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Nr. 21. Pulsnitzer Wochenblatt. — Dienstag, den 20 Februar 1912. Seite 2. schäft der Lausitz findet am 25. August auf denStrecke PulSnitz (Start), Kamenz, Bischofswerda, Bautzen, Lö- bau, Zittau (Ziel), ca. 100 Klm. statt. Das Meister- schaftS - Lanzsamfahren findet am 22. September in Malschwitz bei Bautzen statt. Nachdem wurden ver schiedene Sachen erledigt, u. a. die Verteilung der Eh- renbecher für die besten Ausfahrer. Dazu ist zu be merken, daß von 35 Ehrenbechern allein 9 an Mitglie der deS Radsahrer-KlubS „Phönix" - PulSnitz auSgege- ben wurden. Der Kaffenbestand ist ein sehr günstiger, die Mitgliederzahl wächst auch in diesem Jahre zu- sehends. Möchten sich nu: alle Radfahrer, auch solche, welche keinem Verein angehören, mit den Vorteilen, welche ihnen der Lausitzer Radfahrerbund bietet, be kannt machen. ES können täglich Fälle eintreten, wo der Radfahrer in die Lage kommt, die Unfall- oder Haftpflichtversicherung des Bundes in Anspruch zu neh- men Sichere 'ich daher ein Jeder für den geringen Jahresbeitrag die Vorteile, die ihm der Bund bietet. Zur AuSkunstSerteilung sind gern bereit: Bundeskas sierer Schloffermeister B. Garten-Pulsnitz, KreiSvertre- ter Malermeister K. Zimmermann-PulSnitz und Be- zirkSvertreter Töpfer W. Thomschke-PulSnitz. — Rad. fahrer der Lausitz! Schließt Euch dem Lausitzer Rad- fahrerbund an. All Heil! " Bischofswerda (Heimatfest.) Für das im Jahre 1913 hier geplante Heimatfest wird schon jetzt eifrig gerüstet. Ein Programmplan ist bereits entworfen, und' die verschiedenen Ausschüsse sind gebildet worden. Im Mittelpunkte des Heimatfestes, daS in den Tagen vom 7. bis 9. Juni 1913 stattfinden soll, wird die Aufführung eines vaterländischen Festspieles stehen, das die Zeit der Befreiungskriege darstellen soll. Dresden. (Der Dresdner Karneval) nach rheinischem und Münchner Muster nimmt infolge des Entgegenkommens der Aufsichtsbehörden größere Di mensionen an, die bereits diesmal wirtschaftlich nicht zu unterschätzender Bedeutung sind. Am Sonnrag und Montag sah man aus den Straßen und in den Anlagen be reits allerhand „närrisches Volk" seine Kurzweil treiben. Den Höhepunkt erreichte das harmlos tolle Treiben heute, an welchem Tage große Umzüge und Festlich keiten aller Art stattfanden. Vormittag traf Prinz Karneval aus München in Elbflorenz aus dem Haupt bahnhofe ein und wurde dort von seinen Dresdener Untertanen großartig empfangen. Nachmittag durch zog er mit seinem Volte drei Stunden lang die Stadt. 8, Chemnitz, 20. Februar. (Chemnitzer Ge frierfleisch und der deutsche Fleischer verband.) Gegen die Einfuhr von Gefrierfleisch sei- tenS der Chemnitzer Fleischer-Innung nimmt der Vor stand des deutschen Fleischer-Verbandes Stellung und gibt seiner Meinung über dieses CH mnitzer Experiment, das nach der Bekundung des Fleischer. Obermeisters Kükelhayn in Chemnitz sehr gute Resultate gezeitigt hat, in folgendem Ausdruck: „In der vorwöchentlichen Versammlung der Fleischer - Innung zu Chemnitz ist beschlossen worden, eine weiters Sendung gefrorener Hammel von 100 Stück zu bestellen, und den Verkauf des Fleisches durch die Mitglieder zu bewirken. Dar Risiko des Bezuges übernimmt die Innung. Dieser Beschluß ist indes quasi gegen den Willen der JnnungS- Mitglieder und unter einem gewissen Druck gefaßt worden und darf deshalb nicht falsch gewürdigt wer. den. Außerdem aber begegnet er prinzipiellen Beden, ken. Solange der deutsche Fleischerverband an dem Grundsätze festhält, daß in erster Linie die Lebend vieheinfuhr, im Notfalls die Einfuhr von frischem Fleisch erweitert werden soll, in allerletzter Linie aber erst