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Pulsnitzer MckenblaN Dienstag, 15 August 1911. Anlage zu Ar. 97. 63. Jahrgang. OertUcvss unv Sücdsrfcdss. — (Falsche Hundertmarkscheine!) Bei ei ner Kassenstelle in Leipzig ist vor kurzem eine falsch- Note der Reichsbank über 100 M in Umlauf gebracht worden. Die täuschend nachgeahmte Note trägt die Nummer 3 817 463 I). Sie ist auf dem Wege des Licht- und Stein- drucks hergestellt. Auffällig an der falschen Note sind be sonders die stärker hervortretende Schraffierung und die auf der linken Seire in das Papier eingestreuten Fasern, die gegenüber den echten Noten eine mehr eckige Form haben und zu deutlich heroortreten. Weiter find auch die Stempelaufdrücke und die rot eingedruckten Nummern der falschen Note mehr in rosarot gehalten, während die selben Bezeichnungen auf den echten Noten eine bräun liche Färbung zeigen. Bet Annahme von Noten, welche solche Unterscheidungsmerkmale tragen, dürfte daher Vor sicht geboten sein. — (Die abnehmenden Tage.) Im August merkt bereits ein weniger aufmerksamer Beobachter, daß die Tage abnehmen. Die Tagesspanne, die zu Johanni 16 Stunden 37 Minuten betrug und am 1. August noch 15 Stunden 30 Minuten umfaßte, ist zu Ende des Mo nats auf nur noch 13 Stunden 40 Minuten gesunken. Also beträgt die TageSabnahme in den 31 Tagen diese» Monats schon 2 Stunden weniger 10 Minuten. Am 24. August vormittags 8 Uhr tritt die Sonne in da» Zeichen der Jungsrau Vollmond hatten wir am 10. August, und zwar sind dann bet klarem Wetter schöne, Helle Nächte zu erwarten, die bis zum Morgen dauern. — (Spätsommers Anfang) Vollmond ist diesmal von großer Hitze begleitet gewesen, sodaß, wenn die Bauernregeln recht haben, wir bi» zum nächsten Neu mond die Tropenglut noch ertragen müssen. Ein schwa cher Trost, wenn wir un» in einem Anflug von Galgen humor sagen, daß wir durch die bisherige Hitze eigent- lich schon genügend durchgebraten sind, sodaß uns weitere» Rösten nicht mehr rühren kann. Die Hundstage scheinen kein Tüttelchen ihre» kalendermäßigen Rechter Nachlassen zu wollen. Ob der Winter d ermal kalt oder warm wer den wird, darüber liegen noch kerne Prophezethungen vor, wenn man nicht die Ansicht, daß heißen Sommern milde Winter folgen, gelten lasten will. Die Gänsebrustknochen, deren Durchsichtigkeit ein untrügliche» Zeichen für die Härte des Winter» sein soll, lasten vorläufig noch keine sichere Deutung zu. 82K. Dresden, 13. August. (Empfang einer Abordnung de» sächsischen Saalinhaberver- bandeS imMinisterium deSInnern) In Ver- tretung de» StaatSminister» Grafen Vitzthum von Eck- stäkt empfing Ministerialdirektor Geheimrat vr. Rumpold vor kurzem eine Abordnung deS Vorstandes des LandrS- verbandeS der Saalinhaber im Königreich Sachsen, um betreffs Abänderung der Verordnung über die Feuersicher heit der Theater usw. vom 1. Juli 1909 mit den führen den Persönlichkeiten au- dem Gastwirts- und Saaltnha- bergewerbe zu verhandeln. Die zwischen den Vertretern des Verbände- und dem Vertreter des Kgl. Staat-mini- steriums gepflogenen mündlichen Verhandlungen erstreck- Der stil'le See. Roman von H. CourthS-Mahler. ro (Nachdruck verboten. -»Die deckt sich mit der de» Autor«." „Also auch du glaubst, der Wille zur Liebe genügt nicht, «M Lub, zu empfinden?" ,J«, ich bin über,rügt, di, L eb, stirbt am Zwang." Er stand auf und trat an» Fenster. Si« preßt« hinter seinem Rücken die Hände fest auf« Her, und schloß eine» Mo« ment die Augen. Nach einer Weil« wandte er fich wieder um, scheinbar in rukia gleichmäßiger Stimmung. Gestatte, daß ich mich jetzt entfern«, ich muß auf die Felder. Du wirst wohl für H'ld«» Besuch einig, Vorb,r,itung«n treffen ""^Dann adieu