Volltext Seite (XML)
Nr. 86. Pulsnitzer Wochenblatt. — Dienstag, den 18. Juli 1S11. Seite 6. den letzten 20 Jahren wird aus etwa 100 000000 Mark im Jahre beziffert. In der gleichen Zeit sind in den Ver- einigten Staaten durch Waldbrände mehr als 2000 Men schen umqekommen. Der Brände läßt sich bei dem riesi gen Umfange, die sie furchtbar schnell annehmen, nur in seltenen Fällen Herr werden. Die Feuersbrunst, die 1908 einen der herrlichsten Wälder der Welt, den von Des Chu- teS in den blauen Bergen dcs östlichen Origon zerstörte, hatte bereits eine Ausdehnung von 27 Km erreicht, bevor es möglich wurde, einen energischen Kampf gegen das ver derbenbringende Element einzuleiten. Neun Tage lang arbeiteten 200 Männer, bevor sie das Feuer zum Stehen brachten, die nächste größere Wusserquelle war 27 Km, der nächste Ort, von dem aus die Mannschaft verpflegt wer den konnte, 75 Km entfernt. Man hat festgestellt, daß von 300 Feuersbrünsten, die in einem Jahr in dem Adiron- dakgebiet ausbrachen, 121 durch Funken von Lokomotiven hervorgerufen wurden, 88 durch Haufen von Laub, die man brennen ließ, 29 durch Lagerfeuer, die von Jägern und Touristen angelegt wurden und 6 durch glimmende Asche von Zigarren und Tabakspfeifen. Die größte Ge fahr geht also von den Eisenbahnen aus, zumal diese keine Vorrichtungen für Rauchoerbrennung besitzen. Der Kampf gegen die Waldbrände, der von der Regierung der Ver- einigten Staaten mit aller Macht ausgenommen ist, wird daher vor allem mit Gesetzen gegen die Eisenbahngesell- schaffen geführt werden müssen. Erst wenn die Eisen bahnen mit Petroleum Heizen und rechts und links von den Geleisen schützende Abstände von 30—150 Fuß ange legt sind, werden die entsetzlichen Schädigungen aufhören, durch die z. B. in Nord- und Südkarolina und in Geor gia statt der Waldungen zum größten Test nur noch Buschwerk und verkohlte Baumstümpfe ohne die Möglich- keit einer Wiederaufforstuug zurückgelassen sind. Eine tatkräftige Propaganda gegen die Waldbrände wurde An- fang 1908 durch die Begründung der National Confer- oation Commission eingeleilet, die bereit« viel sür die Erhaltung deS Waldbestandes getan hat. Auch die sorst- amtliche Zentralstelle der Regierung in Washington hat viel zum Schutze der staatlichen Wälder getan. i/o-? c/es /scr/^-is Bon der Nordlandreise des Kaisers. Daß unser Kaiser, der nun schon seit Jahrzehnten alljährlich die herr lichen Küsten Norwegens mit ihren wundervollen Fjorden besucht, im Laufe dieser Zeiten eine Menge per sönlicher Bekanntschaften gemacht hat, ist sehr erklärlich. Das passiert ge wöhnlichen Sterblichen auch, die öf ters ein und dieselbe Gegend besuchen. Als ein Zeichen von großer Leutselig keit aber ist es zu betrachten, daß der Kaiser seine alten Bekannten immer wieder begrüßt und sich über ihr Wohlbefinden freut. So empfing er auch den alten Lotsen Nordhus an Bord, einen alten Seemann, der die „Hohenzollern" schon oft durch die Schären gesteuert hat. Nus oller wett. Berlin, 15. Juli. (Reinhold V e g a s' 80. G b u r t s t a g.) Rein hold Begus, der berühmte Berliner Bildhauer, feiert heute seinen ach- zigsten Geburtstag Das Befinden des Künders ist recht günstig, den noch ö- Arzt den Empfang der meistl ' -Massenhaft angekündeten Depuik m untersagt, und nur we ¬ nige A^, »gen können vorgelassen werben. In der Wohnung des Künst lers in der Stülerstraße begann schon am Morgen ein ununterbrochenes Kommen von Gratulanten. — (Wieder ein Grenzüber griff russischer Soldaten.) lieber eine neue, von russischen Sol daten begangeneGrenzverletzung wird folgendes berichtet: Zwischen Mys- lowitz und Niska (Oberschlesien) suchte eine Gesellschaft von Schmugglern durch die russische Postenkette durch- zukommen. Die