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Pulsnitzer Mckenbiatt Dienstag, t^-Mi 1911. Aeikage zu Ar. 85. 83. Jahrgang. Oertttcbes unS Sücdsiscbvs. 8. k. K. (Ordnungsliebe auf der Straße.) So manche Stadt tm deutschen Reiche ist stolz auf ihre Reinlichkeit und die Sauberkelt ihrer Straßen. Darüber aber, daß diese Reinlichkeit nur mit großen Kosten auf. recht erhalten werden kann, weil sie von den Bürgern selbst nicht unterstützt wird, macht man nicht viel Worte. Wie oft kann man sehen^vte Schulkinder und Erwachsene (— natürlich, was Hänschen nicht lernt, lernt Hans nimmermehr —) aus der Straße alles, was ihnen über flüssig dünkt, einfach fallen lasten: leere Zigaretten, schachteln, Düten, Einwickelpapiere usw., als verstände sich da- ganz von selbst. Gingen da neulich in Dresden drei Schulmädchen, die in der Konditorei Schokolade ge kauft hatten. Da flogen erst die äußeren Umhüllungen mit dem Bilde des Tell auf den Bürgersteig, dann die beiden Pappen und die innern Hüllen mit dem Staniol, sodaß der Fußweg etwa 50 Meter weit mit diesen Dingen besät war. Srellt man die Kinder zur Rede, dann sehen sie einen an, als wenn man vom Monde herunterkäme. Könnten wirklich die Kinder in den Schulen nicht darüber aufgeklärt werden, welch schöne Tugend die Reinlichkeit nicht nur an sich selbst, sondern auch den Dingen gegen über ist und wclche Vorteile sie in hygienischer und wirt- schastlicher Hinsicht hat, we.che Summen dem Stadtsäckel erspart würden, wenn das Publikum selbst mehr aus Sauberkeit achtete und sich die kleine Mühe, die damit verbunden ist, nicht verdrießen ließe? — (Frisches Wasser für den Hofhund!) Die Landbevölkerung lebt jetzt in der Zeit, da die Leute am frühen Morgen zur Arbeit aufs Feld gehen und in vielen Fällen erst abends zurückkehren. DaS während dessen zu Hause bleibende Vieh ist »mist der Aufsicht von Kindern anvertraut, die zur Not die wichiigsten Obliegen- heilen besorgen können. Eines wird dabei in 90 von 100 Fällen vergessen, nämlich dem an der Kette tilgenden Hofhund Wasser zu gehen. Die wärmere Jahreszeit er- fordert es, daß dem treuen Wächter des Hauses wenigsten? das Trinkgcfäß tagsüber einigemale mit frischem Master gefüllt werde. Die Kinder werden diesen Dienst gern er füllen; aber sie müssen bei ihrer Vergeßlichkeit täglich daran erinnert werden. — (Die LandeSbrandversicherungS-An- stall für das Königreich Sachsen) hat eine Statistik über die im Jahre 1910 in Sachsen stattgefun- denen Brand-, Blitzschlag- und ExvlosionSfälle aufgestellt. Danach betrug die Zahl der Brände bez. der durch Ex plosionen vorgekommenen Schadenfälle im gesamten König reiche 3437 (tm Jahre 1909 2986), wovon auf den Be zirk der Kre Shauptmannschaft Bautzen 314 (1909 254), und zwar auf die BrandoersicherungS-JnspektionSbezirke Bautzen 122 (1909 98), Kamenz 48 (49), Löbau 83 (60) und Zittau 61 (47) Brandfälle entfallen. Die 48 im Bezirke Kamenz vorgekommenen Brandfälle verteilen sich mit 12 (1908: 11) auf die Städte und 36 (1909: 38) auf die Dörfer. Gegenüber dem Vorjahre fanden somit im gesamten Königreiche 451 Brände bez. Explostons- sälle mehr statt, während im Bezirke Kamenz ein Brand weniger zu verzeichnen war. An die Städte des Ka ¬ menzer Bezirkes wurden für die Gebäude-VerstcherungS- Abteilung 8818 M (im Jahre 1909 937 M), an die Dörfer 41640,50 M stm Jahre 1909 96 313,50 M), in Summa 50 458,50 M, mithin 46 792 M weniger ge zahlt wie im Jahre 1909. Bewilligungen für die frei- willige Versicherungs-Abteilung erfolgten im hiesigen Be- zirke im Berichtsjahre nicht. Ueber die EntstrhungSursache der Brände bringt die Statistik diesmal keine Angaben. — (Die Gewinnliste der Lotterie des König!. Sächj. Vereins für Luftschiffahrt) ist eingetroffen und liegt in der Amtsblatt-Expedition