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Pulsnitzer MckendlaN §ernfprecher. Nr. 18. DszirKS-HnzeigSk ?elegr.-fldr.: Wochenblatt Pulsnitz erscheint: Dienstag, Donnerstag ».Sonnabend. kmls des l^ömgl. Amtsgerichts und des Stadlrates zu Pulsnitz Zeitraubender und tabellarischer Satz nach be sonderem Tarik. Erfüllungsort ist Pulsnitz. Inserate für denselben lag sind bis vormittags lo Uhr aufzugeben, vis Mnk mal gespaltene Zeile oder deren Naum t2pk., Lokalpreis t v pk. Reklame 25 Pf. Sei Wiederholungen Rabatt. Abonnement: Monatlich 45 pk., vierteljährlich Mk. 1.25 bei kreier Zustellung ins Saus, durch die Post bezogen Mk. 1.41. Mit .lilustr. Sonntagsblatt", „Landwirtschaft- ilcher Beilage" und „§ür Saus und Berd". und Zsttung blatt 6mtc:blL>tt kNr- umfassend die Ortschaften: Pulsnitz, Pulsnitz M. S., Vollung, Srotzröhrsdork, Bretnig, Sauswaide, Ohorn, Obersteina, Nieder- ff »11eer) vtutt lUl OVIl slllltÄglitlLl^ steina,Weiszbach,Ober-u.Niedsrlichtenau,§riedersdorf-l'hiomendorf,Mittelbach,Srotznaundork,Lichtenberg,k^Iein-vittmannsdork. Verantwortlicher Nedakteur: Z. XV. Mohr in Pulsnitz. vruch und Verlag von E. L. §örster's Erben (Inh. I. W. Mohr). Expedition: Pulsnitz, Nismarckplatz Nr. 265. Ar. 107. Donnerstag, dm 7. Septemker 1911. 63. Jahrgang. Das Wichtigste. In dem Prozeß des Königs von Sachsen gegen Karl Burrian wird die Hauptverhandlung am 19. Sep tember stattfinden. An den Kaisermanövern 1912 werden, wie verlautet, die beiden sächsischen Armeekorps teilnehmen. Ingenieur Richter ist von Saloniki nach Jena abge reist. Der Preis des Pilsener Bieres soll um zwei Kronen pro Hektoliter erhöht werden. Ein türkisches Blatt meldet, daß daß deutsche Kaiser paar im kommenden Frühjahr dem Sultan in Kon stantinopel einen Besuch abstatten werde. Die „Nordd. Allg. Ztg." äußert, daß bei den jetzt wieder aufgenommenen Verhandlungen über Marokko mit einem glätteren Fortgang als vor der Pause gerechnet werden könne. Erzherzog Franz Ferdinand hat gestern morgen Kiel verlassen. Die christlichen und nationalen Arbeiterverbände er lassen eine Kundgebung gegen die sozialdemokratische Agitation für den Massenstreik. Bei Compiegne wurde ein Deutscher, angeblich ein ge wisser Richter aus Dresden, unter der Beschuldigung der Spionage verhaftet. In Brüssel sind 2000 Fleischer aus dem Industrie gebiet angekornmen, um die dortigen Kollegen zum Streik zu veranlassen. Sie WMMlen in KMW. Die Weltgeschichte zeigt wieder einmal, daß Frank reich daS Land der Ueberraschungen ist, und das gegen wärtig in der Zett der ernsten Marokkokrisis die franzö sischen Volksmassen Hungerrevolten in etwa 36 Städten in Szene gesetzt haben. Man ist ja geneigt, diese Revolten lächerlich zu machen und als einen Butter-, Eier, und Käsekrieg der französischen Hausfrauen hinzustellen, aber man muß doch bedenken, daß hinter den französischen Hausfrauen der unteren Volkskreise auch die Arbeiter mit der schwieligen Faust standen und daß sich vor allen Dingen auch neben den Bergleuten, den Maurern, den Zimmerleuten und anderen Handwerkern auch die in der Landwirtschaft angestellten Personen an den Revolten be teiligt und die Läden geplündert haben. Diese revolutio näre Bewegung hat auch offenbar einen anarchistischen Karakter, und sie beweist auch, daß die Zahl der Anar chisten in Frankreich eine sehr große sein muß. Die französischen Anarchisten und Erzradikalen haben ja auch einen Führer, den Monsieur