bi» heute mittag." Er küß', ihr wie immer beim Fortgehen di, Hand und ging. Ramiro hatte heute all, Veranlassung, »»^ .u sei» mit stmem Herrn. E.nmal muß', « "ld« H-st °°^ stürmen, dann erschlosst«« plötzlich di, da« Werd A- st.ll stehen können, ohn, daß e« Han» Rochu« gemerkt HLti«. Schiedlich „«»fiel «r in «inen «ngltichmäß grn Trab, bl« er unten am See H'ld. «an,heim halt« mit Freude« di, Enladung angr. l°»aw„lt, fich ,um Sterben in ihrer engen st'lle« Siadiwohnung. und ih« Mutter macktt« ihr durch Sr'll«» und Vorwürfe da, 2'^» »Ur inal. D„ Generali» konnte <» H'ld« nicht v-r,eihen, daß st« fich ^«h Leichtsinn die glänzend« Verbindung verscherzt halt«. * " ' Al« ob Hilde fich »ficht selbst genug Vorwürfe gemacht hätte, mit fich und der ganzen Welt. " 8° begrüßte sie die Enladung nachR°ch,b„g mit Freuden- Aus Ruth irgend welch« Rücksicht zu nehm««, fiel ihr nicht «in- Im Grund« mach.« fi« di«s« nicht auSstehen. E« könnt, d,r langweilig««, fischblütig«» „Kräm««toch'tr" gar nicht« schaden, wrn» fi« ,i» bt»ch«n au» ihrer Ruh, aufgeschrucht wurd«. ten fich auf die Abänderung der Verordnung über die Feuerstcherheit der Theater, öffentlichen VersammlungS- räume rc. vom 1. Juli 1909 und zwar insoweit, als Säle in Frage kommen, welche bereits vor Herausgabe der Ver- ordnung bestanden. Die Verhandlungen führten zu dem Ergebnis, daß fetten» des Verbände» der Saalinhaber im Königreich Sachsen dem Ministerium des Innern ein auS- führlicheS Verzeichnis aller derjenigen Forderungen zu gehen soll, welche ganz oder teilweise in Wegfall kommen bez. milder gehandhabt werden sollen, wozu die Regie rung entsprechende Entschließungen treffen wird. Die Unterredung ließ erfreulicherweise erk-nnen, daß das Kgl. Ministerium geneigt ist, in weitgehendstem Maße den Wünschen der Gast- und Saalwirte Rechnung zu tragen, und daß die Unterbehörden dementsprechende Anweisung erhalten sollen. 82K. Dresden, 13. August. (Großfeuer in einem Dresdener Konfektionshauses In der ersten Morgenstunde des 13. August entstand in dem großen Konfektionshause von Esder» auf der Pragerstraße in der zweiten Etage ein Brand, der sofort große Dimensionen annahm und schon nach kurzer Zeit auf die mit großen Warenvorräten gefüllte dritte Etage Übergriff. Die Rauch entwickelung war eine ganz enorme und es gelang den Feverwehrmannschaften nur unter Anfbietung aller ihrer Kräfte, das Feuer erfolgreich zu bekämpfen. Erst nach fast zweistündiger schwerer Arbeit gelang eS, da» Feuer auf seinen ursprünglichen Herd zu beschränken. Die Hitze war eine gewaltige. Die Riesenschaufenster in den vier Etagen sprangen von der Glut und stürzten klirrend auf die Straße. Der durch daS Feuer angerichtete Schaden wird auf 300 000 bi» 400 000 Mark geschätzt, der durch Versicherung gedeckt ist. Die Ursache des Feuers ist ver-- mutlich auf Kurzschluß zurückzuführen Die Firma ESder» wird ihren Betrieb in vollem Umfange aufrecht erhalten. Da» starkbeschädigte Geschäftshaus soll binnen kürzester Frist wieder hergestellt werden. — (Ein „Doppelkopf" in der Elbe.) Der niedrige Wasserstand in der Elbe veranlaßte am Donners- tag abend die Mitglieder des Spielklubs „Ziemlich reell", in Meißen aus ihrem schwülen Klublokal auf die Grün- düng des rechtsseitigen Strompfeilers der Eisenbahnbrück- überzusiedeln. Mittelst Kahnes waren die nötigen Möbel, sowie ein Faß Bier, Gläser und Beleuchtung nach dem Brückenpfeiler überführ, worden und bald war das Spiel im vollen Gange. Di? Spieler sollen sich auf ihrem vom Wasser umspülten Platze in der frischen kühlen Abendluft nicht nur sehr wohl befunden, sondern aus nahmsweise einmal wirtlich „ziemlich reell" gespielt haben. Ob sie etwa dazu durch die