zur Einsicht aus. — (Maul- und Klauenseuche.) In dem Ge höfte Nr. 14 6 von Biehla ist die Maul- und Klauen seuche ausgebrochen. Biehla mit GutSöezirt ist Sperr bezirk. Zum BeobachtungSgebicte gehören die OrtL. Hausdorf, Bernbruch, Zschornau, Schiedel, Milstrich, Weißig, Straßgräbchen mit Grünberg und Cunnersdorf einschließlich der selbständigen Guisbezirke. — (Der Kronprinz von Sachsen in Witt- dün.) Den „Dresdner Nachrichten" wird geschrieben: „Als langjähriger Kurgast wieder in Wtttdün eingetroffen, war ich höchst erfreut, unter den Besuchern auch den Kronprinzen von Sachsen zu finden, der unter dem Na men eine? Grafen Hilfenburg mit seinem militärischen Begleiter von Römer und Generalarzt Selle seit einigen Tagen hier weilt. Der hohe Gast wurde von einer zahl reichen Menge von Kurgästen und Einheimischen freudig begrüßt, eine junge, hier zur Kur weilende Landsmännin hieß ihn im Namen seines Landes und das Töchterchen des Badedirekiors in dem der Insel durch einen Blumen gruß willkommen. Die Herrschaften nahmen in dem für sie reservierten Südflügel des Kurhauses Wohnung DaS frische, natürliche Wesen des Kronprinzen und sein reges Interests an allen ihm neuen Eindrücken erwecken ihm warme Sympathien und den aufrichtigen Wunsch, daß der für 6 Wochen bemessene Ausenhalt ihm ein recht segcnSreichcr werde. Unter Führung des Badedirektors werden Ausflüge in die abwechslungsreiche Umgebung WittdünS (Hallig, Hooge rc.) unternommen." ttus Dem Ssrlüktssaals. Z Berlin, 17. Ju i. (Vom Rektor Bock) In der Affäre des Rektors Bock, der bekanntlich wegen sitt licher Verfehlungen zu 1'/« Jahr Gefängnis verurteilt wurde, soll vonseiten der Verteidigung daS Wiederauf nahmeverfahren beantragt werden und ein Antrag auf Wiederaufnahme des Verfahrens bereits gestellt worden sein. Bock beteuert nach wie vor seine Unschuld und hofft nunmehr, diese auf Grund deS neu gesammelten Materials beweisen zu können. Eine Entscheidung der Staatsanwaltschaft ist noch nicht erfolgt. 8 Schörieberg Berlin, 15. Juli. (DaS Familien, drama in Schöneberg aufgeklärt.) Dis Fa- milieutragödis in Schöneberg ist jetzt weiter aufgeklärt. Die GerichtSärzie vr. Strauch und l)r. Marx obduzierten heute in Gegenwart von Vertretern des zuständigen Ge richts die Leiche deS Portiers Heinke und bestätigten die Ansicht der Schöneberger Kriminalpolizei, daß Heinke sich selbst das Leben genommen hat, nachdem er seine Frau zu töten versucht hatte. 8 Mescritz. (Verurteilung eines Mädchen- Mörders.) Die Strafkammer in Meserttz verurteilte den Schriftsetzer Laux aus Schwerin a. d. Warthe, der im vorigen Monat seine Geliebte, das 19jährtge Dienst. Mädchen Stanislawa Kopernick mit deren Einwilligung erschoß, dann aber nicht den Mut hatte, Selbstmord zu verüben, und nach Landsberg a. d. W. flüchtete, zu drei Jahren und einer Woche Gefängnis. 8 Metz, 15. Juli. (DaS eigeneKind lebendig begraben.) Gegen eine beispiellos rohe Tat richtete sich die Anklage, unter welcher sich der 28 Jahre alte Arbeiter Karl Andres aus Driesen vor dem hiesigen Schwurgerichte zu verantworten hatte. Er ist beschuldigt, gemeinsam mit der 25 Jahre alten Dienstmagd Margarete Jacobi das 6 Wochen alte Kind der letzteren in einem Walde bei Luxemburg lebendig begraben zu haben. Glück licherweise wurde das Wimmern des armen Kindes von einem zufälligerweise vorübergehenden Manne gehört, der sofort Nachschau hielt und dar Kind noch rechtzeitig aus dem Grabe befreite. Der Angeklagte ist der Sohn eines früh verstorbenen Beamten und wurde in der Militärknaben, anstatt Annaburg erzogen, worauf er nach Absolvierung der Schule beim Militär eintrat. Dort wurde Andres, der mit Vorliebe mit liederlichen Frauenspersonen ver kehrte, wegen gefährlicher Körperverletzung bestraft, deser tierte