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Pulsnitzer Wochenblatt Dienstag. 1- Aügust 1911. Anlage zu Ar. 91. 63. Jahrgang. OerMcves und Sücbsiscbss. — (Baden während einer Gewitter».) Zahlreiche Unfälle der letzten Zeit Haden die Gefahr, in welche sich jeder beim Baden während eine« Gewitter» begibt, wieder deutlich vol Augen geführt. Wer über die Natur de- Gewitter« einigermaßen Bescheid weiß, dem muß bekannt sein, daß auf einer Wasserfläche, die an sich al- guter Letter der Elektrizität den Au-gleich zwischen Erde und Wolken erleichtert, jeder herausragende Gegenstand, also der Kopf, der Oberkörper besonder- ge- fährdet ist. Bet herannahendem Gewitter soll man schleunigst da« Wasser verlassen. — 8k«. (Flüssige« Brot.) Auf die oft gehörte Behauptung, Bier sei „flüssige- Brot," wirft nachstehende Bekanntmachung eine« großen Betriebe- ein bezeichnendes Licht. Die Direktion der Röchling'schen Eisen- und Stahlwerke in Völklingen a. d. Saar gibt ihren Arbeitern folgende« bekannt. Wir teilen hiermit unserer Beleg schaft mit, daß wir zu der Ueberzeugung gekommen sind, daß diejenigen Arbeiter auch für den Hüttenbetrieb wert voller sind, die gar keinen Alkohol genießen. Wir haben un» daher entschlossen, denjenigen Arbeitern, die länger al» ein Jahr der Guttemplerloge angehören, Prämien in folgender Höhe zukommen zu lasten: Solche Arbeiter, die ein Jahr Mitglied der Loge sind, erhalten viertel- jährlich eine Prämie von 10 M; für solche Arbeiter, die zwei Jahre in der genannten Loge sind, erdöht sich die Prämie um 5 M; also auf 1ö M vierteljährlich, und jede« weitere Jahr der Mitgliedschaft bei der Guttempler- löge steigt dir Prämie um 5 M. — Die Guttemplerlogen sind bekanntlich EnihaltsamkeitSoeretne. Eine einfach« zahlenmäßige, kaufmännische Berechnung hat also für die Hüttenlettung ergeben, daß «in Arbeiter, der keinen Alkohol genießt, für wenigstens 40, 60, 100 M jährlich mehr leistet, al» wie ein anderer. Die Hüttenoerwallung ist damit zu einem ähnlichen Ergebnis gekommen, wie die Lebensversicherungen, deren Berechnupgen längst er- geben haben, daß ein Abstinent, eine durchschnittlich längere Lebensdauer hat, wie ein Nichtabstinent, sodaß einzelne Lebensversicherungen Abstinenten bereit» zu nie- drigeren Prämiensätzen al» andere aufnehmen. — (Zeitgemäße Neuerungen bei Auf nahme von Gerichtsprotokollen.) Die Kurz schrift und da« Maschinenschreiben, die im Betriebe de« Kaufmann« oder de« beschäftigten Anwalt« längst Ge- Meingut geworden sind, haben bei den Gerichten und staatlichen Verwaltungsbehörden noch immer nicht ge- Mgende Verbreitung gefunden. In der „Deutschen Richterztg." fordert daher Erster Staat«anwalt Zeiler, auch hierin den Fortschritten der Zeit sich anzupasten. . DaL-NLch-.meist übliche Verfahren, dem GerichtSschreiber Satz um Satz zur Niederschrift in gewöhnlicher Schrift zu diktieren, muß verschwinden. In Zivilsachen steht der direkten Verwendung der Kurzschrift gesetzlich nicht» im Wege, da eine Unterzeichnung de» Protokoll» von den Beteiligten nicht vorgeschrieben ist; nach der Sitzung erfolgt dann einfach die Uebertragung de» Protokolls in Maschinenschrift für die Akten de» Gericht» und gleich- ze'ttg der Anwälte usw. In Strafsachen, wo die Be- teiltgten da» Protokoll unterzeichnen müssen, ist die Zu- lässtgkeit der direkten Verwendung der Kurzschrift aller- ding» zweifelhaft und eine Aenderung dieser Bestimmung in der neuen Strasprozeßordnung daher erwägenswert. Im Interest« de» rechtsuchenden Publikum«, besten mög- lichst schleunige Abfertigung mit zur Beseitigung de« Vorurteil« gegen die