dir von Gefrierfleisch, steht e§ einer einzelnen Innung nicht zu, eigene Experimente zur Verwirrung der Allgemeinheit einzuleiten. Wir können nicht ver langen, daß unsere Bestrebungen ernst genommen wer den, wenn Uneinigkeit im eigenen Lager auftritt. Deshalb ist das Chemnitzer Experiment nur zu miß billigen und wir hoffen, daß es keine Nachahmung findet." Zittau, 20. Februar. (Verhafteter Mörder.) Am Sonnabend ist hier ein früherer Student verhaftet worden, der in dem Verdacht steht, der Mörder der Familie Schulze in der Alten Jakobstraße in Berlin zu sein. In seinem Besitze wurden zahlreiche Gold sachen, Uhren und Ringe gesunden, die er in Zittau zu verkaufen versuchte und die jedenfalls aus dem Laden des Juweliers Schulze stammen. SSchslsÄAsr Landtag. Dresden, 19. Februar. (Zweite Kämmens Zunächst wer den die Kapitel 73 bis 80 des Rechenschastsberichts für 1908/09 mit den Etatsüberschreitungen nachträglich genehmigt. Bei Titel 15 des außerordentlichen Etats für 1912/13, der hierauf zur Schlußberatung steht, werden als dritte und letzte Rate für den zweigleisigen Ausbau der Linie Dresden—Elsterwerda 885000 M nach der Vorlage bewilligt. Es folgt die Schluß- beratung über Titel 25 des außerordentlichen Etats, die An lage des Bahnhofs Plauen-Chrieschwitz detr. Abg. Günther (Fortschr. Vp.) erstattet den Bericht der Finanzdeputation 8 und beantragt, die geforderte dritte Rate von, 120 000 M nach der Vorlage zu bewilligen und sich mit der Deckungsfähigkeit mit Titel 26 des außerordentlichen Etats einverstanden zu er- klären. Das Haus beschließt einstimmig antragsgemäß. Ferner beschließt das Haus einstimmig, bei Titel 31, Kapitel 16 des ordentlichen Etats die angefordsrten 694 000 M zur Erweiterung des Bahnhofs Riesa zu genehmigen. Es folgt die Schluß beratung über die um Erbauung einer vollspurigen Eisenbahn von Cunewalde nach Löbau eingegangenen Petitionen. Abg. Rentsch (Kons.) beantragt als Berichterstatter, die Petitionen der Regierung zur Erwägung zu überweisen. Im Laufe der Debatte betont Staatsminister v. Seydewitz: Der tzstaat kenne keine unbilligen Forderungen an die Gemeinden, jedoch wür- den neben dem Areal auch noch bare Baubeiträge verlangt. Die unentgeltiche Beschaffung des Areals biete übrigens der Re gierung den besten Maßstab für die Bedürfnisfragc. Der Minister bestätigt, daß die Regierung eine Denkschrift ein- bringen werde, in der die Ansprüche der Gemeinden zur Er bauung von Bahnen und Beseitigung von Niveauübergängen geregelt werden würden. Das Haus beschließt sodann antrags gemäß, die Petitionen zur Erwägung zu überweisen. Den Bericht" über die Petitionen des Komitees für Erbauung einer Eisenbahn von. Borna über Laustgk mit Anschluß an die Leipzig—Dresdner Linie erstattet der Abg. Nitzschke-Leutzsch (Natl.). Die sofortige Erbauung dieser Bahn sei wegen Er schließung der Braunkohlenfelder dringend notwendig. Er be- antrage namens der Deputation die Ueberweisung der Vor lage an die Regierung zur Erwägung. Staatsminister von Seydewitz: Die Regierung verkenne keineswegs, daß das Vahn- projekt für gewisse Interessentenkreise von großem Vorteil sein würde. Andererseits habe die Rentabilitäisberechnung ergeben, daß diese Bahn nicht nur keine Rente abwerfen, sondern nicht einmal die Betriebskosten decken würde. Hierauf wird die Petition des Komitees um Verbindung der Flöhatalbahn mit der Muldentalbahn nach kurzer Debatte nach dem Anträge der Deputation, soweit es sich um den Bau der Strecke Neuhausen bis Neuwermsdorf handelt, der Regierung zur Erwägung über wiesen, im übrigen aber auf sich beruhen gelassen. Die Pe tition der Stadträte und Stadtverordneten zu Reichenbach und