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Pulsnitzer Wochenblatt : 14.12.1911
- Erscheinungsdatum
- 1911-12-14
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- Stadt Pulsnitz
- Digitalisat
- Stadt Pulsnitz
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id1840935979-191112147
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id1840935979-19111214
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-1840935979-19111214
- Sammlungen
- Saxonica
- LDP: Bestände der Stadt Pulsnitz
- Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Pulsnitzer Wochenblatt
-
Jahr
1911
-
Monat
1911-12
- Tag 1911-12-14
-
Monat
1911-12
-
Jahr
1911
- Titel
- Pulsnitzer Wochenblatt : 14.12.1911
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Nr. 149. Pulsnitzer Wochenblatt. — Donnerstag, den 14. Dezember 1911. Seite 2. Kirche hält, wenn nicht rechtlos gemacht, so doch zum mindesten in einem der wichtigsten seiner staatlichen Rechte beschränkt. Dars doch z B. der katholische Geschäfts mann, der Schulden bei einem katholischen Geistlichen einzuklagsn hat, der Bürger, der im Wahlkampf und sonst schnöde Beleidigungen und Ehrenkränkungen von einem Kleriker erfahren hat, das junge Mädchen, das nicht allein tragen mag, was mit ihm ein Priester ver- schuldet hat, dürfen doch alle die sich nicht ohne weiteres ihr Recht an der zuständigen Stelle suchen. Nein, sie müssen erst zum Bischof gehn, um ihn zu bitten, Recht Recht werden zu lasten Und wenn nun der Bischof, besten Amt es ist, die Kirche und ihren Ruf zu schonen, sich weigert, der Gerechtigkeit freien Lauf zu lasten, wie das ungetrübte Rechtsempfinden fordert und die Gesetze es unter Umständen zur Pflicht des Staatsbürgers machen, was dann? Wird's nicht nach dem päpstlichen Gebot ohne weiteres möglich, daß böswillige Schuldner, Be leidiger, Verführer straflos ausgehen oder daß dar Un geheuerliche geschieht, daß der Schuldlose, der sein Recht gegen den Schuldigen sucht, der schwersten Kirchenstrase verfällt? Eine Rechtsverwirrung ohne gleichen könnte somit erstehen, die die schwerwiegendsten Folgen haben könnte, wenn wirklich des Papstes Wille zur Durchführung gelangte. Kein Wunder, daß sich die Presse aller Schat tierungen bis aus das tiefste Schwarz alsbald gegen dieses jüngste Geisteskind des weltfremden, noch ganz mittelalterlich denkenden Herrschers auf dem Papstthron wandte. Nur die ZentrumSpreste warf sich natürlich zu seiner Verteidigung auf, obwohl e§ ihr sichtlich fatal war, gerade jetzt zur Wahlzeit ein solches Ktndlein ihres Gebieters jenseits der Berge schützen zu müssen. Aber was halss! Und so fuhr man zunächst das alte Geschütz auf: Der Erlaß ist eine unkirchliche Gelegenheit! Er legt nur eine überall bestehende Praxis gesetzlich fest! Aber die Schüsse saßen nicht! Da kam der Prophet von Tunterhausen, Matthias Erzberger, auf einen brillanten Einfall: Sonderrechte gibt'S auch sonstwo. Die Ehrengerichte der Offiziere. Dar motu proprio schafft nur etwas AehnlicheS für katholische Geistliche. Aber diese Ausrede mit ihrer von der „Tägl. Rundschau" ge schilderten Konsequenz von Sondergerichten für den Stand der Juristen, der Philologen, der Bäcker, der Fleischer, der Schornsteinfeger, für den ehrsamen Stand der Geld- schrankknacker, der Mädchenhändler usw. — diese Ausrede lehnte selbst die ZentrumSpreste ab. Bis man dann schließlich notgedrungen sich darauf