Uv-tot, der unter dem Zep ter der radikalen demokratischen Freiheit in Frankreich seine Hetzereien so ziemlich ungestraft in allen französischen - Städten und Dörfern loSlaffen kann. Wo Monsieur Avetot sich nur zeigt und seine Brandreden gegen die Lebensmittelpreise angeblich in die Höhe getriebenen ReaierunaSgesttze und Maßregeln der Kapitalisten hält, entsteht sofort ein kleiner Ausstand, die Polizisten werden geprügelt und die Läden geplündert. Französische Kaval- lerie muß dann erscheinen und die Straßen von den Aufständischen und Tumultanten wieder reinsegen. Je- densallS sieht man aus dieser ganzen Erscheinung, daß die sozialen Verhältnisse in Frankreich sich derartig ent wickelt haben, daß die französische Republik vor dem Ausbruche der großen roten Revolution stehen kann, wenn die Roten und Radikalen in Frankreich große euer- gische Führer besitzen sollten. Die demokratische Freiheit hat in Frankreich den Radikalismus und Sozialismus sehr groß werden lassen, und die radikalen Parteien der französischen Republik haben sich derartig entwickelt, daß sie geistige Waylverwandte der Sozialisten geworden sind. Bekanntlich werden ja auch schon seit Jahren aus den Reihen der Radikalen und Sozialisten in Frankreich ein zelne Minister gewählt, wei. sich die Regierung mit aus diese mächtigen Parteien stützen muß. So ist es eigent lich gekommen, daß man in Frankreich nun entweder einmal einen praktischen Versuch mit der Einrichtung sozialistischer Gesellschaftszustände machen oder sich in das bittere Schicksal finden muß, daß der Radikalismus und Sozialismus die Grundfesten des französischen Staates zu untergraben droht und deshalb energische Gegenmittel angewandt werden müssen. Zur Zeit der Napoleone wäre da ein frischer fröhlicher Krieg gegen Deutsch, land wohl ein beliebtes Ankunftsmittel gewesen, aber man muß Heutezutage sehr daran zweifeln, ob sich die französische Republik zu diesem „Wa banque-Spiel" ent. schließen wird, denn es ist bis jetzt kein großer General in Frankreich entdeckt worden, der wieder den Napoleon spielen kann, auch muß die französische Republik befürch. ten, daß ein glücklicher und siegreicher französischer Ober- general sich wieder zum Kaiser auSrusen läßt und die Republik kurzerhand umstößt. Die Leidenschaften der französischen Volksmassen sind in allen kritischen Zeiten auch stets ganz unberechenbar und wenn auch der natio nale Ehrgeiz in allen französischen Volkskreisen noch ein wichtiger Faktor ist, so könnte doch auch sehr leicht der Umschlag nud die Revolution im Innern kommen, wenn die französischen Heere eine Niederlage erleiten sollten. Die Hungerrevolten in Frankreich haben also jedenfalls für die Beurteilung des französischen VolkSkarakterS ge- rade für die Gegenwart eine sehr schätzenswerte Jllustra. tion geliefert, die in der politischen Welt sehr beachtet werden wird. OerMcvss und Sücdflfcbos. Pulsnitz. (Wie wird da- Wetter am Sonn tag sein?) Noch immer sind die Aussichten auf Regen sehr geringe, wenngleich schon tiefere Depressionen über Nordeuropa dahingehen. Aber Zentraleuropa bleibt meist von hohem Druck überdeckt und gewöhnlich entwickelt sich schnell wieder ein Zentrum über Mitteleuropa, das die Zuführung wasserreicher Lustmassen verhindert, wenn nicht da» ganze Hochdruckgebiet ohnehin ziemlich rasch ostwärts wandert. Sehr leicht ist dann auch bei günstiger Druck- Verteilung die Hitze wieder bei der Hand, wie uns der