Gerichte notwendig ist, und mit Rücksicht auf die unnötige Vergeudung der wertvollen Zeit und Arbeitskraft de» Richter» muß die möglichste Verwendung der Kurzschrift, ohne deren Kenntni» niemand zum Gerichtrschreiberdienst zugelasten werben sollte,, ge fordert werden. - Dre-de«, 81. Juli. (Zu argen Aurschrei- tun gen) kam e» in der Nacht vom Sonnabend zum Sonntag in der Prager Straße. Dort belästigt^ «in Trupp von ungefähr zehn Maurern die Straßenpastanten durch Betteln, und sobald sie nicht» erhielten, stießen sie die Passanten auf-da» Pflaster; ein Herr wurde sogar bis auf die elektrische Straßenbahn verfolgt und entging nur durch seine Flucht einer brutalen Behandlung. Ter schleunigst herbeigerufene Polizist hotte große Mühe, den Rädelsführer sestzunehmen, und erst einem stärkeren Polizeiaufgebot, da» von den Zuschauern au» der Polizei wache zu Hilfe gerufen wurde, gelang e», den Gefistelten zur Wache zu bringen, da sich dieser seiner Festnahme heftig widersetzte. Von den übrigen Maurern wurden noch sech» sestgenommen. — (Die Personendampkschissahrt aus der Elbe eingestellt.) Nachdem- am gestrigen Montag vormittag 10 Uhr der Dresdner Pegel einen Tiefstand von L27 Zentimeter unter Null erreicht hatte, mußte die Sächsisch - Böhmische DampfschiffahrtS - Gesell schaft der eisernen Notwendigkeit weichen und sich mit Montag abend zur Einstellung ihrer regelmäßigen Fahrten entschließen. Bereit« im Lause de« Montag nachmittag mußten die von Dresden au« über Pillnitz htnaurgehen- den Fahrten, sowie die Fahrten von Dresden elbabwärt» au»sallen. Versuchsweise sollen am Dienstag noch mit den am flachsten gehenden Schiffen einzelne Fahrten von Dresden elbaufwärts ausgeführt werden. Abgesehen davon, daß nur einigermaßen besetzte Dampfscb ff« wegen de» niedrigen Master» vielfach an die Landu gSbrücken nicht mehr Herantönnen. Dre-de«. (Die königl. Hofoper) begannt ihre Vorstellungen au, Sonntag, den 6. August im Neustädter Schauspielhause mit der Operette „Boccaccio" v. Supp«. Dresden, 29. Juli. (Die Internationale Hy- giene-Ausstellung) wurde gestern von 22140 Personen besucht. Die Besucherzahl hat jetzt insgesamt die Höhe von 2 627 617 erreicht. Da» Jndostabad wurde vom 1. bi- 27. Juli von 14946 Badegästen benutzt; die Zahl der Zuschauer betrug in der gleichen Zeit 59 686. Ätzen im großen Hitze. Die enorme Hitze hält noch immer in kaum vermin ¬ derter Stärke an. Beim Anhören der Berichte überkommt e- un- wie da- ohnmächtige Ringen gegen eine elemen tare Gewalt. Die Zahl der Opfer ist nicht geringer wie bei Feuer«, und Wassersnot. Vom Hitzschlag betroffen wurde auf der Landstraße zwischen Kamenz und Straßgräbchen ein in den 30er Jahren stehender wandernder Handwerksbursche, von Beruf Schneider. In hilflosem Zustande fanden ihn heimkehrende Landleute aus Straßgräbchen, die sich seiner annahmen. Nach einigen Stunden der Erholung konnte der Wanderer seinen Marsch mit Worten herzlichen Dankes an seine Wohltäter wieder fortsetzen. — Da» dem Wirtschaft«, besttzer Gustav Steinborn in Schwepnitz gehölige Holz., Streu» und Wagenschuppengebäude brannte infolge Blitzschlag« völlig nieder. — In Großdobritz wurde eme Magd de« GemeindevorstandeS Riste bei den Ernte, arbeiten tödlich vom Hitzichlag betroffen. — Der Ziegelei- arbeite! Karl Wilhelm Scharschuh in Radeburg siel infolge der hohen Temperatur plötzlich um und verschied trotz ärztlicher Hilfe nach kurzer Zeit. — Im Auer»- berg « r Stadtforste fuhr der Blitz in eine Gruppe Wald arbeiter und tötete einen, während sechs andere mehr oder minder schwer verletzt wurden. — Durch Selbstent- zündung