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SKFS2.' Pulsnitzer Wochenblatt. — Donnerstag, den 3. August 1911. Seite 6. wollen wir indessen nur noch eins nennen, weil es in anbetracht der vielen Magen- und Darmerkrantungen, die infolge ObstgenusseS gerade im August sich einstellen, sehr beherzigenswert ist. ES lautet: „Wenn Mehltau im August oie Früchte nässen, so soll man sie nicht un- gewaschen essen". * (Ein eigenartiges Bittgesuch an den Kaiser) unterliegt, wie die „Kreuz.-Ztg." mitzuteilen in der Lage ist, gegenwärtig der Begutachtung durch das Kaiserliche Zivilkabinet. Der Bureauvorsteher HarmS in Steglitz bei Berlin hatte kürzlich auf dem Tegeler Schieß plätze eine Granate gefunden, die dort vor 46 Jahren in der Erde gelegen haben muß, da^ie einem Modell aus der Mitte der sechziger Jahren entspricht. Das Fundob jekt ist inzwischen im Spandauer Feuerwerkslaboratorium entladen und zerlegt worden. Der Finder hat sich in einer Bittschrift an den Kaiser als Finderlohn die Erlaub nis erbeten, noch jetzt, obgleich er längst dem Landsturm angehört, durch Ablegen der Prüfung das Etnjährigfrei- willigenzeugniS zu erwerben. Gleichzeitig bat er, ihn zum Unteroffizier der Reserve zu befördern. Es dürste dies eine der originellsten Bitten sein, die je an den obersten Kriegs- Herrn gerichtet wurden. * Heiligenstadt. (Schneckenzucht.) Im benachbar ten Geisleden hat eine ausländische Firma eine „Schnecken- zuchtanstalt" anlegen lassen, die in diesem Jahre wieder in flottem Betriebe ist. In allen Ortschaften des Ober- eichSfeldeS beschäftigen sich jetzt Kinder wie Erwachsene mit dem Sammeln der weißen Schnecken (Weinbergschnecken), wofür 4 Pfg. für das Pfund gezahlt werden. Die Schnecken kommen in die Schneckenzuchtanstalt nach Geisleden, wo sie gemästet werden, um dann im Herbst in großen Mengen ins Ausland, besonders nach Frankreich, verschickt werden. Dort gelten sie bekanntlich als Leckerbiffen. * (Menschliche Bestien.) Gin unerhörter Fall von Verwahrlosung wird dem „Bayrischen Kurier" au» Neuötting berichtet: Seit 16 Jahren befand sich die nunmehr 44 Jahre alte und geistesschwache Franziska Huber auf Kosten ihrer Heimatgemeinde Töging bei den Katzenschwanzschen Eheleuten in Pflege. Da man die Person seit Jahren nicht mehr gesehen hatte und im Orte Gerüchte über em Verbrechen umgingen, wurde die Gendarmerie mit Nachforschungen beauftragt. Das Er gebnis der Untersuchung war entsetzlich. Die Huber be fand sich in einem engen und unmöbelierten Raum, der von keinem Lichtstrahl erhellt wurde und von Schmutz starrte. Die arme hilflose Person, die unfähig war, sich zu bewegen, lag auf einem Strohlager ohne jegliche Be kleidung und im eigenen Kot. Sechszehn Jahre lang mußte die Unglückliche in diesem Raume weilen. Die Nahrung wurde durch eine Oeffnung der stets von außen verriegelten Tür zugesührt. In dem Raum herrschte ein entsetzlicher Modergeruch. Das Unglaublichste aber ist, daß die Aufgesundene die Schwester ihrer „Pflegerin" ist. Die hilflose Kranke, die vor Schwäche kein Glied ühren kann und das Tageslicht nicht mehr verträgt, wurde in da» Krankenhaus gebracht. * (Ein kleines Mißverständnis.) AuS Schlesien wird folgendes Geschichtchen erzählt: Eine Frau Rosa H. in Stoberau hatte bisher die Vormundschaft ihres Sohnes in Händen. Anläßlich seiner Großjährig, keit wurde die Frau vom Vormundschaftsgericht aufge fordert, unverzüglich die „Bestallung" einzusenden. Die in der Amtssprache wenig bewanderte Frau dachte über das Wörtchen „Bestallung" lange nach; schließlich, als sie sich über seine Bedeutung nicht klarzuwerden vermochte, ging sie zu einem „OrtSweisen", dessen Geist jedenfalls auch nicht weit reichte. Den andern Tag lief beim Vor mundschaftsgericht em großer Bogen ein, der folgenden Bericht enthielt: „In der Bestallung des H. sind vor handen: ein Ochse, zwei Kühe, ein Kalb, ein Hahn, sechs Hühner, 10 Hühnchen, zwei Gänse, drei paar Tauben und fünf Karnickel. * (Ein klassisches Beispiel.) In der Schule erläuterte der Lehrer das Sprichwort „Es ist nicht alles Gold, waS glänzt". „Wer kann mir ein Beispiel neu- nen?" fragt er dann die Schüler. — Der kleine Hans hebt den Finger und antwortet lebhaft: „Stiefelwichse, Herr Lehrer!" Wettervorhersage der Kgl. S. Landeswetterwarte zu Dresden. Freitag, den 4. August 1911. Südwestwind, Bewölkungszunahme, etwas wärmer, zunächst noch trocken, Gewitterneigung. Die deutsche Expedition nach dem Laprivi-Zipfel. Da es bisher nicht gelungen ist, über das Schicksal der im soge nannten Caprivi-Zipfel des deutsch- südwestafrtkanischen Schutz-Gebietes von den Eingeborenen angefallenen Kolonne Frankenberg authentische Mitteilungen zu erhalten, hat sich der Gouverneur entschlossen, eine stärkere Expedition in das unruhige Gebiet im Nordosten der Kolonie zu entsenden. Unter der Führung des Majors Hinsch gehen 2 Kom pagnien, eine halbe Batterie, eine Maschinengewehrabteilung und ein Verkehrszug ab, im ganzen etwa 200 Mann, also eine für koloniale Verhältnisse schon sehr stattliche Truppenmacht. Wie wichtig diese Expedition ist, kann man daraus ersehen, daß sie der Kommandeur der Schutztruppe von Heydebreck mitmachen wird. Die Expedition wird nicht nur der Kolonne Fran kenberg zu Hilfe kommen, sondern auch die Polizeistation Kuringkuru und die Mission Niangan entsetzen. Magdeburger Wettervorhersage. Freitag, den 4. August 1911. Wechselnd bewölkt, zeitweise heiter, warm, vielfach Gewitter. Kiele Kranke verdanken ihre Oenefnng einer Trinkkur im Hause mit Lamscheider Stahlbrunnen. „Meine Tochter lag infolge schwerer Bleichsucht schwer krank darnieder. Trotz aller angewandten Mittel vermochte sich meine Tochter nicht so zu erholen, wiezwir es ersehnten. Ich bestellte eine Kiste mit 30 Flaschen. Die Lenkung war geradezu wunderbar. 2n der ersten Woche verspürte sie eine angenehme Anregung der inneren Organe. Sie wurde lebhafter, froher. Dann wurde es immer besser. Sie schUef au-geseichnet, bekam Appetit, die Hautfarbe wurde frisch und rosig, alles in allem, sie fühlte sich wirklich, wie man sagt, wie- neugeboren." — „Es drängt mich, Ihnen meinen Dank abzusOtten für das vorzügliche Heilwasser. Es ist ein wahrer GottestrM. Ich litt nämlich schon 9 Jahre an Blutarmut, Bleichsucht, grcher Nervenschwäche, Magenbeschwerden usw. Alle meine Uebel sind fast gänzlich beseitigt." - „Dies Herr- liche Wasser hat mir uK> meinen Kindern, welche auch blutarm sind, sehr gut geholfen.^ — Solche Worte der Anerkennung nach erfolgreichen Kuren sind der beste Beweis für die trefflichen Eigen schaften dieser Heilquelle. Trinkkuren im Hause warm empfohlen bei Blutarmut, Bleichsucht, Frauenkrankheiten, Magen- und Darm leiden, Nervenleiden, blutarmen Zuständen, z. V. nach Blutverlusten infolge Operationen,/Wochenbetten usw., nach überstandenen er schöpfenden Krankheiten, wie Influenza usw. — Mitteilungen über Kurerfolge, Bezug'des Brunnens kostenlos durch: Lamscheider Stahlbrunnen, Düsseldorf SO. 212. - ", Mrcken-NackrrMten. Pulsnitz Sonnabend, den 6. August, 1 Uhr Betstunde. Pfarrer Sonntag, den 6. August, 8. nach Trinit. s Schulze. 