Sonnabend und Sonntag bewies, wo nochmals Nach- Mittagstemperaturen von bis 34»O oorkamen. Zunächst wird der Einfluß de» „Hoch" noch überwiegend bleiben und da über Nordamerika auch weiter dahingehende De- pressionen nur etwas Fernwirkung auSüben, sodaß der Sonntag teil» heitere», teil» wolkige», am Tage ziemlich warme» Wetter und nur ganz vereinzelt Regenschauer bringt; der Wind wird lebhaft sein. — Bald wird uns der Sommer verlassen, schnell tritt dann der Herbst seine Herrschaft an, um uns hinüber zu gebieten nach dem Winter. — (Das Wetter im diesjährigen Sep tember.) Unser Wetterprophet hatte uns für den dies jährigen August heiße Tage prophezeit und er hat recht behalten, denn schon in den Morgenstunden einzelner Augusttagen hatten wir in deutschen Landen eine Tem peratur, die die gleiche war wie zu Nizza, Rom und Brindisi. Unser Wetterprophet meldet un» nun, daß auch der September uns noch recht warme Tage bringen wird. Insbesondere die erste Dekade de» September» soll noch recht heiße Tage zeitigen. In der zweiten De kade soll eine Abkühlung stattfinden, sollen Tage in Erscheinung treten, die un- daran mahnen, daß der Sommer von uns scheiden will. Immerhin sollen es nur wenige Tage sein, die einen herbstlichen Charakter ausweisen. Die letzte Dekade des Septembers soll an nähernd gleich hohe Temperaturen, wie die erste zeiti- gen. Nur die letzten Septembertage sollen trübe und regnerisch sein. Also der September soll gleich dem August nur wenig Regen bringen. Dar wäre für un sere Garten- und Feldwirtschaft, die ja schon im August infolge nicht genügender Regenmengen schwer litt, aller dings sehr bedauerlich. Behält unser Wetterprophet recht, dann werden wir ja auch im September wesent lich die DurchschnittStemperaturen, die sich gemäß den wissenschaftlichen Feststellungen stellen für Hamburg auf 13,8 Grad, für Berlin auf 14,9 Grad, für München auf 12,9 Grad, für Karlsruhe auf 14,8 Grad, für Stuttgart auf 1S Grad, für Wien auf 15,8 Grad und für Basel auf 15 Grad für September. Pulsnitz M. S. (DieGemeinderätezuPulS- nitz M. S. und Vollung) beschlossen in einer ge- meinschaftlichen Sitzung, dem Sparkassenverbande Lichten berg und Umgegend, mit dem Sitze in Lichtenberg, bei zutreten. Ferner beschloß der Gemeinderat zu Pulsnitz M. S. nach längerer Debatte für eine durch die Flurstücke 84 und 85 führende, 85 m lange und 7 m breite Straße seitens der Gemeinde das Baumaterial zu liefern und die Schleuse zu bauen. Die Fertigstellung der Straße übernimmt Herr Zimmermeister Gräfe. Schließlich wurde noch ein Beschluß herbeigeführt, nach welchem der bisher an den verstorbenen Fuhrwerksbesitzer Schwarzsack ver pachtete Platz nicht weiter verpachtet werden soll. Bretnig. (Lausitzer Radfahrerbund.) Sonn, tag, den 10. September, von nachmittags 3—5 Uhr wird in Oberneukirch die Meisterschaft de» Lausitzer Rad- sahrerbunde» im Langsamsahren auSgesochten. (Strecke: 50 m lang und 1 m breit.) Der beste Fahrer erhält die goldene Meisterschaftsmedaille. — Wie wir hören, werden sich auch Mitglieder des hiesigen RadsahrervereinS an diesem höchst interessanten Fahren beteiligen. — (Eine schlichte, aber eindrucksvolle Feier) vollzog sich am vergangenen Sonntag in der Behausung de» Herrn PrivatuS Bossomaier in Rade- beul, Albertstraße. Auf eine 30 jährige Dienstzeit bei einer Herrschaft konnte die in der Familie B. bedienstete Hulda Oswald (gebürtig aus Bretnig) zurückblicken, und ihrer