später, stellte sich aber wieder freiwillig und wurde zu 8 Monaten Gefängnis und Degradation verurteilt. Er geriet dann immer mehr und mehr auf die schiefe Bahn und konnte sich auf keinem Arbeitsplätze halten, seine Geliebte, die Jacobi, paßte in dieser Hinsicht voll ständig zu ihm; sie ist wegen Kindesmords bereits vor bestraft Sie gibt an, der Plan, das Kind lebendig zu vergraben, sei von An'res ausgeheckt worden. Der Gtaa.Sanwalt beantragte eine Zuchthausstrafe von acht Jahren; das Gericht erkannte auf eine solche von sechs Jahren und auf Aberkennung der bürgerlichen Ehren» rechte auf die Dauer von zehn Jahren. Vermisstes. * (W a l d b ränd e.) Die Sommerhitze hat uns auch dieses Jahr, wie schon oft vorher, die Nachricht von gewal- tigen Waldbränden gebracht, die in Nordamerika wüten. 1910 und 1908'kamen gleiche Meldungen, die ein fchrecken- erregeydeS Bild der Verwüstung durch Feuersbrunst boten. Der Materialschaden wurde 1908 auf 400 000 000 Mark berechnet. In früheren Jahren waren schon Bauholz, Ge- bäude und anderes im Werte von 200 000 000 Mark ver- brannt. 1908 wurde eine blühende Stadt von 5000 Ein- wohnern, Chisholmin der Nähe von Dulu 1 h, durch das Feuer dem Erdboden gleich gemacht. Um eine Vor stellung von der Ausdehnung dieser Brände zu geben, sei erwHnt, daß 1908 zu gleicher Zeit ein Wald von 300 km Länge, d. h. eine Strecke wie die Eisenbahnverbindung zwischen Berlin und Hamburg, in Flammen stand. 1871 wurde mehr alS der 10 jährige Holzverbeauch deS ganzen Landes durch Waldbrände zerstört und der Schaden auf 8 827 000 000 Mark geschätzt. Der DurchschnittSoerlust in Der strHe See. Raman von H. CourtyS-Mahler. (Nachdruck verboten. Er -uh, zurück al» habe er einen Schlag in« Erficht be« kommen. „Du — dich verlobt?" Er sah wir durch einen Schleier auf da« reitende Geschöpf, daß sich >n ihrer eleganten Rob« wie ein Kätzchen in den Seffel schmieg!«. Da hatte er sich gesorgt und gebangt, wie er schonungsvoll seine eigen», von der Not gebotene Verlobung mit- teilen sollte. Da» Her» hatte ihm wehgetan, weil er an ihr« Lieb« »u ihm geglaubt. Ihre Augen hatten «» ihm so oft und deut i<L verraten. «An Gefühl für fi. halt« sich erst an diesem lock,nk.n .«etlichen Feuer in ihren Augen entflammt, weil er fi« g,weckt. Er hatte gefürchtet, fit durch di« Mm ilung s. ne, Verlobung auf« tiefste »u verwunden und sich au »ine Szene mit Träne», Seufzern und Klagen ge aß . tausend Trostwort, hatte er für st« in B«r«,tschaft Mbt und al« da« schmerzlichste von allem empfunden, daß er ihr wrhiunmuß e. Und nun sprach sie, »och eh« fie seine Verlobung "fuhr, kühl und verständig von Tändeleien und Kindemen, mU dmen fie fertig war und teilt« ihm mit, daß fie sich verlobt hatte, «in bütere« Gefühl sti,g in ihm empor. Jetzt erst fühlte er, wi« lieb er fie gehabt hatte, und wie schwer e« ihm werden würde, fi« aufzugeben, «« war ihm jetzt nicht möglich, mit ihr von Ruth zu sprechen. Ereilt, ja nun auch nicht » ehr. Was lag ihm daran, ob sie «« einig. Tag, früh« oder später «fuhr? Er richtete sich auf, fie sollt« nicht seh,», wir tief e« ihn g«. troffen. „Dir Nachricht ist allerding« sehr - überraschend. Darf ich fragen, wer der Glückliche ist?" fragt, rr steif. Sie faßt« seine Hand. .Nicht so, Han« Rochu«. Du darfst mir nicht bös« sein. Wir bleiben gut« Freund», nicht wahr? El hilft doch nun 'mal nicht«. Und un« bleibt doch dir Erinnerung an rin« schön« selig« Z«it." , " Sie sah ihn wieder in der alten zärtlichen Weise an. Zum «st,»mal schien ihm die Zärtlichkeit falsch und gemacht, ihr Lächeln konventionell und gezwungen. Waren da« dieselben Auge», die ihm rin so heiße« Glückßgefühl in da« Herz gr- zaub rt hatten, war e« dasselbe Lächeln, daß ihn so unwider stehlich angelockt hatte? Er fuhr sich über