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Rr. 1. Pulsnitzer Wochenblatt. — Dienstag, den 2. Januar 1912. Seite 2. Pulsnitz. (Die „EngereVereinigung" vom B. D. H.), Kreisverein Pulsnitz hielt am vergangenen Sonnabend im hiesigen Wolfsaale ihr diesjähriges Weihnachtskränzchen ab. Dasselbe war seitens der Mitglieder und Gäste recht gut besucht. Zur Unter- Haltung trug u. a. dis Aufführung des reizenden Weih nachts-Lustspiels: „Tantchens Weihnachtskiste, oder: Perle Meier" viel bei. Sämtliche Darsteller waren wacker auf den Posten und ernteten für die flotte und gute Wiedergabe reichlichen Beifall. Hierauf folgten in den Tanzpausen noch einige humoristische Vorträge, welche ebenfalls sehr beifällig ausgenommen wurden. Den Beschluß des Vergnügens bildete eine Verlosung, welche manchem Teilnehmer noch zu einem glücklichen Gewinne verhalf. Auch dieses Vergnügen nahm wie der einen prächtigen Verlaus und dürfte allen lange in bester Erinnerung bleiben. Pulsnitz. (Das Jahr 1912 ist wieder ein Schaltjahr), d. h. der Monat Februar hat in die- sem Jahre nicht 28, sondern 29 Tage. DaS Jahr 1912 ist nach der Zeitrechnung der Septuaginta das 7646ste, nach der Zeitrechnung der griechischen Kirche das 7420ste, nach der julianischen Zeitrechnung da» 6625ste und nach der jüdischen Zeitrechnung das 5672ste. Alle diese Zeitrechnungen datieren also weiter zurück als die christliche. Das Jahr 1912 ist ferner das 1H2ste seit der Gründung des römischen Reicher deutscher Nation, das lO69ste seit der Gründung der deutschen KönigStume» durch den Vertrag von Verdun, da- 532ste seit der Erfindung der Schießpulverr, dar 472ste seit der Erfindung der Buchdruckerkunst, dar 395ste seit Lutherr Reformation, dar 2l4ste seit der Erfindung der Dampfmaschine, das 46ste seit Grün- düng des norddeutschen Bundes, dar 4lste seit Grün dung des neuen deutschen Reicher, das 26ste seit An tritt der Regierung der Prinzregenten Luitpold, das 24ste seit Antritt der Regierung Kaisers Wilhelm II., da- 22ste seit Antritt der Regierung des Fürsten Günther von Schwarzburg-Rudolstadt, dar 2lste seit Antritt König- Wilhelm ll. von Württemberg, das 20ste seit Antritt der Regierung Großherzogs Ernst Ludwig von Hessen, dar 15te seit Antritt der Re gierung GroßherzogS Friedrich Franz von Mecklenburg- Schwerin, das 12te seit Antritt der Regierung Groß herzogs August von Oldenburg und des Herzogs Karl Eduard von Sachsen-Coburg-Gotha, das Ute seit An tritt der Regierung GroßherzogS Wilhelm Ernst von Sachsen - Weimar. Eisenach, da- 8te sert Antritt der Regierung Königs Friedrich August von Sachsen und der Herzogs Friedrich ll. von Anhalt, das 4te seit Antritt der Regierung Großherzogs Friedrich von Baden und Herzogs Ernst ll. von Altenburg. — (DaS Jahr 1912) bringt uns Ostern um 8 Tage früher als im Vorjahre. Im Vorjahre fiel es auf den 16. April, in diesem Jahre fällt er aus den 7. April. Pfingsten fällt demgemäß auf den 26. Mai. FastendienStag fällt aus den 20. Februar, Himmelfahrt auf den 16. Mat. Bischofswerda. (Erhöhung des Zinsfuße- abgelehnt.) In der letzten Stadtverordnetensttzung wurde ein Antrag des SparkaffenauSschuffeS aus Er höhung des Zinsfußes für SparkaffMeinlagen von 3 auf 3,3 Proz. einstimmig abgelehnt. Genehmigt wurde eine Vorlage, nach der 6- bi- 7000 Quadrat meter städtisches Areal an der BelmSdorfer Straße zum Preise von 40 Pfg. pro Quadratmeter an eine Magdeburger Firma zur Errichtung einer Maschinen- fabrik bedingungsweise verkauft wird. Bautzen. (Die Stiftung) des am 4. Sept. v. I. verstorbenen Stadtverordnetenvorstehers Rechtsanwalts Clemens Drache, die der Stadt nach der letztwtlligen Verfügung des Erblassers zufällt, beträgt nach Abzug aller Lkgutr und sonstigen Stiftungen 47 579,34 M. Hie ist zur Errichtung einer Dienstbotenstistung, einer Wöchnerinnenstiftung und eines Verschö'."'