drohende, dunkle Wasserflut veranlaßt worden sein mögen? Wachwitz. (Brandunglück) Sonnabend nacht gegen 2 Uhr brach in dem nahe bet dem Gasthof Königs- Weinberg in Wachwttz gelegenen, aus niedrigem Wohnhaus und Schuppen bestehenden Grundstück, Pillnitzer Straße 15, ein Brand auS. In dem Hause wohnte zu ebener Erde der Arbeiter Pech mit seiner Frau und Kindern, im Dachgeschoß dessen 51 jähriger Schwiegermutter mit Ob fi« zornig und heftig werde» konnte wie andere Frauen auch ? Die« zu ergründen, ko»»'« nicht ohne Reiz sein. Jeden« fall« würde «S ihr di« Langweil« verscheuche». Mit diesen menschenfreundlichen Gesinnungen rüstet« fich Hild« für ihr« U-berfiedelung nach Roch»b«rg. Ihre Mutter war sehr einverstanden mit diesem Besuch, da fi, auf einige Zeit rin« alt, Freundin aussuchen wollte. So trennt,« fich Mutter und Tochter mit heimlich« Befrie digung, al« Ruth kam, um H'lde abzuholen. Die beiden Dame« fuhren »ach Rochtberg hinan« E n befriedigte» Lächeln um'pielt« H'ld«, Mund, al« ihnen halb-veg» Han» Rochu« im Walde entgegrnkam. Sie glaubte, die Sehnsucht nach ihr habe ihn dazu veranlaßt. Sie begrüßte ihn mit bezauberndster Li«ben»würdigk«it und Vertraulichkeit. „Gottlob, Han« Rochu», daß Ihr mich lo»geeist habt. El war zum Versauern in unserem verschlafenen Rrfidrnzchen. Mama läßt grüßen." Er dankte artig, aber «in wenig reserviert. Unterweg« plaudert« fi« in ihr« witzigen, eleganten Art mit ihm. Ru h hört« still zu. Um «in« Welt hätte fi« nicht so amüsant über Richtigkeiten sprechen können wie Hilde. Han« Rochu« wurde auch lebhaft. Diese beiden Mensche« verstanden fich, fi« gehört«» «>n«r Tesellschaü«klosse an und fan den in jedem Wort Berührungspunkte. Ruth kam fich selbst ents tzlich fl«if und ungelenk vor, wenn sie die beiden betrachtete. Al« man in Rochsberg angekommen war, wollte Ruth Hild« nach ihrem Z mm« begleiten. Hilde wehrte lachend ab. „Ich finde schon selbst, Ruth Du hast mich doch in mei nen alten Zimmern im Ecklurm untergebracht?' „Ja, du sollst alle« habe» wie sonst." „Schön, dann bleibe nur bei deinem Ehegespon«. Ich zieh« mich schnell um und komme dann in den Speisrsaal. Ich spür« schon die Wirkung der Landlust. Hilde sprang graz'ö» di« Trepp« hinauf. Ruth folgt« ihr, um fich glrichfall» um,«kleiden. Sie beeilte fich damit, und al« sie in den Speisesaal trat, fand fi« dort Hild« schon in anger«gt« Untrrhaltuvg mit Han« Rochu«. einem Ziehkind von zweieinviertel Jahren und einem zehn jährigen Mädchen. Mit rasender Schnelligkeit verbreitete sich da» Feuer, das an den Heuvorräten Nahrung fand; binnen einer Viertelstunde war der Dachstuhl ein Raub der Flammen und der Giebel stürzte zusammen. Während Pech die Rettung der Seinigen bewerkstelligte und auch ein im Schuppen befindliches Automobil sowie ein Pferd und der Hausrat geborgen wurden, dachte niemand an die Rettung der im Dachgeschoß befindlichen Personen. Nur dem zehnjährigen Mädchen glückte es, au» den Flam men zu entkommen. Als die Wachwitzer Feuerwehr sowie der Gemeindevorstand Walther um 2»/. Uhr nachts an der Brandstelle eintrafen und in die verqualmte Dach- kammer eindrangen, waren die alte Frau und das 2 r/„. jährige Kind bereit» erstickt. Während in Wachwitz seit 35 Jahren kein Feuer auSgebrochen ist, ist dies binnen vier Tagen bereits der zweite Brand; doch hatte der Brand vergangenen Donnerstag nacht wenigstens keinen Verlust von Menschenleben zur Folge. Vermisstes. * (Eine seltsame Aerztin) in der Person einer Chinesin erregte dieser Tage in den Berliner Stra- ßen Aufsehen. Sie gab sich für eine Dokterin für Augen- und Wundbehandlung au». Sie machte sich an einzelne Leute heran und gab ihnen, wei. sie kein Wort deutsch spricht