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Nr. 6. Pulsnitzer Wochenklatt. — Dienstag, den 18. Januar 1»1S. Seite r vrlekkaslen. Langjähriger Abonnent in Ghorn. Besten Dank für Ihre Anerkenung. Der Briefkastenonkel teilt Ihnen mit, daß die deutsche Lustschifferabteilung sich gegenwärtig aus 50 Offizieren, 137 Ünteroffizteren.und 800 Gemeinen zusammensetzt. Dresdner Produkten-Börse, 1b. Januar 1912. Wetter Frost. Stimmung: ruhig. — Um 2 Uhr wurde amtlich notiert: Weizen, brauner neuer, 78—81 Kilo, 207- 210 M, do. neer 76 bis 77 Kilo, 204-206 M, russischer, rot, 240-245 M, Ar- gentinier 243—247 M, Manitoba 239-242 M. Roggen, sächsischer, neuer 75-76 Kilo, 191—192 M, do. do. 72 bis 74 Kilo, 186—190 M, preußischer, neuer 193 bis 195 russischer 195-197 M. Gerste, sächsische, neue 212—217 M, schlesische 220—228 M, Pose ner 220—228 M, böhm. 233—243 M, Futtergerste 174—177. Hafer, sächsischer, alter M, do. do. neuer 206- 210 schlesischer neuer 206—210 M, russischer loco 202 —205 M. Mai» Linquantine alter 192—195 M, do. neuer 180—185 M, Rundmais, gelb, 185—188 M, amerikanische Merida-Maisr neuer M. Erbsen Saat und Futter 190-200 M. Wicken 210—225 M. Buchweizen, inl. 210—220 M, do. fremder 210—220 M. Leinsaat, feine 380—390 M, mittlere 360—37S M, Laplata 370—375 M, Bombay — M. Rüböl, raffiniertes 73 M. Rapskuchen (Dresdner Marken) lange 14,00 M, runde — M. Leinkuchen (Dresdner Marken) l 22,00 M.^ll 21,50 M. Malz, 35,00-37,00 M. Weizenmehle (Dresdner Marken): Kaiserauszug 36,00-36,50 Grießlerauszug 35,00-35,50 M, Semmelmehl 34,00-34,50 Bäckermundmehl 32,50—33,00 M, Grießlermundmehl 25,00 bis 26,00 M, Pohlmehl 20,00—21,00 M. Roggenmehle ^Dresdner Marken) Nr. 0 28,00—28,50 M, Nr 0/1 27,00-27,50 M, Nr. 1 26,00—26,50 M, Nr. 2 23,50 bis 24,60 M, Nr. 3 21,00—22,00 M, Futtermehl 16,40 bis 17,00 M. weizenkleie (Dresdner Mark): grobe 14,00-14,40 feine 13,60 bis 13,80. Roggenkleie (Dresdner Marken): 14,40—14,80 M. Setrelde Verlckt. An der Produktenbörse war das Geschäft äußerst gering, die Kurse hielten sich'auf Sonnabendschlußniveau. Nur Wei zen war eine Kleinigkeit fester. Magdeburger Wettervorhersage Mittwoch, den 17. Januar 1912. Trocken, teilweise heiter, stre ge Kälte, Ostwind. vom 12 1912 68 önosskfrl Hessen öeöeutcmg 6er Scimsffierunq Polen llznen.Mfen.kkzssee keeir.Veeeimqung kunä cleetsnämete 8e,cdspapt«, VEs HnMemNen lenteum Ivuslöemoprzlen ksusendunÄ lleulscd-l>eis. Volkspsotei 8tettin Keslin Köln ! 8t 8 Kl Ko 80 ?o Posen pö poksciarn 88 Lcklesvvig hiolstem ,ovc yl Lblcürrunaen. K§ Lachsen ila ttsnnovek' KVk Königs» kl. klssss-l.otknmgen 68 öoosslinrt Kaöen 8n Znsslsu Du Vusre>6o«»f 0p Oppeln kn fnLnlckunt Kg Königsdeng e/^^e//7e/7 /?/e/c»n/7 s/77///- z 08 Öben-Kavenn Klk Alltel ks-sr»l<kn bik ^ieöen g^vsnn pfslr I7n >05 Unkest kr-anlesn ^ViesbaUen Iva vsnr'g ! Ok Oben-ks-anlcen I v? Oben pfzlr M^l klac-i.-tasl Hambung klä Kraunscsiivt-Ig 60 Lrkrt Olöenbuncs 8V/ 8scdsen Neiman klü llenri />ndalt. L6 llenr! 8 Lodung Oolba §s/ 8acbs Deiningen 8s 8kstälsun6 kj keuss j Unis 8a 8eu88s l.,nis Km klsnsas! 8nemen Nl. tsanssst. Uubeck ^sl l^ecl«lenl^.8tstelitr /Ibscurrunasn Ks Kassel k^s dtagöebung Äa ^1öeck^ Vas Ergebnis Qer XVabien zum veutfcden I^eicbstags am 12. Januar 1912 oder vielmehr das Ergebnis des ersten Wahl ganges stellt unsere graphische Aufstellung deutlicher dar als bloße Worte und Zahlen reihen. Es waren bekanntlich 397 Reichstags- mandate zu besetzen. Davon sind in den Hauptwahlen vom 12. Januar 1912 nur 212 Mandate wirklich definitiv besetzt worden, so daß noch in 185 Wahlkreisen Stichwahlen vorzunehmen sind. Im ganzen Reich haben sich noch 370 Kandidaten der Stichwahl