zurückzog, zu erklären: DaS motu proprio gilt nicht für Deutschland. ES kommt nur für die romanischen Länder in Betracht. Ob das der Fall ist, ist noch nicht sicher. Eine authentische Interpretation von Rom liegt, wie auch Staatsminister Or. Beck betonte, noch nicht vor. Sie zu verlangen haben wir ein Recht. Solange sie noch nicht gegeben ist, muß man es annehmen, daß die päpstlichen rechtsverletzenden Bestimmungen auch für Deutschland gelten. ES ist aber schon jetzt unserem Staatsminister von Herzen zu danken, daß er es mit der nötigen Entschiedenheit von vornherein erklärt hat, daß auch für den Fall, daß dar motu proprio für Deutschland Geltung erhalten sollte, e» in Sachsen nie in Kraft treten könne, da er den 88 13 und 15 unseres GertchtSoerfastungSgesetzeS und dem Ar- tikel 48 der sächsischen Versastung-urkunde widerspräche. So find wir in Sachsen also vor den verderblichen Wir kungen dieses Erlasse- bewahrt. Hoffentlich findet auch die Reichrregierung die nötigen entschiedenen Worte, durch ihren Gesandten beim Vatikan, um ein Inkrafttreten dieses Erlasses zu verhindern, der die guten, im Gewissen gebundenen Katholiken nur in einem allgemeinen Recht verkürzt, laue, halbe Katholiken, die sich aus der Ex kommunikation nichts machen, nur zum Lächeln zwingt, gute Priester nur kompromittiert, schlechten nur ihre Schandtaten erleichtert, unser ganzes Rechtsempfinden aber verletzt und untergräbt. Pulsnitz. (Wie wird das Wetter am Sonn tag sein?) Knapp zwei Wochen trennen uns noch vom WeihnachtSsest, vom Winter aber ist noch nicht» zu spüren. Der letzte Sonntag war in einem weiten Ge biet Deutschlands fast ein Frühlingstag zu nennen. Nach teilweisem Nachtfrost und Reif schien die Sonne so schön warm aus uns hernieder, als ob es zu Ostern — statt zu Weihnachten — ginge. Winterliche Witterung ist auch noch nicht in Aussicht, selbst im hohen Norden und Nordosten herrscht nur ein gelinder Frost, sonst wehen über ganz Zentral- und Westeuropa südwestliche bis westliche Winde und deshalb herrscht milde Temperatur, und auch etwas Regenfälle, in Böhmen Schneefälle kamen vor. Da das Heranziehen von Depressionen vom Ozean fortdauern wird, hoher Druck aber über Spanien liegt, so ist eine ernstliche Aenderung nicht bevorstehend, d r Winter wird noch fern bleiben und für Sonntag (ist es nun diesmal der silberne oder goldene?) ist mil des, zeitweise heitere», vielfach wolkige» Wetter und stellenweise etwas Regen zu erwarten. — (Der Kampf gegen die Sozialdemo kratie in Sachsen.) Der Sächsische StaatSminister Graf Vitzthum von Eckstädt hat in der Sitzung der Zweiten Ständekammer de» Sächsischen Landtage» vom 30 November in einer wirkungsvollen Rede der Sozial- demokratie den Fehdehandschuh hingeworfen. (S. Nr. 144 d. Ztg.) Die Ausführungen find zugleich von so allgemeinem In- tereste,daßsichder„ReichSverband gegen dieSozialdemokratie" entschlossen hat, die Rede der Ministers Graf Vitzthum von Eckstädt im Auszugs al» Flugblatt Nr. 146 heraus- zugeben, unter dem Titel „Der Kampf gegen die Sozial- demokratie in Sachsen." DaS Flugblatt ist zu beziehen durch die Hauptstelle des „ReichSoerbande» gegen die So- zialdemokratie", Berlin 11, Destauer Straße 30. — (DaSKaisermanöver1912), da» bekannt lich nördlich und nordöstlich von Leipzig stattfinden soll, wird, wie da» letzte in Mecklenburg, den Kampf zweier Armee-Abteilungen bringen. Die