8 Uhr Beichte V-S „ Predigt (Upostelgesch. 8, 2S—39) r/,11 „ Kindergottesdtenst (Upostelgesch. 16, 12—16) 2 „ Toufgottesdtenst 2 „ Abmarsch des JünglingS-VereinS nach dem Keulenberge (Versammlung am Rathaus). Amts wache: Pfarrer Schulze, vom 9. August an Pastor Resch. Donnerstag, den 10. August, abends r/,S Uhr Bibel stunde in der Schule zu FrtederSdorf. Pfarrer Schulze. Sinnsprucd. Für tausend bittere Stunden sich mit einer einzigen trösten, welche schön ist, und aus Herz und Können im mer sein Bestes geben, auch wenn es keinen Dank er fährt, wer das lernt und kann, der ist ein Glücklicher, Freier und Stolzer, und immer schön wird sein Leben sein. (Wandspruch im Arbeitszimmer des Kaisers im Jagdschlösse Rominten.) vttmochtr schwerlich de» tiefe» Sinn zu fassen. Et war kein oberflächlicher Dutzendroman. Die» Buch regte zum Denke» an. Und damit befaßte sich Rath «»scheinend ungern, Ihr enger Gedankenkreis ging nicht Über ihre Toiletten und kleinlichen Alltagtsorgrn hinaut. Er seufzte unzufrieden und war verstimmt wie «» Mensch, dem da» Leben da» Beste versagte. Al» er sein« Braut da« nächste Mal besuchte, bracht« «r ihr da» Buch zurück, ohne etwa» darüber zu sagen. Ruth fragte schließlich selbst etwa» scheu: »Hat e» dir gefallen?" Er strich über da» Buch weg wie schmeichelnd. Da schoß dunkle Röte in ihr Gesicht. „Et ist ein herrliche» Buch — mit Geist und seinem Ver- ständni» geschrieben. Zuweilen wirkt e» herb, schroff, al» habe sich der Autor nur widerwillig von dem Gedanken lotgerungen, oder al» müsse er noch mit de« Form ringen. Und doch merkt man, daß er noch viel zu sage» hat, wa» wertvoll ist. El muß wohl auch rin junger Mensch sein, er sieht da» Leben noch mit idealen Augen an. Aber schön ist dieser reine Jdealitmu». Er erhebt und vertieft. Auf alle Fälle kann man von diesem Au« tor »och viel gut«» erwarten." Ruth hatt« sich währ«ndd«flen am Büf«tt zu schaffen ge macht und brachte Gläser herb«», um Han« Rochu» rin« Erfri schung zu r«ich«n. Ihr Gesicht zeigte wieder die leicht aufsteigendr Röte. Sonst erschien sie ruhig wie immer. Han« Rochu» war ärgerlich, daß sie gar nicht» antwortete. »Die Damen sprachen damal» in gleich anerkennender Weis« über da» Buch. Auch die Kritik lobt e» Nur du bist nicht zufrieden damit. Wa» mißfällt dir eigentlich daran?" fuhr er fort. „E» ist ein« Anfängerarbeit. Si« hat virl« Mängel," er- wid«rt« sie scheu. „So scharf ist dein Urteil? Wäre da» Buch von einem bekannten Autor geschrieben, hätte e« wohl eher Gnade vor deinen Augen gefunden?" fragte er ironisch. Ohne auf seine Frag« zu antwort««, fragt« st«, unvtrkrnn- bar im B«strrb«n, da« Thema zu wrchsrln: „Weißt du, wie r« Kracht geht?" „Etwa« besser, ich war bei ihm, ehe ich zu euch kam." „Gehst du zu Sontheim«?" „Ja, ich will sehen, wie Hild« üb«r^ dies« schwrren Tage hinweggekommen ist." „Soll ich dich begleiten?" Er sah rasch auf. Ein solche« Anerbieten macht« sie ihm da« erstemal. El tat ihm d«»halb doppelt leid, daß «r r« zurück weisen mußte. Er hatte jedoch mit den Damen allerlei zu ver handeln, da« nicht sür Ruth» Ohren bestimmt war. „El tut mir leid, auf dein« Begleitung verzichten zu müssen. Ich fürchte jedoch, die Damen sind in einer Stimmung, die nicht erfreulich auf dich wirkt. Hilde ist sehr gedrückt Sie fürchtet naturgemäß da« Aussehen, da« ihr« Entlobung hnvorrufrn wird. Und um monatelang auf Reisen zu gehen und draußen zu war ten, bi« Gral über dir Sache gewachsen