Genossen, betr. die Erbauung einer normalspurigen Transversal bahn in der Richtung Neichenbach—Eibenstock—Lande-grenze beantragt Abg. Merkel (Wildliberal) auf sich beruhen zu lassen. Verschiedene Redner treten für die erbetene Bahn ein. Ge wünscht wird direkte Verbindung des Vogtlandes mit dem Erz gebirge und größere Fahrgeschwindigkeit auf den Nebenbahnen. Staatsminister v. Seydewitz sagt zu, daß auf verschiedenen Nebenbahnen eine wesentliche Erhöhung der Fahrgeschwindig keit in Aussicht stehe. Der Deputationsantrag wird hierauf einstimmig angenommen. Zur Geschäftsordnung bemerkt der Abgeordnete Sindermann (Soz ), ob der Präsident Kenntnis davon habe, daß regelmäßig nachmittags 5 Uhr die Finanz deputation 8 Sitzungen abhalte, wodurch die Fraktionssitzungen beinträchtigt würden. Er bitte den Präsidenten, für Abhilfe zu sorgen. Präsident Vage! erklärt diesen Wunsch für berechtigt. Es habe eine gemeinsame Beratung der Deputationsvorsitzen den stattgefunden, in der beschlossen wurde, gewisse Nachmittage entweder für die Schuldeputation oder für die Fraktionssitzungen freizuhalten. Er bitte, diesem Beschluß gemäß zu handeln. Nächste Sitzung morgen vormittag 11*/? Uhr. Auf der Tages ordnung stehen die sozialdemokratischen Anträge betr. Arbeiter schutz und Aufhebung der revidierten Gffindeordnung.' AiniMHsbilNr ans dm Reichstage. Sitzung vom 17. Februar. Die zweite Rednergarnitur ist an der Reihe. Zuerst hatte Herr Ledebour Gelegenheit, sein Herz auszuschütten und er tat es gründlich, fast 3 Stunden sprach er und mehr als einmal ging sein Temperament mit ihm durch, so daß er sich Ordnungs ruf auf Ordnungsruf zuzog Zum Glück präsendierte Herr Kaempf; es wäre ein eigenartiger Anblick gewesen, wenn er von seinem eigenen Parteigenossen, Scheidemann, zurechtgewie sen worden wäre. Herr Ledebour zoa insbesondere gegen den Reichskanzler wegen seiner gestrigen Rede zu Felde, aber auch Gras Posadowsky bekam etwas auf den Hut, ebenso die Lei tung unserer Außenpolitk, wobei Worte der schärfsten Tonart fielen. Die Angriffe gaben Herrn v. Kiderlen-Waechter Veran lassung, auf dem Plan zu erscheinen. Er genügte zuerst einer internationalen Courtoisie, indem er die vom Vorredner erfolg, ten beleidigenden Worte gegenüber der russischen Regierung zurückwies. Dann beschäftigte sich der Staatssekretär in einer etwas längeren Darlegung, als man sie sonst von ihm gewohnt ist, mit'der Marokkofrage, speziell ging er oft auf die etwas mysteriöse Frage der Konferenzen mit den alldeutschen Führern ein, indem er den Tatbestand nach Möglichkeit aufzuklären suchte und vor allem den Vorwurf zuruckwies, daß er zuerst die Alldeutschen aufgehetzt hätte, mit der Erklärung, daß Deutsch land einen Teil von Marokko nehmen müßte, um dann mutig zurückzuweichen. Herr v. Kiderlen-Waechter betonte mit allem Nachdruck, daß eine, derartige Aeußerung niemals von seiner Seite gefallen sei, wenngleich er zugab, daß er den Alldeutschen Material gegeben haben, um gegenüber dem französischen Chau vinismus als Gegenantwort zu veranstalten. Nach ihm rech nete Herr v. Gröber mit dem Reichskanzler ab, dem er vorhielt, daß er auf der einen Seile die Parteien einigen wolle, auf der anderen den Zankapfel der Erbschaftssteuer hineinwarf. Zum Schluß kam noch, nachdem der neue Kolonialsekretär Dr. Solf seinen Erlaß über die Mischlinge in Samoa verteidigt hatte, Staatssekretär Wermuth, der gegen die Stellung des Zentrums gegen die Erbschaftssteuer polemisierte. Sitzung vom 19. Februar Im Reichstage sah es heute nicht aus, als ob es sich um die erste Etatslesung handle. „Stellt auf den Tisch die duf tenden Reseden." Vor dem Sitze des Präsidenten Kaempf prangt