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Pulsnitzer Mck endlatt Donnerstag, 28. September 1911. Beilage zu Nr. 116. 63. Jahrgang. OertUcbss und Sücksisckes. — (Der Lande-.Obstbauverein für das Königreich Sachsen) hält am Sonntag, den 1. Okt. dS. IS., vormittags 11 Uhr beginnend, in Dresden im VortragStragSsaalderJnternationalen Hygiene-Ausstellung Dresden 1911 seine diesjährige allgemeine Mitglieder. Versammlung ab. Den Hauptvortrag über „Obstoer wertung und Hygiene" hat Herr Dr. Kochs, Berlin, über- nommen. Nach der Versammlung findet ein Rundgang durch die Ausstellung statt und am 2. Oktober wird der Obstbau in Dresdens nächster Umgebung besichtigt werden. Die Mitglieder des LandeS-ObstbauvereinS haben sür sich und ihre Angehörigen nur den halben Eintrittspreis in die Ausstellung zu bezahlen. Eintrittskarten sind am Haupteingang Lennestcaße, zu haben. — (Bei derKöniglichSächsischenAlterS- rentenbank in Dresden) sind die Einlagen von rund i 87 7000 Mk. im Jahre 1908 auf 2 16 5000 Mk. 1909 und 2 614000 Mk. 1910 gestiegen. Die von ihr gezahlten Renten sind von rund 2 9b 4000 Mk. 1908 auf 2 99 4000 Mk. 1909 und 3 06 1000 Mk. 1910 gewachsen. Die starke Inanspruchnahme der Bank liegt in der be- sonderen Sicherheit begründet, die dadurch geboten wird, daß der sächsische Staat sür die Verbindlichkeiten der Bank hastet. Renten können bei ihr erworben werden sür König!. Sächs. Staatsangehörige, selbst wenn sie nicht in Sachsen wohnen, und für andere Deutsche, wenn sie mindestens seit 3 Jahren ihren Wohnsitz im Königreiche Sachsen haben. Die Kapitale werden entweder unter Verzicht oder unter Vorbehalt eingezahlt. Ein vorbehal tenes Kapital wird nach dem Tode der Versicherten un- verkürzt zurückgewährt. Der Rentenlauf beginnt nach Wahl des Einlegers entweder alsbald nach der Einzahlung oder erst nach Erfüllung eines gewissen Lebensjahres. Ran unterscheidet daher „sofort beginnende" und „aufgeschobene" Renten. Ueber die Einrichtungen der Bank und ihre Rentensätze werden von der AlterSrentenbank (Dresden-A., AntonSplatz 1) und ihren in den größeren Orten Sach. sensbestehendenAgenturenunentgeltlichSchriften abgegeben. — (Der Wtnterfahrplan) der sächs. StaatS- bahnen tritt am 1. Oktober in Kraft. Er bringt in den Verkehrszeiten der Züge auf der Linie Kamenz—Arnsdorf gar keine Aenderung. Vermischtes. * (DieKrinolin «kommt!) Dem „Berl, Lok -Anz." wird geschrieben: „Also die Krinoline kommt, kommt dies mal wirklich und wahrhaftig und erscheint nicht nur als Schreckgespenst für ängstliche Gemüter, wie vor (Zähren, als ihr Erscheinen vorsichtig angekündigt wurde. Damals konnte die Neigung unserer allen, braven Annoline zu einem neuen Dasein zu verhelfen, noch im Reime erstickt werden, und be freit atmeten die unter der Tyrannin „Blöde" seufzenden auf, weil sie nicht nölig hatten, sich in die Neifenmaschine einzu- zwängen, vielleicht auch, weil damals en e einzige der Pa //S/6/7 V0/7 Lage tn diesen schwierigen Zeiten nicht ungefährdet ist, wohnen meist in der von herrlichen Palmenhainen bedeckten Umgebung der Stadt. Vie Sladl Tripolis, die Hauptstadt des in unseren Tagen so viel umstrittenen nord- afrikanischen Gebietes, zählt nach den letzten Statistiken 40 000 Einwohner. Die Stadt liegt auf einer Landzunge, die in das Mittelmeer hinetnragt. Hohe Mauern umgeben das Stadt gebiet. Die Straßen sind