Der Schuß ging dem 24 Jahre alten Holzbildhauer Fischer in die Hand. Infolge Blutvergiftung und Wundstarrkrampf starb Fischer. ^agssgofcvrcvts. Deutsches Reich. (Für daS 2kjährigeRe- gierungsjubtläum des Kaisers) im nächsten Jahre machen sich schon jetzt verschiedentlich Vorberei- tungen bemerkbar. So will die deutsche Industrie dem Kaiser ein Werk überreichen, in dem der Werdegang der industriellen Entwickelung in Deutschland bis zum Jahre 1913 geschildert werden soll. Das Werk wird Beiträge der bedeutendsten Nationalökonomen enthalten. — (Die deutsche Kronprinzessin) wird mit ihren Kindern nächsten Monat aus Danzig nach Potsdam zurückkehren und für den Frühling im dor- tigen MarmorpalaiS Wohnung nehmen. Köln a. Rh., 16. März. (Zum Rücktritt de» Staatssekretär» Wermuth.) Die „Kölnische Zeitung" schreibt zum Rücktritte WermutHS: Wermuth hat sich in den wenigen Jahren seiner Amtsführung den Ruf erworben, einer unserer tüchtigsten Reich»- finanzminister zu sein. Sern Grundsatz: Keine Au», gaben ohne Deckung, haben ihm manche Gegnerschaft eingetragen, aber er hat sich für die Reichsfinanzen glänzend bewährt und ist ja erfreulicherweise auch noch bet der Vorberatung der letzten Finanzvorlagen durch- gedrungen. Allerdings nicht in dem Maße, wie es der Staatssekretär gewollt hätte, der die Deckung für den gesamten Neubedarf von vornherein sichern wollte. Der Umstand, daß die Bundesregierungen hierin an derer Ansicht waren, hat ihn wohl zu seinem Rück tritte veranlaßt, der umsomehr zu bedauern ist, al» in den letzten Wochen ein durchsichtige» Jntttguen- spiel gegen den Staatssekretär getrieben wurde. Es ist zu hoffen, daß man an den Grundsätzen seiner Geschäftsführung festhalten wird. Man glaubt, daß sein Nachfolger die Ueberzeugung seine» Chef» teilt. — (Die Aufhebung deröranntwein- Liebesgabe) zur Deckung der Wehrvorlagen wird von den Blättern der Linken, die sie seit Jahrzehnten for dert, begrüßt. Das „Berl. Tagebl." behauptet, daß die Gesellschaft für Spirjtusfabrikation S i n n e r in Grünwin kel in den 25 Jahren des Bestehens der Liebesgabe aus dieser mehr als 7 000000 Mk. erhielt. Das Kontingent befreite überdies die alten Brenner von dem vergällungs- zwange, sodaß sie weit xräßere Mengen Trinkbranntwein Herstellen konnten, als die Brenner ohne Kontingent. Di« Spirituszentrale hielt eine Sitzung zur Feststellung neuer Preise ab. Der „Berl. kok.-Anz" schreibt:Itt mehreren Blättern begegnen wir der Ansicht, daß die Beseitigung der „Liebesgabe" im Verhältnis zu den neuaufzubringen, den Mitteln nur einen verscbwindenden Betrag darstellen würde. Dabei wird als durch neue Steuern aufzubringen eine viel zu hohe Summe, in einzelnen Blättern sogar ein Betrag von (70—(80000 000 Mk, genannt, wir möchten daran erinnern, daß auch bisher nicht daran ge» dacht worden ist, die Neuforderungen völlig durch neue Steuern zu decken. Der durch neu aufzutreibende Mittel zu deckende Betrag reicht auch nach den früheren Berech- nungen nicht annähernd an die genannte Ziffer heran. Die durch Erweiterung der Erbschaftssteuer aufzubringende Summe würde sich nach dem Maßstab der Pläne von (909 auf etwa 50000000 belaufen haben. Aus der Beseitigung der „Liebesgabe" würden bis zu ^0000000 zu erwarten sein Der Unterschied ist also keineswegs er heblich. Aufgabe der Ministerbesprechung war es, sich darüber schlüssig zu werden, welcher Teil der