Pascher wurden je doch von russischen Grenzsoldaten be merkt und flüchteten auf preußisches Gebiet, indem sie den Grenzfluß Dr- zemßa durchwateten. Sie legten die Waren auf deutschem Gebiet am Ufer des Flüßchens nieder. Die russischen Soldaten durchschritten ebenfalls das Wasser und schafften die Schmuggler waren vom preußischen Gebiet auf das russische hinüber. Der Wert der von den Russen erbeuteten Waren wird auf 3000 Mark geschätzt. * (Hamster- und Mäusegraben.) Der neue Leipziger Tierschutzverein schreibt uns: Die Zeit der Ernte ist gekommen und damit die Zeit, wo nach alter Gewohn heit unsere Jugend mit allerhand Gerät bewaffnet hinaus- zieht, um auf den abgemähten Fluren nach Hamstern und Mäusen zu graben. Nun wird kein Einsichtiger etwas dagegen etnwenden, wenn diese Schädlinge vernichtet wer- den sofern es nötig ist und sofern es von anständigen Erwachsenen unter Anwendung geeigneter Mittel und ohne Qualen für die Tiere geschieht. Was aber unsere Jugend tut, ist etwas ganz anderes. Für sie ist das Hamster- und Mäusegraben nur Vergnügen und Sport, sie denkt gar nicht an die Schädlichkeit der Tiere und an ihre planmäßige, schnelle und quallose Vernichtung. Und mit diesen Vergnügen, diesem Sport geht Hand in Hand eine erschreckende Tierquälerei. Alljährlich werden Dutzende von Fällen solcher Quälerei gemeldet. Im vergangenen Jahre haben wir unS in Gemeinschaft mit der Zentrale für Jugendfürsorge und dem Leipziger Tierschutzoerein an den Rat, das Polizeiamt und die Kgl. AmtShaupt- mannschaft gewandt, diese Behörden auf das Uebel auf merksam gemacht und sie um seine Unterdrückurg gebeten. Die Bitte ist mit Wohlwollen ausgenommen und geeig nete Maßnahmen in Aussicht gestellt worden Indessen — auch die Aufsichtsbeamten der Behörden können nicht überall sein, sie allein vermögen das Uebel nicht zu ban nen, dazu ist die Zahl der Uebeltäter und der örtliche Bereich zu groß. Hier muß die Allgemeinheit helfend eingreifen. Und deshalb rufen wir alle Einsichtigen, im besonderen die Freunde unserer Jugend und die Tier freunde, zur Mitarbeit auf: helft dazu, daß diesen tier quälerischen und verrohenden Treiben ein Ende gemacht werde. Dresdner produkten-vörse, 17. Juli 1911. — Wetter: Bewölkt. Stimmung: Ruhig. — Um 2 Uhr wurde amtlich notiert: Meffen, weißer, — — — M, brauner, alter, 74—78 Kilo, M, do. 75—78 Kilo, 208 -214 M, do. feuchter, 73—74 Kilo, 202—205 Ai, russischer, rot 221-226M, do. russ., weiß M, Kansas , Argentinier 223—226 M., Ausstralischer — M, Manitoba 223- 233 M. Roggen, sächsischer, netter 70—73 Kilo M, do. 70—73 Kilo, 172—175 M, do. feuchter 169—175 Kilo, 163—166 M, preußischer 175—177 M, russischer 174 177 M. Gerste, sächsische, M, schlesische M, Posener M, böhmische M, Futtergerste 156 -160 M. Hafer, sächsischer 190—194 M, beregneter 174 - 184 M, schlesischer 190-194 M, russischer loco 182—192 M. Mais Cinquantine 166—172 M, alter — M, Ruvdmais, gelb, 158—162 M, amerik. Mired-Mais, alt, , Laplata, gelb, 164-168 M, do. neu, feucht M. Erbsen 180—190 M. Wicken 178—188 M. Buchwel?en, inländischer 185-190 Nt, do. fremder 185-190 Bt. Gelsaaten, Winterraps, scharf trocken, —, do. trocken 240—255 do. feucht . Leinsaat, feine 390 M, mittlere 360—370 M, Laplata 350—355 M, Bombay 3,90 M. Uüböl, raffiniertes 70 M. Rapskuchen (Dresdner Marken) lange 12,00 M, runde M. Leinkuchen (Dresdner Marken) I 19,00 M, II 18,50 M. Mals 29,00-33,00 M. Weisenmehle (Dresdner Marken): Kaiserauszug 36,00—36,50 M, Grießlerauszug 35,00—35,50 M, Semmelmehl 34,00—34,50 M, Bäckermundmehl 32,60—33,00 Al, Grießlermundmehl 25,00 bis 26,00 M, Pohlmehl 19,00—20,00 M. Roggenmehle «Dresdner Marken) Nr. 0 28,50—29,00 M, Nr. 0/1 27,50-28,00 M, Nr. 1 26,50-27,00 M, Nr. 2 24,00-25,00 