durch Gebilden zu verstehen, daß sie sie behandeln möchte. Denen, die sich darauf einließen, zeigte sie noch einmal ihr Schild, sah ihnen in Augen und Mund, und massierte ihnen dann gleich auf der Straße das Gesicht und die Augen. Endlich legte sie einen kleinen gelben Stab, den ste sich aus den Haaren nahm, an ein Buge und holte au» diesem eine kleine Made heraus, die an dem Stabe emporzukommen schien. Die Polizei sistierte die seltsame Aerztin, die große Menschenaufläufe verur- sachte. Auf dem Polizeipräsidium machte die Chinesin ihr Experiment gleich an mehreren Reinemachefrauen, hier nicht mittels ihren gelben Stäbchens, sondern mit einem Federhalter, den ste von einem Schreibtisch nahm. ES handelt sich hier um ein chinesisches Zauberkunststück. * (Berlins erste Zeitung.) Die Presse der RetchShauptstadt kann in diesem Jahre ein vterteltausend- jähriges Jubiläum feiern. Vor 250 Jahren, im Jahre 1661, erschien die erste Zeitung in Berlin, zur Zeit des Großen Kurfürsten, und sein Leibarzt, der Holländer Cornelius Bontekoe, redigierte ste. Nur die zwei Buch händler in Berlin, Rupert Völker und Elia» Löchel, die da» kurfürstliche Privileg besaßen, mit „nützlichen und gefahrlosen Büchern zu handeln", hatten die Erlaubnis, jene Zeitung zu verkaufen; ihre Gehilfen trugen die einmal wöchentlich, am Sonnabend, erscheinende Zeitung auS. Das geschah mittag» nach dem unter freiem Him mel vor der Gertraudten- und Georgenkirche stattstnden- den Gottesdienst, zu dem der Kurfürst und seine Gemahlin selbst erschien. Diesem durfte Rupert Völker persönlich ein Exemplar der Zeitung überreichen. Ser Kurfürst gab selbst oft die Anleitung zu dem, was der Leibarzt in die Hilde hatte fich bildschön gemacht. Sie trug ei»« we ße, duftig« Robe, di« alle ihr« Reiz« zur Geltung brachte. Darm war fi« M«»st«rin. Al» Ruch eintrat, zog fich Hildr» Stirn in Falten. D'i Gräfin von RochSberg sah „unglaublich* vorn«hm und feudal au», gar nicht wie eine „Kräm««tochtrr". Freilich, wer fich auch solch« Toilette» leisten konnte! „Da trägst ein märch«nhaft schöne» Kostüm, Ruth. Worth oder Gerson? „Kemel von beide», r» ist bei Kranz gearbeitet." „Unglaublich! Der Hoflieferant unser« F-au Herzogin leistet fich doch sonst meist nur Geschmacklofigkeitr». Diese« Ko stüm hätte ich »hm »te zugetraut." ,JH lasse alle« dort arbeite» mit weuig Ausnahmen Ab« ich bestimme stet« di« Art meiner Toiletten und gebe genaue An gabe. Meist rntwerfe ich die Zeichnung selbst dazu und geb« auch die Farbe an." ftilde hörte erstaunt zu, und Han« Rochu» mustert« auf merksam Rmh» Klrtd. Daß sie fich immer s«hr geschmackvoll und vornrhm trug, hatte « schon oft mit Befried gung bemerkt, oone fich darum zu kümmern, woher fie ihre Toiletten bezog. Na» war ihm auch da« Eigenartige, Individuelle ihrer Kleidung erklärlich, al» er hörte, daß fie ihre Kostüm« gl«ichsam selbst entwarf und «rsann. Deshalb hatte ihr« Erscheinung nie etwa» Scha blonenhafte», obwohl fi« die Mode berücksichtigte und fich ihr gleichsam anschmiegt«, H lde bemerkt« d«n prüfenden Blick, mit dem er Ruth» Kleid betrachtete, Sie lachte spöttisch. „G,b dir keine Mühr, Han» Rochu», davon verstehst du gewiß nicht»." „Aber bitte sehr, für schöne Toiletten habe ich immer Bn- ständni« gehabt," sagt« «, sein« Frau eine leichte Verbeugung machend. Sie schien r» gar nicht zu bemerken und nahm ihren Platz an der Tafel ei». Bei Tisch entstand »wischen Hilde und Han» Rochu» ein heitere» Wortgeplänkrl. D-e jung, Dame war sehr lustig und aufgnäumt. Ruth beteiligt« fich w«nig am Gespräch. So oft Han« Rochu« auch drn Versuch wacht«, fi« in dt« Uattrhaltung zu ziehen, fi« macht« fich immrr wird« mit «in« kurz«» Be- mrrkung fr«i.