eng, aber ungemein belebt, denn der ganze Handel TripolitanienS hat hier seinen Sitz und seinen Hasen. Der Hafen gilt allerdings nicht als sehr sicher. Die Majorität der Bewohner gehört dem JSlam an, doch leben in Tripolis meh rere tausend Malteser und Ita liener. Die italienische Regierung unterhält seit langem in Tripolis mehrere Schulen und eigene Post- ämter. Die in Tripolis lebenden wohlhabenden Europäer, deren riser Modeköniginnen die Rrinoline nicht wollte, wurde der strikte Gegensatz als Llou proklamiert, und wir bekamen die „schlanke Linie", die ihren Höhepunkt in den Rockfutteralen erreichte, deren wir uns in diesem Sommer noch erfreuen durften. Und nun kommt die Urinoline! Vorsicht spähend hieß es erst: „Der Rock wird etwas weiter getragen wer den", und da dieses Programm angenommen wurde, gingen die pariser Modeherrscher einen Schritt weiter und schufen die neue Minolinenmode. Und bei einer der nächsten gro ßen Premieren werden wir den ersten Rrinolinenrock für die Saison l9ll/s2 zu sehen bekommen. Das wird eine Freude sein, wieviel Erinnerungen wird die moderne Frau mit dem alten Rrinolinenrock wachrufen! Längst vergessene Bilder werden aufsteigen, und wir können vielleicht wähnen, daß die verblaßten Bildnisse unserer Großmütter lebendig gewor den sind. Sns ungeheuerliche wird sich die Urinoline up cko äste jedenfalls nicht verlieren; dieser Sorge find wir wahr scheinlich ledig, denn eine Dame mit einer richtigen Rrino- line — so von oben bis unten in einem Reifrock stehend, könnte ja gar nicht in die Logen unserer Theater hinein. Und dann würde die Urinoline in den Logen jedenfalls auch polizeilich verboten werden." * (Wunderliche Ovationen.) Bekanntlich kön» nen sich die tschechischen Politiker darin nicht genug tun, um die Gunst der Frew en zu buhlen, namentlich soweit sie nicht Deutsche sind. So waren auch für die Londoner Stadtväter, die dieser Tage von Wien nach Prag kamen, Ovationen und prunkende Festlichkeiten in der böhmischen Hauptstadt vorbereitet, welche eine möglichst große Vor stellung von der Bedeutung der Stadt und der tschechi- schen Gastlichkeit vermitteln sollten. Dabei ereignete sich ein außerordentlich pikanter Zwischenfall, der der „Frankf. Ztg." berichtet wird. In den Morgenstunden des Em- pfangStageS hatten in Prag, wie in Wien, stürmische Teuerungsdemonstrarconen stattgefunden, bei denen auch einzelne Redner dagegen aufgetreten waren, daß der Pra- ger Stadtrat kostspielige Schmausereien veranstaltete, wäh rend das Volk Hunger leide. AIS nun am Abend die Engländer aus der Bahnhofshalle traten, halten sich zur Begrüßung neben den befrackten Herren und eleganten Damen der tschechischen Gesellschaft einige hundert Un zufriedene eingefunden, die in die Harmonien der Begei- sterung mit der schrillen Dissonanz wütender Hanba-Rufe (Hanba — Schande) etnfielen. Die guten Engländer, die wohl gelegentlich Arabisch oder Hindostanisch verstehen, haben eS anscheinend im Tschechischen noch nicht sehr weit gebracht. Sie faßten daher die geballten Fäuste und geschwungenen Stöcke, die das Heulen der Menge beglei teten, al» spezifische Eigenart des Prager Willkomm» auf und dankten lächelnd und grüßend für den Empfang. Auch vor den Hotel», in denen die Gäste abstiegen, dauer ten die Demonstrationen fort. „Gebt un» zu essen! Nie der mit den Ban'ettierern!" tönte eS zu den Fenstern