M, Nr. 3 19,50—20,50 M, Futtermehl 14,80—15,20 M. Weisenkleie (Dresd.Mark): grobe 11,60—12,00 feine 11,60—12,00M. Roggenkleie (Dresdner Marken): 12,80—13,00 M. Wettervorhersage der Kgl. S Laudeswetterwarte zu Dresden. Mittwoch, den 19. Juli: Westwind bewölkt, kühl, zeitweise Regen. Magdeburger Wettervorhersage. Mittwoch, den 19. Juli: Ziemlich heiter, meist trocken zunehmende Erwärmung. Kra't? Sie schien in Und da war er wieder bei Hild« mit seinen Gedanken. r (Fortsetzung folgt!) Er »u Jahr auf RochSbe-g weilte, war nicht viel übrig geblieben. Wenn er sich bei,eiten gegen den Untergang gestemmt hätte, dann wäre Rochsberg durch eigene Kraft ,u halten gewesen. Es war noch gesundes, männliches Empfinden in ihm, daß es ihm demütigend war, einer Frau danken zu müssen, wenn er nicht unterging. Und mit einem Male war die L^be ,u seinem angestammten B-fitz wieder in ihm wach geworden. Der Gr, danke, seinen Abschied ,u nehmen und wenigstens seinen ehrlichen Willen in di« Wagschale zu legen, um Rochtberg wieder empor zu bringen, söhnte ihn etwas aus mit den bestehende« Verhält» niffen. Er wollte nicht mehr so tatenlos und leichtlebig seine Tage verbringen, wollle ihnen einen Inhalt geben, um da» Gesühl der Demütigung überwinden zu können, das ihn nieder» drückte. — Und zwischen seinen peinvollen Gedanken schob sich immer wieder die Erinnerung an Ruth. Er konnte nicht er» gründen, was sie zu dieser Verbindung getrieben. Gab es so willenlosen Gehorsam eines Kindes gegen den Vater? Oder und auch den Vater ernster beeinflußt hätte — ob da Rochsberg - wußte, daß dieser sich auch eifrig um Hüde« Gunst beworben nicht zu halten gewesen wäre, auch ohne Ruth Ravenport? . hatte. Ob er schon eine Ahnung hatte, daß sie mit Kracht ver- Wenn er de« Abschied schon vor Jahren genommen und » lobt war? Er sah sehr blaß und niedergeschlagen aus. Aber fürchtete sich, in sein« Wohnung zu gehen und neue Grillen fangen. Er luchte eine Weinstube auf, wo er wußte, daß «r Kameraden antraf. Es waren auch einige Herre» anwesend, dt« ihn erfreut begrüßten. Hans Rochus war sehr beliebt. Die Herren suchten ihn aufzuhetter», glaubten sie doch, seine trübe Stimmung sei durch dm Tod seine» Vater» vrrankißt. Auch Heinz von Wendling war anwesend. Hans Rochus wußte, daß dieser sich auch eifrig um Hildes Gunst beworben Rochsberg selbst bewirtschaftet hätte mit Einsatz seiner ganzen Mwie sollte er es wissen? Di« Verlobung war doch »och «in Ob da der Ruin nicht aufzuhalten gewesen wäre?«Gehrimni». E ahnt« nicht, daß Hild« am Vormittag bereits eine heim« Ihr Kostüm war kostbar und elegant gewesen und ent stammte sicher einem erstklassigen Modeatelier, und ihr« ganz« Erscheinung fiel aus dem Raymen der engen Häuslichkeit. H ld« kleidete sich nicht eleganter, und daß dies« sehr anspruchslos ihrer Toilette war, wußte er. lockte sie wirklich nur der Glanz seines Namens? sür ihre Person nicht so anspruchslos zu sein, wir es in den schlichten Haushalt Ravenports paßte. «tragc» und verabschiedete sich unter dem Vorwand einer g«, troffen«» Verabredung. T es verstimmt und niedergedrückt schritt er seiner Wohnung zu. Das Leben erschien ihm schrecklich schal und öd«. Lohn»« es sich denn, «» weiterzusührm und diese elend« Komödie weiter zu spiel'«? War es nicht brffer, er machte Schluß? Durfte er ihr einen Vorwurf machen? Tat er nicht da» Gleiche? Freilich — sie heuchelte Liebe, wo sie keine kwpfand. Da» braucht« er gottlob nicht. Ruth Ravenport gab und verlangte kein« Liebe von ihm. Er durfte ihr gegenüber wahr und ehrlrch bleiben. Das allein machte ihm da« Verhältnis erträglich. Und war nicht Ruths kühles, nüchterne» Benehmen achteniwerter al» Hildes Zärtlichkeitskomödie? Freilich, Kracht hätte sie wohl nicht