ein großer Blumenstrauß, den die Schriftführer ihm zum 70. Geburtstage gestiftet haben, und freundlich dankt Herr Kaempf für diese Ehrung. Zu Beginn der Sitzung hatte man eine kleine Sensation erwartet, indem man der Ansicht war, daß der Präsident von der Ablehnung der Audienz durch den Kaiser Mitteilung machen würde, aber nichts dergleichen geschah. In der Debatte selbst befaßte man sich wiederum mit dem Streit zwischen links und rechts. Den Auftakt machte der kon servative Redner von Putlitz, der den Liberalen vorwarf, Schrittmacher der Sozialdemokratie zu sein. Von weitgehender Bedeutung war die im Namen seiner Partei gegebene Erklä rung, daß diese nach wie vor gegen die Erbschaftssteuer stim men werde. Als Antipode tam der in den letzten Tagen so viel genannte Nationalliberale Paasche, der mit selten dage wesener Schärfe gegen die Konservativen sprach und ihnen den Vorwurf der Sckrittmacherei für die Sozialdemokratie zurück gab, indem er ihnen vorhielt, 12 Mandate den Sozialdemo kraten zugeschanzt zu haben. Dann ging er auf die Präsi dentenwahl ein und wandte sich namentlich gegen Herrn von Pethmann Hollweg wegen dessen Aeußerung über die Präsi- dentenwahl Ihm schloß sich der Fortschrittler Gothein an, der gleichfalls sein Rößlein gegen die Rechte tummelte. Die sechste Stunde war längst hcreiugebrochen, als der heute im Hause anwesende Reichskanzler sich erhob, uni Lie gegen ihn erhobenen Vorwürfe zurückzuweisen. Er habe nur gesagt, daß die Libe ralen sich nach links entwickelt hätten und das sei sein gutes Recht. Zum Schluß läßt der Kanzler noch erneut den Sammel ruf ertönen und warnt die Parteien, sich noch weiter zu ent zweien; es sei sein sehnlichster Wunsch, daß man sich wieder zusammenfinden möge, um .eine Politik der mittleren Linie zu treiben. Nachdem noch Herr Bebel in einer persönlichen Be merkung die Nachricht dementiert hatte, daß der sozialdemokra tische Vizepräsident bereit sei, zu Hofe zu gehen um ev. das Kaiserhoch auszubringen, wurde die weitere Debatte auf mor gen vertagt- Ssnsral - Versammlung Qes vunvss Qer LanOwirts. Berlin, 19. Februar. Zum zweiten Male hielt der Bund der Landwirte heute seine große Heerschau im Sportpalast in der PorSdamer Straße ab. Auf dem Vorhof ist eine förmliche Ausstellung landwirtschaft licher Maschinen eröffnet, die mit Hilfe elektrischer Kraft und einer Lokomobile im Betrieb gezeigt werden. Ge gen 1 Uhr eröffnet der Vorsitzende des Bundes vr. Roesicke-GörSdors die Versammlung. Er wird lebhaft begrüßt, als er seine Rede wie folgt beginnt: Der Bund der Landwirte zeigt sich in ungeschwächter Kraft. (Bravo!) Er macht, wenn man die Versamm lung überblickt nicht den Eindruck als wenn er am Boden liege. (Nein, nein!) Die Wahl ist vorüber, aber Siegesfrsuds konnten nach dieser Wahl nur die Sozialdemokraten empfinden. (Pfui!) Ohne Zentrum und Sozialdemokratie kann jetzt kein Gesetz im Reichs tag gemacht werden. Dia Liberalen sind zu einer Trabantentruppe der Sozialdemokratie herabgesunken. Schon zählt der Reichstag zu einem Viertel Sozial- dsmokratsn und wieviel verkappte mag es noch geben! Der Reichskanzler ist im. Irrtum wenn er glaubt, die Macht der Sozialdemokratie werde schwinden, wenn sie zu Taten übergeht. Bei Zeiten müßte dieser Macht entgegengetreten werden, ehe es zu spät ist (Sehr rich tig!) Der Pionier der Umsturzpartei ist der Hansa- bund, dessen Führer zur Umgebung des Kaisers gehö- ren. Wir sagen mit Herrn von Dldenburg: Uns ist der Kaiser nicht eine Einrichtung Uns ist er sine Person. (Stürmischer Beifall!) Wir sind der Schutz der Krons. Wir wollen cs bleiben. Der nächste Red ner ist Freiherr von Wangen heim (Klein-Spie gel). Lebhaft