— .gssonds bestimmt. — Der Direktor der städtischen Elektrizitäts werkes hatte zu Zeiten ungünstiger Konjunktur große V-^sten elektrischer Leitungskader angekaust und sie bei steigender Konjunktur wieder verkauft. Hierdurch und durch das Anziehen der Kupferpreise erzielte die Stadt einen erklecklichen Reingewinn, der sich bis jetzt auf 107 564 Mark beziffert. Dresden. (Der NeujahrStag am König, lichen Hofe wurde in der üblichen festlichen Weise durch GlückwünschungScouren und glänzende Abend« gesellschaft begangs r. Den Festtag-leitete eine Morgen- musst ein^te Se. Majestät dem König vor den Ge mächern der ersten Etage des ResidenzschloffeS von den Königlichen Hostron ^'dargebracht wurde. Von »/.io Uhr ab nahm die Neujahrsglückwünsche der Oberhofmeisterin c-». König!. Hofe Frau v. d. Ga- belentz-Linsingen und der Herren des früheren Dienste- sowie der katholischen Geistlichkeit und des König!. Leibarztes entgegen und wohnte später dem Gottes- dienstr in der katholischen Hofkirche bei. Mittag» folg- ren die großen Glückw:' schcouren in den Parade- sälen des Residenzschloff zu denen der Königl. Hof Gala angelegt hatte. Im Vestibül und aus der nach den Empfangsräumen führenden Haupttreppe paradier- ten Livreediener. Eine Paradewache de» Gardereiter regiments hatte im Vorzimmer zur französischen Ga- lerie in der 2. Etage Ausstellung genommen und er wies den ankommenden Herren die Honneurs. »/.1 Uhr trafen die ersten Gratulanten im Residenzschloffe ein. Hier empfifig Se. Majestät zunächst en cercle die Herren StacÄSminister, die Herren des diplomatischen Korps und § die am Königlichen Hofe vorgestellten fremden Kavälliere und weiter die Mitglieder des Gesamthau- seS Schönburg und des gräflichen Hauses SolmS-Wil- denfelS. Afldann wurden die Mitglieder der beiden Ständekarmfiern in den Tyronsaal etngeführt und von Sr. Majestät ebenfalls en cercle empfangen. Weiter folgte eine militärische Abordnung, bestehend aus dem Krieg-Minister, den Vertretern der Kommandierenden Generale der beiden sächsischen Armeekorps, den Kom- mar.deuren,deS Leib-Grenadier-RegimentS, des Garde reiter-Regiment», de» 18. Husaren-Regiment», der Feld- artillerie-Regimenter Nr. 12 und 32 und der Leibkom- pagnir. Mit den am Königl. Hose vorgestellten ein- heimischen-,Herren vom Zivil sowie den Herren Mili- tärS z. D. und a. D., deren Versammlung im Bankett- und im großen Ballsaale stattgefunden hatte, begann die Destliercour, in der */,2 Uhr die Generalität und die Abordnungen der OfftzierkorpS folgten, die sich in der sogenannten Reitschule versammelt hatten. Dresden, 29. Dezember. (Ritter deSMilitär- St. Heinrich-Ordens), der höchsten militärischen Auszeichnung für die sächsische Armee, sind im Jahre 1911 3 gestorben: General der Infanterie v. Montbe am 28. Jänuar, Oberst Schreiber am 10. Dezember und Oberstleutnant Bucher am 25. Dezember. Am Le ben befinden sich noch 25, aus dem Jahre 1866 6, aus dem JahÄ 1870 14, au» dem Jahre 1871 5, darunter Yen beste VnettpunlU