zu s«in«r Braut gemacht, wenn er an ihrer Liebe hätte zweifeln müssen. Wollte sie den reichen Mann haben, mußte sie sich ihn durch dieses Spiel erwerben. Da» hatte Ruth Ravenport nicht nötig. S>e schenkte ihrem Verlobten mit ihrer Hand da» Schloß seiner Väter zurück und ein große» Vermögen dazu. Warum tat sie«» nur ? Wirklich nur, um Gräfin Roch«» berg zu heißen und in seine Kreis« eingesührt zu werden? Bilher hatte Han« Roch»« ziemlich gedankenlos in den Tag hineingelebt, ohne sich Sorgen sür di« Zukunft zu machen. Er hatte wohl längst gewußt, daß er eines Tages dem Ruin gegen überstehen würde, und gleich vielen seiner Standesgrnoffm war ihm eine reich« Heirat al» da» einzige erschienen, sich flott zu mache». So war ihm Ravenport» Vorschlag nicht so ungeheuer lich erschienen. Es war ihm fast angenehm gewesen, daß sich alles so leicht und spielend machte. Nur der Gedanke an Hild« hatte ihn bedrückt. Und nun war er auch diesrr Sorge ledig. Aber statt nun erleichtert aufzuatmen, fing er an zu grübeln. Es war durch alle diese Verhältnisse etwas in ihm wachgrrufen worden, was sich nicht zum Schweigen bringen lassen wollte. Hatte er früher ernsten Gedanke» nachhängen wollen, dann hätte ihn sein leichtlebiger, immer zu Lust und Freude aufgelegter Vater schnell wieder in den Strudel der Lebensfreuden hinein- gerissen. Jetzt hatte er niemand mehr, der ihn seinen Grübeleien entriß. Wenn er all die Jahre nicht so toll darauf los gelebt Der Inspektor hatte sicher reichlich in sein« Taschen gewirt-W E ahnt« nicht, daß Hilde am Vormittag bereits eine heim- schaltet — der alte wenigstens, denn für den neuen, der erst ein licheiUnterredung mit Wendling gehabt und daß diesrr, gl ich ----- - - j^, von ihr Bewerfe einer erwiderten Neigung erhalten hatte, ehe st« fich mit Kracht vrrlobte. Han» Rochus hatte Ruth jeden Tag einige frische Blumen gesandt und sich artig nach ihrem Befinden erkundigt. Et waren keine prätentiösen Arrangement». Da» wäre ihm unter den obwaltenden Umständen geschmacklo» erschienen. Er wählte nur immer einige besonder» schön« Exemplare. Jeden zweite» Tag sprach er selbst vor. Ravenport empfing ihn ste!» liebentwürdig, ober nicht aufdringlich, er fand mit dem Geschick den rechten Ton zwischen familärer Vertraulichkeit und höflicher Zurückhaltung. Da» berührte Han» Rochus sehr angenehm. kH Noch taktvoller war Ruth» Benehmen. Nachdem st« ihr« Ruhe wiedergesunden hatte, begegnete sie 'hm Mit ihrer st llen, gleichmäßigen Gelassenheit. Sie unterhielt sich freundlich, aber zurückhaltend mit ihm über Allgemeine«, dankte ihm höflich und artig für srine Blumen und machte rhm m keiner Weise fühlbar, daß er an ste gettss-lt war. Ihr st.ller Ernst winkte jetzt in der Zerrissenheit seine« Gemüt« nicht unangenehm auf ihn. Er hatte ein Gefühl, al« könnte man fich j» ihr« Gegenwart aus- ruhen von allen menschlichen Leidenschaften. Sie war so ganz anders al« die Dame» seiner Gesellschaft, vor allem von Hilde war fi« sehr verschieden wie di« stille Nacht von dem sonnigen, lebendigen Tag. Aber Ruth« Haltung war entschieden vornehmer. Er sagte sich aufatmend, daß er einen viel schlechteren Griff hätte tun können in dir Glücksurke. Er betrachtet« Ruth zuweilen mit grw ff-nhaftrm Eifer, um alle Vorzüge, dir ste brsaß, ,u «ntd.cken. Jhrr st.ll.n, anmu- tigen Brweguvgrn gefielen ihm. Daß sie eine schöne, ebenmäßig« Gestalt und schlank«, wohlgebildrte Hände hatte, war ihm ange, nehm Auch schöne», reiche» Haar besaß sie und verstand es g'sch ckt und kleidsam zu ordnen. Ihr« Züge waren fein, der Temt etwa« bleich, aber gesund und zart. Daß sie leicht und spontan errötet«, halt« er auch schon bemerkt, und diese» schnelle Erröten gab ihr zuweilen ein belebteres Aussehen.