infolge der enorm hohen Temperatur brach aus dem im Bau befindlichen Zentralbahnhof in Leipzig in vier Speichern Feuer aus. Der Schaden ist ziemlich bedeutend^ — Einem Hitzschlag erlegen ist am Sonnabend Professor Fischer aus Greifenberg i. P. bei der Wan derung deutscher Turner in die Sächsische Schweiz. — Ein besonder« tragischer Fall hat sich in Charlotten, bürg abgespielt. Hier erlag die verwitwete Justizrätrn Müller infolge der Hitze einem Herzschlage. Darflber ge- riet ihre 18 jährige Tochter in eine derartige Verzweif. lung, daß sie sich aus dem Fenster stürzte, sodaß der Tod auf der Stelle eintrat. — In Welsberg bei Koburg hat der Blitz sechs Bauernhäuser und zehn andere Ge bäude eingeäschert. Es herrscht Wassermangel. — Die Kavallerieübungen in Altengrabow mußten infolge der großen Wassermangels abgebrochen werden. — Bei einem Gewitter schlug der Blitz in das Mineralwerk der Firma Otto Minner in Arnstadt und zündete. Hier- bet verbrannte der Bücherrevisor Rocktäschel; 14 Feuer, wehrleute wurden, zum Teil schwer, verletzt. — In Al. tenburg sind abermals drei tödliche Hitzschläge vorgekom- men. Innerhalb dreier Tage haben sich sechs Fälle von Hitzschlag ereignet. — In Hannover und der Nachbar- stadt Linden sind in der letzten Woche 36 Kinder ein Opfer der Hitze geworden. 20 von ihnen sind an Magen- und Darmkatarrh gestorben. — Bei einem über Worm» niedergegangenen Gewitter wurden zwei Monteure der Rheinischen Schuckert-Gesellschaft, die in Bechheim mit der Legung der Stromleitung beschäftigt waren, auf dem Dache einer Hause» vom Blitze getroffen. Der eine erlitt am Fuße Verbrennungen nicht schwerer Natur. Der Blitz sprang von ihm aus seinen unmittelbar unter ihm arbeitenden Kollegen über und warf ihn tot vom Dache. — Infolge der Hitze wurden in Solingen zwei Ar- beiter auf der Straße ohnmächtig. Beide haben einen Hitzschlag erhalten und liegen sehr schwer krank darnieder. Der stiHe See. Roman von H. Courth»-Mahler. (Nachdruck verboten. 14 .Weiß mau «Sher«» über Kracht» Verwundung?" fragte die Generali« furchtsam. »Nein, gnädigste Tante. Kracht hat mich zu sich bitten lost'". Ich wll nachher zu ihm gehen." E» «"stand eia Schweigen. Endlich sagte Hilde leise: -P"me Verlobung um Kracht ist ouigehoben, Han« Roch«»." Er sah in ihr bloss«« Gesicht. Da» Herz tat ihm weh bei ihrem Anblick. Id fürchtet« so etwa«." Du we'ßt — ? 'N ch,i» — ich w»ll auch weiter nicht» wissen, al» wi, ich ^DE^ing. Mir Brsch'id, wi. « «-acht geht. Und - sein« Berze'hung " ^Jch"t°hr/sogl«q zurück, wen« ich mit Kracht gesprochm ^' «racht lag mit verbundener Schulter im Bett, «°»u. zu .hm eingelaff-n wurde, «r «'cht dusim d « g.Iuad, l'?»'Hand IUM G-uß und schütt s„ne« Duner und d» K anten, schwest,-hin»««. H^« Rochu« nahm an sein«« Bett Platz. »Wie geht „ dir, WÄ'?" E' lächelt, bitter. .N'cktt sehr gut wi. d« siehst. Ich dank, dir, daß d« gleich gekommen bst, Rochu«. I- Hötte, daß du diese Nacht in deiaer Siadiwohnun, geblieben b st. So konnte tch dich z«m Glück le'cht erreich«,.» „Sprichst du auch nicht zumelk- Kracht lächelte bitter ,S« unbekorg», >4 bin kein zimperlich«, W,ib. Da- b ß, chen Aderlaß macht mir mcht-. E wa« and,»,« «ach» um «eh« zu schaffen. Ich brauche »'Nen Menschen, d<« ich vertrauen kann — deshalb lnß «h dich rnirn Du b st d«r «>n,«ge, dem ich mich «»vertraue« kau« — wert du — Hüde Sonthe m« verwandln bist." „Ich war eben bet de« Dame» und Hötte von Hild«, daß — daß nerre Verlobung aufgehoben sei — Kracht preßt« di« L-ppeu aufkinander. Dann sagt «r scheinbar ruhig: .Dann brauche ich r» dir nicht erst zu sage«. Du