beiden sächsischen Korps, das 12. und 19., führt der Generaloberst Bernhard Erb prinz von Meiningen, das 3. (brandenburgische) und das 4. Armeekorps, das in der Provinz Sachsen, in Anhalt und -in Thüringen steht, wird unter fern General der Infanterie v. Bülow fechten, der zurzeit noch das 3. Korps kommandiert, besten Ernennung zum Generalinspekteur einer Armee-Inspektion jedoch schon im nächsten Normt erfolgen soll. — (Beim nächsten Quartalswechsel) kommt der 2. Januar al» Ztehtag in Betracht, und zwar sowohl bei der Gesindemiete al» bei der Wohnungsmiete. Wer also nicht mit polizeilicher Erlaubnis am Sonntag, den 31. Dezember oder am NeujahrStage umziehen darf, muß seine alte Wohnung am 2. Januar im Laufe deS Vor mittags räumen. Niedersteina. (Viehzählung.) Die am 1. Dezem- hier vorgenommene Viehzählung ergab den Bestand von 48 Pferden, 353 Rindern, 310 Schweinen, 206 Ziegen, 199 hauSschl Zickel. Im Jahre 1910 zählte man 47 Pferde, 361 Rinder, 347 Schweine, 217 Ziegen, 188 hau»- schlachtens Zickel. Bretnig (Einbruch). In der Nacht vom Sonntag zum Montag wurde beim Schuhmacher Herrn Franz Duschek, hier, ein Einbruchsdiebstahl verübt, wobei dem Spitzbuben ein Betrag von 132 Mk. in die Hände fiel. Der Langfinger war durch das Schlafstubensenster in die Schlafstube, in der die Kinder schliefen eingedrungen, hat sich dann in die Wohnstube begeben und aus der darin- befindlichen Komode die erwähnte Summe entwendet. Trotz des Polizeihundes, der sofort von Großröhrsdorf herbeigeholt wurde, konnte noch keine Spur entdeckt wer- den. Jedenfalls ist der Dieb mit den Oertlichkeiten ver traut gewesen. Kamenz. (EtneöffenrltcheBezirksauSschuß- sttzung) fand am 8. d. M. vormittags 9 Uhr im Sitzungs saals der Kgl. AmtShauptmannschast unter dem Vorsitze des Herrn AmtShauptmannS Geh. Regierungsrates von Erdmannsdorf statt. Auf die einzelnen Punkte der Ta gesordnung wurden die folgenden Entschließungen ge- faßt: Genehmigt bezw. bedingungsweise genehmigt wur den die Umbezirkung des Flurstücke» Nr. 3ci des Flur buchs für Großröhrsdorf au» der Flur Großröhrsdorf und Einbezirkung in die Flur Bretnig; die Aufstellung der Tagesordnung für den Bezirkstag; die Abtrennung vom Grundstücke Blatt 239 deS Grundbuchs für Großröhrsdorf — Besitzer: Ernst Bruno Mauksch —; die Abtrennung vom Grundstücke Blatt 45 des Grundbuchs für Ohorn — Besitzer: Friedrich Eduard Weitzmann, Gasthofsbesitzer in Ohorn — unter Dismembrationsbeschränkung und Kon- solidationsbedingung; die Uebernahme bleibender Verbind lichkeiten seitens der Gemeinden Reichenau, Reichenbach und Gräfenhain, die Aufstellung von elektrischen Leitung», masten aus den Gemeindestraßen durch den Stadtrat zu PulSnitz beir.; die Ueberuahrne einer bleibenden Verbind lichkeit seitens der Gemeinde Höckendorf anläßlich der Durchführung eines Wasserlettungsrohres durch den Dors- weg in Höckendorf — AuSsührende: WtrtschaftSbesttzer Ernst Kleinstück und Auguste Pethel in Höckendorf —; Bei derWahlvonSachverständigen für disBezirk-schätzung»- auSschüste (8 9 des Gesetzes, die staatliche Schlachtviehver sicherung vom 2. Juli 1898 betr.), wurden die bisherigen Sachverständigen wiedergewählt, ebenso bet den Wahlen von Sachverständigen zur Feststellung der Entschädigungen für die wegen Seuchen getöteten Tiere. Bei den Wahlen von Sachverständigen für Enteignung-fälle auf da» Jahr 1912 wurden mit einer Ausnahme