tÜN 1H12 ist für Inserate jeder Art da» Pulsnitzer Wochenblatt :: :: denn in dem großen Leserkreise treffen sich :: :: üMbotun-Dacktpage der älteste Veteran der Armee überhaupt, Generalleut, nant ÄaBcky, 88 Jahre alt. Im Jahre 1901 kam noch Rittmeister Kirsten hinzu, im Jahre 1905 folgt« der Kgl. Flügel-Adjudant Oberstleutnant Meister. — Von ehe- maligen Osfijieren der Kgl. Sächs. Armee trugen am Jahresschluß 1911 noch 7 das Eiserne Kreuz l. Klaffe. ES sind "dies die Generäle der Infanterie Wilhelm v. Minkwitz, und Erwin v. Treitschke, die Generalleutnants Bartcky und Eduard Kirchhoff, Generalmajor Johann v. Friesen- und Oberstleutnant v. Wurmb. Im Laufe des Jahres sind heimgegangen die Generäle der In fanterie v. Montbe und der Kavallerie v. Kirchbach, seit dem Jahre 1900 überhaupt 16. z TagsssssÄZSMw. Deutsches Reich. Berlin. (NeujahrSem- psänge.) Der Beginn der NevjahrSfeier am kaiser. lichen Hofe bildete auch in diesem Jahre das große Wecken auf dem inneren Schloßhofe. Die Musiker marschierten dann zum Brandenburger Tor hinunter, Der Kaiser und die Kaiserin trafen um 91/4 Uhr hier ein, vom Publikum mit Hurrarufen begrüßt. . Die Abordnung der Halloren in ihrer historischen Tracht hatte sich inzwischen im Schlöffe eingefunden. Der Kaiser empfing 9^/, Uhr den Kommandierenden Ge neral des 18. Armeekorps, General der Kavallerie v. Eichhorn, und den Generalkapitän der Kavallerie v. Scholl. Beiden verlieh der Kaiser den Schwarzen Adlerorden. In der Schwarzen Adlerkammer nahm das Kaiserpaar die Glückwünsche des königlichen Hau ses entgegen, im Kapitelsaal die der Hofstaaten. Um lO^jUhr begann in der Schloßkapelle der feierliche Gottesdienst. Hier versammelten sich u a. der Reichs kanzler v. Bethmann-Hollweg, die Minister, Staats, sekretäre, Generale, Admirale und andere Würdenträ- ger. Der Kaiser in Generalsuniform mit dem Bande des Schwarzen Adlerordens und der Kette des HauS- orden- der Hohenzollern, führte die Kaiserin. Ober. Hofprediger Ör. Dryander predigte über den Text Buch Josia 3, VerS 10: „Ihr soll! merken, das ein leben- dtger Gott unter Euch ist" Den Spruch hatte der Kaiser selbst ausgewählt. Die Feier wurde mit dem niederländischen Dankgebet geschloffen. Nach dem Gottesdienst begab sich das Kaiserpaar nach dem Wei- ßen Saal zur Entgegennahme der G'mtulationrdefilie» cour. "U»j 12 Uhr 45 Minuten begab sich der Kaiser, begleitet von den Prinzen und den Herren de» Hauptquartiers, zu Fuß nach den Zeughause. In der RuhmeShalle des Zeughauses wurde die Nagelung der Fahne der 2. westpreußischG Fußartillerie Regt- mentS Nr. 17 (Danzig und Pillau) vorgenommen, der die feierliche Fahnenweihe im Lichthof folgte. Die Parole lautete wie immer Königsberg-Berlin. Gegen 2 Uhr nahm der Kaiser vor dem Zeughause den Vor beimarsch der Ehren-Kompagnie und der Salutbatterie entgegen. England. London, 1. Januar. (Internen- tton in der englischen Textilindustrie.) Im Namen der Regierung hat Str Georg Asquith vom HandelSamte in dem Konflikt zwischen den Tex tilarbeitern und den Fabrikbesitzern von Lancashire interveniert. DaS Eingreifen erfolgte ohne daß eine der beiden Parteien um Vermittlung gebeten hätte. As- quith sandte ein Schreiben an die Vertreter beider Parteien, obwohl diese im Voraus erklärt hatten nicht nachgeben und auch keine Vermittelung annehmen zu wollen. Türkei. Konstantinopel, 1. Januar. (Die tür- kische Krisis beendet.) Die KabinettSkrtsiS