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Nr. 187. Pulrnitzer Wochenblatt. — Dienstag, den 84. Oktober 1S11. Seite 6. den beiden Vorjahren verglichen. Unter Zugrundelegung des mittleren Normalertrages in guten Jahren ergeben sich recht interessante Vergleiche. Der Normalertrag beim Sommerweizen beträgt pro Hektar 41 Ztr.; geerntet wur. den 1909: 39,1910: 36 und 1911: 35 Ztr. Beim Winterweizen erwartet man als DurchschnittSertrcg 43 Ztr.; geerntet wurden in den 3 letzten Jahren 40, 36 und 37 Ztr. Beim Roggen ist der Normalertrag pro Hektar 40 Ztr.; geerntet wurden 38, 35 und 37 Ztr. Von Brau- gerste erwartete man aus den Hektar eine Ernte von 42 Ztr.; die wirkliche Ernte aber betrug 44, 37 und 38 Ztr. Der Hafer bringt in guten Jahren pro Hektar 42 Ztr.; in den letzten 3 Jahren wurden 44, 38 und 30 Ztr. ge erntet. Sehr gegen den Normalerttag zurückgeblieben sind besonders Stroh, Heu und Kartoffeln. Beim Stroh rechnet man als Normalmittel 63 Ztr.; 1911 wurden 31 Ztr.; Kleeheu läßn als Mittel 86 Ztr. vom Hektar erwar ten; die Ernte von 1911 brachte 48 Ztr. Wiesenheu bringt pro Hektar als Mittel 82 Ztr.; dieses Jahr aber nur 60 Ztr. Der mittlere Normalertrag bei der Kar toffel beträgt 282 Ztr.; die diesjährige Ernte dagegen nur 125 Ztr. * (Wie tief ist daSAdriatischeMeer?) Man sollte meinen, daß das Mittelländische Meer, das zuerst von den großen Kulturnationen seit dem Altertum befah ren worden ist, auch in jeder Beziehung zu den bestgekann ten MeereSteilen der Erde gehören müsse. In der Tat ist dem Mittelländischen Meer bis aus die Gegenwart eine ausgiebige Erforschung zuteil geworden, wie sie noch in keinem entsprechend großen Gebiet des freien Ozeans mit gleicher Vollständigkeit erzielt worden ist. Dennoch scheint die Kenntnis auch des MtttelmeereS noch bedenkliche Lü cken zu haben, deren man sich kaum bewußt geworden ist. So lehrt eine Mitteilung von Professor Grund in der „Zeitschrift der Berliner Gesellschaft für Erdkunde", daß die Tiefen des Adriatischen Meeres bisher in recht erheb lichem Grade falsch angegeben worden sind. Die beiden großen Konkurrenten auf diesem Meeresteile, die Oester reicher und die Italiener, haben beide durch ihre Vermes sungsschiffe eine große Anzahl von Lotungen ausführen lassen, aber während der diesjährigen Konferenz von Mo naco stellte sich heraus, daß die italienischen und öfter- retchischen Angaben über die Tiefen diese- Meeres schlecht übereinstimmen. Infolgedessen hat Professor Grund auf einer Fahrt des österreichischen Schiffes „Najade" gerade diejenigen Bezirke des Adriatischen Meeres, wo bisher die größten Tiefen angegeben worden waren, noch einmal auSgelotet und ist dabei zu dem erstaunlichen Ergebnis gelangt, daß die Tiefe dieses Meere- bisher um nicht we niger als rund 500 m überschätzt worden ist. Das Ma ximum sollte bisher 1645 m betragen, es hat sich jetzt aber herauSgestellt, daß an dieser Stelle nur eine Tiefe von 1128 m vorhanden ist. Auch die andern Lotungen, die ähnlich hohe Ziffern ergeben hatten, sind sämtlich um ähnliche Beträge zu verbessern. Dadurch erhält auch die mutmaßliche Gestaltung des Meeresbodens in diesem Ge- biet einen viel gleichmäßigeren Verlauf. Zu Ven kTümpksn in Nach einer Pause, die durch den Transport des italienischen LandungSkorpS und die Be setzung der Haupt-Stadt Tri polis bedingt war, haben die Operationen der Italiener zur Eroberung der ganzen tripoll- tanischen Küste ihren Fortgang genommen. In