die vorgeschlagenen Heeren gewählt. Auf die vorliegenden Gesuche um Ab- Haltung von öffentlichen Maskenbällen wurde Genehmi- gung erteilt: dem Gastwirt Johann Fünfack in GroßröhrS- darf (Mittelgasthof) zur Abhaltung eines öffentlichen Mas kenballes am 15 Februar 1912; dem Turnverein (E. V.) zu Bretnig für einen öffentlichen Maskenball am 2. Fe bruar 1912 im Gasthofe zur „Goldenen Sonne" in Bret- ntg. Die Gesuche des Gastwirts Adolf Schreier in Ober lichtenau, der Gasthofsbesitzer Eduard Weitzmann in Ohorn und Paul Menzel in Pulsnitz M. S. wurden abgelehnt. Ein Gesuch des Gastwirts Ernst Höntsch in Mittelbach um Genehmigung zur Abhaltung von Tanzmusik regel mäßig am 2. Sonntag im Monat soll mit den noch zu erwartenden wetteren Gesuchen wieder vorgelegt werden. Kamenz, 13. Dezember. (Typhuserkrankungen.) In mehreren Orten der Umgebung sind neuerdings wie- der Typhuserkrankungen festgeftellt, und zwar in Elstra bei einem dort zugereisten Musikerlehrling aus Radeburg, in Groß grabe bei einem Kinde und in Zschornau bei zwei in^ein und demselben Grundstücke wohnenden Dienstpersonen. Sämtliche Erkrankte fanden im Barm- herzigkettsstift Ausnahme. Ein Grund zu irgendwelcher Beunruhigung liegt nicht vor. Kamenz. (Verschwunden) ist seit einigen Tagen ein in der Schloßbrauerei zu Brauna angestellter Brauer und Reisender. Unredlichkeiten, die er begangen, sollen die Veranlassung dazu sein. Meißen. (Die Einwohnerzahl) der Stadt Meißen betrug nach der Feststellung durch das Einwoh- nermeldeamt Ende November 34146. Freiberg. (Unfall beim Baumfällen.) Im benachbarten Kleinschirma war der Wirtschaftsbesitzer Böhme damit beschäftigt, eine an der Straße stehende große Birke zu fällen. Als man den Baum mit Seilen niederziehen wollte, kam dieser vorzeitig zum Sturz und traf eine rn diesem Augenblick die Straße passierende Frau so unglücklich, daß sie mit zerschmettertem Schädel tot liegen blieb. — (NeueSMeisterstückvomPolizeihund „HarraS".) Der Polizeihund „HarraS" war am 8. De zember nach Riesa geholt worden. ES hatte eine Abtei lung der i. Kompanie des 2. Pioaier-BataillonS Nr. 22 auf dem Schießstande bei Zeithain Schießen gehabt, wo- bei ein Soldat sein Portemonnaie mit etwa 15 Mk. ver loren hatte. Das Portemonnaie mußte ein Angehöriger der Schießabteilung selbst gefunden haben. „HarraS" wurde an Ort und Stelle gebracht und scharrte, nachdem er Witterung erhalten hatte, Geld aus dem Erdboden heraus, das dort vergraben war. Man fand etwas über 12 Mk. vor. Als man noch mit dem Sammeln des Gel des beschäftigt war, brachte „HarraS auch das fehlende Portemonnaie zur Stelle, daS er ebenfalls in der Nähe au- dem Erdboden hervorgewühlt hatte. Als die Mann schaft der fraglichen Schießabteilung angetreten war, sprang „HarraS" an einem Soldaten der Abteilung wiederholt in die Höhe und bellte ihn an. Der Verdächtige leugnete zwar noch, aber ein Unteroffizier entsann sich, daß er die- sen Soldaten an der Stelle, wo daS Geld vergraben war, hatte stehen sehen. Er hatte geglaubt, dieser hätte dort ein natürlicher Bedürfnis verrichtet. Zudem versicherte auch ein anderer Soldat, daß der Verdächtige ein Porte monnaie vom Erdboden aufgehoben habe, daß er aber ge glaubt habe, das sei deNen Eigentum gewesen. Der Ver- dächtige hatte aber während des Schießens seinPortemonnaie nicht bei sich, sondern in der Kaserne im Schranke ein geschlossen gehabt. — (Nicht