Fell« Interessentin verlang rmr Orientierung öder ciie neue No6s 6er neuen 8eison: 861 Nennung äi6868 8ILN68 uru80N8t unä p08tkrei von Itsnnsr, Orseäsn-^. Hedwig. Kriminalroman von G. v. Stramberg. ,3 (Nachdruck verboten.) „Die Welt urteilt über «inen Menschen in der Regel nur nach dem, was fit von anderer Seite über ihn hört, sodaß ich fast sagen möchte, ein ganz selbständige«, allein aus objektiver Menschenkenntnis snvorgehendeS Urie ! sei kaum denkbar. Da aber di« Welt weit mehr zum Schmähen und Tadrl« al« tum Loben und Achten geneigt ist, so wird es erklärlich, weshalb da« Leben«glück so viel« Menschen häufig nur von einer bösen Zunge abhängt.- „Ein verläumd,rische, Wort au« gifterfüllter Seele gespro chen, kann genügen, um den «insten und besten Menschen für ewig« Zeiten zu brandmarken, seiner ganzen Existenz einen Makel anzuhesten. von dem ihn nicht« mehr rein waschen kann. Der schwache Charakter geht dann ost zu Grund« unter diesem Fluche, der auf ihm lastet, der stärker« dagegen erträgt ihn wohl, aber auch er muß zum wenigsten dort sein Dasein führen, wo jen« Verleumdung noch nicht hingedrungrn ist, und wenn «, auch im Bewußtsein seiner Unschuld da« Haupt nicht niederbeugt, seine Freude am Leben ist doch dahin, seine Hoffnungen auf die Zu. lunft sind sür immer vernichtet und zertrete»? Der schwermütige Ton in der Rede Hedwig« war Van der Loo nicht entgangen. Mit einem Ausdrucke so herzlich, wie man hm, dem abgeklärteren und etwa« raukIN Mann nicht hätte zu. trauen sollen, erwiderte er: „So berechtigt auch im Allgemeinen Ihre Aeußerunge» find, mein Fiäulei», so glaub, ich mir aber doch die Bemerkung er* lauben zu dürfen, daß Sie di« Verdorbenheit der Welt in einem zu düsteren Lichte seh«»- Nicht jeder läßt sich in seinem Urteil« über And«« ohn« wtüerr« durch di« Aussagen eine« verleumd«« rischen Munde« b:stimm«n, denn nur der schlecht« M«nsch ist stet« «'neig», do« Schlechte von slrnrm Nächsten zu glauben. Für mich ist stet« d«r erst« Eindruck, den jemand auf mich macht, entscheidend, ist dieser Eindruck ak:r einmal ein günstiger gewesen, so würde ich j«de, gehässig« und nicht auf der Stelle bewiesen« Wort g«g,n d«n Betroffenen so aufn«hmrn, wi« «in solche« ,« verdient, nämlich al« de» Ausdruck einer niederen Gesinnung, die ich unter krinen Umständen um mich zu dulden gewillt wäre." Wiederum traf ihn, als er geendet, derselbe dankbare Blick au« den Augen Hedwig», der ihm da« Blut schneller durch die Adern trieb, und er wär«, um abermal« «ine» solch«» teilhastig zu werden, wahrscheinlich noch weiter in seinem Thema fortge fahren, wenn nicht d«r Baron mit einem Male lachend aukgr- rufen hätte: „Aber um Himm«l« Willen, mein lieber Van der Loo. weihalb führen wir eig«»tlich diese furchtbar ernste Unterhaltung? Ma« sollte meinen, da« größte Unglück wa« sich denken ließe, wäre un» zugepoßen, und doch können wir all« froh s«in, daß wi, jene» Schurken so billigen Kaufe« lolgeworden find. Ich glaub«, d«, Te« trägt die Schuld an unserer weltichmrrzlichrn Stimmung, und daher «scheint e» mir an der höchsten Zeit, daß derselbe durch ei« animirendere« Getränk ersetzt wirdr.