Tripolis hat- ten die Italiener die Stadt und die Fort- von den tür kischen Truppen der Garnison ziemlich verlaffen vorgefunden. Die Forts ergaben sich nach einem nicht sehr heftigen Bom- bardement, und die Italiener erorberten in dem zerschossenen Gemäuer sogar einige moderne Geschütze. Wenn der italieni sche Admiral nach diesem Er folg annahm, daß die übrigen Küstenstädte ebenso leicht in seine Hände fallen würden, dann hatte er sich geirrt. Der Einnahme der östlichen Häfen HomS und Derna gingen nicht nur großeBombardements,son dern auch heftige Kämpfe an Land voraus, und in Beug- hast, der Hauptstadt des Wila- jetS Bark« (Cyrenaika) muß- ten die landenden italienischen Truppen jeden Quadratmeter Landes dem Hartnickigen Wi derstand der Türken und Ara- ber abringen. Aus aller Welt. London, 23. Oktober. (Vom Sturm.) Der gestrige Sturm im Aermelkanal hat an der englischen Nord-Küste großes Unheil angerichtet. In Dover wurden eine Landungsbrücke und mehrere kleine Gebäude am Hafen zerstört. In Hastings drang das Wasser in die Stra ßen und riß Mauern und Git ter weg. Der Schaden ist groß. Dresdner Produkten-Börse, 23. Okt. 1911. — Wetter: Stürm. Stimmung: Ruhig. — Um 2 Uhr wurde amtlich notiert: Westen, weißer, — —, brauner, neuer, — — M, do. neuer, 79—82 Kilo, 209-212 M, do. neuer 77—78 Kilo, 206—208 M, russischer, rot, 242—280 M, do. russischer weiß — M, Kansas —, Argentinier 244—259 M, nom., Australisch. M. Ma nitoba 244—250 M. Roggen, sächsischer, neuer 75—76 Kilo, 189—190 M, do. do. 72 bis 74 Kilo, 184-188 M, do. alter 70-73 Kilo, M, do. feuchter, 68—69 Kilo, M, preußischer, neuer 190-192 M, russischer 188-190 M. Gerste, sächsische, neue 202—212 M, schlesische212—221M, Posener 210-220 M, böhmische 224-240 M, Futtergerste 163-167 M. Hafer, sächsischer, alter M, do. do. neuer 197—202 M, schlesischer alter M, do. neuer 197—202 M, russischer loco 190—195 M. Mals Cinquantine 183—188 M, alter M, Rundmais, gelb, 177—180 M, amerik. Mired-Mais, alt, , Laplata, gelb, — M, do. neu, feucht M. Erbsen 195—205 M. Wicken 220-235 M. Buchwesten, inländischer 215-225 M, do. fremder 215—225 M. Gelsaaten, Wtnterraps, scharf trocken, . Leinsaat, feine 380 M, mittlere 350—360 M, Laplata 365—370 M, Bombay — M. Rüböl, raffiniertes 77 M. Rapskuchen (Dresdner Marken) lange 14,00 M, runde M. Leinkuchen (Dresdner Marken) l 21,00 M, II 20,50 M. Mal?, 34,00-36,00 M. Westenmehle (Dresdner Marken): Kaiserauszug 36,50—37,00 M, Grießlerauszug 35,50—36,00 M, Semmelmehl 34,50—35,00 M, Bäckermundmehl 33,00—33,50 M, Grießlermundmehl 25,50 bis 26,50 M, Pohlmehl 20,50—21,50 M. Roggenmehle (Dresdner Marken) Nr. 0 28,50—29,00 M, Nr. 0/1 27,50—28,00 M, Nr. 1 26,50—27,00 M, Nr. 2 24,00—25,00 M. Nr. 3 21,00—22,00 M, Futtermehl 16,60-17,00 M. Westenkleie (Dresd.Mark): grobe 13,40—13,80 feine 13,40—13,60M, Roggenkleie (Dresdner Marken): 14,00—14,40 M. vsrUnsr Produktenbörse. Das Geschäft war heute sehr still, da man die Re- gierungAerklärungerr im Reichstage bezüglich der LebenS- mittelteuerungS-Jnterpellation abwartet. Die Kurse wa ren aber doch etwas schwächer im Hinblick aus die feucht« Witterung. Nur Rüböl bewahrte seine festere Tendenz. Aus der SssckSNsxvelt. (Ehrenvolle Auszeichnung.) Auf der Jnterationalen Kochkunst-Ausstellung in Frankfurt a. M. wurden der Maggi-Ge sellschaft der „Große Preis", und ein von der Stadt Frankfurt a. M. gestifteter Ehrenpreis zuerkannt. Wettervorhersage der Kgl. S. Landeswetterwarte zu