zu unterziehen. Bisher wurden 27 Konservative, 5 Neichspartetler, 4 Mitglieder der Wirt schaftlichen Vereinigung, 88 Zentrums:! änner, 14 Polen, 4 Nationalliberale, 66 Sozial demokraten und 4 Wilde definitiv gewählt. An den Stichwahlen sind beteiligt 43 Kon servative, 13 Reichsparteiler, 4 Mitglieder der Deutschen Reformpactei, 14 der Wirtschaft lichen Vereinigung, 37 des Zentrum«, 10 Polen, s4 Nat onalliberale, 62 Linksliberale, 113 Sozialdemokraten und 10 Wilde. Bisher haben nur die Sozialdemokraten ihre frühere F aktionsstärke erreicht oder vielmehr erheb lich überschritten. Nus aller V^elt. Berlin. (Ein erfreuliches Zeichen der Zeit) sind die Bestrebungen der neue» deutschen Wanderbünde. Einen leb.udigen Einblick in die Ziele rind das Leben und Treiben dieser Vereinigungen gewähren z B. die Flugblätter des „Bundes Deutscher Wandervereine". Dieser stellt sich die Auf gabe, das einfache, gesunde Wandern insbe sondere unter der herangewachsencn männ lichen und weiblichen Jugend zu verbreiten. Er veranstaltet alle Wanderungen, alle Lese-, Lieder, Vortrag?» und Diskutterabende und auch alle Festlichkeiten alkoholfrei. Warum 7 Darauf gibt das Flugblatt: „Was wir wollen" die Antwort: Weil wir wissen, daß der Alkohol die Willenskraft, die Urteilskraft, das Können und das Genießen trübt. Der Bund, der übrigens auch mit dem „Wander vogel" in enger Beziehnug steht, besitzt be reits in vielen Städten Ortsvereine. Sein Geschäftsführer, Ingenieur A. Tempelmann, Charlottenburg, Englische Straße 25/26 gibt bereitwillig Auskunft und versendet gerne Flugblätter. st. O. und las. Es war der Brief, den Götz erhalten hatte, als er damals von Wollersheim nach .Hause gekommen war, in dem ihn die Generalin nochmals ermahnte, seine Wer bung schnell anzubringen, ehe jemand davon erfuhr, da Eva die Erbin Mrs. Fokhams sein würde. !§chon naä den ersten Worten war das Lächeln von Evas Gesicht ver schwunden; und je weiter sie las, je starrer wurden ihre Züge. Ein eisiger, «furchtbarer Schrecken preßte ihr Plötz lich die Brust zusammen. Die Buchstaben tanzten vor ihren brennenden Augen uns schienen sie höhnisch anzu grinsen. Tas Herz drohte ihr still zu stehen; es war ihr, als ob eine grausame Hand an ihrer Kehle würgte, um sie zu ersticken. Sie las den Brief bis zu Ende und be gann ihn noch einmal von neuem, weil sie es nicht zu fas sen vermochte, was sie da gelesen hatte. „Mein lieber Götz! Gerade komme ich von Mrs. Fok- Ham. Wir haben ausgemacht, daß ich nächsten Sonn abend nach Woltersheim reise, uni mit Herrn von Wol lersheim und Eva zu verhandeln. Sie ist sehr froh, daß ich selbst mit ihnen sprechen will; und ich, mein lieber Junge, bin froh, daß Tu reichlich acht Tage Vorsprung hast. Nütze die Zeit gut. Bis Sonnabend muß Tu unter allen Umständen mit Eva verlobt sein, denn später würde Deine Werbung zu eigennützig aussehen. Jetzt hast Tu leichtes Spiel. Also sei vernünftig und lasse Dich nicht durch sentimentale Bedenken beeinflussen. Solch eine Partie wird Dir nie wieder geboten. Mrs. Fokham be sitzt mehrere Millionen, und Eva ist ihre einzige Erbin. Eine sofortige Aitgift von bedeutender Höhe ist Dir sicher. Du bist dann aller Sorge lebig, und ich preise mich glücklich, daß ich Dir helfen konnte, diesen Goldfisch zu entdecken. Für heute lob' wohl. Sonnabend auf Wie dersehen. Und viel Glück zu Deiner Werbung. Es bleibt bei unserer Verabredung, daß Tu gar nicht mit mir in Berlin zusammengetroffen bist, damit niemand Ver dacht schöpK. In Liebe Deine Tante Maria." Langsam hatte Eva zu Ende gelesen, so langsam, als ob sie Blei statt Blut in den Adern hätte, als ob sie die Buchstaben erst mühsam