Treue und Hingabe, ihrer Anteilnahme an Freuden und Leiden der Dienstherrschaft eingedenk, war Herr Bossomaier um eine offizielle Anerkennung für die brave Hausgenossin bemüht gewesen. Diese — das trag, bare Ehrenzeichen für Treue in der Arbeit — ward der Jubilarin nun am Sonntag von Herrn Gemeindevorstand Werner unter einer ehrenden, den Anlaß zu dieser Feier würdigenden Ansprache überreicht, nachdem ein Männer. Quartett „Das ist der Tag der Freud" vorgetragen. Die alte Mutter der Jubilarin au» Bretnig, Familienange hörige, unter ihnen die hochbetagte Frau Pastor Ziegler und Befreundete des Hauses, wohnten der Feier bei. Nachdem H;rr Pastor einer. Unger in einer Urs empsun- denen Ansprache an Fräulein Oswald deren Stellung in der Familie beleuchtet und Herr Bossomaier unter Ueber- reichung von Geschenken der Jubilarin Dank und Glück wunsch ausgesprochen hatte, beschloß abermaliger Quar tettgesang die Feier. Kamenz. (Waldbrand.) Dienstag nachmittag ist in den Waldungen des Herrn Rittergutsbesitzers v. Zen ker auf Gersdorf südlich vom Gersdorf - Boderitzer Wege an der Wohlaer Reviergrenze ein Waldbrand entstanden, durch den etwa eine Fläche von ungefähr 7000 qm 35- jähriger Kiefern- und Fichtenbestand vernichtet worden ist. Der Brand ist durch Knechte, die in der Nähe des Wal- des gefrühstückt haben, verursacht worden. An der Brand- stätte waren die Freiwilligen Feuerwehren von GerSdorf, Ntedersteina, Rehnsdorf mit Ländchen Wohls und Elstra erschienen. Auch viele Bewohner au» den naheliegenden Ortschaften beteiligten sich tatkräftig an den LöschungS- arbeiten. Die Bemühungen waren auch endlich von Er. folg. Trotzdem beträgt der entstandene Schaden, soweit bis jetzt ersichtlich, immerhin 600 bi» 700 Mark. Ottendorf-Orkrilla. (Die Maul, und Klauen, seuche) ist in unserem Orte nunmehr erloschen, und damit sind die angeordneten Schutzmaßregeln für die umliegenden Ortschaften auch aufgehoben. 82K. Dresden, 6. September. (Ein düstere» Kapitel.) Auch im vorigen Jahre ist die Zahl der Lebensmüden wiederum leider eine sehr große gewesen. Nach Mitteilungen des Kgl. Sächs. Statistischen Landes- amteS sind im Jahre 1910 in Sachsen nicht weniger als 1521 Personen und zwar 1163 männlichen und 358 weib- lichen Geschlecht» freiwillig au» dem Leben geschieden, gegen 1466 im Vorjahre. Selbst die Zahl der jugend lichen Selbstmörder hat, wenn auch nur eine geringe Zu nahme erfahren, denn es machten in Sachsen 20 Knaben und 7 Mädchen gewaltsam ihrem Leben ein Ende. Be- merkenswert ist dabei, daß Chemnitz und Leipzig die mei. sten jugendlichen Selbstmörder, Chemnitz 7 Knaben unH 2 Mädchen, Leipzig 7 Knaben und 1 Mädchen, aufweisen während in Sachsens Hauptstadt 6 Selbstmörder, 4 Kna ben und 2 Mädchen, aus dem Leben schieden. Im übrigen verteilt sich die Zahl der Selbstmörder auf die einzelnen Kreishauptmannschaften wie folgt: Kreithauptmannschaft Bautzen 90, Kreishauptmannschaft Chemnitz 279 (darunter Stadt Chemnitz 80), Kreishauptmannschaft Dresden 473 (darunter Stadt Dresden 179), Kreishauptmannschaft Leipzig 432 (darunter Stadt Leipzig 205) und Kreishaupt mannschaft Zwickau 247 (darunter Stadt Plauen 42, Stadt Zwickau 19). Forscht man nach den Beweggrün- den, die jene 1521 Unglücklichen in den Tod Meben, so so ist nach polizeilichen Ermittelungen sestgestellt worden, daß bei 171 Selbstmördern Geistes- oder Nervenkrankheit und bei 262 körperliche Leiden, die Ursache des freiwilligen