ist, find fi« nicht ver» mögrnd genug." Ruch sah auf ihre Hände herab, die schlank und fein in ihrem Schoß« ruht«». „Si« könnt,» doch sür rinig« Monate nach Roch»berg kom men, Han« Rochu«. Bi« zu unserer Hochzeit könnten dir doch die Damen Gesellschaft leisten. Da« wäre für dich doch ange nehmer, al« wenn du allein bist. Und Hilde ginge hier allen Unannehmlichkeiten au» dem Wege." Er sah sie nachdenklich an. „Da» ist ein« gute Idee, Ruth, ich habe mir schon den Kopf zerbrochen, wie ich den Dame» von Nutzen sein kann. Und so einfach dieser Plan ist, ich wäre vor lauter Nachdenken nicht darauf gekommen. Ihr Frauen seid doch geborene Praktiker. Ich danke dir für diesen Hinwei»." Er küßt« ihr die Hand und sah sie freundlich an. Daß sie Hilde nicht besonder« gut leiden mochte, wußte er. Um so höher rechnete er ihr den Vorschlag an, der von ihr« Gutmütig keit zeugt,. Ruth zog ihr, Hand zurück. „Da ist nicht« zu dankt», Han« Rochu«. T« ist doch so natürlich, daß ich mich al« Frau leicht« in Hild,« Zustand hinrindrnk,» kann. In Rochsberg ist sie vorläufig geborge«. Er« hälft du Besuch, von Kamerad«», so kann si« sich zurückziehen, und sonst wird nirmand hinau«kommen. Grüß, Hilde von mir, und wenn ich ihr irgendwie von Nutzen sein kann, soll fi« «» mich wissen lassen." „Ich werde ihr Mitteilung machen von deinem liebens würdigen Anerbieten. Und — du botest mir vorhin deine Begleitung an, e« ist herrliche» Wett«. Laß un» eine Stunde in den Stadtpark gehen. Zu Sontheim» komme ich dann immer noch früh genug." Ek war ein rein höfliche» Anerbieten. Da« fühlt« auch Ruth heraus. Trotzdem stimmt« fi« frrundlich »u. In wenigen Minuten waren sie zum Ausgehen bereit. Fräulein Hebenstreit brachte ihr Schirm und Handschuhe h«bei. Hans Rochu» scherzt« «inwrnig mit d«m alten Fräulein, währ«nd Ruth vor deM Spiegel den Hut aufsetzte. Da sah er, wie ein Lächeln über da« sonst so ernst« Gesicht huscht«, und diese« Lächeln überraschte ihn, wie jener eine, klare, au»drucksvoll« Blick, mit dem sie ihn einmal angesehen hatte, al« sie ihn auf d« Straße traf. Wie hübsch sie wurd« mit diesem Lächeln. Ek hatte etwa« Gütige«, Herzliche«. Wahrscheinlich wirkte r« doppelt, weil sie sonst immer so kühl und «nst ««»sah. Ruth wußte nicht, daß er ihr Lächeln gesehen hatte- Unterweg« fing er plötzlich an, üb« Faulem Hebenstreit gutmütig« Schttzr zu machen, und « hotte Erfolg. Da« Lä cheln «schien wieder in Rui« Gesicht. Da« reizte ihn förmlich zu übermütigen Reden, und schließlich lachte Ruth le.se vor sich hi». Er verhielt den Schritt- Vie waren im Stadtpark ange langt, und die Weg« lag«» still und menschenleer. Er sah sie vergnüg a -«« ist da« erstemal, daß ich dich lachen hör«," sagt« «r herzlich. Da war schon wi«der die tiefe Röte in ihrem Gesicht, und gleich auch wieder der kühl abwehrend« »«»druck. 8i« strebt« an ihm vorbei und er ging an ihrer Seit« weiter. E» tat ihr leid, ihn verstimmt zu habe», aber jede« Eingrhe» auf ihre Persönlichkeit von d« Seit« macht« fi« btfangrn, w«il sie annahm, daß e« nicht« mit Höflichkeit war, w«nn «r sich mit ihr beschäftigte. Si« sah schiu zu ihm aus und begegn«t« srinem Blick. Sofort blickt« fi« von ihm fort. Er lrgt« di« Hand auf dir ihr-, di, auf seinem Arm ruht«. Wird« kam «» ihm »um Bewußtsein, daß Ruth unter diesem seltsamen Verhältni« leiden mußte. Er machte sich Vorwürfe, nicht zart genug mit ihr gewesen zu sein. Ihre Scheu sprach deutlich genug dafür, daß er noch immer nicht den rechten Ton für sie gesund«» hatt«. (Fortsttzung folgt.)