al« Hckd«« Verwandter Haft rin Recht, «ich zu frag«», weg« halb ich ihr de« R ng zurückgeschickt hab«. Ich bm« dich aber, «« «icht zu tun. Nur soviel — ich könnt« nicht and«r« handel« — e» gibt Dinge, über die man nicht hinwegkommen kann." „Sri unbesorgt — ich frage dich nicht. Ich w« ß, wi« sehr du Hild« geliebt, und daß nur zwingend« Gründ« dich zu solch rinem Schritt bring«» konnten." .Ich danke dir, Han« RoLu«. Und nun zu mein« Vitti. N m« dich der Dame« a». V elleicht komme« st« durch di« Aufl-kung der Verlobung in m ßüche Verhält« sse, Hlf ihnen, jede Summ« steht dir zur Verfügung. Ich we ß daß schon allerlei Vorbereitungen getroffen find. Ocbne da» alle» in deli» kater Wes,. Ich kann j, lewer nicht aukgehrn. E» wär« um schrecklich, wenn di, Dame» irgendwie belästigt würde«. Du vetftthst, doß m ch da« quält Mem« Erkrankung kann de« Borwand zum Luischub der Hoch««" gebe«. Da« weit«« findet sich dann. Jgend «i« Grund zur Emlobung läßt sich später finde«. Hild, soll da« all»« «inrich'en. um »« ihr beliebt.» .Du kannst dich aus mich verloss-n, W ll-, ,» soll allttl ge» ordntt werden." „Danke dir. Und «och ein« Da — lieber Han« Rochu« — da »ft da» Mädchen — dir Denerin bei Sontheim» — Mally h«ißt st, wohl. Sorg«, doß sie dort au« dem Hause kommt — fi« — weißt du — gib ihr rnen Wnk. daß sie «in, bestimmt, Summe von mir erhalt,« soll, wenn fi, hin au« der S>adt verlchwmd,».» Han» Rochu« verstand sofort, wa» K acht damit sage« wollt«. ,E« ist gu', W lli. Ich sorg« dafür, daß st« gehst" .Schön. Dau« ist all«» g,ordntt. Ich dank« dir, gutn Knl" Ee lächett« Han» Rochu» w,h«ütig zu. Di^n drückt« ihm dir Hrad. .Du wüst da-übrr hinwigkomwrn, W'lli." Krach» antwortrte nicht. S«I« vtck war umflort, der Mund schmerzhast ,usamimag p«ß». .Ich hab« noch rinr« Auftrag. Willi," fuhr Han« Rochu« fort. .Hild« läßt dich durch mich um Verziihuag bittrn. Kracht senk,««. Han« Rochu« nhob fich. .Daun will ich gehen. Du mußt Ruh« habe«. Wen« ich wieder von Rochtberg hereinkomm«, seh« ich nach dir. Mach, daß du fettig damit wirst, innen und außen." .An dem guien Wille« soll r« »icht fehle». Grüß dein« Braut, Han» Roch«»." ,D-nk« dir, Ich s«h« fi« heut« «och und will ihr d«« Gruß best ll n. Leb wohl und gut« Besserung." Han« Rochu« fand d>« Damen in nervös« Erwartung. Ee unterrichte» sie, soweit r« angängig war. von seiner Unter» redung mit Kracht. Auch seinen Wunsch, Mally au» dem Haus« zu «ntfirnen, verriet er ihnen. Sir sahen unliebsam überrascht auf. „Mally? LH — sollt« fi, irgend ttm Roll, grspielt haben in drrser Sache?' fragte di, Generali» «regt. .Jedenfalls rin« sehr häßlich«, sonst würd« Kracht «icht auf ihr« Entfrrnung dringen." „Wir können sie unmöglich «ntlaffe«, fi, trägt un« an«." „Laß da« nur unsere So»«« sein, gnädigste Tante. Da« Mädchen wird di« Stadt verlaffen. Solch« Menschen find für Geld zu all-m zu haben." .Mein Sott. Han« Rochu«. du tust, al« wenn Geld für u»« gar kerne Roll« lp elte. Wn haben durch die Brrlobung so große Kosten gehabt — natürlich komm«« wir nun in di, greulichste Verlegenheit." „Kracht hat mich beauftragt, olle» zu ordne», gnädigste Tante Er w'll «ich», daß ihr auch nur die geringsten p kuni» L eu Opfer zu bring,» habt, u berlaßt da« alle« mir. Auch «it d«m Mädchen werde ich selbst verhandeln — am besten gleich, Ihr sollt euch um gar nichi« kümmern. Vorläufi, kle ben wir bei der Angabe, doß di« Hoch,«" wegen der E.k,anlu»g K^ach,« au'g,schoben ist. All.« andere findet fich." D«e Generalin atmet, auf. ,Da« ist wenigsten« ei« T ost i« all d« Misere. — Ach, H ld«'— rch töa«t, mch tot ärgn« übn dich."