wiedergewählt) wurde der bisherige Bürgermeister Kahlenberger deS StadtgemetnderateS Wilsdruff. Säcksiscksr Landtag. Dresden, 12. Dezember. Auf der Tagesordnung der heuti gen Sitzung der 2 Kammer steht als einziger Verhandlungsgeg en stand die von dem nationalliberalen Abg. Nitzschke (Leutzsch) und vr. Zöphel sowie Gen. eingebrachte Interpellation: Was gedenkt die Kgl. Staatsregierung zu tun, um das sächsische Schulwesen vor den Wirkungen des Modernisteneides zu schützen und welche Stellung gedenkt sie dem jüngsten päpstlichen Motu Proprio ge genüber einzunehmen? Auf die Frage des Präsidenten ob die Kgl. Staatsregierung geneigt sei, die Interpellation zu beantwor ten, erklärte sich der Staatsminster vr. Beck hierzu bereit. Abg. Nitzschke begründet die Interpellation und führte u. a. aus: Außer den unerfreulichen Ereignissen auf politischem Gebiete hätten vor allem die Vorstöße des päpstlichen Stuhls die Gemüter in Deutsch land erregt und es müsse auch zugeaeben werden, daß die Barro- mäus-Encyklika als eine Beleidigung der Reformation und der deutschen Fürsten, die ihr angehören, aufgefaßt werden müsse. Was den Modernisteneid anlange, werde zwar allgemein behaup tet, er ginge den Staat und die Nichtkatholikeu nichts an, aber die Interpellanten seien anderer Meinung und ständen auf dem Stand punkte, daß die katholische Kirche, wDin sie eine solche Einrichtung treffe, eine Kluft zwischen der erakken geistigen Forschung und dem freien Gewissen auftue. Außerdem sei wohl zu beachten daß die Lehrer als Staatsbeamte keine Verpflichtung übernehmen dür fen, die gegen das Staatsinteresse verstoße. Wir erbitten von der Regierung Antwort darüber, ob Lehrer, die den Antimodernisten eid geleistet haben, an unseren Schulen unterrichten und nur in welchen Fächern. Auf jeden Fall verlangen wir, daß der Unter richt auf den Religionsunterricht beschränkt bleibt. Der motu prob- rio-Erbaß hat ebenso große Aufregung verursacht. Durch ihn wird die Grundlage unseres Rechtsfriedens und unserer Rechtssicherheit gefährdet, wenn der Erlaß, entgegen anderen Auslegungen auch für Deutschland berechnet ist. Er ermöglicht ein Vertuschungssy stem, zu dem die verantwortlichen Staatsbehörden nicht schweigen dürfen, wenn sie nicht freiwillig ein bedeutendes Stück ihres Rech- tes aus der E>and geben wollen. Die deutschen Negierungen müs- sen vom Papste verlangen, dah er klar erkläre, ob der Erlatz auch Mr das deutsche Reich Gültigkeit habe, und die sächsische Regierung müsse in dieser Frage die Jnitative ergreifen. Kultusminister vr. Beck spricht zunächst seine Genugtuung darüber aus, daß der Interpellant von vornherein erklärt habe, dah die Interpellation sich nicht gegen die katholischen Mitbürger richte. In einem konnte er dieser Absicht nicht treu bleiben, als er nämlich meinte, daß mit dem motu proprio-Erlaß ein Vertuschungssystem gefördert werden könne, derart, daß die Bischöfe in manchen Fällen den Klerikaliker dem Gesetz entziehen könnte. Auch die Bischöfe seien durch ihren Eid an die Gesetze gebunden. Was den Modernisteneid anlange, so übe an der Landesuniversität zu Leipzig und an der technischen Hochschule kein katholischer Geistlicher ein Lehramt aus ebenso nicht an den übrigen höheren Lehranstalten, mit Ausnahme des Lehrer seminars zu Bautzen. Hier übe aber der Staat sein Aufsichtsrecht aus und bei den Revisionen des Seminars hätten