Dresden. Mittwoch, 25. Oktober. Süd-West-Wind. Veränderlich, mild, zeitweise Regen. Magdeburger Wettervorhersage Mittwoch, 25. Oktober. Zeitweise heiter, meist wolkiges bis trübes, früh etwas kälteres, am Tage mildes Wetter mit zeitweise stärkerem Winde, zuerst trocken, später Regen. Eine- Abend» kehrte ich etwa» spät nach Hause zurück, al« ei» offenbar angetrunkener Mensch auf mich zukam, de» ich als bald für meinen Stiefbruder erkannte, und der mich, nachdem er mir zärtlich dir Hand gedrückt, mit Augen betrachtete, die mir Graue» einflößtm. Ich bat ihn, mich nicht weiter zu be gleiten, doch mein« Bitte» bliebe« vergeblich. Dicht hielt er sich an meiner Seite und gestand mir, daß ü eine wahnsinnige Leidenschaft zu mir gefaßt habe. Außer mir vor Empörung drohte ich um Hilf« zu rufe», wen« er mich nicht verließe, ich erklärte ihm sogar, daß ich Ekel vor ihm empfände. „Ekel hast du vor mir," sagt« «r da mit einem Male i« ganz verändertem Tone, „du. die du mich um mein väterliche« Vermögen betrogen hast? Du allein bist an meinem Unglücke schuld, aber da» schwöre ich dir, ich werde mich an dir rächen. Jene» Wort sollst du nochmal» bitter bereue«!" Damit verließ « mich laut und höhnisch auflachend, wäh rend ich innerlich tief beunruhigt, so schnell ich konnte, nach Hause eilte. An demselben Abende fand in unserem Haus« «in« kl«in«r« Gesellschaft statt, und auf Wunsch der Herrin blieb ich noch längere Zeit mit in derselben. E» mochte gegen 12 Uhr nacht» sein, al» ich mein Zimmer aufsuchte, die übrigen Hau», bewohnrr hatte« sich schon längst zur Ruh« begeben. Mit der Lampe i« der Hand öffnete ich die Tür, aber da» Licht wäre mir beinah« au» der Hand gefallen. Denn dort auf dem Sofa saß mein Stiefbruder, der mich mit freundlichen Lächeln anblickte. Er hatte sich in mein Zimmer, dessen Lage er au» einer früheren Beschreibung von mir kann:,, zu schleichen gewußt und erklärte nun bestimmt, daß er hier übernachten werde, da er kein ande re« Obdach habe. Di« Bestürzung über dies« Frrchhtit und «in solche» Zu sammentreffen halt« mich meine» klaren Denken» beraubt, sonst würde ich wohl sofort um Hilfe gerufen oder ihn entschieden aufgesordert haben, sich zu entfernen. Außerdem sürchtete ich de« Skandal, und so erklärt« ich ihm d«nn, daß «r dort bl«ib«n könne, während ich nach unten gehen und auf dem Sofa die Nacht zubringen würde, womit er auch einverstanden war. E« dauerte lange, «he der Schlaf sich auf meine müden Augrn niedersenke» wollte, dann aber war derselbe um so fester. Erst gegen 9 Uhr morgen» erwachte ich, worauf ich mich eiligst nach meinem Zimmer begab, um dort unten nicht überrascht zu wer den. Natürlich glaubte ich, daß mein Bruder «och in demselben sei, dachte mir aber auch nicht» Arget, al« ich sah, daß er sich bereit« ««tfernt hatte, sondern kleidete mich au« und begab wich ,u Bette. Laute» Lärmen im Hause erweckte mich au» meinem Schlaf«. Di« Hau»srau hatt« nämlich die Entdeckung gemacht, daß man eine« ihrer Schränke erbrochen und ihre wertvollsten Schmucksachen geraubt hatte und sie kam nun mit ein« der Mägde zu mir, um mir ihren Verlust zu klage». Mei» Ent setzen über diese Mitteilung war natürlich groß, ab«r ich glaubte in Stein verwandelt zu werden, al« mit einem Male mr Magd Zigarrenrrste vom Boden meine« Zimmer« aushob, und hierauf mein« Herrin mich mit finsteren Blicken betrachtete. Da« Schreck lich«, wa« NU« folgt«, will ich nicht in all«» seinen Einzelheiten wiedergebea, ich