- Doch auch nachdem der Wri» aufgelragen, wollte keine recht« F,öhlichk«it Platz gr«tf«n. Die letzten Ereignisse lagen wie ein drückender Alp auf den Gemütern, und mochte auch d« Hauitherr sich die größte Mühe gebe», um die Anwesenden auf. zuheitern, so blieb doch di« Stimmung «in« zirml-ch rinfilbig«. Von dr« Dam«n trank j«dr rin Gläschrn Wei», um, wi« die Baronin sagte, die Herrin in ihrem Vergnügen nicht zu Sören. Di« Letzt««« bli«b«n dann auch noch b«i dim W«i«, und Zigarren dr» Baron« zurück, währ««d sich jrnr nach ihr«, S«. mäch«n zurückzogrn. »Wenn du noch nicht schläfrig bist,- sagtr Sophie, nachdem dir Baronin drn bridrn Mädchrn gut« Nacht gewünscht, zu Hrd- wig, „so möchte ich dich wohl nach deinem Zimmer begleiten, um mit di, ungestört «och «in wenig plaudern zu können." „E» wird «och lang« währ«n, bi« ich «inschlafr« kann,' sagte diese etwa« melancholisch lächelnd, und außerd«« ist mir deine Gegenwart ,« jede, Zeit sehr angenehm." So stiegen die bride« Freundinnen die Treppe hinauf zu Hedwig« Zimmer, welch«, recht behaglich durchwärmt war. — Dort ließe» fit fi4 »«beneinand« auf dem Sopha »ied«, und nun schlang Sophie den Arm um den Hal« der Hidwig und sprach: „Den ganze» Abend schon ist mir ungefähr zu Mut«, a!« sei ich rin« furchtbare» Gefahr nur mit knapp« Not «atronnrn. Dirsl» Gefühl jedoch, anstatt mich froh und zuvrrfichtlich zu mache«, drückt mich darnieder und beängstigt mich in unbeschreib lich« Weise. Den» r» schwebt mir beständig da« Bewußtsein vor der Seele, al« könne jene Gefahr von neuem und in noch weit schrecklicherer Weise üb« mich hneinbrrchen. Ich grsteh« k« dir, daß ich einmal eine Art Empfindung gehabt habe, al« liebte ich jenen Mensche», doch jetzt fürchte und verabscheue ich ihn, und schon der Gedanke, daß er mir nochmal« vor Augen treten könne, flößt mir Entsetzen ein. Wie recht hattest du, al» du mich vor ihm warntest, und doch konnte ich damal» «iß- trauisch und selbst — eifersüchtig gegen Dich werden, gegen dich, meine teuer« und rinzig« Hedwig l Auch dies« Gedanke schmerzt mich tief, und « wird nicht aushöre« mich zu peinige« — bi» du mir zugefichert hast, daß du mir von ganzem Herzen verzeihe» willst. Darum bitte ich dich jetzt recht inständig, denn stehe, ich bi« ja noch so unerfahren auf der Welt, und mein, Verirrung dir gegenüber entstand sicher nicht au» bösem Will«»." Hedwig küßt« da» jung« Mädchrn liebreich aus di« Stirn und nwidttte: »Wir kannst du nur denken, daß ich dir «inen einzige» Augenblick gezürnt hätte, kleine Schmeichlerin! Nicht» al» die schreckliche Angst hab« ich empfunden, daß d« unheilvolle Mensch, deine Unerfahrenheit mißbrauchend, dich durch seine vrrkockenden Worte betören könne, und dies« Gedanke ließ ein and«», Ge- fühl gar nicht bei mir auskommen. Wa» in meinen Kräfte» stand hab« ich grta«, um üb« dich ,« wach««, und wär« nichn d« frrmde Herr zur rechte» Zeit erschienen, so hätte ich den Elenden gezwungen, diese» Hau», dessen Frieden «r zu stören trachtete, zu verlassen." „Besitzest du denn einen solchen Einfluß auf ihn?" „Erlasse mir dir Beantwortung dieser Frage," versetzt, Hedwig etwa» verwirrt, ,e» genüg« dir, zu wissen, daß mein« Wort« die volle Wahrheit enthalte», und daß er mir bereit» vrrfprochen hatte, spätrsten» bi» morgen abzurrisl». Da» v«. trau« ich dir all«» an, lieb« Sophie, well ich weiß, daß du mein« Mitteilung«« al» ri« strrnge« Teheimni» in dir v«. schlirßr« wirst." „Sri dtffe» v«fich«t. Doch »unmthr bitt« ich dich auch, drinrm früh«,« Versprrchen »achzukommrn und mir p» «zähl«, wi« du M» M«»schr» seia«s«it» knarn grl«nt hast, «nd i»