sich Bedenken gegen die Art der Erteilung des Unterrichts nirgends gezeigt. Im Gegenteil sei bei allen Lehrern wissenschaftliches Streben und ob jektive Würdigung der geschichtlichen Begebenheiten zu erkennen. Die Regierung dürfte auch der gegenwärtigen Leitung der katho lischen Kirche in Sachsen vertrauen, daß an diesem Zustande nichts geändert werde, und es liege für die Regierung deshalb kein be gründeter Anlaß vor, zur Ergreifung besonderer Maßnahmen, in Bezug auf den motu proprio-Erlaß erklärte der Minister, wenn auch der königlichen Staalsregierung zur Zeit keine authentische Aeußerung aus Rom vorliegt, wohl mit großer Wahrscheinlichkeit anzunehmen sei, daß das motu proprio auf Deutschland eine Anwen- düng überhaupt nicht findet. Sollte^diefe Annahme aber wider Erwarten nicht zutreffen, so ist der Standpunkt der königlichen Staatsregierung folgender: Der päpstliche Erlaß ist mit den Vor- schritten in den 88 13 und 18 des Gerichtsverfassungsgesetzes, wo nach alle bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten und Strafsachen vor die ordentlichen Gerichte gehören und die Ausübung einer geistlichen Gerichtbarkeit in weltlichen Angelegenheiten ohne bürgerliche Wir kung ist unvereinbar. Er widerspricht nach dem 8 48 der Verfass ungsurkunde, wonach kein Untertan seinem ordentlichen Richter entzogen werden kann. Der Erlaß kann und wird deshalb nach den ZZ 1 bis 4 des Gesetzes die Ausübung des staatlichen Ober aufsichtsrates über die katholische Kirche im Königreich Sachsen betreffend vom 3. August 1876 zur landesherrlichen Genehmigung seitens der königlichen Staatsrcgierung niemals vorgelegt werden. Und mangels einer solchen Genehmigung entfällt die Voraussetz, ung für eine Verkündung und Anwendung durch die katholisch, geistlichen Behörden. Eine weitere Maßnahme gegen den Erlaß als diese Verhinderung seiner Verkündung und Anwenoung im Lande dadurch, daß das Placet verweigert wird, ist nicht gegeben und nicht nötig. Die Katholiken im Königreich Achsen sind üb rigens gegen eine Beeinträchtigung derfiesen Ausübung ihrer staatsbürgerlichen Rechte in der mehr erwah ten Beziehung durch die Vorschrift in 8 8 jenes Gesetzes vo>"^3. August ein Mr allemal geschützt. Die Souverän"«« des mod^ duldet einen solchen Eingriff in Schund ve verbürgten Rechte der Staatsbürger grundsätzlich nicht, Staat wie Kirche müssend wahren, wenn anders der °"f^ Lande dauernd gewahrt werden soll D'-ffn Erfo g E allen Mitteln unter Wah- runa der beiderseitige" Rechte zum Wohle des Landes sicher zu stellen, wird wie Zukunft eine der vornehmsten Auf Antrag Niethammer (nätl'.) wird in die Besprechung der Interpellation emgc reten. Abg. Opitz (kons.) führt aus: Der kon servativen Fraktion gehörten außer einem Milgliede nur Evange lische an, und diese ständen fest und treu aus dem Boden des evangelischen Bekenntnisses. Sie seien deshalb auch Abtzner des Ultramonlanismus und des Klerikalismus, nicht ab" Feinde un- serer katholischen Mitbürger, die auf dem Boden des christlichen Bekenntnisses stehen. Die Baromäusenzyklika, der Modernisteneid und das motu propio sehen auch die Konservativen nicht als einen Ausfluß des Katholizismus, sondern des Akn^ Klerikalismus und hielten sich für verpflichtet, gegen diese Erlasse pch entschieden zu verwahren. Der Modernisteneid ser eme Gefahr für den weit-
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