begnüge mich mit der Bemerkung, daß ich r« dem Andenken meiner Eltern schuldig zu sein glaubte, den Bru der nicht zu verrate«, und daß di« Dam- de« Hause« zwar von einer Anzeige gegen mich absah, mich aber mit Schimpf und Schande au« dem Hause wie«. Lange dauerte e«, ehe mein« Verzweiflung einer schmerzli chen Ergebung Platz machte, und e« gelang nur nach außeror dentlichen Anstrengungen, «ine ander« Stell« zu find«», wo ich mich vorläufig geborgt» glaubt«. Eima «in Jahr war ich in dies«« Stellung, al» sich wiederum da« Verhängni« mir nahte, und zwar in der Gestalt eine« von meinem Bruder verfaßten Briefe«. Von seiner Leidenschaft sei er geheilt, schrieb er zer- knürscht und «ntschloffen, nach Amerika au»z«wandrr«, zu wel chem Zweck« er mich «suche, ihm «ine Summe von 600 Taler» zu leihe«. W igere ich mich dessen so sei « gezwungen, meiner jetzige« Herrschaft von dem Vorfall« i« Köln Mittrilung zu mach««. Da ich außrrstand« war, Emil da« gesordttt« Geld zu g«- brv, so führt« der Ruchlos« s«ine Drohung wirklich au«. D«nn « schrieb an dir Herri» de« Hause«, in welch-m ich mich befand, man zog Erkundigungen über mich rin und wrnigr Tagr spät« wurde ich entlassen. Em« schwere Krankheit, die mich dem Tode nahe brachte, war die Folge diese« Ereignisse«. Wär« ich damal« gestorben, wie viele Lasten würden mir erspart worden sei», doch da« Schicksal hatt« r« and«r« b«stimmt. Ich grna« und faßte nun den Entschluß, meinen Namen zu ändern «ad den mrinrr Mutt« anzunehmen. Da mrin Vormund, dem ich meinen Plan sowie die Gründe zu demselben wahrheit«getreu mitgeteilt, m«i» Vor haben bewilligte und mir Empfehlungen verschaffte, so wurde e« mir möglich, eine and«« Stell« »u find««, die mir jedoch weg«» dr« Charakter» der Familienmitglieder nicht zusagtr. Al« ich da« J»s«at de« Herrn von Doui»burg la«, reichte ich ein« Os. f«rt« «in und kam so nach Monrepo«. Von meintm Stiefbruder hatt« ich kurz nach mrin« Gene sung gelesen, daß man ihn weg«« Diebstahl« steckbrieflich ver folgte, im übrigen blieb « für mich verschollen, ich hörte nicht» mehr von ihm. Meine Uebrrraschung und auch meine Entrüstung waren daher groß, al» ich ihn dort ««ter den guten und von mir über alle« geliebten Menschen unter falschem Nam«n plütz. lich wieder vor mir erblickte! Ich suchte ihn auf und drohte ihm, seine ganze Vergangeuheit zu enthülle», wenn er nicht so fort di« Villa verließ«, und zähneknirschend willigte er ««blich rin. Daß mrin Brudrr die Verfolgung gegen mich nicht ein. stellen würde, dessen war ich gewiß. Wirklich erhalt ich bald darauf einen Brief, worin er mich «suchte, mit ihm an dem Tartenlore zusammenzutreffen und ihm dort 200 Taler zu über geben, sonst würde er dem Baron Enthüllungen machen. Am andern Tage brachte man Sie schwer verwundet m» Hau», ich ahnte sofort, wer der Verbrech«« s«i, und mri» Entschluß stand fest, mit dem schändliche» Bösewicht jede weitere Btrkhrang ,« vermeiden. Da kam ein »weiter Brief an mich, von ähnlichem Inhalt wie der erst««- Diesen Brief verlor ich und « mußte von ei nem Bewohner gefunden werden. Der Verlust jene« Schreiben« sowie die hieran sich knüp fenden Befürchtungen wirkten entscheidend auf mein schon lang« schwankende« Trmüt. Von all«» drnjrnig«n, w«lche mir bi» da hin mit unbrgrenztrn Vertrau«» beg«gn«trn, mich persönlich recht- s«tig«n zu müssen, um dann vielleicht mit Zweifel und Nicht achtung von Ihn«» angesehen zu werden, der Tedanke war mir entsetzlich. (Schluß folgt.)