ist beendet, Said Pascha wurde wieder zum Großwesier ernannt. Der Groß Kadi von Aegypten Nesfib Effendi wurde zum Scheich ul Islam ernannt. — (Iuristenelend.) . Au» Bayern wird der „Franks Ztg." geschrieben: Bezeichnend für die geradezu trostlose Lage unserer jüngeren Juristen — wenn sie nicht gute Prüfungsnoten haben — ist, daß immer mehr RechtSprakttkanten sogar im nirderen Kanzlei- dienst Unterkunft suchen. So wurden dieser Tage wieder zwei geprüfte RechtSpraktikanten als Sekret«. riatS-Asststenten angestellt, der niedrigsten Klaffe im Kanzleidienste, mit 1200 M Gehalt. Neueste direkte Meldungen von Hirsch's Telegraphischem Bureau. Berlin, 2. Januar. (Zu den BerlinerMas- senvergistungen.) Dem Htrschschen Telegraphen. Bureau wird darüber mitgeteilt: Nachdem in der Desti. lation von Isaak festgestellt worden ist, daß dortselbst Methylalkohol anstatt Branntwein verkauft wurde, ist da» Lokal polizeilich geschloffen worden. Der Lieferant desselben, der Drogist Scharman in Charlottenburg, wurde am Sonnabend verhaftet und ist der Staat», anwaltschaft wegen Betrugs und wegen Vergehen» ge gen das Nahrung-mittelgesetz zugeführt worden. Er wurde in Hast behalten. ES ist festgestellt, daß in der Destillation von Isaak einwandfreier Sprit verkauft wurde und erst zu den WeihnachtSsetertagen der Met hylalkohol von dem Drogisten bezogen worden ist. Demnach neigen jetzt die Aerzte de» Asyl- der Ansicht zu, daß die Vergiftungen lediglich auf den Genuß von Methylalkohol zurückzuführen sind, während die Aerzte de- Krankenhäuser Friedrich-Heim sich noch nicht zu dieser Ansicht bekennen. Geheimrat Gaffky, derDirek- tor de» königlichen Instituts für Infektionskrankheiten steht noch immer aus dem Standpunkte daß er sich um baktereologische Infektion handele. Rom, 2. Januar. (Verdächtige Türken.) „Tribuna" lenkt in einem Artikel die Aufmerksamkeit französischen Behörden auf da- Verhalten gewißer tür kischer Persönlichkeiten, die sich in Nizza sowie anderen Städten des Departement Alpe» mariteme- befinden und die sich speziell mit der Entsendung von Geld und Munition an die türkischen Truppen in Tripoli- tanien beschäftigen. Das Blatt behauptet, Beweise zu besitzen, welche diese Angaben bekräftigen. Paris, 2. Januar. (Hauptmann Lux in Paris.) Wi« „Echo de Pari»" berichtet, wurde Haupt mann Lux von französischen Journalisten gestern be stürmt, ihnen Mitteilungen über seine Flucht nuS der Festung Glatz zu machen. Er weigerte sich jedoch, ihnen ein Interview zu gewähren und bat sie nur, die Meldung energisch zu dementieren, wonach er aus Ehrenwort Gefangener in Glatz gewesen sei. Im „GauloiS" nnd „Echo de Paris" wird an die Bevöl kerung ein Aufruf gerichtet, Geld zu spenden, damit dem Hauptman ein Kunstwerk, das Elsaß-Lothringen darstellen wird, überreicht werden könne. Görlitz, 2. Januar. (Arbeiteraussperrung.) In der hiesigen Waggonfabrik sollen heute 2000 Ar- bester wegen Lohndifferenzen in der Lackiererei auS- gesperrt werden. Konstantinopel, 2. Januar. (Zur Lage in Per sien,) x Nach den letzten Depeschen, die bei der hiesigen persisch n Botschaft aus Täbris eingelausen sind, ist die Lage ruhig und die Ordnung wiederhergestellt. Die russischen Truppen des Kaukasusbezirkes, die Be- fehl erhalten hatten, nach Täbris zu marschieren, er hielten Gegenorder. Auf der persischen Botschaft wird die- mit einer energischen Intervention der Pforte in Verbindung gebracht.