sind die Verluste zu beklagen, die wir erlitten, und wir müssen versuchen, sie wieder einzu- bringen. Wir halten den Liberalen zu sehr getraut und nicht gewußt, daß sie für die Sozialdemokratie so rückhaltSIoS kämpfen werden. Redner stellt fest, daß sich der Zolltarif bewährt hat. Die Nationalliberalen -leisten den Sozialdemokraten Vorspanndisnste Herr Bassermann ist schon längst als der Totengräber der Partei bezeichnet worden. Beim Wahlkampf haben jüdisches Geld und jüdische Presse in einer Weise ge wirkt, daß ein neuer, wenn auch idealer Antisemitis mus zu erwarten ist. Es ist nicht zu leugnen, daß eine große Erbitterung Platz gegriffen hat Wenn die neuen Steuern kommen, von denen man spricht, so sind wir zu jedem Opfer bereit, aber wir erwarten, daß diese Opfer von den Lebenden und nicht von den Toten gefordert werden. (Stürmische Zustimmungen) Von lebhaften Zurufen begrüßt, nimmt jetzt Or. Died rich Hahn das Wort: Die politische Lage wird durch zwei Pole gekennzeichnet: durch die Sozialdemokratie und durch die Herrschaft der mobilen Kapitals. Red- ner kommt dann auf die Steuerpolitik zu sprechen und führt aus: 400 Millionen indirekte Steuern haben wir mithelfen müssen, dem Reiche darzubringen, und nun bei den letzten Wahlen habe man den Buckel hin gehalten und Hobe sich verhauen lassen. (Heiterkeit und Beifall.) Als während der weiteren AuSfüh un- gen vr. Hahns antisemitische Aeußerungen laut wur den, bittet er derartiges zu unterlassen. Man würde gegnerischerseits derartige Rufe dazu benutzen, um diese imposante Versammlung als antisemitische Radauver- sammlung zu kennzeichnen. Nunmehr ergreift Herr von Oldenburg-Januschau daS Wort. ES dauert geraume Zeit, bis die stürmischen Begrüßung-- rufe sich gelegt haben und er beginnen kann: Ich habe bereits im vorigen Jahre prophezeit, daß mancher von uns auf dem Wahlfelde bleiben werde. Aber ich habe auch vorausgesagt, daß der Bund der Landwirte mit blankem Schild, die Gegenspitze gehen die Sozialdemo kratie gerichtet, aus dem Kampfe hervorgehen werde, beides ist eingetroffen. Der Wahlkampf war zuge spitzt, zwischen dem liberalen Judentum und der christ lichen Moral. Die Nationallibsralen haben wir einst herausgehauen. Das war eine kolossale Dummheit. Die Sozialdemokraten müssen aus den Vorzimmern der Geheimräte verschwinden. (Stürmische Zurufe.) Herr ».Oldenburg kommt dann aus die Erbschaftssteuer zu sprechen, deren Ablehnung er durchaus gerechtfertigt findet. Herr v. Oldenburg verlangt im weiteren Verlaufe seiner Rcde die Wiederherstellung der Autorität den Be amten gegenüber. Unbekümmert um Gunst oder Un gunst werde der Bund nach wie vor seine Schuldig keit tun. Er werde dem Umsturz Einhalt zu grbieten suchen und jetzt, da es heiße, Königtum oder Sozial- demokratie, jetzt, wo für Mittelparteien kein Raum mehr ist, werde der Bund sich erheben mit dem Ruse: Gott, Kaiser, Vaterland, Nation. (Stürmische Zurufe auf Herrn v. Oldenburg.) Es folgt nunmehr die Dis- kussion aus der Bemerkenswertes nicht zu berichten ist. Schließlich gelangte nachstehende Resolution zur An nahme: „Der Bund der Landwirte tritt in ungebroche ner Kraft für den gleichmäßigen Schutz jeder nationa- len Arbeit ein. Er erachtet es gerade jetzt für beson ders wichtig, das deutsche Volk mit seiner Versorgung mit Fleisch und Brot vom Auslande immer unabhängi ger zu machen und zu erhalten. Hierzu bedarf es des Schutzes der landwirtschaftlichen Produktion einschließ lich des deutschen Futterbaues und der deutschen Gärt- nerei. Die Resolution verpflichtet sich weiter, für ein Eintreten der Bundes für den kaufmännischen und ge werblichen Mittelstand und fährt dann fort: Der