neuen Aus gaben durch Erschließung neuer Einnahmequellen zu dek- ken sein würde. Die Höhe dieser Summe ist unter völli ger Wahrung der bisherigen Grundsätze der Reichsfinanz verwaltung festgestellt worden. Italien. Turin, 17. Februar. (Angenehme Luftreise.) In Benghasi stieg Leutnant Canomeri mit einem Militärflugzeug auf und unternahm einen Erkundigungsflug bis über da» türkische Lager. Al» er sich dort anschickte Bomben zu werfen, versagte sein Motor. Leutnant Canoniert mußte aus einer Höhe von 1000 m bis aus 100 m herab gehen. Die Türken eröffneten ein lebhaftes Gewehrfeuer gegen den Aero plan und Leutnant Canonieri wurde von einer Kugel ins Bein getroffen. Er verlor jedoch seine Kaltblütig, keit nicht und es gelang ihm, den Motor wieder in Gang zu bringen und mit seinem Apparat die italie- Nischen Linien zu erreichen. England. London, 17. März. (Neuer Riesen, streik in England?) „Eoening Standard" mel det, daß für daS beginnende Frühjahr ein AuSstand der Dockarbeiter und der verwandten Industrien ge- plant sei, der an Umfang alle bishe dagewssenen Streiks in England übertreffen soll. Beratungen hier- über schweben in allen Arbeitersyndikaten bereits seit dem vergangenen Herbst. London, 17. März. (DieStreiklage inEng - land.) Die Verzögerung der Verhandlungen zwischen den Grubenbesitzern und den Arbeitern hat unter den Nichtorganisierten Arbeitern, welche ganz besonder- durch den AuSstano in Mitleidenschaft gezogen werden, sowie unter den Arbeitern, die infolge de» Ausstande» brotlos geworden sind, große Unzufriedenheit hervor- gerufen. Infolgedessen hat die Lage eine Verschlimme- rung erfahren. Zahlreiche schottische Grubenarbeiter haben trotz der Drohungen ihrer Kameraden beschlossen, an diesem Montag die Arbeit wieder aufzunehmen; man befürchtet, daß infolgedessen ernste Unruhen ent stehen werden. In verschiedenen Bezirken ist e» bereit» zu Zusammenstößen zwischen Streikenden und der Po- ltzei gekommen, so in Belleshill und Blanlyre, wo über 1000 Nichtorganisierte und Polen arbeiten. Die Polizei mußte mit blanker Waffe vorgehen, um die Ausständigen zu zerstreuen; in Belleshill sind 10 Ruhe- störer verhaftet worden, darunter 4 Polen. Im Lauf« des gestrigen Abends erneuerten sich die Zusammen- flöße zwischen den Grubenarbeitern und der Polizei, welche Spalier bildete, um die Arbeitswilligen zu schützen und sie in ihre Wohnungen zurückzubringen. 8 Polizisten, welche einen Ruhestörer verhaftet hatten, wurden von Streikenden mit Steinen beworfen, e» ge- lang ihnen jedoch, den Verhafteten zur Wache zu brin gen. Die Haltung der Streikenden wurde schließlich so drohend, daß noch 30 Polizisten herangezogen wer- den mußten; diese erschienen mit einer Automobil- spritze, und erst nachdem diese in Tätigkeit getreten war, gelang e-, die Ausständigen zu zerstreuen und die Ruhe wieder herzustellen. Aehnliche Zwischenfälle werden auch aus anderen Bezirken gemeldet. Griechenland. Athen, (8. März (Zur Lag« auf Kreta.) In Negierungskreisen werden die Vorgänge auf der Insel Kreta sehr ernst beurteilt. Man ist davon verständigt, daß die Schutzmächtr nunmehr Truppen auf der Insel landen werden. Englische und französisch« Kriegs schiffe sind bereits auf der Fahrt nach Kreta bei der In sel Karpathos gesichtet worden- Anik der MMbeiler. Dresden, 18. März. Da die Grubenbesitzer wider Erwarten keinerlei Entgegenkommen zeigen, wurde