die Auge», al« wollte er etwa« fortwischen. „Verzeih, ich bi» «in wenig außer Fassung geraten. Laß dich dadurch nicht stören. Natürlich bleiben wir gut Freund. Mit wem hast du dich verlobt?" sagte er, bemüht, ruhig zu scheinen. Schließlich hatte rr ja kein Recht, ihr Vorwürfe ,« machen. War er nicht auch an eine angebunden? Er konntr im Grunde froh sein, daß alle« so gekommen war. Aber trotz dieser vernünftigen Betrachtungen war ihm zu, mute, al« hätte er etwa« verloren. Hild« war froh, daß rr r« so ruhig hinnahm. Sir faßte seine Hand. .Erst sag mir, daß du nicht mthr böse bist." .Nein, ich bin nicht böse," erwiderte er, gab aber ihre Hand ohne Druck frei. Vie merkte e« und warf den Kopf trotzig zurück. .Ich habe mich mit Kracht verlobt," sagte fie. Er sah vor sich nieder. .So — mit Kracht. — Dann kann ich dir gratulieren. Er ist nicht nur enorm reich, sondern auch ein selten guter und lirben«würdig«r Mensch. Nimm meinen Glückwunsch entgegen." Er richtete fich auf und küßte ihr mit konventioneller Höf» lichk-it die Hand. Sie dankte ihm in gleicher Weis», und e« entstand danach eine Pause. Endlich sagte fi« leis«, «inschmeichelnd: .Han« Roch»«, mach doch nicht so «in traurige« Gesicht. Sieh — für dich ist e« doch nun die höchste Zeit, daß du dich nach einer vermögende» Frau umfiehst. Ich will dir helfe» — ja? Ich suche dir eine Frau au«, di« nicht nur rrich, sondrrn auch lteben«würdig ist." Am liebst«» hätte er ihr voll Bitterkeit in« Erficht gelacht. .Du bist zu gütig, Hilde. Ab« ich muß danken. Mach dir um mich keine Sorgen," sagte er ruh-g. Dann sei aber nicht mehr so traurig und stumpfsinnig. Kracht kann jede Minute hier sein. Er braucht dir nicht» erst anzumerken." E lächelt« bitter. Ihr« Sorge um ihn galt nur dem Umstand, daß Kracht keinen Verdacht schöpfe. .Sei unbesorgt, ich w«de mich zu bchensche« w ssen. Außerd m w«iß Kracht al« mein Freund, daß ich in schmier gen Verhältnissen stecke. Er wird e« sehr begreiflich finden, daß ich nicht so lustig bin." Die Generali» trat wieder ei» und tauschte einen forschen» den Blick mit Hilde au«. Han« Rochu« fing diesen Blick auf, und ein starke« Unbehagen nahm von ihm Besitz. Er wußte nun, daß die beiden Damen im Einverständni» waren. »Kracht« Wagen ist eben vorgr'ahre«, Hilde," rief ihr die Mutter wie warnend ,u. .E« ist gut, Mama, Han« Rochu» habe ich meine Ver» lobung schon heute mitgeteilt. Er gehört doch zur Familie." .Allerding». Wa» sagst du dazu, Han» Rochu»? Macht Hilde nicht eine glänzende Partie?" .Gestatte, daß ich dir meine Glückwünsche darbringe, gnä» digst« Tante." «Ich dank« dir, Han» Rochu». Mach« e« nur Hild« auch bald nach." Er neigt« nur stumm da« Haupt. Kracht trat ein. Mit strahlrndem Lächeln begrüßte ihn Hilde, al« hätte fi« ihn seh»« lichst erwartet. .Han« Rochu« ist eingeweiht," sagte fie lächelnd. Die beide» Freunde reichten fich die Hand und Han« Rochu» empfand plötzlich Mitleid mit Kracht. Er war ein so grundehrlicher, gutmütiger Mensch und liebte Hild« g«wiß von ganzem Herze». Daß st« in ihm nur di« r«iche Parti« sah, wußte er gewiß. E« war ihm sehr unangenehm, mit ansehe« ,u müssen, daß Hilde Kracht gegenüber scheinbar in Liebe und Zärtlichkeit aufzugehe» schün. Obwohl er wußte, daß ihr Wese» nicht echt war, tat ihm doch da» Herz weh vor Eifersucht. Gar zu reizend sah da» schöne Mädchen au». Die weich«, schmiegsame Grazie, da» neckische Plaudern — all da« kannte rr an ihr und hatte e« für den «uefluß ihre« innersten Wesen« gehalten. E« hatte auch ihm e-amal gegolten. Nun verschwen dete fie all den betörenden Zauber an ihren Verlobten, und obwohl er nun wußte, daß e» nur Komödie war, er neidete Kracht doch jede« ihr« Blicke und konnte seine Augen nichz von ihr abwrnden. Schließlich konnte rr r« doch "nicht längt,