aneinander reihen müsse. Nun iank sie wie vernichtet zusammen in sich selbst und sah mit starren toten Augen vor sich hin. Schien die Sonne noch? Lag Sa unter das Tai noch in derselben friedlichen Schön heit vor ihr, wie zuvor? War nicht ein schwerer, dunkler Schatten über alles gebreitet, was ihr zuvor licht und schön erschienen war? Sie schauderte zusammen wie im Frost. Licht uns Wärme waren Plötzlich aus ihrem Dasein verschwunden. hinweggeganqen, daß sie arm war; er hatte gewußt, ^hoß diese Armut durch ein reiches Erbe verdrängt wurde. Und sie hatte ihm geglaubt und war so selig gewesen, daß er sie liebte, trotz ihrer Armut. Sie hatte ihm offen gezeigt, wie grenzenlos sie ihn liebte, hatte ihm ihr ganzes Herz zu eigen gegeben. Vielleicht war ihm das sehr lästig gewesen. — O, — die Schmach, die Schmach! Wie sie sich schämte! Lüge, — alles Lüge! Sie stöhnte auf in wilder Qual und saß wie zerschmet tert, wie zu Boden gedrückt vor dieser furchtbaren Ent- seine Liebesworte an jenem Abend, da er um sie warb. ei Seckung. Lüge war alles gewesen. Lüge seine Werbung, Lüge das Leben jetzt so reich und schön gemacht hatte. Dieser furchtbare Brief hatte ihr das Köstlichste geraubt, den Glauben an die Liebe ihres Mannes. Götz ein Lügner — Mit Berechnung und Vorbedacht hatte er sie an jenem Abend aufgesucht, nachdem er in Berlin von seiner Tante erfahren hatte, daß sie die Erbin ihrer Mutter sein würde, — sie war die reiche Frau, die er gesucht hatte seit langem. charfen Augen war es nicht entgangen, daß sie ihr törich tes junges Herz an ihn gehängt hatte. Vielleicht war es ihm sehr schwer geworden, dem „greulichen kleinen Monstrum" Liebe zu heucheln. O, das schreckliche Wort, wie es sich scharf in ihre Seele bohrte, wie sie plötzlich wieder Götz mit spöttischem Lächeln und kalten, — ach, so kalten Augen vor sich sah. Daß sie es für möglich gehalten, seine Liebe gehöre ihr, — die er erst verabscheut hatte! Es war ihm wohl ein großes Opfer gewesen, eine schwere Ueberwindung, ihr Liebe zu heu- ;eln. Die Not zwang ihn dazu; er mußte ja eine reiche Frau haben. Deshalb war er damals so leicht darüber schnell war er zurückgekehrt, um sich ihre Hand zu sichern, he die Rückkehr ihrer Mutter bekannt würde; seinen Leib und Seele einem Mann zu eigen gegeben, der sie nicht liebte. Er war ritterlich, um es ihr nach der Hoch zeit zu zeigen, daß nur ihr Geld ihm erstrebenswert ge wesen. Und ein wenig war er ihr wohl auch dankbar, daß sie ihn aus quälenden Sorgen befreit hatte. Deshalb zwang er sich zur Zärtlichkeit, deshalb heuchelte er Em pfindungen, die er nicht besaß. Wie schwer mochte ihm das gewesen sein. Sie sprang plötzlich auf in furchtbarer Erregung. Den schrecklichen Brief krampfhaft in der Hand haltend, lief sie wie gejagt durch die Zimmer. In ihrem Boudoir ange- lommen, sank sie in einen Sessel und las ihn noch einmal durch, als müsse sie sich jedes dieser Worte einprägen für alle Zeit. Tann verschloß sie ihn mit müden Händen in ihre Schmuckschatulle. Es war eine rein mechanische Bewe- gung; sic wußte nicht, was sie tat. Wie leblos fiel sie auf ein Ruhebett. Ihr Körper regte sich nicht, stundenlang lag sie unbeweglich. Aber die Gedanken kreisten wild und qualvoll hinter ihrer Stirn. Was sollte sie tun mit die- ser fürchterlichen Gewißheit im Herzen? Fortsetzung folgt. Hilflos, verstört sah sie sich um in dem hohen, gewölbten Gemach. Eines saßte sie nur: Taß hier in diesem Zim mer mit einem Male ihr ganzes, großes, reiches Glück begraben worden war. Sie würde nun nie mehr froh und Lüge Ivar dann auch alles, Ivas folgte. Sie hatte sich mit glücklich sein können. Vorbei war es mit allem, was ihr